Schwarzes Gold – Verteilungskampf in der Arktis oder Ende des Erdölzeitalters

Ein Stiefel der in Öl watet

Nicht genug, dass die Umwelt der Antarktis durch die Ausbeutung von Bodenschätzen wie z. B. Erdöl und -gas ohne jegliche Rücksicht auf Mensch und Natur gefährdet wird. Nein, seit Jahren herrscht ein erbitterter wirtschaftlicher und politischer Kampf um das schwarze Gold. Eine Dokumentation – „Das letzte Eldorado – Krieg um die Arktis“ – zeigt eindrucksvoll, wie Ressourcenverknappung die Begierden der internationalen Mächte schüren. Der arte-Beitrag ist zum einen in der arte+7-Mediathek
Erstausstrahlung am Dienstag, 06. 01. um 20:15 Uhr oder am Montag, 26. Januar um 8:55 Uhr (84 Min.) zu sehen.
http://www.arte.tv/guide/de/049481-000/das-letzte-eldorado?autoplay=1

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Wir nutzen Öl, um Pflanzenschutzmittel, Plastikspielzeug und Einkaufstüten herzustellen, für Medikamente, Farben und Lacke, für Isolierungen von Elektrokabeln und natürlich, um unsere Fahrzeuge mithilfe kleiner Explosionen von Luft-Ölprodukt-Mischungen anzutreiben sowie um mit Ölheizungen den Winter zu überstehen. Wir brauchen Öl für fast alle Aktivitäten unseres durchindustrialisierten Lebens: Mobilität braucht offensichtlich Öl, Essen braucht Öl, um es erst per Düngemittel und Pestiziden aufzuziehen und später, um es zum Supermarkt zu karren, die meisten Konsumprodukte kommen kaum ohne Plastik aus und sei es nur für die obligatorische Verpackung. Öl ist – in mehrfacher Hinsicht – das (technische) Schmiermittel unserer Ökonomie. Ohne Öl dreht sich kein Rad, zumindest kein großes.

Zurzeit wird viermal mehr Erdöl verbraucht als Forscher an neuen Quellen entdecken. Täglich werden weltweit etwa 11 Millionen Kubikmeter Rohöl gefördert. Nach Berechnungen des Worldwatch-Institutes in Washington dürften die bekannten Erdölreserven etwa 140 Milliarden Tonnen betragen. Beim derzeitigen Verbrauch könnte das noch für rund 40-50 Jahre reichen. Sicher ist das allerdings nicht. (Denn oftmals werden Zahlen geschönt, wie eben bei fast allen Statistiken, wie z. B. im aktuellen Armutsbericht).

Einige wichtigen Fakten und Zahlen:

Deutschland verbrauchte 2010 etwa 106 Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr. Es nimmt somit den achten Platz weltweit ein und rutschte um 4 Plätze nach unten. denn andere Länder warten mit einem enormen Wachstum auf, z. B. Brasilien, Indien und China.

  1. USA 833,6 Mio. Tonnen Erdöl
  2. China 428,6
  3. Japan 203,1
  4. Indien 155,5
  5. Russland 147,6
  6. Brasilien 116,9
  7. Saudi-Arabien 112,8
  8. Deutschland 105,7

Beispiel China: Erdöl-Verbrauch (Barrel je Tag) 9 189 000 (2010) 7 850 000 (2008) 7 880 000 (2007) 6 534 000 (2005) 4 956 000 (2002)

Erdöl-Verbrauch von Indien (Barrel je Tag) 3 182 000 (2010) 2 940 000 (2008) 2 722 000 (2007) 2 450 000 (2005) 2 130 000 (2002)

In Deutschland wurden 2011 insgesamt 2,7 Millionen Tonnen Erdöl gefördert (2010 = 2,5 Millionen Tonnen). Das sind 33,8 % (!!) der Fördermenge des Jahres 1968, als die deutsche Erdölförderung mit 8,0 Millionen Tonnen ihren Höchststand erreichte.

Deutschlands wichtigste Öllieferanten

27 Länder beliefern Deutschland nach Angaben des Bundesamtes für Ausfuhr und Wirtschaftskontrolle (BAFA) mit Rohöl. Im Vergleich des Jahres 2010 mit dem Vorjahr sanken die Einfuhren um 4,7 Prozent von 97,9 auf 93,3 Millionen Tonnen. 23,5 Prozent der Einfuhren 2010 stammten aus britischen und norwegischen Nordsee-Ölquellen. 17,8 Prozent wurden aus OPEC-Mitgliedsländern importiert.

Die fünf wichtigsten Lieferanten:

  • Russland: 33,9 Millionen Tonnen
  • Großbritannien: 13,1 Millionen
  • Norwegen: 8,8 Millionen
  • Kasachstan: 8,1 Millionen
  • Libyen: 7,3 Millionen

Weltweit wurden im Jahr 2011 3995,6 Millionen Tonnen Erdöl gefördert (2010 = 3945,4 Millionen Tonnen). Die bedeutendsten Förderländer waren:

  • Saudi-Arabien (525,8 Millionen Tonnen)
  • Russland (511,4 Millionen Tonnen)
  • USA (352,3 Millionen Tonnen)
  • Iran (205,8 Millionen Tonnen)
  • China (203,6 Millionen Tonnen)

Diese Länder hatten zusammen einen Anteil von 45,1 Prozent an der Weltförderung. Weitere große Fördergebiete in Europa befinden sich in Norwegen und Großbritannien. Die Höchststände der Erdölförderung liegen bei 3 der 5 größten Produzenten bereits einige Jahrzehnte zurück. Russland förderte 1987 mit 569,5 Millionen Tonnen (Sowjetunion 1987 = 625,2 Millionen Tonnen) die höchste Menge der Geschichte, die USA 1970 mit 533,5 Millionen Tonnen und der Iran 1974 mit 303,2 Millionen Tonnen.

Beispiel China: China verbraucht 428,6 Mio. Tonnen und produziert 203,6 Mio. Tonnen, also muss China importieren, und zwar 225 Mio. Tonnen – steigend (und China hat Geld oder, wie man früher sagte, „Devisen“, im Gegenteil zu Europa, wie uns bekannt sein dürfte).

Der Begriff „Peak Oil“ beschreibt also den Zeitpunkt der maximalen Erdölförderung, der zugleich den Beginn einer kontinuierlichen geologisch bedingten Abnahme der Förderung markiert, die auch durch zusätzliche technische Maßnahmen allenfalls kurzzeitig aufgehalten werden kann. (Siehe Schwierigkeiten bei dem neu entdeckten Ölfeld Kaschagan im Kasachstan. Neuerdings mischen die Inder mit durch den Kauf des Anteils von dem US-Ölunternehmen Conoco Philips. Schon 2002 schrieb der Spiegel: „Der Kampf ums kaspische Öl – Pipeline-Poker in der kasachischen Steppe“ Im Juli 2000 stießen Geologen unter einem uralten Korallenatoll in 4500 Metern Tiefe auf eine gewaltige Ölblase.

Für viele Menschen erscheint es wenig einsichtig, ausgerechnet beim Zeitpunkt maximaler Erdölproduktion an eine bevorstehende Abnahme der Förderung von Erdöl denken zu sollen. Tatsächlich haben jedoch das Produktionsmaximum und die darauf folgende Abnahme der Erdölförderung für die meisten Länder der Erde bereits stattgefunden. In den USA wird beispielsweise seit Erreichen des Fördermaximums im Jahr 1971 allem technischen Fortschritt und allen Bemühungen zum Trotz Jahr für Jahr weniger Erdöl gefördert. Der amerikanische Erdölgeologe und Geophysiker Marion King Hubbert veröffentlichte im Jahr 1956 eine Prognose über die künftige Entwicklung der Erdölförderung der USA, in der er den Zeitpunkt des Fördermaximums anhand des historischen Förderverlaufs zutreffend prognostizierte. Die Existenz von Förderkurven mit einem Fördermaximum und einer anschließenden Abnahme (oft als Hubbert-Kurve bezeichnet) steht außer Frage. Während das Fördermaximum für viele Erdöllagerstätten und Erdölprovinzen der Erde bekannt und unumstritten ist, wird die Frage nach dem Zeitpunkt des globalen Fördermaximums diskutiert. Dabei wird in der Öffentlichkeit der Begriff „Peak Oil“ oft unzulässig auf die Aussage verkürzt, er sei gleichbedeutend mit dem Ende des Erdöls.

Kein Erdölgeologe wird bestreiten, dass auch in 200 Jahren noch förderbares Erdöl vorhanden sein wird. Die geförderten Mengen werden jedoch mit Sicherheit weit unter dem liegen, was heute gefördert wird, und es wird erheblich aufwändiger und teurer sein, es zu fördern. Beispiel – die Ansicht von Wirtschaftswissenschaften:
Es herrscht, vereinfacht gesagt, die Ansicht, man könne zusätzliches Erdöl finden, wenn man Geologen und Ingenieuren einen höheren Lohn zahlen würde.

Die spannende Frage ist jedoch: Wann ist das globale Fördermaximum erreicht oder handelt es sich um einen Verteilungskampf?

Dazu einige Fragen:

  1. Wie weit werden Produktionsrückgänge durch eine Nachfragereduzierung oder durch nicht geologisch bedingte   Produktionsbeschränkungen (Kosten, politische Bedingungen) verursacht ?
  2. Wie weit kann der technische Fortschritt künftig zu einer Erhöhung der Ölförderung beitragen?
  3. In welchem Maße können neue große Lagerstätten gefunden werden?
Peak-Oil-Studie der Bundeswehr und ihre Bedeutung für Kommunen

(„Peak Oil – Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen“ ist die erste Teilstudie der Gesamtstudie „Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologien im 21. Jahrhundert“)

Auf Seite 13 der Peak-Oil-Studie finden sich die Sätze wie „90% aller industriell gefertigten Produkte hängen heute von der Verfügbarkeit von Erdöl ab“ sowie „Eine starke Verteuerung des Erdöls würde ein systemisches Risiko darstellen, da die Funktionalität großer Teile heutiger Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme von der Verfügbarkeit relativ preiswerten Erdöls abhängig ist. “ (In der Fassung von August 2010 hieß es noch: „Eine starke Verteuerung des Erdöls stellt ein systemisches Risiko dar“). Dieses „systemische Risiko“ wird begründet durch die „vielseitige Verwendbarkeit [von Erdöl] als Energieträger und als chemischer Grundstoff“. Nach Ansicht der Autoren „wird so gut wie jedes gesellschaftliche Subsystem von einer Knappheit betroffen sein“.

Die Bundeswehr-Studie enthält ein Tipping-Point-Szenario, bei dem der worst case einer rasanten Preissteigerung beim Erdöl verbunden mit Versorgungsengpässen und einer resultierenden Wirtschaftskrise in relativ kurzer Zeit beleuchtet wird. Dieses Szenario hinterlässt die Schlussfolgerung: „In Anbetracht des Globalisierungsgrades ergibt sich für alle Industrieländer – auch für Deutschland – ein hohes systemisches Risiko auch unabhängig von der eigenen Energiepolitik.“ Daraus lässt sich erneut ablesen: Rechtzeitige Vorbereitung ist notwendig!

Wann also ist „Peak Oil“? Wer auf diese Frage einen konkreten Termin erwartet, wird mit diesem Datum wenig anfangen können. Es geht vielmehr um die Einsicht in die Begrenztheit natürlicher Ressourcen und darum, dass der Mensch verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen und sich auf veränderte Bedingungen rechtzeitig einstellen muss. Ob „Peak Oil“ bereits im Jahr 2005 erreicht wurde oder erst im Jahr 2015 erreicht wird, ist letztlich von zweitrangiger Bedeutung. Die geologischen Hinweise, dass „Peak Oil“ erreicht ist, sind vielfältig und sollten als Signal zum Handeln angefasst werden. Die Arche Noah musste gebaut werden, bevor es zu regnen begann. Von den fossilen Energien müssen wir uns entwöhnen, bevor sie zu Ende gehen.

Text © Doro Schreier – Bild © Greenpeace

Ein kleiner Liter Öl auf großer Fahrt (nur mal so)

1.Tag: Das Erdöl wird durch den natürlichen Wasserdruck eines unterirdischen Sees aus dem
Ölreservoir gedrückt.

2.Tag: Damit sich letzte Wasserreste am Boden absetzen können, wird das Öl 24 Stunden gelagert.

3.Tag: Das Rohöl wird auf einen Tanker gepumpt. Die bekannten Rohölkonzerne fördern selbst nur 14% des Rohstoffes. Sie sind vor allem Erdölhändler und Erdölveredler. Öl für Europa heißt „Brent“, Für Asien „Dubai“ und für Amerika „West Texas Intermediate“. Nach der Lagerung beträgt der Preis 0,6 Cent pro Liter und steigt jetzt auf 16 Cent je Liter, d.h. 26 mal so viel.

4.Tag: Nach eineinhalb Tagen ist ein Großtanker mit 300 000 Tonnen beladen.

5.Tag: Das Schiff verlässt den Ölhafen in Kuwait, umrandet die Arabische Halbinsel und erreicht nach 10 Tagen den Suezkanal.

15.Tag: Eine Passage durch den Suezkanal kostet 305 000 Dollar. Da der Kanal 135 Jahre alt ist und sehr flach, muss ein Teil der Ladung durch eine Pipeline auf die Mittelmeerseite gepumpt werden.  Der Liter Öl kostet jetzt 0,163 Euro.

30.Tag: Das Schiff trifft in Rotterdam ein.

32.Tag: Das Öl für Deutschland wird durch die Rotterdam-Rhein-Pipeline (RRP) in vier Tagen nach Wesseling bei Köln gebracht. Diese gehört den Firmenkonsortzien Shell, BP und Texaco. Der Weg per Pipeline kostet 3-4 Euro pro Tonne; der Liter Öl jetzt 17 Cent.

36.Tag: In der Raffinerie bei Wesseling destilliert Shell jährlich 16 Millionen Tonnen Rohöl, ca. 1/6 des deutschen Gesamtverbrauches. Der Betrieb ist hochautomatisiert. Das Rohöl wird in verschiedenen Prozessen in Gasöl, Flüssiggas, Mittelgas und Schweröl verwandelt. Daraus wird in Minuten Heizöl, Treibstoff und Flugbenzin verwandelt. Nun kostet der Liter Benzin plötzlich 112 Cent. (Die Zahlen sind nicht aktuell)

Quellen: peak-oil.com, Welt auf einen Blick, LBEG, Wikipedia, SPON, peak-oil.com (2), GHG-Wismar

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