Glückwunsch! Deutschland ist Weltmeister! … im Lohndumping!
„Wir müssen Strukturreformen durchsetzen, auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ (Wolfgang Schäuble)
Wie diese Reformen aussehen, geht klar aus dieser Grafik hervor. Deutschland, das Niedrig-Lohn-Land, Deutschland – Weltmeister im Lohndumping. Ist das die sogenannte „deutsche Perfektion“, die im Ausland so sehr geschätzt wird?
Es geht noch billiger
Die Regeln der Leiharbeit sind strenger geworden. Unternehmen aus dem Handel und der Industrie wissen sie zu umgehen.
Am 09. 09. 2011 fand eine Tagung des ZAAR (Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht) mit dem Titel „Freie Industriedienstleistung als Alternative zur regulierten Zeitarbeit“ statt. Dabei wurde dann gemeinsam festgestellt: „Es gibt die Chance, den strengen arbeitsrechtlichen Regelungen der Zeitarbeit zu entfliehen“.
Siemens, BASF, die Deutsche Bahn, Porsche, BMW, Robert Bosch und die Metro AG, sie alle hatten sich für diese Tagung angemeldet, ebenso wie die Vertreter der Leiharbeitsunternehmen Randstad und Manpower und die Anwälte von Großkanzleien wie der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft. Der Andrang im Holiday Inn ist so groß, dass sich jene, die zu spät kommen, umständlich in die letzte Stuhlreihe zwängen müssen.
Die Politik bekämpft Lohndumping mit neuen Gesetzen.
Beispiele dafür sind:
- die sog. Drehtürklausel
Damit soll eine missbräuchliche unternehmens- oder konzerninterne Verleihung unter schlechteren Arbeitsbedingungen verhindert werden. Der Drogerie-Discounter Schlecker hatte mit solchen Praktiken Schlagzeilen gemacht. Festangestellte Mitarbeiter wurden in neue Verträge mit deutlich schlechteren Arbeits- und Einkommensbedingungen gedrängt. Vieles spricht dafür, dass man dafür extra die Zeitarbeitsfirma Meniar (Menschen in Arbeit) gegründet hatte. Das Gesetz gegen den Missbrauch der Zeitarbeit wird deswegen auch „Lex Schlecker“ genannt. - ab 01. 01. 2012 gibt es einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche
Über den neu geschaffenen § 3a AÜG (Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung) können die Tarifpartner der Zeitarbeit zukünftig Mindeststundenentgelte vereinbaren und diese dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) als Lohnuntergrenze vorschlagen. Das BMAS kann diese Mindeststundenentgelte dann durch Rechtsverordnung als Mindestlohn festsetzen.
Doch viele Unternehmen drücken die Löhne jetzt mithilfe von Werkverträgen. Dabei übertragen Unternehmen zentrale Aufgaben an Subunternehmen. Diese Subunternehmen werden pro sogenanntes Werk bezahlt.
Täglich werden die Sozialleistungen in Deutschland diskutiert und hervorgehoben. Hartz4, Betreuungsgeld, Bildungspakete, Eingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt, usw.
Diese Maßnahmen dienen höchstens dazu, die Kontrolle über jeden, der nicht mit dem eigenen Kapital an Banken- und Industriegesschäften beteiligt ist, bis in den kleinsten Schritt zu kontrollieren und zu beherrschen. Zu diesen Strategien gehört auch der gefälschte Armutsbericht, denn es ist ja alles nicht so schlimm. Wer arbeiten will, findet auch Arbeit; für schnelle Arbeitsvermittlung gibt es ja schließlich Zeitarbeitsfirmen. Kein Wunder, dass die Kluft zwischen arm und reich immer größer wird. Das Verhältnis von Arbeit und Einkommen stimmt nicht. Die „obere“ Gesellschaftsschicht bereichert sich auf Kosten der Menschen, die aufgewachsen sind in dem Glauben, man könne seinen Lebensunterhalt ehrlich verdienen, wenn man nur „fleißig“ genug sei. Tja, der deutsche Fleiß. Hat er uns eine Gesellschaft von Herrschern und Sklaven gebracht? Ist das, was passiert, noch zu vereinbaren mit dem deutschen Grundgesetz?
Fragt man Betroffene, was sie im Job-Center erleben, oder was ein Harz4-Empfänger über sich ergehen lassen muss, kann man so einiges in Frage stellen. Das Schlimmste ist aber, Arbeit zu haben, 40-Stunden-Wochen und mehr und trotzdem früher oder später zu verarmen. Ein qualifizierter Abschluss inklusive Berufserfahrung schützt langfristig auch niemanden mehr vor schleichender Armut.
Beispiel Fleischindustrie: Stundenlöhne von fünf Euro brutto, ungeregelte Einsatzzeiten und Arbeit ohne Krankenversicherung sind keine Seltenheit im hart umkämpften Fleischmarkt. Das NDR-Team hat sich vor allem im Landkreis Vechta bei Bremen umgesehen und stieß auf dramatische Schicksale. Menschen, die mit den immer gleichen Versprechungen nach Deutschland gelockt wurden: hoher Lohn, Sozialversicherung, eine gute Unterkunft. Die Realität sieht aber oft anders aus.
Anderes Beispiel:
Laut Handelsblatt vom Mai 2013 wurde nach der ARD-Reportage über Leiharbeiter bei Daimler von der Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Strafanzeige gegen Konzernchef Dieter Zetsche und andere Beteiligte gestellt. Der Vorwurf: illegale Arbeitnehmerüberlassung. Leider ist nirgends im Netz ein Ergebnis zu dieser Strafanzeige zu finden.
Die Anzeige bezog sich auf die ARD-Reportage „Hungerlohn am Fließband“, für die ein Reporter zwei Wochen lang undercover an einem Band im Daimler-Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim gearbeitet hatte. Dort werden unter anderem Bauteile für die S-Klasse gefertigt. In dem 45-minütigen Film wird dokumentiert, wie Mitarbeiter per Werkvertrag im Unternehmen arbeiten und dabei – so der Vorwurf – unzulässig in die Arbeitsläufe integriert und angeleitet werden. Außerdem sei der Stundenlohn in Höhe von 8,19 Euro so niedrig, dass damit eine Hartz-IV-Aufstockung möglich sei und die Produktion von Mercedes-Fahrzeugen so indirekt vom Steuerzahler finanziert werde.
Gleiche Arbeit – weniger Geld
Früher nannte man diese Firmen SEELENVERKÄUFER – sie vermieteten Arbeiter an andere Firmen, meist in anderen großen Städten.
Wahlweise wurden diese meist kleine Unternehmen auch Seelenvermieter genannt.
SEELENVERKÄUFER ein uralter Begriff, die Bezeichnung für ein nicht mehr ganz fahrtüchtiges, unsicheres Schiff.
Diese Form der modernen Sklaverei ist mittlerweile salonfähig geworden und wird von der Regierung unterstützt.
Schon 2002 machte man mit dieser Schlagzeile „Arbeit auf Abruf – Die Hartz-Kommission will Erwerbslose in die Zeitarbeit drängen. Die Branche freut sich schon“ aufmerksam. Peter Harz, bekannt aus dem nach ihm benannten HarzIV. Aus dem damaligen Artikel aus der „Zeit“ 2002 Zeitarbeit, meint Peter Hartz, kann für viele von ihnen eine Brücke sein, eine Probezeit, eine Eingewöhnung in das Arbeitsleben. Der Weg zu einem festen Job.
„Mehr als 300 000 Leihkräfte
Glaubt man den Statistiken der Zeitarbeitsbranche, hat Hartz Recht. Rund eine halbe Million Menschen wurden von den etwa 3800 deutschen Verleihfirmen im Laufe des Jahres 2000 übernommen, 60 Prozent von ihnen hatten vorher keine Stelle. 236 000 fanden im gleichen Jahr über den Umweg Zeitarbeit einen festen Arbeitsplatz. Manpower, neben Randstad und Adecco einer der Großen am Zeitarbeitsmarkt der Bundesrepublik, vermittelte im vergangenen Jahr 2300 Langzeitarbeitslose und 7700 Arbeitssuchende ohne Ausbildung in eine Beschäftigung. Bei den meisten Arbeitsämtern werden die Verleiher längst als wichtige Partner anerkannt: „Als Instrument der Einschleusung in den Arbeitsmarkt sind sie nicht mehr wegzudenken“, sagte Erich Blume, Direktor des Münchner Arbeitsamts. In München stammte im Juli ein Drittel der 17 000 registrierten Stellenangebote von Verleihern.“
VW
Dazu dann gleich Wolfsburg AG :PersonalServiceAgentur – Wir sind für Sie da! Die PersonalServiceAgentur ist mit Zeitarbeit in der Region Wolfsburg aktiv. Darüber hinaus ist sie exklusiver Zeitarbeitspartner für die inländischen Werke der Volkswagen Aktiengesellschaft in Emden, Salzgitter, Braunschweig, Kassel und Hannover. Im Jahresdurchschnitt 2007 beschäftigte die Wolfsburg AG durchschnittlich rund 1800 Zeitarbeitnehmer.
Laut Wikipedia waren es ø 7680 Zeitarbeitnehmer (2011)
Airbus, Volkswagen , BMW – es gibt heute kaum einen Konzern in Deutschland, der ohne Leiharbeiter auskommt. Entsprechend stark ist die Zahl der Beschäftigten dieser Gruppe zuletzt gestiegen. Ende Juni 2011 waren laut Bundesagentur für Arbeit rund 910 000 Zeitarbeiter in 17 400 Verleihbetrieben beschäftigt. Das seien 103 000 oder fast 13 Prozent mehr gewesen als ein Jahr zuvor, meldet die Bundesagentur. Verleihbetriebe vermitteln ihre Angestellten weiter an Firmen wie BMW & Co.
Personal-Service-Agentur (PSA) werden Agenturen für „vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung“ bezeichnet, die nach § 46 (bis 2008: § 37c) des dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) bei den Agenturen für Arbeit eingerichtet werden können. Sie wurden im Jahr 2003 eingeführt. Ihre Bezeichnung als Personal-Service-Agentur ist auf das „Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ zurückzuführen. Es ist Bestandteil der Agenda 2010 und des Hartz-Konzepts.
Lohndumping bei Daimler
An den Fließbändern des Autobauers Daimler werden Menschen beschäftigt, die so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können. Ein Reporter des SWR ließ sich über eine Leiharbeitsfirma anstellen und arbeitete undercover mit der Stammbelegschaft der Stuttgarter.
Der SWR-Mitarbeiter wurde von der Leiharbeitsfirma an eine Logistikfirma verliehen. Dort wurde er aber nicht für Transportarbeiten eingesetzt, sondern direkt am Fließband des Mercedes-Benz-Werkes in Untertürkheim. Bei seiner Arbeit verdiente er einen Stundenlohn von 8,19 Euro. Das macht monatlich etwa 1220 Euro brutto, also ungefähr 990 Euro netto.
Nach Angaben von Daimler-Betriebsräten liegt die niedrigste Tarif-Lohnstufe für die Daimler-Stammbelegschaft mit etwa 3 400 Euro knapp dreimal so hoch. Der Verdienst des SWR-Reporters als Billiglöhner war so gering, dass er als Familienvater mit vier Kindern Anspruch auf Hartz-IV-Aufstockung in Höhe von 1 550 Euro monatlich hatte.
Gleiche Arbeit – weniger Geld. Die gute Beschäftigungslage in Deutschland hat eine Schattenseite, denn der sogenannte Niedriglohnsektor breitet sich zunehmend aus, das heißt: immer mehr Menschen können von ihrem Lohn nicht leben, auch wenn sie Vollzeit arbeiten.
… und alle haben etwas gemeinsam: sie hoffen, irgendwann fest übernommen zu werden.
Glückwunsch! Deutschland ist Weltmeister! … im Lohndumping!
Netzfrau Doro Schreier
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