Mega ist out – jetzt kommt Nano!

NanoNanotechnologie wird in Milliardstel eines Meters gemessen und umfasst alle Aspekte des Lebens aus der Nahrung, Medizin, Kleidung bis hin zum Weltraum. Stellen Sie sich Hunderte von Mikrocomputern auf der Breite eines Haares vor, die für bestimmte Aufgaben in Ihrem Körper programmiert sind. Klingt das gut?

Gestalten auf molekularer Ebene kann einen zukünftigen Firmen-Traum wahr machen, aber Nano-Partikel in Ihrem Körper haben wenige Langzeitstudien in diesem Bereich hinter sich. Sind aber nötig, vor allem, wenn sie mit Gesundheitsfragen verbunden sind. Trotz dieser neuen Riesenprofit-generierenden Hoffnung gibt es eine wachsende Anzahl von toxikologischen Informationen, wie z. B.: Nanotechnologie kann durch Verzehr Hirnschäden (siehe Forellenbarsch) verursachen  und sollte daher einer vollständigen Sicherheitsbewertung unterzogen werden.

Nano-Partikel finden ihren Weg durch die Haut, was zu einer Wechselwirkung mit dem Immunsystem führen kann, wenn sie schlussendlich ins Blutsystem gelangen. Von dort aus bewegen sie sich von Organ zu Organ, und was das auslösen kann, ist noch nicht erforscht. Nanopartikel in Kosmetik haben jedenfalls die Zulassung durch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA erhalten.

Thomas Faunce, von der Australian National University, der ein Australian Research Council-Stipendium besitzt, beschäftigt sich mit Fragen der Volksgesundheit in Bezug auf Nanotechnologie. Seine Studienergebnisse sind signifikant und stärken die Argumente für die obligatorische Etikettierung, und dass strenge Sicherheitsdaten von den Herstellern erforderlich sein sollen. Seine Forschung zeigt, dass Nano-Partikel die Fähigkeit haben, lebende Zellen zu beschädigen, und deswegen sei das grundsätzliche Vorsorgeprinzip anzuwenden.

Was bedeutet es denn überhaupt, wenn man von Nano-Essen spricht?

Als Nano-Food (altgr. νᾶνος nános „Zwerg“ und engl. food „Essen“) werden populärwissenschaftlich alle künstlich erzeugten oder veränderten Nahrungsmittel bezeichnet, denen mittels Nanotechnologie über Nanopartikel bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden.

Der Umfang der möglichen Eigenschaften reicht von bestimmten Geschmacksrichtungen, Farben oder Konsistenzen (Beispiel: Erhitzen ändert die Farbe oder die Festigkeit) über die Verdauung (Verstärkung des Functional-Food-Effekts), der Zuweisung bestimmter Verhaltensformen (geringere Aufnahme von Fett in Pommes frites, oder Schokolade verläuft beispielsweise nicht mehr bei Hitze in der Verpackung) bis zur Erzeugung völlig neuer Lebensmittelformen.

Zahlreiche Lebensmittelunternehmen erforschen den Einsatz von Nanotechnologie in Lebensmitteln; darunter beispielsweise Kraft Foods, Unilever, Nestlé und Cargill. Derzeit (Stand März 2007) sind weltweit ca. 150 verschiedene Nano-Food-Lebensmittel im Handel, in Deutschland nach offiziellen Angaben bislang noch keine. Eine Kennzeichnungspflicht besteht in Deutschland nicht.

Nachdem bislang noch keinerlei Erkenntnisse über Unverträglichkeiten und gesundheitliche Risiken bestehen, Nano-Food bislang auch nicht nachgewiesen werden kann, aber Bedenken nicht von der Hand zu weisen sind (beispielsweise ist die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke durch die kleinen Partikel vorstellbar), ist mit Ablehnung durch die Verbraucher oder der Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht zu rechnen.

Und tatsächlich sind sie schon da!

In Sonnencremes beispielsweise dienen Nanoteilchen als Schutzfilter gegen ultraviolette Strahlen. Auch In Feuchtigkeitscremen und mineralischem Make-up, Anti-Aging-Cremen  sowie anderen Kosmetikmitteln. In Socken und Sportbekleidung tötet Nanosilber Bakterien ab und verhindert so, dass die Kleidung bald müffelt. In Lacken und Farben sorgen Nanopartikel für unterschiedliche Farbeffekte und schützen vor Schmutz oder Schimmel. Aluminium-Nanopartikel in Parkett- und Möbellacken verbessern die Kratzfestigkeit. Und das ist erst der Anfang: Die noch recht junge Nanotechnologie gilt als eines der wichtigsten Forschungsgebiete für das 21. Jahrhundert.

Am Arbeitsmarkt boomt der Bereich Nanotechnologie: Nahezu 700 Unternehmen in Deutschland beschäftigten sich dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zufolge Anfang 2010 mit Nanotechnologien in all ihren Facetten; Etwa 50 000 Arbeitsplätze haben direkt oder indirekt mit Nanotechnologie zu tun. Das BMBF bietet in Zusammenarbeit mit dem VDI-Technologiezentrum eine detaillierte Landkarte mit Nanotechnologie-Standorten auf einer eigens eingerichteten Webseite an. Hier sind auch Studiengänge eingetragen, die den Nachwuchs speziell auf die Forschung und Fortentwicklung der Nanotechnologien vorbereiten. Die Mission, das Ziel ist klar: Nano soll groß rauskommen, aus dem Zwerg soll ein Zukunftsriese werden.

Allein im Jahr 2009 investierten deutsche Ministerien, Bundesländer und Forschungseinrichtungen 441 Millionen Euro an öffentlichen Fördergeldern in die Nanotechnologie. Nur ein Bruchteil davon fließt in die Risikoforschung. Ähnlich spiegelt sich die Nanotechnologie in den Medien wider: Die Berichterstattung über Nanotechnologie ist stark auf den potenziellen Nutzen hin orientiert, Risiken hingegen werden nur zu einem geringen Teil thematisiert – so lautet das zentrale Ergebnis einer Studie der Universität Münster. Die Kommunikationsforscher hatten dazu 1696 Artikel zum Thema Nanotechnologie untersucht, die in den Jahren 2000 bis 2007 in den großen deutschen Tageszeitungen, den Nachrichtenmagazinen „Focus“ und „Spiegel“ sowie der Wochenzeitung „Zeit“ erschien sind.

In der Medizin setzt man große Hoffnung auf die Nanotechnologie. Die Krebsforschung und die Behandlung von Tumorleiden befinden sich im Umbruch. Zum einen steigen die Erkrankungszahlen, zum anderen verbessern sich die Heilungschancen. Mittlerweile wird jeder zweite Patient von seinem Krebsleiden geheilt. Doch viele der Therapien sind unangenehm und beeinträchtigen die Lebensqualität. Die Nanotherapie verspricht eine möglichst nebenwirkungsfreie Behandlung. Sie bekämpft den Krebs mit winzigen Partikeln und Wärme.

Der Begriff „nano“ bezeichnet zunächst lediglich den Milliardsten Teil einer Maßeinheit. Ein Nanometer ist also zum Beispiel der Milliardste Teil eines Meters, der Millionste Teil eines Millimeters. Nanoteilchen sind dementsprechend winzige Teilchen, die nur aus ein paar Atomen bestehen und etwa 1000 Mal kleiner sind als ein rotes Blutkörperchen. In der modernen Krebsforschung verspricht man sich Einiges von der Nanotechnologie. So hat etwa der Biologe Andreas Jordan von der Berliner Charité eine Krebstherapie mit Eisenoxid-Partikeln entwickelt, die nur 15 Nanometer groß sind.

Der Tumor wird gekocht

Bei der von Andreas Jordan entwickelten Therapie spritzen die Ärzte die Eisenoxid-Partikel direkt in die Krebsgeschwulst. Wegen ihrer speziellen Beschichtung werden sie nicht von gesunden Zellen, sondern nur vom Tumorgewebe aufgenommen. Anschließend legen die Ärzte von außen ein magnetisches Wechselfeld an, das bis zu 100 000 Mal in der Sekunde seine Polarität ändert. Die Nanopartikel werden dadurch in Schwingungen versetzt und werden immer wärmer – genau so wie der Tumor. Über den Rhythmus der Bewegung können die Forscher die Eisenoxid-Partikel gezielt steuern und somit auch die Temperaturentwicklung beeinflussen.

Manche Tumore wehren sich gegen die herkömmlichen Strahlen- oder Chemotherapien und entwickeln Reparaturprogramme, mit denen sie die Strahlenschäden wieder beheben. Doch diese Mechanismen können bei einer Kochtemperatur von etwa 45 Grad Celsius mithilfe der neuen Nanotherapie gezielt ausgeschaltet werden. Es ist auch möglich, den Tumor direkt auf 70 Grad zu erwärmen und die Geschwulst zu zerkochen, ohne das Gewebe ringsum zu zerstören.

Noch befindet sich die Krebstherapie in der Testphase und wird nur bei wenigen Krebsarten angewendet, darunter Prostatakrebs, Speiseröhrenkrebs und beim Glioblastom, einem besonders aggressiven Gehirntumor. Die Forscher gehen inzwischen allerdings davon aus, dass schon bald die Nanotherapie bei fast allen Organkrebsen eingesetzt werden kann, die nicht größer als fünf Zentimeter sind.

Auch in Deutschland arbeitet man an neuen Nanokrebsmedikamenten. So haben Wissenschaftler des „Fraunhofer Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik“ Nanopartikel entwickelt, die von selbst Tumore im Körper ansteuern und angreifen. Die Partikel ähneln Zellen und haben einen festen Kern, der von Proteinen umgeben ist. Sie docken an den Rezeptoren der Krebszelle an und übertragen ihren Botenstoff, der die Krebszellen dazu bringt, sich selbst zu zerstören. Bisher funktioniert dieses Verfahren allerdings nur in der Petrischale. Alle Krebszellen, die dort mit den Partikeln in Berührung kamen, starben tatsächlich. Eine weitere Vision der Forscher ist es, die Nanopartikel künftig mit einem eigenen Antrieb auszustatten und sie, statt mit einer Spritze, direkt über die Blutbahn an ihren Zielort zu bringen.

Aber wie ist das jetzt mit Nano-Partikeln im Essen?

Rieselhilfen in Tütensuppen, antibakterielle Silber-Partikel in der Frischhaltedose und winzige Kapseln in Vitaminpräparaten: Nanomaterialien kommen längst auch in der Nahrungsmittelbranche zum Einsatz. Eine Kennzeichnungspflicht besteht nicht. Was das für die Verbraucher bedeutet, erklärt Jurek Vengels, Nanotechnologie-Experte beim „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND). Der Politikwissenschaftler ist auch Mitglied im „NanoDialog“, einer Gesprächsrunde von Bundesumweltministerium, Wirtschaft, Wissenschaft und gesellschaftlichen Gruppen.

Planet Wissen (PW) hat mit Jurek Vengels (J.V.) ein Interview darüber geführt.

PW: Der BUND veröffentlichte 2008 den Bericht „Aus dem Labor auf den Teller – Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor“. Darin findet sich auch eine Liste mit Dutzenden Beispielen, wo Nanopartikel im Lebensmittelbereich vorkommen. Warum erkennt man im Supermarkt das Nanofood nicht?

Jurek Vengels (J.V.): Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen gibt es keine Kennzeichnungspflicht für Nanoprodukte, sodass man im Laden in der Regel nicht erkennen kann, ob Nanomaterialien im Produkt sind oder nicht. Zum anderen weisen die Hersteller auch nicht von selbst darauf hin, dass Nanomaterial in ihrem Produkt vorkommt, da sie sich bewusst sind, dass die meisten Verbraucher der Nanotechnologie im Essen eher skeptisch gegenüber stehen.

Gerade große Hersteller sind bei Lebensmitteln sehr vorsichtig mit dem Etikett-Zusatz „nano“: Wenn dieser Hinweis nämlich beim Verbraucher negativ ankommt, ist mitunter die gesamte große Marke gefährdet. Ein kleinerer Nischenanbieter hingegen sieht in der Nanokennzeichnung aber genau die Chance, sein Produkt zu verkaufen. Es gibt ja immer Verbraucher, die bestimmte Sachen gut finden – in diesem Fall halt Nanozusätze, auch wenn die Mehrheit das vielleicht nicht tut.

PW: Warum sind die Verbraucher bei Nanofood denn so skeptisch und setzen gleichzeitig all ihre Hoffnung in Nanokrebstherapien?

J.V. In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Nahrungsmittel-Bereich der sensibelste Sektor für Nanoanwendungen, weil es eben darum geht, dass man Nanomaterialien direkt aufnimmt. Bei Nanomedizintherapien ist es natürlich genauso, aber hier ist man eher bereit, ein Risiko einzugehen: Die Nanomaterialien können ja möglicherweise besser heilen als bisherige Mittel und Methoden. Bei Lebensmitteln ist jedoch kein Verbraucher bereit, irgendein Risiko einzugehen: Er möchte, dass das Produkt möglichst sicher ist.

Andererseits werben gerade Nahrungsergänzungsmittel mit dem Zusatz „nano“: Diese Präparate schluckt beziehungsweise trinkt man doch auch. Soll hier „nano“ auf dem Etikett suggerieren, dass man ein Lifestyle-Produkt kauft und zu sich nimmt?

J.V.: Der Begriff „nano“ an sich ist durchaus trendy. Es gibt ja zum Beispiel den „iPod nano“, der ein Verkaufshit ist. Da haben sich sicher manche Firmen gedacht: „Wir machen jetzt auch ein Produkt, das Nano heißt. Vielleicht verkauft sich das ja genauso toll.“ Bei den Nahrungsergänzungsmitteln wird außerdem die angebliche Wirkung von Nanopartikeln als Verkaufsargument genutzt: Die Nanomaterialien sollen ja beispielsweise dazu dienen, dass die Nährstoffe oder Vitamine besser im Körper ankommen. Und Firmen im Verpackungsbereich bewerben Nanosilber bei Schneidebrettern und Frischhalteboxen als antibakteriell.

PW: Wo genau verstecken sich Nanopartikel, also in welchen alltäglichen Lebensmitteln werden Nanomaterialen eingesetzt, ohne dass man sie erkennt?

J.V.: In pulverförmigen Lebensmitteln wie Salz, Tütensuppen und Kaffeeweißer kommt nanokleines Siliziumdioxid als sogenannte Rieselhilfe zum Einsatz: Es soll verhindern, dass das Pulver verklumpt, damit das Produkt später gut aus der Verpackung rieselt. Ein weiterer wichtiger Bereich neben den Nanopartikeln sind Nanokapseln: Diese schließen Vitamine, Farbstoffe, Konservierungsstoffe und Ähnliches ein, und zwar aus verschiedenen Gründen. Mal möchte man den Geschmack eines nicht so gut schmeckenden Konservierungsmittels kaschieren. Mal geht es darum, dass man Sportgetränken Vitamine zusetzen kann, die eigentlich nicht in Wasser löslich sind, sich aber dank der Nanokapseln doch in der wässrigen Umgebung einsetzen lassen. Daraufhin lässt sich eine Limonade, die eigentlich hauptsächlich aus Wasser und Zucker besteht, als Gesundheitsgetränk verkaufen.

PW: Und wenn man auf dem antibakteriellen Brett sein Brot schneidet, lösen sich doch bestimmt auch Nanopartikel und gelangen so in die Nahrung, oder?

J.V.: Nach meinem Wissen gibt es keine Studien, die solch einen Abrieb untersucht haben. Man weiß jedoch von „normalen“ Stoffen, dass sich zum Beispiel aus Kunststoffverpackungen mit der Zeit Partikel herauslösen. Die Vorstellung, dass die Stoffe in den Materialien fest gebunden sind, ist leider eine Illusion. Stoffe, die problematische Eigenschaften haben, sollten also gar nicht erst in Materialien eingebaut werden, die später mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Deswegen ist es auch wichtig, dass Produkte von vornherein darauf geprüft werden, dass all ihre Bestandteile nicht gesundheitsgefährdend sind.

PW: Was passiert denn mit den Nanopartikeln im Körper, unabhängig davon, ob man sie nun bewusst oder unwissentlich zu sich genommen hat?

J.V. Insgesamt weiß man noch relativ wenig darüber, was Nanomaterialien im Körper bewirken, besonders wenn man sie über die Nahrung aufnimmt. Es gab und gibt natürlich schon einige Forschungsprojekte. Die meisten haben sich jedoch darauf konzentriert, was passiert, wenn man Nanopartikel inhaliert, also einatmet. Das liegt zum einen daran, dass die Nanotoxikologie mit der Debatte über Feinstäube aufkam, denn Feinstaub enthält ja auch Staubteilchen im Nanomaßstab. Zum anderen werden die meisten Nanomaterialien pulverförmig verarbeitet, sodass sie am ehesten während des Herstellungsprozesses über die Atmung aufgenommen werden.

Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass bestimmte über die Nahrung aufgenommene Nanopartikel Entzündungsreaktionen im Körper auslösen und Zellschädigungen verursachen könnten. Bei einer Studie kam sogar etwas heraus, was ich besonders schockierend fand: Da hatte man Fischen über die Nahrung Nanopartikel verabreicht und anschließend hatten die Tiere Schädigungen im Gehirn! Die Nanopartikel sind ja so klein, dass sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Damit gelangen sie auch an solche Orte, wo normalerweise natürliche Schutzbarrieren bestehen, um eben genau solche Schäden zu vermeiden. Das ist ein Warnsignal.

PW: Wenn der Verbraucher kein Nanofood kaufen möchte, wie kann er sich davor schützen?

J.V.: Das Europaparlament wird 2010 über die Neufassung der sogenannten Novel-Food-Verordnung beraten, dabei wird auch eine Kennzeichnungspflicht für Nanomaterialien in Lebensmitteln diskutiert. Jeder Verbraucher kann sich also an seinen Europa-Abgeordneten wenden und einfordern, dass er oder sie sich für diese Deklarationspflicht einsetzt. Eine weitere Möglichkeit, Nanofood zu meiden, ist, beim Einkauf ganz genau hinzuschauen. Auch wenn auf dem Produkt nicht „Enthält Nanomaterialien“ steht, so kann man sich überlegen, ob nicht doch Nanopartikel drin sind, zum Beispiel, wenn eine Limonade damit wirbt, dass sie besonders viele Vitamine enthält. Und wenn man ein Schneidebrett aus dem Regal nimmt, das damit wirbt, antibakteriell zu sein, dann kann man sich fragen: „Brauche ich das überhaupt?“ Auf diese Weise kann man eigentlich schon relativ vielen Nanolebensmitteln aus dem Weg gehen.

Ist Nanofood gesund oder gefährlich?

Ob die Nanotechnik im Lebensmittelbereich tatsächlich so ungefährlich ist, wie die Industrie behauptet, ist bislang kaum erforscht. Da allerdings wissenschaftlich erwiesen ist, dass Stoffe in Nanoform andere Eigenschaften haben können als in ihrem Ursprungszustand, ist Vorsicht geboten. So können bei der Verkleinerung ungiftige Stoffe giftig werden. Außerdem kann sich das extrem kleine Nanopulver im Körper ausbreiten und möglicherweise Krebs auslösen. Am Berliner Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beschäftigt sich eine Projektgruppe mit den Risiken der Nanotechnik im Lebensmittelbereich. Können Nanopartikel in Gewebsschichten eindringen, die größeren Partikeln nicht zugänglich sind? Wenn sie dort einmal eingedrungen sind, wie lange verbleiben sie und was richten sie dort an? Antworten auf diese Fragen gibt es noch nicht.

Nano-Beta-Carotin wird in Getränken eingesetzt, um Farbeigenschaften zu beeinflussen und Beta-Carotin zu lösen, da es wasserunlöslich ist. Dabei wird es in Micellen in das Getränk eingebracht. Außerdem werden UV-absorbierende Nanopartikel in Verpackungsmaterialien eingearbeitet, damit das zu verpackende Produkt lichtbeständiger bzw. lichtunempfindlicher wird.

2015, und das ist gar nicht mehr weit weg, so lautet die Vorhersage, wird die Nanotechnologie in 40% der Lebensmittel Einzug gehalten haben. Und bis 2040 wird das Nano-Essen in perfekter Form auf unseren Tellern landen: mit derselben Konsistenz und identem Geschmack von organisch produzierten Lebensmitteln.

Nanofood – von Wunderpizzas und Zaubermilch

Stehen Sie auch oft vor dem Kühlregal und können sich nicht entscheiden? Kein Problem: Sie kaufen einfach die Pizza mit den Nanopartikeln. Schieben Sie diese Pizza bei 300 Watt in die Mikrowelle, wird sie rot und schmeckt nach Tomate, bei 400 Watt dagegen verfärbt sie sich grün und wird zu einer Spinatpizza. Die Entwickler von Nanofood versprechen sich – und den Verbrauchern – wahre Wunderdinge von der Nanotechnik. Nicht nur spannender (wie bei der Idee von der variablen Pizza) sollen Lebensmittel werden, sondern auch gesünder und haltbarer.

Das zumindest versprechen unsere Freunde von BASF, Unilever,  BAYER, Kraft Foods, Unilever, Nestlé und Cargill – überraschenderweise aber nicht Monsanto. Vielleicht verwenden sie aber auch einen anderen Namen, um nicht auch noch hier eine Kampfzone zu errichten.

http://youtu.be/DBv6Yr48xUM?t=1s

Neugierig geworden? Nehmen Sie den neuen Nano-Milch-Shake. Wie er schmeckt, können Sie später entscheiden: Je nachdem, wie stark Sie den Drink schütteln, schmeckt er nach Banane oder Erdbeere. Noch gibt es diesen Schütteldrink nicht. Doch der Forscher Manuel Marquez vom US-Lebensmittelkonzern „Kraft Foods“ will seine Idee bald mithilfe der Nanotechnik Realität werden lassen.

Unilever zum Beispiel versucht, mithilfe der Nanotechnik Speiseeis herzustellen, das zehnmal weniger Fett enthält. Der Lebensmittelkonzern Cargill setzt auf nanotechnisch aufgepeppte Getränke. Nestlé finanziert Nanoforschung an den Universitäten Graz und Freiburg. BASF arbeitet an Vitaminen und anderen Zusatzstoffen in Nanoform. Es gibt auch bereits erste Patente. Einer der führenden Schokoladenriegel-Hersteller hat sich Schokolade schützen lassen, die auch in der prallen Sonne nicht so schnell schmilzt. Der Schokoladenüberzug enthält Titandioxid, was auch in Sonnenschutzmitteln verwendet wird. Das soll nach Angaben des Konzerns völlig ungiftig sein.

Bereits 2010 gab es heftige Proteste gegen den Bau einer Nanotechnologie-Fabrik im Chempark durch Bayer.

Die weltweit größte Anlage ihrer Art sei von der Kölner Bezirksregierung als „Versuchsbetrieb“ eingestuft worden, erklärten BUND und BBU. Deshalb habe Bayer kein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchlaufen müssen: „Der Bau der Fabrik beruht lediglich auf einer Genehmigung des Leverkusener Bauamts“, heißt es in einem Brief von BUND und BBU, den die „Coordination“ verbreitete.

Das reicht den Umweltorganisationen nicht: „Bei allem Respekt: Ein Bauamt ist nicht in der Lage, die Risiken von neuartigen Stoffen zu prüfen. Wir fordern ein Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit sowie eine toxikologische Bewertung der in Leverkusen produzierten Nanotubes“, sagte Claudia Baitinger von der Landesorganisation des BUND.

Für die Verbraucher heißt es also, noch wachsamer als bisher zu sein!

Netzfrau Lisa Natterer

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