Wer Energie einsetzen kann, verfügt über Macht – in den rohstoffreichen Ländern hingegen verursacht sie Hunger.
Palmöl ist das meistgenutzte Pflanzenöl der Welt. Es ist vergleichsweise günstig zu gewinnen, weil der Ertrag pro Hektar Anbaufläche größer ist als etwa bei Erdnuss- oder Sojaöl.
Die größten Hersteller sind Malaysia und Indonesien. In den Ländern mussten große ursprüngliche Wälder Palmöl-Plantagen weichen. Diese Monokulturen bedrohen aber die Artenvielfalt. Beide Staaten haben daher der Ausweitung von Plantagen einen Riegel vorgeschoben. Doch geht durch illegale Brandrodungen noch immer Regenwald verloren – und Waldbewohner wie etwa Orang-Utans sterben in den Flammen.
Die EU ist nach China und Indien der drittgrößte Importeur von Palmöl. Knapp 90 Prozent der weltweiten Palmöl-Exporte stammen aus Indonesien und Malaysia. Problematisch ist jedoch, dass die Palmen, aus denen das begehrte Öl gewonnen wird, auf ein subtropisches Klima, also das Klima des Regenwaldes, angewiesen sind. Deshalb werden zur Gewinnung von Palmöl täglich riesige Flächen des indonesischen Urwaldes abgeholzt. Ein Großteil der Rodungen geschieht illegal. Rund ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen resultiert aus Abholzung, Trockenlegung und Brandrodung der tropischen Regenwälder, weshalb die Klimabilanz des Palmöls keineswegs als durchweg positiv eingestuft werden kann.
Palmöl ist für viele Konzerne ein extrem wichtiger Rohstoff. Und gleichzeitig problematisch, falls für die Plantagen Regenwald gerodet wird. Forscher haben jetzt das Erbgut der Ölpalme entschlüsselt. Sie erhoffen sich davon künftig bessere Ausbeuten – zum Wohle der Natur. Das Patent!
Um die negativen Folgen der Palmöl-Erzeugung einzudämmen, setzt die Regierung von Malaysia auch auf Grundlagenforschung: Das Malaysian Palm Oil Board (MPOB), eine staatliche Behörde, hat deshalb die Entzifferung des Ölpalmen-Erbguts finanziell unterstützt. Im Fachmagazin „Nature“ präsentieren Forscher um Rajinder Singh vom MPOB nun die Entschlüsselung des rund 1,8 Milliarden Basen umfassenden Genoms sowie eine weitere Arbeit, die sich speziell mit einem Gen beschäftigt, das die Ölausbeute beeinflusst. Das MPOB ist industrienah.
Die Palmen-Variante früh erkennen
Bei der Zucht von Ölpalmen ist es relevant, dass es drei verschiedene Fruchtformen gibt:
- Dura: Der Kern, der eine dicke Schale hat, die Ölausbeute ist mäßig.
- Pisifera: Der Kern ist kleiner und hat keine Hülle. Die Ausbeute ist noch schlechter als bei der Dura. Weibliche Bäume sind manchmal steril; sie produzieren gar keine Früchte.
- Tenera, ein Hybrid aus den beiden anderen Varianten: Der Kern hat eine weiche Schale. Die Ausbeute ist etwa 30 Prozent größer als bei der Dura-Variante. Diese Bäume werden für die Plantagen bevorzugt.
Nun sind die genetischen Grundlagen für diese Sorten bekannt. Wie nutzt diese Erkenntnis bei der Ölproduktion? Bislang vergehen bis zu sechs Jahre, bevor sich junge Palmen einer der drei Sorten zuordnen lassen. Selbst bei gezielter Zucht sind 10 bis 15 Prozent des Nachwuchses Palmen der unerwünschten Dura-Variante. Das ließe sich wegen der Befruchtung per Wind oder Insekten nicht vermeiden, so das MPOB. Durch genetische Tests wäre es jetzt früher möglich, diese Bäume auszusortieren – und das würde durchaus Ressourcen sparen.
Die Entzifferung des Ölpalmen-Erbguts ist also endlich gelungen. Und zwar die der Gattung Elaeis (Stamm Cocoseae) aus der Familie Arecaceae, einer der ältesten Familien von Blütenpflanzen, belegt durch Fossilien aus der Kreidezeit. Die Gattung umfasst zwei Arten, E. Guineensis aus Westafrika und E. Oleifera aus Mittel- und Südamerika. E. Guineensis hat einen höheren Ertrag, aber E. Oleifera hat mehr ungesättigte Fettsäuren, geringere Baumhöhe und Resistenz gegen Krankheiten. Der kommerzielle Anbau von Ölpalmen begann an der westafrikanischen Küste im frühen zwanzigsten Jahrhundert. Nach Südostasien, wo es eine der wichtigsten kommerziellen Erntepflanzen ist, wurde 1848 die erste aufgezeichnete Ölpalme aus Afrika über Mauritius und Amsterdam gebracht. Man pflanzte die vier Sämlinge in Bogor, Java, in den Botanischen Garten. Der kommerzielle Anbau begann im frühen zwanzigsten Jahrhundert und trotz des langen Zucht-Zyklus (10-12 Jahre) und großen Landbedarfs als Voraussetzung für Feldversuche (bis zu 12 Tonnen pro Hektar pro Jahr sind in weniger als 100 Jahren große Fortschritte erzielt worden.
Wissenschaftlern der in St. Louis beheimateten Firma Orion Genomics, die im Center for Emerging Technologies eingebettet sind, waren im Auftrag der malayischen Ölpflanzer und des Malaysian Palm Oil Board sowie MoGene an dieser langwierigen Forschungsarbeit beteiligt.
Nathan Lakey, Präsident und CEO von Orion gab bekannt, dass die Entdeckung bereits 2011 gemacht wurde und dass man seither an der Arbeit Bewertungen durchgeführt hätte, bis sie nun schlussendlich veröffentlicht wurde.
Ohne unken zu wollen, wird das am Ende nicht bedeuten, dass – wenn mehr Erträge erzielbar sind – noch mehr Regenwälder den Monokulturen für Ölpalmen weichen müssen?
Dass noch stärker versucht werden wird, Palmöl als Bio-Sprit zu vermarkten?
Obwohl es keine Langzeitstudien gibt, ob das tatsächlich klimaverträglicher ist.
Obwohl es gleichzeitig bedeutet, dass noch mehr Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren, Abhängigkeit, Hunger und Not zunehmen? Slums in Großstädten noch mehr anwachsen mit allen Begleiterscheinungen, die das nach sich zieht?
Und wie lange dauert es von der Genom-Entschlüsselung zur gentechnischen Veränderung?
Ist wirklich jede Entdeckung ein Fortschritt?
Nachhaltiges Palmöl gibt es praktisch nicht. Der Ölpalmenanbau und die Verarbeitung ist eine höchst umweltschädliche Industrie. Die Tausende Hektar großen Monokultur-Plantagen sind häufig Resultate von Abholzung des Regenwaldes oder der Vertreibung von Kleinbauernfamilien. Der Anbau laugt die Böden aus, ist sehr wasserintensiv und benötigt große Mengen an chemischen Düngern und Pestiziden.
256 Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt kritisierten das RSPO-Label in einer gemeinsamen Erklärung. Selbst nach Angaben des RSPO-Gründers WWF ist RSPO kein Öko-Label, sondern lediglich ein Mindeststandard. Die EU hat diese RSPO-Mindeststandards im November 2012 als Zertifizierungssystem für nachhaltig erzeugtes Palmöl zugelassen. Einigen Akteuren geht der Änderungsvorschlag der Kommission angesichts der Unsicherheiten und Probleme nicht weit genug. Umweltschutzorganisationen fordern seit geraumer Zeit ein Palmöl-Importverbot. Zu Recht!
© Netzfrau Lisa Natterer
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