Ich kann nicht alles sein für Dich, mon Amour!

Ich kann nicht alles sein für Dich, mon Amour!

Begriffsdefinitionen Polygamie

Nehmen wir zuerst die klassische Form: Polygamie bedeutet eine rechtlich abgesicherte Form der Ehe mit mehr als einer Person des anderen Geschlechts.

Erweitern wir dies nun um die Möglichkeit der möglichen gleichgeschlechtlichen Eheschließung: Polygamie bedeutet eine rechtlich abgesicherte Form der Ehe mit mehr als einer Person, des gleichen oder anderen Geschlechts.

Erweitern wir um die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Lebensgemeinschaft: Polygamie bedeutet eine rechtlich abgesicherte Form der Ehe oder einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit mehr als einer Person unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts.

Polyamory

In neuerer Zeit wird auch der Begriff „Polyamory“ benutzt: Polyamory heißt „mehr als eine/n lieben“. Diese Liebe kann körperlich sein, emotional, spirituell oder irgendeine Kombination davon, entsprechend den Wünschen und Vereinbarungen der Beteiligten.

Liebesbeziehungen zu mehr als einem Menschen zur gleichen Zeit zu haben, mit vollem Wissen und Einverständnis aller beteiligten Partner.

Promiskuität

Als Promiskuität wird die Praxis nicht an langfristigen Bindungen orientierter sexueller Kontakte mit verschiedenen Partnern bezeichnet; das Adjektiv promiskuitiv oder promisk wird auch verwendet für „sexuell freizügig“ oder „offenherzig“.

Monogamie

Eine Heiratsregelung, die Personen beiderlei Geschlechts nur einen Ehepartner gestattet. Oder: die auf Dauer angelegte exklusive Gemeinschaft zwischen zwei Individuen.

Serielle Monogamie

Exklusive Gemeinschaft/Beziehung zweier Menschen, die beendet sein muss, um eine weitere Beziehung dieser Art eingehen zu können.

Ein Aspekt, der in Diskussionen über poly versus monogame Beziehungen nicht so oft auftaucht, der mir aber zumindest erwähnenswert erscheint, nenne ich den unerfüllbaren „All-Inklusive-Anspruch“: Der Wunsch, der Traum, dass der geliebte Partner, die geliebte Partnerin all meine Bedürfnisse, all meine Sehnsüchte, all meine Begierden, all meine leeren Stellen, und, und, und … ausfüllen wird. Dabei nimmt die Sexualität nur einen kleinen Raum ein. Das er/sie, das Teil ist, das mich zu einem Ganzen werden lässt. Sich einpasst in mir, wie ein fehlendes Puzzleteil und aus uns beiden etwas Drittes, Neues, Wunderbares entstehen lässt.

Und in der ersten Phase des Verliebtseins, in der ersten Zeit der Beziehung, in den ersten Wochen, Monaten, ja vielleicht Jahren, da fühlt es sich ja auch so an, da stimmt es ja auch: man ist voll und übervoll durch den anderen. So ganz und heil und mittig. So fast unerträglich groß und größer. Der andere breitet sich aus in einem und lässt einen selbst wachsen und gedeihen in wahnsinniger Schnelle. Man entdeckt so viel Neues in sich und verändert sich gemeinsam.

Aber, nach einer Weile, da stellt man voller Liebe fest: dieses gemeinsame Neue hat auch Sehnsüchten, Träumen, Bedürfnissen, Aspekten der Persönlichkeit Raum geschaffen, die man bei dem anderen nicht abdecken kann … und er/sie nicht bei einem selbst.

Die Erkenntnis wächst: Ich kann nicht alles sein für meinen Partner, meine Partnerin. Ich habe weder die Zeit, die Kapazität, das Wissen noch das Können und die Energie, alle Bedürfnisse meines Gegenübers umfassend und kompetent zu befriedigen. Und mein Gegenüber kann dies auch umgekehrt nicht erfüllen.

Nun, die gängige Haltung dazu ist: Wer liebt, der steckt zurück. Macht Kompromisse, beschneidet sich, schränkt sich ein, nimmt sich und seine Bedürfnisse zurück. Passt sich dem anderen an und setzt sich selbst Grenzen durch Genügsamkeit. Man nimmt Opfer in Kauf für die Liebe und erwartet solche von dem anderen – und verfängt sich manchmal dann in einer Opferhaltung, die nicht gesund sein kann für die Liebe.

Weil Liebe, in meinem Verständnis, will, dass der andere wächst und gedeiht. Sich entwickelt nach all seinen Möglichkeiten, seine Potentiale voll entfalten kann. Nicht nach meinem Gusto und nicht zur ausschließlichen Befriedigung meiner Bedürfnisse. Sondern an und für sich. Liebe beinhaltet diese Freiheit und kann nur Liebe sein auf Grundlage derselben.

Aus diesem Grunde erscheint mir Liebe zu beinhalten und die Basis dafür zu sein, dass der Andere durch meine Liebe zu ihm/ihr ermutigt werden sollte, auch andere Menschen zu lieben. Aspekte seiner Persönlichkeit mit anderen auszuleben, einen Teil seiner Bedürfnisse und Sehnsüchte mit anderen Menschen zu erfüllen und daran weiter zu wachsen.

Einfach und viel banaler ausgedrückt: Aus rein egoistischen Gründen brauche ich den anderen lebendig und wachsend auch außerhalb meiner Verantwortung und meinem Zutun. Und auch ich brauche den Raum und die Luft, andere Menschen zu lieben, um daran zu wachsen und mich weiter zu entwickeln. Weil nur so unsere Beziehung lebendig und voller Reichtum bleibt. Nur so ist jeder Tag, jedes gemeinsame Tun erfüllend wie am Anfang und nur so tötet Gewohnheit, Langeweile und Alltagstrott nicht die gemeinsame Freude und den Genuss an der Bereicherung durch den anderen ab.

Der Satz: „Was ich liebe, muss ich loslassen.“ erscheint mir auf Grund dieser Überlegungen recht stimmig. Weil, wenn ich nicht loslasse, dann wird die Liebe sich verabschieden. In mir und in dem anderen.

Deshalb bin ich einfach egoistisch und lasse Dich voller Freude gehen, damit Du und ich bleiben können.

© Netzfrau Heidrun Müller 

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