Der Duft von Jasmin – Die Wut der indischen Frauen

Arbeit statt Schule – das ist leider auch heute noch in vielen Ländern traurige Realität. Besonders dramatisch ist die Situation in Indien. Ob im Haushalt, auf dem Feld oder in der Fabrik – Kinderarbeit ist hier eher die Regel als die Ausnahme. Dabei haben viele Mädchen ein weitaus härteres Los gezogen als die Jungen: Sie werden als Sex-Sklavinnen verkauft.

Eine groß angelegte Studie der Medizin-Zeitschrift „The Lancet“ bringt erschütternde  Zahlen zu Tage. Demnach sind Vergewaltigungen in der Asien-Pazifik-Region erschreckend weit verbreitet. Etwa jeder vierte Mann habe dort schon einmal seine eigene oder oder eine andere Frau vergewaltigt, berichten Forscher nach der ersten Studie dieser Art. Sie entstand im Auftrag der Vereinten Nationen. Dafür wurden insgesamt 10 000 Männer bis 50 Jahre in Bangladesch, Kambodscha, China, Indonesien, Papua-Neuguinea und Sri Lanka befragt.

In dem weltweit für Empörung sorgenden Gruppenvergewaltigungsfall in Indien wurden heute vier Männer verurteilt. Die Angeklagten seien in allen Punkten der Vergewaltigung und Ermordung einer 23-Jährigen im Dezember 2012 schuldig gesprochen worden, sagte ein Anwalt der Verteidigung am Dienstag in Neu-Delhi.

Das Strafmaß soll den Angaben zufolge ab Mittwoch verhandelt werden. Den Männern droht die Todesstrafe.

In letzter Zeit ist der Subkontinent mit unschönen Schlagzeilen über öffentliche Vergewaltigungen, ja selbst Kindesmissbrauch in die Schlagzeilen gekommen. Das alles hat viele Hintergrundgeschichten.

Warum werden in Indien so häufig Frauen vergewaltigt?

Gender-Expertin Theresa Devasahayam zieht eine düstere Bilanz: In kaum einem asiatischen Land wird das Weibliche so wenig respektiert wie dort.

Die indische Gesellschaft ist extrem patriarchalisch. Selbst erfolgreiche Frauen werden noch immer von ihren Eltern verheiratet und fügen sich diesem Vorgehen. An die 95 Prozent aller Ehen werden von den Familien arrangiert. Laut offiziellen Statistiken sind dabei 47 Prozent – also fast die Hälfte – sogenannte Kinder-Ehen, bei denen vor allem die Mädchen minderjährig sind. Von Gleichberechtigung kann da keine Rede sein. Hinzu kommt das Gefälle zwischen Stadt und Land, reich und arm, gebildet oder ungebildet. Und vor allem natürlich das Kastensystem. Auch in der Mittelschicht gilt nach wie vor der Grundsatz: Investiere alles in Ausbildung und Zukunft deiner Söhne. Immerhin, langsam beginnt bei manchen ein Umdenken zugunsten der Töchter.

Zitat: „Die meisten Teile Indiens sind patriarchalische Gesellschaften. Hier gibt es auch andere Arten der Gewalt gegenüber Frauen: Kindsmord an weiblichen Säuglingen, Eltern, die ihren Töchtern die Nahrung oder medizinische Versorgung verweigern. Sie wissen, wenn sie in ein Mädchen investieren, haben sie keinen Nutzen davon. Du gibst ein Mädchen zur Hochzeit weg. Aber mit einem Jungen bekommst du eine Frau ins Haus plus ihre Mitgift. In jeder Gesellschaft wird in die Kinder investiert. In Indien ist es aber wenig sinnvoll, das bei Töchtern zu tun. Allein deshalb sind Mädchen von Anfang an weniger wert. Dies hat großen Einfluss darauf, wie die Menschen Frauen und Männer wahrnehmen. Ganz klar sind Frauen hier eine Art Gebrauchsgut. Eine Tochter wird weitergereicht. Diese „Versachlichung“ von Mädchen geschieht so häufig, dass es Teil des allgemeinen Verständnisses in Indien geworden ist. In anderen Ländern werden die Frauen – obwohl es überall häusliche Gewalt gibt, stärker respektiert. Es sind bilaterale Gesellschaften, wo Frauen auch zum Broterwerb beitragen. In Thailand zum Beispiel: wenn ein Mann Sex will, geht er zu einer Prostituierten. In Indien nimmt er ihn sich einfach.“ Zitatende

Jeden Tag werden in Indien Frauen und Kinder vergewaltigt. Mehr als 90 000 Kinder werden offiziell jedes Jahr in Indien vermisst, über 34 000 tauchen auch nicht wieder auf. Allein zwischen dem 1. Januar und dem 8. Mai 2013 wurden offiziellen Angaben zufolge in der Hauptstadt Neu Delhi 725 Kinder als vermisst gemeldet und bisher nicht mehr gefunden. Die Dunkelziffer dürfte allerdings weitaus höher liegen, denn nicht jeder Vermisstenfall gelangt zur Anzeige.

Dass die Zahl der vermissten Kinder stetig zunimmt, bestätigt die indische Bundesregierung. Laut Frauen- und Familienministerium hat sich die Zahl der nicht gefundenen Vermissten pro Jahr von 2009 bis 2011 nahezu verdoppelt.

Die Erkenntnis reicht aber offenbar nicht aus. Von der Polizei werden die Eltern oft nicht ernst genommen, die abgängigen Kinder als Ausreißer bezeichnet. Anzeigen werden manchmal erst gar nicht angenommen oder die Fälle werden einfach verschleppt.

Nach Angaben von Bürgerinitiativen landen viele verschwundene Kinder in den Fängen von Menschenhändlern. Gerade junge Mädchen sind es, die sich dann auch prostituieren müssen oder mit Gewalt zur Zwangsheirat genötigt werden.

Die Jungen und Mädchen würden verkauft und müssten als Haussklaven arbeiten, in Straßenimbissen, auf Farmen oder in Fabriken, wo sie sticken oder Schmuck herstellen. Andere werden Opfer des illegalen Organhandels oder müssen in Bettlerbanden  arbeiten – weit weg von ihrem Zuhause, wo es schwierig ist, sie aufzuspüren.

Zigtausende Kinder werden in Indien Opfer von Entführern, Menschenhändlern, Organhändlern. Die Polizei schaut zu. Außer, sie wird geschmiert.

Die Polizei habe zwar eine festgelegte Vorgehensweise, doch diese Regeln für Vermisstenanzeigen würden meist nicht befolgt, sagen Aktivisten. Azhar Abir, der Vater der verschwundenen Guriya, erzählt, gerade die Anzeigen von mittellosen Menschen würden oft nicht aufgenommen. Er selbst habe den Polizisten bestechen müssen. „Sie schikanieren die Armen, diejenigen, die weder Geld noch Einfluss haben“, sagt Abir. Vor allem die Eltern von Mädchen bekämen zu hören, ihre Tochter sei sicher mit einem Nachbarjungen durchgebrannt.

Die Eltern sind machtlos und stoßen bei der Polizei auf Unverständnis und Ablehnung, oft nimmt die Polizei das verschwundene Kind nicht einmal in ihre Liste auf und wenn, dann nur als „Daily Entry“ und nicht als FIR (First Information Report), wie es eigentlich sein sollte.

Delhis Polizeisprecher Rajan Bhagat meint, es müssten immer alle Seiten betrachtet werden, schließlich hätten viele Kinder ein hartes Leben im Elternhaus. „Manche Mädchen reißen aus, um zu heiraten. Jungen laufen weg für einen Job, ohne zu wissen, worauf sie sich dabei einlassen. Manche von ihnen wollen vielleicht gar nicht mehr nach Hause zurück.“ Außerdem hätten die Slum-Bewohner oft gar keine Fotos ihrer Kinder, da sei es schwer, die Kleinen zu finden.

Auf dem Land verschwinden meist die Kinder aus den einfachsten Hütten, in den Städten sind es die Söhne und Töchter der armen Zuwanderer.

Wenn im Fernsehen wieder über sexuell misshandelte Kinder berichtet wird, kann die Inderin Shabra Khatun die ganze Nacht nicht schlafen. Sie fragt sich dann, was mit ihrer elf Jahre alten Tochter Guriya passiert ist, die vor Jahren vor die Türe der Slum-Hütte in der indischen Hauptstadt Neu Delhi trat, zur öffentlichen Toilette gehen wollte – und nie zurückkam. „Sie wäre jetzt 16“, sagt Khatun. Es sind Schicksale wie das von Guriya, an die der Internationale Tag der vermissten Kinder am 25. Mai erinnert.

Leelavati, die wie viele Menschen am unteren Ende der Gesellschaft in Indien nur einen Namen hat, besitzt ein Foto ihres Sohnes Sonu. Es ist ausgebleicht und abgegriffen, denn schon viel zu oft hat sie es aus der Brusttasche ihrer Bluse hervorgeholt und wieder hineingesteckt. Drei Jahre lang. „Ich habe neulich geträumt, wir finden Sonu – und verlieren ihn dann wieder“, sagt sie.

Ihre Nachbarin Rekha Kewal hat die Armreifen aufgehoben, die ihre Tochter so liebte. „Die werden ihr jetzt nicht mehr passen“, sagt sie. Sieben Jahre war ihre Tochter Puja alt, als sie 2010 nicht aus der Schule zurückkam. „Wir haben drei Söhne, sie war unsere einzige Tochter“, sagt Vater Ram Kewal. „Wir suchen weiter nach ihr. Jedes Mal, wenn jemand sagt, er habe sie gesehen, stürzen wir los. Aber es war bisher immer falscher Alarm.“

Die Eltern haben noch Schulranzen, Armreifen und vielleicht ein Foto – aber ihre Kinder sind weg. In Indien machen professionelle Banden Jagd auf Jungen und Mädchen. Die Polizei spricht von Ausreißern.

Indien macht seit Monaten Schlagzeilen mit brutalen Vergewaltigungsfällen. Auf der anderen Seite ist gerade Indien bekannt dafür, dass Frauen in Politik und Wirtschaft Karriere machen können. Ein paradoxer Widerspruch? Das hängt vom Blickwinkel ab. Keine Frage, das Patriarchat bestimmt maßgeblich alle Klassen unserer Gesellschaft. Bildung und die Öffnung des Arbeitsmarkts ermöglichten spätestens mit Beginn dieses Jahrhunderts viele neue Wege und eine unvergleichbar größere Mobilität.

Vergewaltigungen sind auch eine Frage gesellschaftlicher Mentalität. Männer üben durch Sexualverbrechen Macht über Frauen aus. Sie missbrauchen Frauen, um sie einzuschüchtern und eigene Frustrationen abzubauen. Vergewaltigungen sind bekanntlich immer ein Instrument der Kontrolle, eine Praxis, die ja auch in Kriegen geübt wird. Uns war es wichtig, dass im Endbericht hervorgehoben und unterstrichen wurde, dass die Schande nicht bei den Opfern liegt. Vergewaltigungen sind ein Angriff auf die physische und psychische Integrität der Frauen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass diese Frauen nicht nur billig bemitleidet werden, sondern dass die Täter dingfest gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden.

Im Palermo-Protokoll der Unicef wird festgehalten, dass das Übereinkommen  zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch deckt, wie der Name schon sagt, sowohl sexuellen Missbrauch als auch sexuelle Ausbeutung abgewendet werden.

Indien ist Mitglied der Unicef und müsste schon daher deswegen dafür sorgen, dass Kinder diesbezüglich geschützt werden – die Behörden und hier allen voran die Polizei – verfolgt solche Übergriffe aber nur unwillig, meist gar nicht. Kinder und Ehefrauen gelten als Besitz des Mannes, der damit tun kann, was er will, und verschwundene Kinder haben so gut wie keine Chance, auch nur gesucht zu werden.

Viele verschleppte Mädchen landen als Haussklaven bei reichen Paaren. Sie, wie auch erwachsene Hausangestellte werden als domestic helper bezeichnet . Das Beschäftigungsverhältnis gilt als Privatangelegenheit, weil der Arbeitgeber nicht als Unternehmer erscheint – anders als derjenige, der Kinder zum Teppichknüpfen, zur Produktion von Feuerwerkskörpern oder in Steinbrüchen beschäftigt.

Dies schlägt sich z. B. im indischen Arbeitsrecht so nieder, dass Privathaushalte nicht als „Betriebe“ verstanden werden und daher arbeitsrechtliche Regelungen für Hausangestellte nicht gelten. Das bedeutet auch, dass Hausangestellte sich nicht als Gewerkschaft oder Kooperative registrieren lassen können.

Die Einbettung in die Familien verschafft der Kinderarbeit in Haushalten Legitimation. Das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis wird durch eine vermeintliche Eltern-Kind-Struktur kaschiert und erscheint mehr als Adoption oder Pflegeelternschaft denn als Lohnarbeitsverhältnis. Weil diese Arbeit nicht als solche definiert wird, gilt sie mehr als Sozialisation und Lernprozess.

Das Unrechtsbewusstsein gegenüber dieser Form von Kinderbeschäftigung ist extrem unterentwickelt. Es herrscht eine weit verbreitete öffentliche Akzeptanz, weil diejenigen, die die öffentliche Meinung dominieren, also Eliten und Mittelschichten, ein handfestes Eigeninteresse daran haben, das strategische Schweigen aufrecht zu erhalten, denn die extrem unterbezahlte Mädchenarbeit ist für sie höchst nützlich. Hinzu kommt, dass ein Subtext von Gewalt in dieser Art von Beschäftigungsverhältnissen steckt, zu einem Großteil sexuelle Gewalt gegen Mädchen. Als Hausangestellte zu arbeiten, ist ein Hochrisikoterrain in Bezug auf körperliche Strafen oder sexuelle Übergriffe.

In der nordindischen Stadt Ludhiana wurde eine Mutter direkt nach der Geburt ihres Kindes beraubt. Der Großvater der Mutter habe den Säugling einer Krankenschwester für umgerechnet 640 Euro verkauft und der Mutter erzählt, ihr Baby wäre eine Totgeburt gewesen.

Danach soll die Krankenschwester den Säugling für 4260 Euro an einen Hilfslaboranten weiterverkauft haben. Dieser habe dann das Baby auf seiner Facebook-Seite zum Verkauf angeboten. Ein Geschäftsmann aus Neu Delhi wäre bereit gewesen, mehr als 11000 Euro für den Säugling zu bezahlen. Das Haus des Geschäftsmannes wurde von der Polizei gestürmt, die daraufhin fünf Personen, darunter den Großvater, festnahm.

Ein Happy End? Wohl kaum. Obwohl die Mutter ihr Kind zum Glück wiederbekam, sei dies nur „die Spitze des Eisbergs“, wie ein Polizist zu verstehen gab. Jedes Jahr werden in Indien Zehntausende Kinder von Kinderhändlerbanden verschleppt.

Immer wieder berichten Eltern vermisster Kinder, dass ihnen die Polizei nur widerwillig helfen wollte. Teilweise wurden die Familien von der Polizeiwache verscheucht, als sie nach dem Stand der Suche fragten. Die Polizei bestand oft darauf, dass die vermissten Kinder mit Freunden unterwegs seien und wieder zurückkehren würden.

Laut Bhuwan Ribhu, einem Rechtsanwalt des Save the Childhood Movements, wurden im Jahr 2011 nur ein Sechstel der Vermisstenfälle überhaupt registriert. Das liege vor allem daran, dass die Polizei die Fälle nicht aufnehmen wolle, um die Kriminalitätsrate niedrig zu halten. Die Eltern der Opfer seien oft zu arm, um die Polizei durch ein Bestechungsangebot zum Suchen anzuregen, erklärt Ribhu weiter.

Der Rechtsanwalt sagt auch, dass die ersten Stunden, nachdem ein Kind verschwunden ist, die wichtigsten seien. Verzögerungen würden den Menschenhändlern genug Zeit geben, um die Kinder in einen benachbarten Bundesstaat zu bringen, für den der örtlichen Polizei die Zuständigkeit fehle.

Indiens Ministerin für Entwicklung von Frauen und Kindern – Krishna Tirath – sagte dem Parlament im vergangenen Monat, dass das Thema der vermissten Kinder ein “alarmierendes” Ausmaß angenommen habe. Das nationale Büro für die Aufzeichnung von Verbrechen berichtet, dass 34 406 vermisste Kinder im Jahr 2011 nie gefunden wurden. Im Jahr 2009 gab es 18 166 Vermisstenfälle. Viele Kinder werden verschleppt und gezwungen, auf den Straßen zu betteln. Einige arbeiten auf Farmen oder Fabriken als Zwangsarbeiter, anderen werden ihre Organe für den Verkauf entnommen. Junge Mädchen werden in die Prostitution gedrängt oder für Heiraten verkauft.

“Die Regierung ist einfach nicht bereit, sich dem Problem des Menschenhandels oder der vermissten Kinder zu stellen. Und das spiegelt sich in der Teilnahmslosigkeit der Polizei im Umgang mit Fällen von vermissten Kindern wider”, sagt die Ministerin. Das Central Bureau of Investigation erklärt, dass im Jahr 2006 mindestens 815 kriminelle Banden Kinder zum Betteln, zur Prostitution oder gegen Lösegeld entführt hätten. Laut dem Save the Childhood Movement habe die Polizei nicht eine einzige dieser Banden zerschlagen. Obwohl die Organisation den Beamten alle Details über die Vermisstenfälle zukommen ließe, sei die Polizei einfach nicht bereit zu handeln, erklärt Ribhu.

Erst kürzlich hat das indische Parlament ein neues Gesetz gegen den Kinderhandel verabschiedet. Das Criminal Law Amendment Bill 2013 verbietet alle Formen des Kinderhandels, physische und sexuelle Ausbeutung und Sklaverei eingeschlossen. Das Gesetz sieht für schwere Fälle im Kinderhandel eine Gefängnisstrafe von mindestens 7 Jahren und eine mögliche Erweiterung auf lebenslange Haft vor.

Fraglich bleibt nur, ob ein härteres Gesetz gegen Kinderhandel und entsprechende Bestrafung wirklich hilft, wenn die lokale Polizei mit Gleichgültigkeit brilliert. Kann ein verabschiedetes Gesetz tatsächlich den Familien der vermissten Kinder helfen, die Polizei zu überzeugen, die Fälle der vermissten Kinder in Zukunft zu registrieren und einer Suche nachzugehen?

Kürzlich wurde über Pläne der indischen Regierung für neue, verschärfte Gesetze gegen Kinderhandel berichtet. Doch kurz darauf meldete der „Guardian“, dass der Gesetzesentwurf im indischen Parlament zu scheitern droht.

Vorgesehen waren einerseits die Kriminalisierung der Anstellung von unter 14-Jährigen in jedem Bereich und eine Strafe von drei Jahren hierfür. Außerdem sollten Kinderhandel und Zwangsarbeit in Zukunft mit Haft zwischen 7 Jahren und lebenslänglich bestraft werden. Doch in den Verhandlungen über das Gesetz wird der Entwurf  möglicherweise abgemildert. Dabei hatten schon mehr als 100 000 Inder eine Petition unterzeichnet, die den Entwurf unterstützt und die Regierung dazu bringen will, weiteren ILO-Konventionen beizutreten.

Ein Sprecher der indischen Anti-Kinderarbeitsorganisation BBA rief die Konsumenten in Indien und den Westen dazu auf, „zu handeln und Verantwortung zu verlangen“, sodass das Gesetz doch noch verabschiedet wird. Denn das Problem hat erschreckende Dimensionen. Schätzungen variieren zwischen 5 und 50 Millionen Kinder, die Kinderarbeit verrichten. Mindestens 274 sollen jeden Tag von zu Hause verschwinden – nur 10% davon werden überhaupt vermisst gemeldet. Erst kürzlich fand die BBA 21 verschleppte Kinder in Kleidungsfabriken, das Jüngste erst 7 Jahre alt. Sie wurden gezwungen, 16 Stunden jeden Tag zu arbeiten. Hinweise wurden gefunden, dass diese Fabriken auch westliche Marken belieferten.

Wie verwundbar die Kinder sind, erkennt man auch bei dieser Gesichte vom vergangenen Wochenende: in Kalkutta wurde das zehn Tage alte Baby einer Obdachlosen direkt von der Straße entführt und sofort weiter verkauft. In diesem Fall ging die Polizei der Sache nach, das Kind wurde in einem Entbindungsheim wiedergefunden. Ein Ehepaar hatte es für 25 000 Rupien, also ca. 350 Euro von einem Zwischenhändler gekauft. Wäre die Sache nicht aufgeflogen, hätte dieser über 200 Euro Gewinn gemacht. Solange die Gesetze nicht verschärft werden, reicht diese Gewinnspanne offenbar aus, um Kinderhandel attraktiv zu machen.

Solange sich das Frauenbild in solchen Ländern nicht ändert, wird sich so etwas täglich mehrfach wiederholen.

Unter Druck verabschiedete Indiens Regierung rasch ein neues Gesetz, das für Vergewaltigungen durch Volljährige nicht mehr nur maximal zehn Jahre Haft, sondern die Todesstrafe zulässig macht, und traf eine Reihe von anderen Maßnahmen. Dennoch steigt die Zahl der Gewalttaten. In der ersten Hälfte des Jahres 2013 wurden allein in Neu-Delhi 806 Vergewaltigungen gemeldet – darunter waren auch mehrere Kinder. Fast täglich kann man in den Zeitungen über Vergewaltigungen lesen. Erst am Sonntag berichteten indische Medien davon, dass eine 23-jährige Journalistin in Mumbai und eine junge Frau in der Nähe von Delhi – die letzte von fünf Männern einschließlich zweier Polizisten – vergewaltigt wurden.

„Ich bin komplett enttäuscht. Nach den Protesten gab es Hoffnung, dass sich etwas bewegt. Aber wir sehen keine großen Fortschritte. Die politische Klasse verhält sich unverantwortlich. Selbst nach der jüngsten Vergewaltigung in Mumbai haben Politiker die Schuld den Opfern zugeschoben. Die Polizei reagiert nur, wenn es öffentlichen Druck und Proteste gibt. Aber wir können nicht jeden Tag auf die Straße gehen,“ indischen Frauenrechtlerin Ranjana Kumari.

„Die Frau ist die Wurzel der Gesellschaft“. indisches Sprichwort

Netzfrau Lisa Natterer

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