Die Geschichte vom Todesurteil der Menschen an der großen Biegung des Xingu-Fluße
2007 erreichte uns folgende Schlagzeile:
„Verschwunden geglaubtes Indio-Volk aufgetaucht“
Ein seit 50 Jahren als verschwunden geltendes Indio-Volk Brasiliens ist wieder aufgetaucht. Die 87 Menschen seien etwa 100 Kilometer durch den Urwald gewandert und hätten vor den bewaffneten Holzfällern Zuflucht gesucht. Nach Angaben der nationalen Indio-Stiftung Funai ist unbekannt, ob es abgesehen von den 87 Flüchtlingen noch weitere Überlebende des Volkes gibt.
In Brasilien soll es mindestens 68 Indio-Völker geben, die aus eigener Entscheidung ohne Kontakt zu der Zivilisation der Weißen leben.
Eine Geschichte, die bewegt, so auch das Foto des weinenden Raoni.
Zu Recht behauptet er : Euer Profit zerstört unser Leben.
Den Staudammprojekt „Belo Monte“ in Brasilien ist der Todesstoß für 60 000 Betroffene, darunter viele Indigene. Es zerstört ein ökologisch hochsensibles Regenwaldgebiet Amazoniens und droht als riesige Baustelle zum sozialen Pulverfass zu werden. Profitieren würde von dem Projekt ein Geflecht einiger weniger Großunternehmen – darunter die österreichische „Andritz AG“ – bei einhergehender „Zerstörung des Lebens“.
Auch hierzulande soll die Industrie gut an diesem Umwelt- und Menschenrechts-Desaster verdienen, lt. Rettet den Regenwald e.V.. Rund 1,3 Milliarden Euro fließen an europäische Firmen. Allein Voith Hydro, ein Joint Venture von Voith und Siemens, hat ein Auftragsvolumen von 443 Millionen Euro bekommen. Alstom bringt es gar auf 500 Millionen; Andritz kassiert 330 Millionen, Daimler 86 Millionen Euro. Die Münchener Rück erhält 16 Millionen Euro Versicherungsprämien über einen Zeitraum von vier Jahren.
15 000 Arbeiter befinden sich derzeit auf der Baustelle, die Errichtung des ersten Kanals ist gerade in Arbeit, ein provisorischer Damm wurde errichtet. Nach einer Reihe von Streiks und Arbeitsniederlegungen – fünf Mal musste in jüngster Zeit die im Juni 2011 aufgenommene Bauphase bereits unterbrochen werden – wird aktuell weitergebaut. Doch für die Bewegung der Staudamm-Betroffenen gleicht die momentane Lage einem Pulverfass: „Die Arbeiter werden ausgebeutet. Sie erhalten umgerechnet etwa 400 Euro pro Monat, arbeiten bis zu 16 Stunden täglich unter unerträglich schwüler Hitze.
„Belo Monte“ an der „Großen Schlinge“ (Volta Grande) des Xingu-Flusses, einem Seitenarm des Amazonas, sieht die Errichtung zweier Staudämme und zweier Stauseen vor. Für das Kraftwerk mit einer Leistung von elf Gigawatt – es wäre damit das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt – muss eine Fläche von 668 Quadratkilometern, überflutet werden. Die brasilianische Regierung spricht von knapp 20 000 Menschen, viele Wissenschafter und Umweltschützer gehen von 30 000 aus. Weitere 30 000 Betroffene würden ebenfalls ihre Lebensgrundlage verlieren, auch wenn sie nicht abgesiedelt werden.
„Die Menschen wissen immer noch nicht, wohin sie überhaupt umgesiedelt werden. Mittlerweile wird der Bevölkerung zunehmend bewusst, dass Belo Monte auf einer Propagandablase beruht“, so die Aktivisten. Denn es sei von der Regierung falsch zu behaupten, Brasilien brauche mehr Energie zur Abdeckung steigenden Bedarfs. „Brasilien hat derzeit einen Energieüberschuss von 20 Prozent, Tendenz steigend. 83 Prozent davon kommt aus Wasserkraft, weil es die hierzulande billigste Produktionsweise ist. Während jedoch die Industrie sehr geringe Strompreise bezahlt, ist die Stromrechnung für Privatkunden massiv überteuert“.
„So seien bereits 70 Prozent der Energie, die von Belo Monte produziert werden wird, für die nächsten 30 Jahre verkauft – und zwar mit einem Gewinn von 40 Milliarden Euro. Doch davon würden nur wenige – vor allem internationale – Großunternehmen profitieren, nicht die Bevölkerung. „Die durch das Kraftwerk Vertriebenen werden nie eine adäquate Wiedergutmachung erhalten. Der Xingu ist die Herzschlagader der Region. Durch Belo Monte wird die amazonische Biodiversität entlang des Flusses zerstört mit Auswirkungen auf die gesamte Biosphäre“, so Padre Antonio Claret, Pfarrer/Aktivist „Zu den wenigen Profiteuren des ursprünglich auf drei und mittlerweile bereits auf 10,5 Milliarden Euro geschätzten Projektes zählen neben der Aluminium-, Stahl- und Zelluloseindustrie auch Zulieferer wie die österreichische „Andritz AG“.
Die Kleinfischer am Xingu würden bereits jetzt einen Rückgang des Fischbestandes registrieren, mit der Trockenlegung der „Großen Schlinge“ des Flusses auf Grund der Ableitung von 80 Prozent der Wassermassen würden örtliche Fischer und Landwirte ihre Lebensgrundlage gänzlich verlieren. Die Wasserwege zur 140 000-Einwohner-Stadt Altamira würden unterbrochen, steigender Grundwasserspiegel die Wasserversorgung gefährden und die erwartete Ausbreitung von Moskitos durch die vielen kleinen Wasserbecken die Malaria-Gefahr drastisch erhöhen. „Belo Monte steht für ein koloniales Machtstreben ohne Rücksicht auf Betroffene“, kritisierte P. Claret.
Belo Monte soll kein Einzelfall bleiben. 150 weitere Staudämme sind in ganz Amazonien geplant. Die Baugenehmigung für fünf Wasserkraftwerke am Rio Tapajós soll bereits im nächsten Jahr erteilt werden. Und an allen Projekten wollen europäische Konzerne mitverdienen.
Aber auch wir sind betroffen:
Der weltgrößte Regenwald im brasilianischen Amazonas-Gebiet ist ein Segen für das Klima der Erde. In gigantischem Ausmaß speichert er das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Zusätzlich sind die Bäume entscheidend für die Kühlung der Atmosphäre und bremsen damit die Erderwärmung. Der Wald belegt eine Fläche von über vier Millionen Quadratkilometern, das entspricht mehr als elf Mal dem Staatsgebiet Deutschlands. Dieses wertvolle Ökosystem kommt jetzt zunehmend unter Druck: Abholzungen und Brandrodungen bedrohen das Gebiet.
Mit seinen 1100 Nebenflüssen stellt der Amazonas auch eine der weltgrößten Süßwasserreserven dar. Etwa ein Drittel der gesamten Pflanzen- und Tierarten der Welt sind dort beheimatet, viele sind vermutlich noch unentdeckt. Besonders gefährlich für den Regenwald sind auch die Brandrodungen. Sie bedrohen einerseits die Funktion des Waldes als passiver CO2-Speicher, zum anderen wird bei der Verbrennung selbst massiv CO2 in die Atmosphäre abgeben. Schätzungen von Umweltgruppen gehen davon aus, dass bis zu zwanzig Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen auf das Konto von Brandrodungen gehen.
Das staatliche brasilianische Umweltinstitut Ibama hatte im Januar 2011 die Rodung von fast 240 Hektar Wald für das Projekt genehmigt. Die Behörde erlaubte dem Konsortium Norte Energía außerdem, Zugangsstraßen zu bauen, Areale für die Lagerung von Asphalt und Holz anzulegen sowie Einebnungsarbeiten vorzunehmen. Die gravierenden Folgen für das Klima ist enorm.
Die geplanten Staudämme verstoßen gegen das von der UNO erklärte Recht indianischer Völker auf Selbstbestimmung über die Nutzung der natürlichen Ressourcen. Im Namen eines fragwürdigen Fortschritts drohen sie, Zerstörung, Krankheit und Vertreibung in die indianischen Dörfer zu tragen, die seit Jahrhunderten im Regenwald Amazoniens zu Hause sind.
2007 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen nach mehr als 20 Jahre andauernden Verhandlungen eine Erklärung zu den Rechten indigener Völker. Sie beinhaltet das Recht von Ureinwohnern auf Selbstbestimmung und Verfügungsgewalt über ihr Land und die dort liegenden Bodenschätze. Die Deklaration wurde am 13. September 2007 mit den Stimmen von 143 der 192 UNO-Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, angenommen.
Die geplanten Staudämme verstoßen gegen das von der UNO erklärte Recht indianischer Völker auf Selbstbestimmung über die Nutzung der natürlichen Ressourcen. Im Namen eines fragwürdigen Fortschritts drohen sie, Zerstörung, Krankheit und Vertreibung in die indianischen Dörfer zu tragen, die seit Jahrhunderten im Regenwald Amazoniens zu Hause sind.
Geschichte und Ablauf:
Im Jahr 1989 sind die Pläne für ein Staudammprojekt im Amazonas-Regenwald so weit vorgedrungen, dass ein massiver Protest der betroffenen indigenen Gruppen notwendig geworden ist.
Um gegen diesen geplanten Staudamm und seine Errichtung vorzugehen, hielten die Kayapó ein riesiges Treffen in Altamira ab, einer Stadt südlich des Xingu-Flusses. An diesem Treffen nahmen 600 Kayapó, sowie 40 weitere indigene Volksgruppen Amazoniens teil. Außerdem anwesend waren Pressevertreter und Nicht-Regierungs-Organisationen aus der ganzen Welt, die dem Protest gebührend Öffentlichkeit gaben, um erfolgreich zu sein. Eigens für den Protest wurde in Altamira ein ganzes Kayapó-Dorf aufgebaut und alle teilnehmenden Kayapó trugen ihre traditionelle Kleidung und zeigten den Medienvertretern ihren Alltag, um so der Öffentlichkeit ihre Kultur und ihre Lebensweise darzulegen.
Auf Grund der weltweiten Medienresonanz konnten auch berühmte Persönlichkeiten wie die Musiker Bruce Springsteen und Sting zu Protest bewogen werden. Des Weiteren entsandte man einige Kayapó-Führer persönlich in Amerika, Europa und Asien, um auf ihren Kampf gegen das Staudamm-Projekt aufmerksam zu machen. Letzten Endes konnte durch diesen Protest und den Druck der Medien die Weltbank dazu bewogen werden, ihre für das Projekt zugesagte Finanzspritze zurückzuziehen.
14 Jahre später, im Jahre 2003, kamen neue Projekte der brasilianischen Regierung an die Öffentlichkeit, die vorsahen insgesamt fünf große Staudämme entlang des Xingu-Flusses zu errichten. Im November 2003 versammeln sich darauf hin im brasilianischen Piarau 100 Delegierte von 28 indigenen Volksgruppen. Es folgte daraufhin mehrere Treffen der Delegierten.
Im Februar 2010 kündigte der Umweltminister von Brasilien, Carlos Minc, die kurzfristige Erteilung der umweltrechtlichen Baugenehmigung an. Der Betreiber müsse umfangreiche Auflagen erfüllen und Ausgleichs- und Entschädigungsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur und die Umsiedelung von Bewohnern leisten.
Im April 2010 wurde dem Konsortium Norte Energia SA der Zuschlag zur Nutzung des Wasserkraftprojektes erteilt. Am 26. August 2010 unterzeichnete Lula da Silva den Konzessionsvertrag, die Laufzeit beträgt 35 Jahre.
Am 26. Januar 2011 erteilte die brasilianische Umweltbehörde IBAMA eine partielle Baugenehmigung für den Staudamm. Diese erstreckt sich auf erste Baumaßnahmen, inklusive der Rodung von 238 Hektar Regenwald, sowie dem Beginn von Einebnungsarbeiten und dem Bau von Zugangsstraßen und Lagerungsarealen. Ein zwischenzeitlicher Baustopp wegen der Nichteinhaltung von Umweltauflagen wurde am 3. März 2011 vom brasilianischen Bundesgericht wieder aufgehoben.
Ende September 2011 verhängte ein brasilianisches Gericht erneut einen vorläufigen Baustopp wegen der Beeinträchtigung des Fischfangs der im Einflussgebiet lebenden Ureinwohner. Bereits drei Monate später, im Dezember 2011, revidierte der gleiche Richter jedoch seinen Beschluss mit der Begründung, dass die zu erwartenden Auswirkungen des Staudamms auf die Umwelt doch nicht so gravierend seien, wie er bei seiner Verfügung des Baustopps angenommen hatte. Er räumte jedoch ein, dass eine abschließende Bewertung erst nach Fertigstellung möglich ist.
Es kommt seid Baubeginn kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen. So zum Beispiel hatten die Indigenen die Zufahrt zur Baustelle Pimentel abgesperrt und 4000 Arbeiter zum Umkehren nach Altamira gezwungen. Weitere 1000 Arbeiter wohnen in der Baustelle. Nur Fahrzeuge zu deren Versorgung dürfen passieren. Seit dem Baubeginn im Jänner/Januar 2012 ruhen die Arbeiten bereits zum siebenten Mal in mindestens einer der drei großen Baustellen.
Am 10. Januar beendeten die Indigenen nach Zusage von Ausgleichszahlungen die Straßenblockade.
Doch Versprechungen werden nicht eingehalten, so kämpfen sie immer noch gegen den Belo-Monte-Staudamm. Sie kommen mit Kriegsbemalung, Pfeil und Bogen und kämpfen weiterhin für die Blockade des Staudammprojekts Belo Monte. Und fühlen sich zu Recht übergangen. Einer, der mit ihnen kämpft, ist weiterhin der österreichische Bischof Erwin Kräutler. Er untertützt die Ureinwohner bei ihrem Kampf gegen die Regierung. Seit 50 Jahren lebt er in Brasilien und setzt sich für die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen ein.
Viele Prominente setzen sich ebenfalls gegen den Megastaudamm ein, so auch Sting. In ernsten Gesprächen macht Raoni ihm klar, worum es für sein Volk geht. „Wir wollen nichts von den Weißen. Sie haben uns nur Tod, Krankheit und Mord gebracht. Sie haben uns unserem Wald gestohlen und zerstört und wollen auch noch den Rest vernichten. Wir aber wollen nur in Ruhe gelassen werden, um so friedlich wie unsere Ahnen zu leben. Wir wollen den Wald unseren Kindern weitervererben. Wir Indios wollen auch keine Blutvermischung mit den Weißen, und wir wollen nicht in euren Städten leben. Wir wollen hier bleiben. Das ist unser Recht. Und jetzt sage du uns, was du davon hältst.“
Darauf erwiderte Sting: „Ich bin kein Politiker. Ich bin nur ein Sänger. Aber viele Leute hören mir zu. Ich verspreche dir, dass ich tun will, was ich nur kann, um in deinem Namen zu reden. Ich werde allen, die ich erreichen kann, eure Geschichte erzählen, weil ihr noch die einzigen Beschützer des Waldes seid.“
Aus dem Buch „Der Kampf um den Regenwald“ von Dutilleux und Sting.
Die Geschichte des Kayapó-Stammes soll um die Welt gehen und vielleicht ein Umdenken bewirken. Weg vom rücksichtslosen kapitalistischen Fortschritt, hin zur verantwortungsvollen Gesellschaft.
Belo Monte – Staudamm: Euer Profit zerstört unser Leben
Hier findet ihr aktuelle Infos von https://www.facebook.com/NOTOBELOMONTE
© Copyright 2013 Netzfrauen Marga V Boto und Doro Schreier
https://www.regenwald.org/aktion/876/belo-monte-euer-profit-zerstoert-unser-leben
Sting für Regenwald-Engagement ausgezeichnet…
Belo Monte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Belo_Monte
http://plattformbelomonte.blogspot.de/
Verschwunden geglaubtes Indio-Volk aufgetaucht