Hier ein bisschen Farbe drüber, neue Dienstkleidung für Mitarbeiter und danach interessiert nur noch das Gier-Gen, denn Gewinn steht vor ordentlicher Leistung. Alles was über Jahrzehnte mit Steuergeldern aufgebaut wurde , wird in ein paar Jahren zerstört, für kurzfristigem Gewinne von Privatunternehmen, wieder unterstützt durch den Steuerzahler.
MEHR MARKT UND WETTBEWERB stand auf der Homepage der FDP zu Zeiten, als Dr. Philipp Rösler noch Bundesminister für Wirtschaft und Technologie war. So waren Philipp Röslers ehrgeizige Ziele, die Energiewende durch mehr Markt und Wettbewerb zu erreichen. Was nichts anderes bedeutet als den Angriff auf die Bastionen des Staates oder im neoliberalen „Neusprech“ die Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers und Bedienung des eigenen Klientels!
Privatisierung der Energieversorgung
Bereits ein Jahr nach der Verkündung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes erfolgte in Deutschland 1999 die Liberalisierung des Strommarktes. Große Konzerne beherrschten bald circa 80 Prozent des deutschen Strommarktes. Da keine Regulierungsbehörde geschaffen wurde – wie es bei anderen Liberalisierungsprozessen üblich ist – konnten sie den alternativen Stromanbietern die Bedingungen für einen Stromanbieterwechsel weitestgehend diktieren. Für den Verbraucher bedeutete dies von nun an stetig steigende Strompreise, zumal sich auch der Staatsanteil an den Stromkosten in den letzten zehn Jahren vervielfacht hat.
„Die Liberalisierung des Strommarktes kann nur funktionieren, wenn die Netze in öffentliche Hand kommen“, sagte 2005 schon der verstorbene Energieexperte Hermann Scheer. Die Liberalisierung des Energiemarktes betrachtet Scheer außerdem als misslungen, weil eigentumsrechtliche Fragen – anders als in Schweden oder in den Niederlanden – ausgeklammert wurden. «Die Netze gehören als natürliches Monopol in öffentliche Hände – anders kann Neutralität gegenüber alternativen Anbietern und Abnehmern nicht gewährleistet werden.»
Wie recht er hatte. Vier lange Stromautobahnen müssen in den nächsten zehn Jahren quer durch Deutschland gebaut werden, um das Abschalten der Atomkraftwerke aufzufangen. Die vier Stromautobahn-Betreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW speisen den Großteil des Stroms ein und verteilen ihn bundesweit über lange Distanzen.
Der Netzbetreiber „Tennet“ steht schon länger in der Kritik.
Bei dem Streit der Netzbetreiber geht es nicht nur um Macht und Geld, es geht auch um zentrale Ziele der Energiewende. Die Bundesregierung setzt auf große Windkraftwerke in Nord- und Ostsee. Sie sollen sich innerhalb weniger Jahre zu einem wichtigen Standbein der Stromerzeugung entwickeln. Doch ohne die dazu gehörigen Netzanschlüsse können Offshore-Windparks nicht genutzt werden.
Folge: Um den Ausbau der Offshore-Windenergie zu beschleunigen, hat die Regierung einen Gesetzentwurf gebilligt. Der sieht auch neue Haftungsregelungen vor – Kosten wurden vor allem auf die Verbraucher umgewälzt.
Fazit: Auch wenn das Stromnetz in privater Hand ist, zahlen wir und nicht die gewinnorientierten privaten Konzerne.
Krankenhaus im Ausverkauf
Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt.
In Deutschland teilen sich wenige große Unternehmen das Geschäft. Die vier größten – Helios, Rhön, Asklepios und Sana – haben drei Viertel des privaten Krankenhausmarkts im Griff. Was bei einer Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers passieren kann, sehen wir an dem folgenden Beispiel:
Das Land Niedersachsen verkaufte im Jahr 2007 insgesamt 10 Krankenhäuser.
Nach Informationen von NDR Info ergab eine neue Prüfung des Landesrechnungshofes im vergangenen Herbst, dass die Krankenhäuser deutlich unter Wert verkauft wurden. Der Schaden für die Steuerzahler: Möglicherweise weit mehr als 200 Millionen Euro. Allein die Kosten für externe Berater wie die Firma PricewaterhouseCoopers beliefen sich auf knapp fünf Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Die Prüffirma PricewaterhouseCoopers, die viele Aufträge des Landes Niedersachsen abwickelte, beschäftigte u. a. die Ex-Gattin von Christian Wulff und soll unter anderem Gazprom betreuen. Bekannt wurde „PricewaterhouseCoopers“ durch den 55 Milliarden Euro schweren Rechenfehler bei der Abwicklungsbank der Hypo Real.
Der Landesrechnungshof geht in seiner Kritik noch weiter: Demnach wurde selbst der Verkaufserlös von 102 Millionen Euro noch einmal geschmälert: durch Förderkosten, die vorher nicht angefallen waren, oder durch höhere Pflegesätze. All das hätte in den Preis einfließen müssen, heißt es im Landesrechnungshof-Bericht: „Der […] Nettoerlös ist damit um rund 42,15 Millionen Euro reduziert worden.“ Der Schaden für uns Steuerzahler ist noch weit gravierender als zurzeit ersichtlich.
Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt. Obwohl Personal und Experten Alarm schlagen, werden aber wohl immer mehr Kommunen ihre Krankenhäuser verkaufen.
Die Bestsellerautorin Renate Hartwig, vergleicht in ihrem neuen Buch „Geldmaschine Kassenpatient“ das Privatkrankenhaus gern mit einer Fabrik: „Ärzte und Pfleger arbeiten im Akkord, die Zahl der Fehler steigt. Es geht nur noch ums Geld. Der Patient wird zur Ware.“
Wasserversorgung im Ausverkauf
Trinkwasser soll in private Hände, ein Aufschrei – zu Recht, denn schon in der Vergangenheit gibt es zahlreiche negative Beispiele, bei denen Wasser zu einer Ware wurde. Die kommunalen Betriebe und die Menschen fürchten um Preis und Qualität des Trinkwassers. Die Petition „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht “ haben schon fast 1 250 000 unterzeichnet.
Ein Beispiel:
London – Privatisierung des Wassers
Damals gab es 10 regionale Wassergesellschaften in England und Wales. Diese 10 Gesellschaften wurden privatisiert. 10 private Monopolgesellschaften entstanden – zu extrem günstigen Bedingungen! Nicht nur war der Preis niedrig, sondern die Unternehmen wurden vorher entschuldet und mit Betriebskapital versehen. Außerdem wurden den Anteilseignern Vergünstigungen bei der Besteuerung der Gewinne zugestanden. Die Privatisierung führte zu stark steigenden Wassergebühren für die Kunden.
Erschreckend: Die Firmen investierten sehr wenig und es kommt immer wieder zu Klagen über unzureichende Wasserqualität.
Einer der Gründe für die schlechte Wasserqualität ist das marode Wasserleitungssystem. Kritiker machen geltend, dass der Hauptgrund für die Wasserknappheit das marode Leitungssystem der Versorger sei. Nach einer Untersuchung der staatlichen Aufsichtsbehörde Ofwat verliert etwa die Londoner Gesellschaft Thames Water bis zu 26 Prozent des Trinkwassers durch Lecks in Leitungen.
Berlin: Wasser
Das landeseigene Unternehmen war 1999 von der damaligen CDU/SPD-Koalition teilprivatisiert worden. Neben RWE wurde der französische Konzern Veolia Miteigentümer. Das Land blieb mit 50,1 Prozent zwar Mehrheitseigner, dennoch stiegen die Wasserpreise in den Folgejahren drastisch.
Das Land Berlin hat nach langem Streit den 24,95-Prozent-Anteil an seinen Wasserbetrieben vom Energiekonzern RWE für 658 Millionen Euro zwar zurückgekauft, doch einst vereinbarten Privatisierungsverträge mit Veolia garantiert dem privaten Partnern Renditen und der Senat darf weiterhin auf der letzen Bank Platz nehmen, Entscheidungen trifft weiterhin Veolia. Die Konzernzentrale in Paris habe dem Senat zwar schriftlich angeboten, ihre Beteiligung am mehrheitlich landeseigenen Wasserversorger von derzeit 25 Prozent auf nur noch zehn Prozent zu reduzieren, doch noch spielt sie die erste Geige.
Nur drei Beispiele, was passieren kann, wenn staatliches Tafelsilber verkauft bzw. privatisiert wird. Die Energiekosten steigen und steigen, ein Ende nicht in Sicht.
- Privatisierte Krankenhäuser sind nun Dienstleistungsanbieter im Sektor Gesundheitswesen.
- Privatisierte Wasserwerke können wie in London, zu mangelnder Wasserqualität und Wasserknappheit führen und letztendlich zu höheren Kosten für den Endverbraucher.
- Privatisierung = Let’s make MONEY – koste es was es wolle.
EIN BRITISCHER LOKFÜHRER, EINE PHILIPPINISCHE MUTTER, EIN SÜDAFRIKANISCHER AKTIVIST UND DIE BÜRGER EINER BOLIVIANISCHEN STADT: SIE KÄMPFEN BEREITS GEGEN DAS, WAS UNS ALLE ERWARTET:
DEN GROSSEN AUSVERKAUF.
„Ich habe einmal bestimmte Aspekte der Wirtschaftspolitik mit moderner Kriegsführung verglichen. In der modernen Kriegsführung versucht man zu entmenschlichen, das Mitgefühl zu beseitigen. Man wirft Bomben aus 15 000 Metern, aber man sieht nicht, wo sie landen, man sieht keine Schäden. Es ist fast wie in einem Computerspiel. Man spricht von „body counts“. Das entmenschlicht den Prozess. Genauso ist es in der Wirtschaft: Man redet über Statistiken und nicht über die Menschen hinter diesen Statistiken.“
(Joseph E. Stiglitz / Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften )
Text © Doro Schreier
Quellen: NDR, Eurosolar, Süddeutsche, Zeit, FDP, Der große Ausverkauf
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