Ist es einfach nur ein PR-Gag oder eine ernst gemeinte Wende? Der Agrarkonzern Monsanto hat seinen Rückzug aus Europa angekündigt, zumindest was gentechnisch veränderte Pflanzen angeht. Es ist bereits die zweite Ankündigung dieser Art innerhalb von sechs Wochen. Monsanto gibt EU-Markt auf? Schön wär’s, kam dann prompt die Meldung. Bei näherer Betrachtung wird auch bei dem angeblichen erneuten Rückzug schnell deutlich, dass es Monsanto wohl mehr um eine Image-Kampagne geht.
Unsere 10 Gründe zur Skepsis!
1. Monsanto Europe – Monsantos europäischer Hauptsitz – befindet sich in Brüssel Monsanto Europe / Services International
Avenue de Tervuren 270-272 Brüssel, Belgien 1150
2. Pflanzenzüchtung Internationale Cambridge Limited
Plant Breeding International Cambridge Limited A UK, ursprünglich in öffentlichem Eigentum, dann im Besitz von Unilever und seit 1998 im Besitz von Monsanto im Jahr. Besitzt eine große Sammlung von Gras-und Baumarten, mit zahlreichen Zuchtprogrammen einschließlich Kartoffeln, Gerste, Winterweizen und Raps.
3. Patente erstrecken sich auf die Produktion von Lebensmitteln Beispiel:
Patentanmeldungen auf Zucht konventioneller Pflanzen. In absoluten Zahlen verteilen sich die über 500 Anmeldungen auf etwa 30 Anmeldungen pro Jahr in den Jahren 2000–2002. Sie steigen auf etwa 120 Anmeldungen im Jahr 2008 an 31. Nach den Schätzungen der Autoren dürfte die tatsächliche Anzahl der Patentanmeldungen noch etwa 10–20 % über den ermittelten Zahlen liegen. Über 60 Patentanmeldungen lassen sich direkt Monsanto zuordnen, bei Dupont und Syngenta sind es in etwa jeweils 30. Ein großer Anteil der Patentanmeldungen entfällt auch auf BASF (und seinen Partner CropDesign) sowie auf Bayer (mit seinem Partner Agrinomics), allerdings steht bei diesen Patentanmeldungen die Gentechnik im Vordergrund, konventionelle Züchtung scheint hier eher als eine zusätzliche Option angesehen zu werden.
Patente auf genetisches Material und Saatgut, das aus der konventionellen Züchtung stammt, führen dazu, dass der Fortschritt in der Pflanzenzüchtung behindert und der freie Zugang zu den wichtigsten genetischen Grundlagen der Züchtung blockiert wird. Der starke Anstieg von Patentanmeldungen im Bereich der konventionellen Züchtung wird deshalb schwerwiegende Auswirkungen auf Landwirte, Züchter und langfristig auch auf die Verbraucher haben.
4. Prüfer verhindern Aussaat von Genmais 03. 05. 2013
Das Kieler Landwirtschaftsministerium hat in einer von sieben untersuchten Maispartien geringe Anteile von gentechnisch verändertem Mais gefunden. Das verunreinigte Maissaatgut kam dieses Mal aus Chile. Allerdings war der Gehalt an gentechnisch veränderten Organismen in der Partie minimal. Doch für Saatgut gilt laut EU die Nulltoleranz, das heißt, es dürfen keinerlei Anteile von gentechnisch veränderten Organismen nachgewiesen werden. Saatgutzüchter und Bauern möchten das am liebsten ändern. Weltweit werde gentechnisch veränderter Mais angebaut, erklärt der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter.
5. Die EU-Kommission hat vom 27. Mai bis zum 28.Mai über wichtige Petitionen u. a. Verkauf von GVO-Mais durch Monsanto und auf Zulassung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003(!) beraten.
– Petition 813/2008, eingereicht von John Brian, britischer Staatsangehörigkeit, zu angeblichen Verstößen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gegen ihre allgemeinen Grundsätze bei der Prüfung der Zulassungsanträge für genetisch veränderte Lebensmittel(möglicherweise in Anwesenheit des Petenten) und
CM– PE 423.665/REV. II FdR 824545
– Petition 305/2010, eingereicht von Carola Twardella, deutscher Staatsangehörigkeit, zu ihrer Empfehlung an das Parlament, seinen Beschluss zur Genehmigung der umfangreichen Pflanzung von GVO-Kartoffeln durch BASF und des Verkaufs von GVO-Mais durch Monsanto zu überprüfe
und CM– PE 448.741 FdR 829554
– Petition 436/2010, eingereicht von Brian John, britischer Staatsangehörigkeit, zu seinem offiziellen Protest gegen den Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Umsetzung der Vorschriften für Anträge auf Zulassung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates, sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 641/2004 und (EG) Nr. 1981/2006 (möglicherweise in Anwesenheit des Petenten) (in Anwesenheit von Prof. G-E. Séralini) -Petition 343/2012, eingereicht von Wiebke Reinhardt, deutscher Staatsangehörigkeit, unterzeichnet von 2504 weiteren Personen, zur einheitlichen Kennzeichnung von genetisch veränderten Futter- und Lebensmitteln Und Petition 807/2012, eingereicht von Michael Groß-Hardt, deutscher Staatsangehörigkeit, zur Kennzeichnung von Lebensmitteln CM– PE 506.258 FdR 929932
VERORDNUNG (EG) Nr. 1829/2003 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (Text von Bedeutung für den EWR)
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/site/de/consleg/2003/R/02003R1829-20070112-de.pdf
6. Das US-Unternehmen Monsanto übernimmt Teile der niedersächsischen Dieckmann Seeds. Darunter fallen die Geschäftsbereiche Raps- und Roggensaatgut sowie der Vertrieb von Mais und Sonnenblumen. „Diese Transaktion stellt eine langfristige strategische Investition für Monsanto in Deutschland und Osteuropa dar, und wird auf dem bisherigen Erfolg von Dieckmann Seeds aufbauen“, sagt Björn Neumann, Geschäftsführer Saatgut der Monsanto Agrar Deutschland GmbH. „Wir erwarten von diesem Investment, unseren Kunden noch leistungsstärkeres Hybrid-Rapssaatgut zur Verfügung stellen zu können. Zudem stellt es eine interessante Portfolioerweiterung dar. Dies bietet in Europa und gerade auch in Osteuropa neue Geschäftsmöglichkeiten.
7. Zu den Milliardengewinnen trägt auch der Verkauf von Saatgut gentechnisch veränderter Soja in Südamerika bei. Von dort werden jedes Jahr große Mengen der Gentech-Bohnen nach Europa importiert – und landen im Viehfutter. Und sollten künftig neue Anbaugenehmigungen erteilt werden – der EU-Kommission liegen verschiedene Anträge vor – wäre Monsanto mit seinen transgenen Pflanzen zur Stelle. „Wir werden sie gerne dann nach Europa zurückbringen, wenn die europäische Öffentlichkeit es will“, sagte Mitchener den dänischen Reportern.
8. Erst am 29. Mai 2013 erhöhte Monsanto seine Gewinnerwartungen für das laufende Geschäftsjahr deutlich – und führt dies auch auf gute Entwicklungen in Osteuropa zurück.
9. Monheim und St. Louis, 16. April 2013 – Bayer CropScience und das US-Unternehmen Monsanto haben verschiedene Lizenzabkommen über Technologien der nächsten Generation im Bereich der Pflanzenbiotechnologie geschlossen. Sie sollen Landwirten neue Optionen und Möglichkeiten bieten.
Monsanto gibt Bayer CropScience eine gebührenpflichtige Lizenz für die Technologien Genuity® Roundup Ready 2 Yield® und Genuity® Roundup Ready 2 Xtend™ für Sojabohnen in den USA und in Kanada. Außerdem erhält Bayer CropScience eine gebührenpflichtige Lizenz für die Technologie Intacta RR2 PRO™ für Sojabohnen in Brasilien mit einer Option auf eine gebührenpflichtige Lizenz in anderen lateinamerikanischen Ländern in der Zukunft. Unter bestimmten Umständen kann Bayer CropScience diese Technologien auch mit anderen kombinieren. (Veröffentlicht von den beiden Konzernen auf deren Webseiten)
10. Und gleichzeitig wichtigster Punkt:
Obama will freien Handel mit der EU – FREIHANDELSABKOMMEN mit den USA
Auf Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat US-Präsident Barack Obama in seiner Rede zur Lage der Nation am 13. 02. 2013 „die Aufnahme von Gesprächen über eine umfassende Handels-und Investmentpartnerschaft mit der Europäischen Union“ angekündigt. Das war der Startschuss für konkrete Verhandlungen zwischen den USA und der EU, die bereits im Juni beginnen und bis 2016 zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen führen sollen.
Die Folgen eines solchen Vertrages die Zulassungsverfahren für Lebensmittel müssten angeglichen werden.
In den USA werden Gentechnik-Pflanzen wie Soja, Mais und Baumwolle in großem Stil angebaut. Das ist auch einer der Gründe, warum viele Umweltorganisationen sich vor dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten sorgen. Sie befürchten, die US-Regierung werde auf den Marktzugang für gentechnisch veränderte Pflanzen und Lebensmittel drängen. Sie Sorge ist berechtigt:
Die anstehenden Verhandlungen zwischen den USA und der EU für ein bilaterales Freihandelsabkommen hat der Agrarattaché der Vereinigten Staaten in Berlin, Paul Spencer, als eines der „großen“ Projekte des Jahres 2013 bezeichnet. Wie Spencer im März 2013 in Berlin vor Journalisten erklärte, wird die Agrar- und Ernährungswirtschaft ein wichtiger Teil der Gespräche für eine Transatlantische Handels- und Investment-Partnerschaft (TTIP) sein.
In der Diskussion gab Spencer zu bedenken, dass es seit Jahren beispielsweise unterschiedliche Auffassungen bei technischen Verfahren wie der Chlorbehandlung von Geflügelfleisch oder Leistungsförderern in der Milch- und Rindfleischproduktion zwischen den europäischen und amerikanischen Standpunkten gebe. Ein großes Problem stelle auch die europäische und insbesondere deutsche Sicht auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) dar. Spencer warnte vor einer Überbewertung der Risiken von GVO und wies gleichzeitig darauf hin, dass die globale Nahrungsmittelproduktion angesichts der wachsenden Weltbevölkerung bis 2050 voraussichtlich um etwa 70 % gesteigert werden müsse.
Die grüne Biotechnologie leiste hierzu einen entscheidenden Beitrag. Weltweit werde schon jetzt eine Fläche mit GVO bepflanzt, die viermal größer sei als die Grundfläche Deutschlands. Mit Blick auf das angestrebte Freihandelsabkommen sieht Spencer gerade auch für die europäische und deutsche Ernährungswirtschaft Vorteile. Die USA stellten mit einer Bevölkerung von 300 Millionen Bürgern einen der weltweit attraktivsten Märkte dar. Insbesondere hochwertige Qualitäts- und Nischenprodukte, wie beispielsweise biologisch erzeugte Lebensmittel, seien in den USA gefragt; dies könnte nicht zuletzt auch für deutsche Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten eröffnen.
Übrigens, der deutsche Bauerverband sieht die Probleme bei den Verhandlungen für den Bereich Landwirtschaft bei den sogenannten nichttarifären Handelsrestriktionen. Dazu zählten der Umgang mit gentechnisch veränderten Produkten, der Einsatz von Wachstumshormonen in der Fleischproduktion sowie das Hygienemanagement in der tierischen Produktion.
Risiken eines solchen Freihandelsabkommens mit den USA darf Europa seine Umwelt- und Verbraucherpolitik nicht für falsch verstandene Handelsinteressen opfern.
Schon seit langem befürworte Kanzlerin Angela Merkel ein solches Abkommen und die EU-Kommission verkündete am 13. 02. 2013 : „Wir geben bekannt, dass wir die notwendigen internen Verfahren für die Verhandlungen starten“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von US-Präsident Barack Obama, EU-Ratschef Herman Van Rompuy und Kommissionschef José Manuel Barroso.
Wen interessieren von denen der Umgang mit gentechnisch veränderten Produkten, der Einsatz von Wachstumshormonen in der Fleischproduktion sowie das Hygienemanagement in der tierischen Produktion?
Fazit: Monsanto kann also entspannt abwarten.
©Doro Schreier, Netzfrauen
Quellen:
Punkt1:
http://www.monsanto.com/whoweare/Pages/belgium.aspx
Punkt2: http://www.europages.de/PLANT-BREEDING-INTERNATIONAL-CAMBRIDGE-LIMITED/GBR252378-00101/karte.html
http://www.corporatewatch.org.uk/?lid=208
Punkt5: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=COMPARL&reference=PETI-OJ-20130527-1&language=EN
Punkt6: http://www.agrarheute.com/monsanto-kauf-teile-von-dieckmann-seeds
Punkt7: http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/27581.html
Punkt8: http://www.godmode-trader.de/nachricht/Monsanto-erhoeht-Gewinnprognose-fuer-2013,a3098615.html
Punkt9: http://www.monsanto.co.uk/news/ukshowlib.php?uid=14817
Punkt10:
http://www.raiffeisen.com/webedit/rwg-gnarrenburg1/web/?artikel=30226046
http://www.bauernzeitung.de/usa-eu-agrarpartner
http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/27220.html