Update:
In der EU dürfen Pestizide, die für Bienen schädlich sind, in der Landwirtschaft nicht mehr verwendet werden.
Auch Deutschland stimmte jetzt dem Verbot zu. 15 EU-Länder stimmten dafür, den Einsatz der Nervengifte für den Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle zu untersagen. Die endgültige Entscheidung liegt nun bei der EU-Kommission. Sie befürwortet ein Verbot.
Aber bei der EU-Kommission ist alles möglich, daher fordern wir weiterhin das Verbot von Pestiziden!
Vorgeschichte:
Vertreter der EU-Staaten beraten heute indirekt über den Schutz von Bienen. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der EU-Kommission, drei Pflanzenschutzmittel zu verbieten, die für Bienen gefährlich sein könnten. Das Verbot der drei umstrittenen Nervengifte (sogenannte Neonicotinoide) soll zunächst für zwei Jahre für den Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle gelten. Leider konnte bei der letzten Abstimmung im März keine Mehrheit gefunden werden.
Der chronologische Ablauf über die bisherigen Entscheidungsfindungen der EU–Staaten zum Schutze der Bienen:
- 16. 01. 2013 Bienensterben: Insektizide unter Verdacht
Laut einer am 16. 01. 2013 veröffentlichten EFSA-Studie könnten Neonikotinoide in Insektiziden die Ursache für das Bienensterben sein. Ein Verbot des Wirkstoffes werde nicht ausgeschlossen.
- 06. 02. 2013 Pestizid-Verbot soll Bienen retten: Agromulti Syngenta wehrt sich
- 15. 03. 2013 Neonicotinoide: EU-Ausschuss/ EU-Mitgliedstaaten lehnen Verbot ab
- 26. 03. 2013 EU-Kommission steht zum Neonikotinoid-Verbot
- 28. 03. 2013 Neonikotinoide: Bayer CropScience und Syngenta haben jetzt einen eigenen Aktionsplan vorgelegt.
Syngenta hat gleich nach Bekanntgabe, um ein europaweites Verbot zu verhindern, im Agrarstaat Frankreich eine massive Kampagne lanciert. In der Zeitung «Le Monde» erschien ein ganzseitiges Inserat, in dem Syngenta den Zusammenhang zwischen Pestiziden und dem Tod der Bienen bestreitet.
Schon am 31. Januar machte Bayer CropScience auf ihrer Homepage deutlich, dass der Konzern den Vorschlag der EU-Kommission ablehne.
Eine eigene Studie zusammen mit dem deutschen Konzern Bayer warnte vor dramatischen Auswirkungen eines Verbots von Pestiziden in Europa. Demnach drohen Verluste von bis 17 Milliarden Euro über eine Periode von fünf Jahren und der Verlust von bis zu 50 000 Arbeitsstellen. Zudem könnten die Erträge bei wichtigen Nutzpflanzen wie Mais, Raps, Winterweizen, Gerste und Zuckerrübe um bis zu 40 Prozent tiefer ausfallen, was den Anbau mancher Nutzpflanzen gänzlich unwirtschaftlich machen könnte. Behaupten die Konzerne!
Am 15.März lehnte der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit den Vorschlag der Europäischen Kommission zum vorübergehenden Aussetzen von Neonicotinoiden ab. Sehr viele Länder fordern eine fachliche Aufarbeitung dieses Themas – die Diskussion darüber müsse auf wissenschaftlichem Datenmaterial beruhen.
Da sind wir Netzfrauen gern behilflich:
Frankreich verbot Thiamethoxam bereits im Jahr 2011 zur Verwendung auf Ölraps und Zuckerrüben. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) untersuchte Saatbehandlungsprodukte von Syngenta, Bayer und BASF, die für sinkende Bienenzahlen verantwortlich gemacht würden. Die EFSA-Studie konzentriere sich auf Thiamethoxam (verwendet in Cruiser), das in Frankreich bereits im Jahr 2011 zur Verwendung auf Ölraps und Zuckerrüben verboten worden sei. Das Cruiser-Verbot in Frankreich sei nicht ins Gewicht gefallen, berichtet aktiencheck.de.
Thiamethoxam: bekannt auch aus Produkten von Compo, diese sind für jeden Haushalt zu bekommen.
Verbot in Frankreich:
Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam
Französische Behörden entzogen Imidacloprid 1999 (auf Sonnenblumen) bzw. 2003 (auf Mais) die Zulassung. Eine Zulassung für Clothianidin wurde wegen der Anreicherung im Boden und der Gefahr für Bienen gar nicht erst erteilt. Im Auftrag des französischen Landwirtschaftsministeriums erstellte das Comité Scientifique et Technique (CST) im Jahr 2003 einen 221-seitigen Untersuchungsbericht. Darin wird festgestellt, dass die Verwendung von Imidacloprid für den Tod Hunderttausender Bienenvölker in Frankreich mitverantwortlich ist. U. a. heißt es: „Die Untersuchungsergebnisse zu den Risiken des Saatgutbehandlungsmittels Gaucho (Wirkstoff: Imidacloprid) sind beunruhigend. In Bezug auf Bienensterblichkeit und Orientierungsstörungen von Bienen stimmen die Ergebnisse der Studie mit den Beobachtungen zahlreicher Imker in Regionen intensiver Landwirtschaft (Mais- und Sonnenblumenanbau) überein. Die Saatgutbehandlung mit Gaucho stellt ein signifikantes Risiko für Bienen in verschiedenen Altersstufen dar.“ Und weiter: „Was die Behandlung von Mais-Saat mit Gaucho betrifft, so sind die Ergebnisse ebenso besorgniserregend wie bei Sonnenblumen. Der Verzehr von belasteten Pollen kann zu einer erhöhten Sterblichkeit von Pflegebienen führen, wodurch das anhaltende Bienensterben auch nach dem Verbot der Anwendung auf Sonnenblumen erklärt werden kann“.
Der US-Bundesstaat New York verweigerte dem Wirkstoff Clothianidin am 17. Juni 2007 eine Zulassung. Die Behörde befürchtet eine Verunreinigung des Grundwassers.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat auf Grund eindeutiger Zusammenhänge bei einem massiven Bienensterben im Rheintal im Frühjahr 2008 den Verkauf und die Anwendung sowie die Zulassungen von insgesamt acht Saatgut-Behandlungsmitteln gestoppt, darunter auch das von Bayer CropScience vertriebene Präparat Poncho mit dem Wirkstoff Clothianidin, sie jedoch einige Wochen später teilweise wieder zugelassen!
Der Toxikologe Dr. Henk Tennekes wies in einer Studie in 2010 nach, dass die Langzeitrisiken der Insektizide Imidacloprid und Thiacloprid weitaus größer sind, als bislang angenommen.
Er stellte fest, dass Neonicotinoide wegen ihrer hohen Persistenz mehrere Jahre im Boden verbleiben können. Da sie systemisch wirksam sind, können die Wirkstoffe noch in den Folgekulturen wirksam werden und über die Wurzeln in alle Pflanzenteile transportiert werden.
Mit der Forderung, die Bienengefährlichkeit als Ausschlusskriterium in die 2009 neu verabschiedete EU-Zulassungsverordnung aufzunehmen, konnten sich die Umwelt- und Imkerverbände leider nicht gegen die Agrar- und Pestizidlobby durchsetzen. Derzeit sind in der EU circa 33 bienengefährliche Wirkstoffe zugelassen. Von den hier in Deutschland derzeit zugelassenen Pestizidprodukten enthalten circa 180 Pestizidprodukte bienengefährliche Wirkstoffe, die in allen Kulturen, im Ackerbau, Obst- und Gemüsebau, im Forst und im Vorratsschutz eingesetzt werden.
Österreich:
GLOBAL 2000 deckte 2012 auf, dass das Korneuburger Grundwasser massiv mit Pestiziden belastet ist. Ein Umweltskandal –
Bislang unentdecktes Pestizid liefert Erklärung für Pflanzenschäden, u. a. wurde kontaminiertes Wasser lange Zeit in die Donau gepumpt
Das schockierende Ergebnis:
Das Wasser enthält gleich zwei Umweltgifte. Das bereits bekannte Insektizid und – in weit höherer Konzentration – einen Unkrautvernichter mit höchst schädlicher Wirkung für Lebewesen im Wasser.
Pflanzenschutzmittel (PSM) sind durch Funde im Grundwasser verstärkt in die Diskussion gerückt, denn im Grundwasser sind sie in der Regel nicht abbaubar und können es über lange Zeiträume belasten.
Wie viele Studien und Beweise sind noch notwendig?
Am 26. März teilte EU-Kommission mit, dass sie weiterhin zum Neonikotinoid-Verbot stehe, nachdem EU-Mitgliedstaaten ein vorübergehendes Verbot von Neonicotinoiden für den Zeitraum von 2 Jahren (!) ablehnten. Ein Berufungsausschuss soll neu abstimmen.
Doch da meldet sich wieder, als hätten wir es nicht schon geahnt: Bayer CropScience und Syngenta und legen jetzt einen eigenen Aktionsplan vor.
Die Hauptpunkte des Plans lauten wie folgt:
1. Schaffung und deutliche Ausweitung von pollenreichen, blühenden Ackerrandstreifen in der EU als wichtiger Lebensraum und Nahrungsgrundlage für Bienen.
2. Unterstützung bei der Schaffung eines umfassenden Monitoring-Programms für Bienengesundheit, inklusive des Nachweises von Pflanzenschutzmitteln auf Neonikotinoid-Basis – insbesondere bei Mais, Raps, Sonnenblumen und Baumwolle.
3. Zwingende Umsetzung von strikten Maßnahmen zur Reduktion des Expositionsrisikos für Bienen. Die von den Herstellern bereits vorgeschlagenen Maßnahmen werden von vielen Landwirten auf effektive Weise als gute landwirtschaftliche Praxis umgesetzt.
4. Investitionen in und frühestmögliche Einführung von neuen Technologien, die eine weitere Reduktion der Staubemissionen bei der Aussaat von mit Neonikotinoiden behandeltem Saatgut ermöglichen.
5. Zusätzliche Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Mittel gegen die Hauptursachen der sich verschlechternden Bienengesundheit, zu denen Parasiten und Viren zählen; sowie die Schaffung von flächendeckenden und langfristig angelegten Pilotstudien, die dessen Wirksamkeit belegen. (syngenta)
John Atkin, Chief Operating Officer von Syngenta, sagte: „Dieser umfassende Plan wird wichtige Erkenntnisse zur Bienengesundheit bringen. Ein Verbot von Pestiziden auf Neonikotinoid-Basis würde dagegen das Verständnis des Problems erschweren. Durch ein Verbot würde kein Bienenstock gerettet werden – es wird Zeit, dass wir uns auf die Kernursachen der sich verschlechternden Bienengesundheit konzentrieren. Der Plan basiert auf unserem Vertrauen in die Sicherheit unserer Produkte und auf unserem langjährigen Engagement zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Bienen.“
Auf Vertrauen? Zur Info, in 2012 beteiligten sich die Chemie-Konzerne BAYER und BASF mit millionenschweren Spenden an einer Kampagne des amerikanischer Gentechnik- und Pestizid-Hersteller Monsanto. Die Industrie wollte damit eine Initiative von Umweltverbänden zur Deklaration gentechnisch veränderter Lebensmittel stoppen. Die Unternehmen investieren über 40 Millionen Dollar in ihre Werbekampagne, die vor allem aus TV-Spots besteht – rund zehnmal so viel wie die Befürworter der Initiative. Leider erfolgreich, BAYER, BASF und MONSANTO siegten gegen die Kennzeichnungspflicht.
Syngenta, einer der weltweit größten Konzerne im Agrargeschäft und der größte Konkurrent von Monsanto.
Kritiker werfen dem Unternehmen sein Engagement auf dem Gebiet der Gentechnik vor. Zudem wird Syngenta vorgeworfen, durch den Verkauf des Herbizids Paraquat Vergiftungs- und Todesfälle von Landarbeitern in Kauf zu nehmen. Dieses Produkt soll beispielsweise in Entwicklungsländern auf Palmöl-Plantagen, entgegen den Anwendungsvorschriften des Herstellers, ohne die notwendige Schutzkleidung eingesetzt werden. Paraquat ist in der EU und der Schweiz auch wegen seiner hohen Humantoxizität verboten. Im Jahr 2012 wurde der Konzern deshalb für den Public Eye Award nominiert.
Wie viele Studien und Beweise sind noch notwendig?
Erst warten, bis es dann letztendlich heißt: Gift im Grundwasser: Clopyralid, Thiamethoxam, … der Skandal breitet sich aus?
In dem kleinen Dorf Schacht-Audorf, in Schleswig-Holstein, wurde den Bürgern mitgeteilt, dass die Grenzüberschreitung von Chloridazon im Trinkwasser festgestellt wurde. Erwartet man nun, dass die Trinkwasservorsorgung eingestellt wurde, so wartet man vergebens. Wahlspruch des dortigen Bürgermeisters „Wir machen weiter so“.
Solange die Bienen die Blüten bestäuben, ist der Tisch reichlich gedeckt
Sterben die Bienen, so bleibt der Tisch leer.
Bienen sind weit mehr als stechende Insekten!
Heute soll eine entscheidende Abstimmung dazu in Brüssel erfolgen. Hoffen wir, dass die EU-Kommission für die Bienen entscheidet und nicht für die große Konzerne.
© Copyright 2013 Doro Schreier, Netzfrauen
Studie: Eine zusammenfassende Studie über wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Effekten von Neonicotinoiden auf Honigbienen wurde im Dezember dem EU-Parlament vorgelegt. 32 Seiten, englisch
http://www.europarl.europa.eu/committees/de/studiesdownload.html?languageDocument=EN&file=79433
Quellen:
www.agrarheute.com/kommission-steht-neonikotinoid-verbot?suchbegriff2=Neonikotinoide
http://de.wikipedia.org/wiki/Syngenta
www.pflanzotheke.de/thiamethoxam-2w.html
http://www.cbgnetwork.org/2656.html
de.wikipedia.org/wiki/Clothianidin
6 Kommentare » Schreibe einen Kommentar