Uruguay: Präsident Mujica spendet 90% seines Gehalts an soziale Einrichtungen

José Alberto Mujica CordanoAm 21. d. M. wurde über die umstrittene Diätenerhöhung für Abgeordnete abgestimmt. Wie hätte es anders sein können, wenn Abgeordnete selbst über ihr Gehalt abstimmen? Ja, sie haben sich wieder einmal großzügig bedient. 

Doch es geht auch anders: José Alberto Mujica Cordano, seit dem 1. März 2010 amtierender Präsident von Uruguay, gilt als eines der “ärmsten” Staatsoberhäupter der Welt.“

Diese Aussage der „âgencia latina press“ ließ mich stutzen und innehalten. Also las ich weiter. Uruguays amtierender Präsident „el Pepe“ verdient demnach pro Monat 12 500 US-Dollar und spendet davon 90% an soziale Einrichtungen.

Er besitzt keine Nobelkarosse, sondern fährt einen Volkswagen Baujahr 1987, und statt in einer Präsidentenvilla lebt er weiterhin in seinem Bauernhaus am Rande von Montevideo. Er ist glücklich und mit seinem Auskommen vollständig zufrieden

Wie anders sieht es in der restlichen Welt aus:

Lee Hsien Loong ist der Ministerpräsident von Singapur. Und er verdient so viel wie kein anderer Regierungschef auf der Welt: Umgerechnet circa 1,3 Millionen Euro pro Jahr! Nur noch! Von den vorher erhaltenen 1,8 Millionen Euro wurden ihm 0,5 Millionen gestrichen.

Als Präsident der USA verdient Obama weit weniger: Nur 300 000 Euro Gehalt bekommt das Staatsoberhaupt der USA. Trotzdem wird die First Family kaum finanzielle Probleme bekommen: Sie wohnen mietfrei im Weißen Haus, essen zumeist auf Staatskosten und haben mehr als 100 Bedienstete. Zudem verfügt der Präsident über mehrere Dienstwagen, das Präsidentenflugzeug Air Force One und den Helikopter Marine One. Solche Vergünstigungen müssen auch bei den Politikergehältern in anderen Ländern mitgerechnet werden.

Der ehemalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew hatte die Diskussion um die Verdienste von Staatsoberhäuptern entfacht, indem er seine Finanzen offenlegte. Demnach verdient er umgerechnet circa 90 000 Euro und besitzt nicht einmal ein eigenes Auto. Trotzdem kann sich Medwedjew eine 370 Quadratmeter große Wohnung in Moskau leisten. Kritiker bemerkten dazu, dass er sich diese Wohnung mit Sicherheit nicht von seinem Einkommen leisten könnte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Das Gehalt des französischen Staatspräsidenten betrug seit einer Erhöhung im Herbst 2007 – um 170 Prozent – wie das des Premierministers brutto 240 000 Euro im Jahr. Darüber hinaus erhält er jährlich ein Budget in Millionenhöhe, über welches keine Rechenschaft abgelegt werden muss (z. B. freie Kost und Logis im Palast, Feriendomizile usw.) François Hollande kündigte in seinem Wahlkampf eine Gehaltssenkung an und senkte als eine seiner ersten Amtshandlungen sein Gehalt und das seiner Minister um 30 Prozent. Soviel zu einigen Staatsoberhäuptern in der Welt.

Und wie läuft das bei uns ab? Was verdienen die Bundeskanzlerin und unsere Abgeordneten?

Der Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Hans Heinrich Driftmann sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Die wichtigsten Verantwortungsträger unserer Republik müssen anständig bezahlt werden. 500 000 bis 600 000 Euro für die Kanzlerin wären eine solche Größenordnung.“ Bisher verdient Merkel laut dem Bund der Steuerzahler monatlich 16 020 Euro – ohne Zulagen. Bei 13 Monatsgehältern macht das für die Kanzlerin jährlich 208 260 Euro. Neuerdings eine Erhöhung: Selbstbedienungsladen Bundestag: Diätenerhöhung ist vollbracht

Nun besteht das Gehalt von Frau Dr. Merkel aber nicht nur aus dem monatlichen Betrag, der voll versteuert werden muss, es kommen einige Zusatzleistungen hinzu, die weder offengelegt noch versteuert werden müssen. Dazu gehören: die Aufwandspauschale, die Büroausstattung, Zuschuss zur Krankenversicherung, die Gehälter von Mitarbeiter/-innen, Dienstreisen, weitere mandatsbezogene Fahrtkosten, eine Bürokostenpauschale und noch einiges mehr. Wenn Bundestagsabgeordnete oder die Kanzlerin selber aus ihren Ämtern ausscheiden, erhalten sie ein Übergangsgeld in gleicher Höhe wie ihr Dienstgehalt, danach die Auszahlung gestaffelter Pensionsansprüche.

Nicht wenig, wenn ich mir so überlege, womit unsereins so auskommt. Mag sein, dass wir uns nicht mit der Kanzlerin vergleichen dürfen, sie muss ja repräsentieren, uns, die BRD, den Wirtschaftsstaat repräsentieren…

Aber José Alberto Mujica Cordano ist ebenso Staatschef. Vielleicht ist sein Land kleiner, unbedeutender, wenn es um Wirtschaftsgröße geht, aber er ist Präsident. Er kann gut ohne besondere Vergünstigungen sein Amt ausüben, braucht keine Staatskarosse, keinen Präsidentenpalast. Im Gegenteil: Als Anfang Juni das Land von einem Kälteeinbruch heimgesucht wurde, räumte er die offizielle Residenz und quartierte die Armen und Obdachlosen ein. Es erfordert schon einige fantasievolle Gedankensprünge, sich vorzustellen, Frau Merkel hätte das Bundeskanzleramt oder ihre Privatgemächer für Hochwasseropfer geräumt, würde regelmäßig 90% ihres Gehaltes an soziale Einrichtungen spenden, würde freiwillig auf Nobelkarosse und andere Zusatzleistungen verzichten….unsere Bundestagsabgeordneten würden ihre Diäten halbieren anstatt maßlos Jahr für Jahr eine hochprozentige Erhöhung einzufordern. Es wäre sehr realitätsbezogen, weil Wachstum bis in die Unendlichkeit utopisch ist. Es wäre ein Vorbild für uns, wenn andere Werte als der Mammon ein notwendiges Umdenken anstoßen könnten.

Ich schließe mit einem Satz, den José Alberto Mujica Cordano 2012 auf dem Weltgipfel für Nachhaltigkeit 2012 in Brasilien sagte: „Arm ist nicht der, der wenig hat“, so der Südamerikaner, „wirklich arm ist der, den es ohne Ende nach mehr und mehr verlangt“.

©Netzfrau Antje Klein

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