Reiche, die Muttermilch wie Champagner konsumieren sollen, und Agenturen bieten ihren Kunden Ammen an, die für viel Geld Neugeborene, Kranke und Wohlhabende mit ihrer Milch versorgen. Wer sein Kind nicht stillt, weil zum Beispiel die Muttermilch teuer verkauft werden kann, der bezahlt für Baby-Milchpulver seit dem Skandal 2008 nach einer Preisabsprache, wie nun bekannt wurde 30 % mehr. Und nun auch noch verseuchte Babynahrung.
Der weltgrößte Exporteur von Milchprodukten, Fonterra aus Neuseeland, steht nach einer Rückruf-Aktion wegen Bakterienverseuchung am Pranger. Das Unternehmen warnte am Samstag vor Molke, die im Mai 2012 produziert wurde. Sie sei mit Bakterien verseucht, die eine lebensgefährliche Botulismus-Vergiftung auslösen könnten, wie Tests vergangene Woche ergeben hätten.
Der Fund giftiger Bakterien in Molkereiprodukten aus Neuseeland zieht weltweit Kreise: Der französische Lebensmittelriese Danone rief am Montag in mehreren asiatischen Ländern Babymilchpulver zurück, Russland stoppte Verkauf und Import von Produkten der neuseeländischen Molkerei Fonterra. In China, dem wichtigsten Absatzmarkt der Molkerei, entschuldigte sich deren Chef persönlich bei den Verbrauchern. Nestle gab bekannt, dass keines seiner Produkte durch die Fonterra Rückrufaktion betroffen sei.
Schon 2008 erschütterte ein Skandal um giftiges Milchpulver China: Damals waren sechs Babys an mit Melamin gestrecktem Milchpulver gestorben, 300 000 weitere wurden davon krank. Das Misstrauen der Chinesen gegenüber einheimischen Produkten ist seither groß.
Das wussten auch ausländische Konzerne wie Schweizer Nestlé, auch Danone aus Frankreich, Mead Johnson, Wyeth , Abbott aus den USA sowie CampinaFriesland aus den Niederlanden.
Die chinesischen Behörden ermitteln einem Zeitungsbericht zufolge wegen mutmaßlicher Preisabsprachen gegen diese genannten Unternehmen.
Schon im April dieses Jahres kaufte der schweizerische Nahrungsmittelkonzern Nestle die Babynahrungsabteilung seines amerikanischen Konkurrenten Pfizer und wurde so auch in Asien zu einem führenden Anbieter.
„Der Kauf wird Nestles Präsenz im Mittel- und Oberklassemarkt für Milchpulver in China stark ausbauen“, erklärte Zhou Siran, ein Forscher der CIConsulting. Milchpulver für Neugeborene und Kleinkinder sind ein riesiges Geschäft in China.
Der Aufstieg ausländischer Marken
Nach Zollangaben importierte China in der ersten Jahreshälfte 445 000 Tonnen Milchpulver, 24,8 Prozent mehr als im Vorjahr und ein krasser Gegensatz zum Jahr 2008, als nur 120 000 Tonnen eingeführt wurden. Setzt sich diese Entwicklung fort, würde die 1-Millionen-Tonnen–Grenze noch in diesem Jahr überschritten, geschmuggelte, und im Ausland erworbene Produkte nicht mit eingerechnet.
China stoppt Milchpulver-Importe aus Neuseeland
China hat nun aktuell sämtliche Importe von Milchpulver aus Neuseeland gestoppt, nachdem Fonterra, der weltgrößte Exporteur von Molkereiprodukten, vor gefährlichen Bakterien in einigen Eiweißpulver-Lieferungen gewarnt hatte. Das teilte der neuseeländische Handelsminister Tim Groser am Sonntag in einem Fernsehinterview mit. Zuvor hatte Fonterra erklärt, dass man Kunden vorsorglich über den Fund verdächtiger Bakterien in drei Produktchargen von konzentriertem Molkeneiweißpulver für Babynahrung und Sportgetränke informiert habe. Mehrere Unternehmen, u. a. Coca Cola China starteten daraufhin eine breit angelegte Rückrufaktion.
Auch Australien, Malaysia, Thailand, Saudi-Arabien und Vietnam importierten nach Angaben von Fonterra das neuseeländische Eiweißpulver. Die Bakterien, die der Konzern bei Stichproben fand, können Botulismus auslösen – eine schwere und im schlimmsten Fall tödliche Lebensmittelvergiftung.
Laut einem Fonterra-Manager musste auch Danone in China Produkte zurückrufen. Bislang hat sich Danone selbst noch nicht dazu geäußert. Nutricia New Zealand, eine Tochter von Danone, erwägt jedoch einen vorsorglichen Rückruf von zwei Säuglingsmilch-Produkten in Neuseeland. Das teilte Nutricia am Sonntag auf ihrer Webseite mit.
Nestlé und Fonterra haben seit 2002 eine Partnerschaft namens Dairy Partners Americas, unter der sie Milchprodukte an Kunden in Lateinamerika liefern. Nestlé sagte am Montag, dass keines seiner Produkte durch einen Rückruf der Milchprodukte der durch Fonterra hergestellte Produkte betroffen waren.
Trotz Preisaufschlägen und Skandalen – Chinesen wollen Milchpulver aus dem Ausland!
Muttermilch als neuer Champagner – was lassen sich die Chinesen noch alles einfallen?
Nach Angaben der Zeitung „Southern Metropolis“ bietet unter anderem die Vermittlungsagentur für Dienstpersonal, Xinxinyu, ihren Kunden Ammen an, die für viel Geld Neugeborene, Kranke und Wohlhabende mit ihrer Milch versorgen.
„Unsere erwachsenen Kunden können die Milch direkt aus der Brust erhalten oder sie abpumpen lassen, sollten sie sich zu sehr genieren“, zitierte das Blatt den Chef der in Shenzen beheimateten Agentur, Lin Jun. Dem Bericht zufolge müssen erwachsene Kunden für eine Amme monatlich umgerechnet 2000 Euro zahlen – das entspricht in etwa dem vierfachen Durchschnittslohn. „Gesunde und hübsche“ Ammen erhalten demnach deutlich mehr.
In einigen Teilen Chinas gilt Muttermilch als beste Nahrung für Kranke. Doch dass sie nun als teures Modegetränk angeboten wird, stieß in den Medien und im Internet auf scharfe Kritik.
Verständlicherweise.
In China ist das Stillen wenig verbreitet, laut einem UNICEF-Bericht von 2012 geben nur 28 Prozent der Mütter ihren Kindern die Brust. Als Gründe werden die kurzen Mutterschutzzeiten genannt sowie die aggressive Werbung für Ersatzmilch.
Viele Chinesen kaufen gerne ausländische Babymilch-Produkte. Im Frühjahr kam es deswegen in Deutschland sogar vereinzelt zu Rationierungen von Baby-Milchpulver.
Da loben wir uns Mexiko, denn die setzten sich gegen Nestlé durch.
Nestlé hat von Mexiko zwar die Erlaubnis zum Kauf von Pfizers Babynahrungs-Geschäft erhalten. In Mexiko selbst wird der Lebensmittelkonzern allerdings nicht mit Babynahrung handeln dürfen.
Die Vorgeschichte :
Die mexikanische Wettbewerbskommission hatte sich gegen den Kauf der Babynahrungssparte des US-Pharmariesen Pfizer durch den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé ausgesprochen. Die Behörde befürchtet eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Markt durch das Nestlé-Monopol.
Eine Übernahme hätte demnach zur Folge, dass Nestlé die Preise für Babymilch und Ergänzungsprodukte für Mütter zwischen 2,9 und 11,5 Prozent erhöhen könnte.
Nestlé China
Chinesische Firmen dürften derweil unter größeren Druck kommen, da die ausländische Konkurrenz stärker wird. Nach dem Geschäft werden die fünf großen ausländischen Marken für Kleinkindnahrung nicht mehr nur 60 Prozent, sondern neu 85 Prozent des chinesischen Marktes für solche Produkte kontrollieren. Der europäische Markt für Baby- und Kleinkindnahrung ist gesättigt, sodass aufstrebende Märkte wie China und Indien, wo die Geburtsrate hoch ist, derzeit die besten Wachstumschancen bieten. 45 Prozent des Wachstums im Babynahrungsmarkt wird in den nächsten 5 Jahren von China ausgehen. In der Volksrepublik wurde 2011 etwa ein Drittel der 1,6 Milliarden Euro Umsatz, welche die Pfizer-Abteilung erzielte, erwirtschaftet. Der Kauf sorgt auch dafür, dass Nestle nicht selbst mittel- und oberklassige Milchpulverprodukte entwickeln muss, wodurch das Unternehmen mindestens 10 Jahre Arbeit spart, da es ohnehin die Führung im asiatisch-pazifischen Markt übernehmen möchte.
Es wird immer verrückter: Monsanto-Nestlé besitzt jetzt Patente auf Muttermilch
Derzeit gibt es 2000 Patente auf Bestandteile von Muttermilch.
Muttermilch als neuer Champagner in China: Nach den Worten des Bloggers und Schriftstellers Cao Baoyin zeigt das Agentur-Angebot einmal mehr „den moralischen Verfall der Reichen in China“ und unterstreicht das „gesellschaftliche Problem, Frauen wie Konsumgüter zu behandeln“. Wohl wahr, aber nicht nur in China.
© Netzfrau Doro Schreier
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