EU-Abgeordnete gründeten Stiftung mit US-Konzernen im Internet-Bereich, die ihnen den Zugang zu Abgeordneten sicherstellt.
Die Mitglieder kommen allesamt aus der Politik, aus dem Business, aus Nicht-Regierungs-Organisationen, Verbänden, Instituten und anderen privaten oder öffentlichen Einrichtungen. Da gibt es auch zum Beispiel: SITZUNG DES AUSSCHUSSES FÜR BÜRGERLICHE FREIHEITEN, JUSTIZ UND INNERES LIBE.
Heute ist der Tag der Informationsfreiheit – Right to Know Day
Über 40 Nationen weltweit begehen seit 2003 den Right To Know Day. Manche, wie Kanada, haben auf eine Right to Know Week ausgeweitet (23.- 28. Sept. 2013). Heuer bringt die NGO transparenzgesetz.at den Right To Know Day erstmals nach Österreich, am 28. September – internationaler „Tag der Informationsfreiheit“ und gleichzeitig Tag vor der Nationalratswahl. Wie die PolitikerInnen mit Transparenz umzugehen gedenken, wird sich bei dieser Wahl mitentscheiden.
In Deutschland sind Transparency International Deutschland e. V. und die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit e. V. (DGIF) die zentralen Akteure in Sachen Informationsfreiheit.
Doch mal ehrlich: Woher beziehen wir unsere Informationen? Genau – aus dem Internet und aus den Medien. Und unsere Informationsquellen haben eine Stiftung, die European Internet Foundation ist eine sogenannte Intergroup, die EU-Abgeordnete mit Industrievertretern zusammenbringt. Laut EIF-Webseite wurde sie von drei Europaabgeordneten gegründet, u. a. Erika Mann. Tatsächlich war der eigentliche Gründungsvater der Lobbyist Peter Linton, damals tätig für Robinson Linton Associates, inzwischen ein Teil der Lobbyagentur Burson-Marsteller. Das Schaubild von der Webseite zeigt Ihnen weitere Mitglieder:
Was wir erfahren „dürfen“, entscheiden dann die, die uns die Informationen zukommen lassen wollen, die Regierungen. Das dichte Netz der EU-Zuflüsterer, wie Sie den Schaubildern entnehmen können.
Beispiel: Mit strengeren Vorschriften sollen die Daten von Internetnutzern in der EU besser geschützt werden. Doch um die neue Verordnung gibt es in Brüssel eine wahre Lobby-Schlacht: Firmen wie Google, Facebook oder Ebay wollen die Regeln zu ihren Gunsten beeinflussen. Mit Erfolg. Die Vorschläge der Internetkonzerne fließen zu großen Teilen direkt in die Gesetzestexte ein, wie auf Lobbyplag.eu gezeigt wird.
Einige der EU-Abgeordneten, deren Änderungsanträge zum Entwurf der EU-Datenschutzverordnung zum Teil aus Industriedokumenten stammen, sind Mitglieder der EIF. Dazu gehören Malcom Harbour und Giles Chichester. Auch die Internet-Verkaufsgiganten Amazon und E-Bay, aus deren Dokumenten kopiert wurde, sind Mitglieder
Die European Internet Foundation (EIF) ist ein 1999 gegründeter Verein nach belgischem Recht für EU-Parlamentarier, der Einfluss auf die IT-Politik in Europa ausüben will. Vorsitzende des Vereines ist Elly Plooij-van Gorsel. Themen, die von der EIF maßgeblich gestaltet und beeinflusst wurden, sind beispielsweise Internet Governance und Harmonisierungen im Bereich des Rechtes auf geistiges Eigentum. Die Mitgliedschaft für Parlamentarier ist frei, Business-Mitglieder zahlen eine jährlichen Beitrag zwischen 2000 und 10 000 Euro. Nicht verwunderlich sind die Industriemitglieder in der Stiftung derzeit: Amazon, Apple, AT&T, Dell, Deutsche Telekom, Ebay, Facebook, Google, IBM, Intel, Microsoft, Nokia, SAP, Sony, vodafone, Disney u. a.
Und da wären die assozierte Mitgliedschaft, die Verbänden, Nichtregierungsorganisationen, Forschungseinrichtungen und Sonstigen offen steht, dazu gehören derzeit u. a.: ARD, BBC, Cable Europe, digitaleurope, EuroCommerce, IEEE.
Angesichts immer neuer Berichte über Spähaktionen des amerikanischen Geheimdienstes NSA verschärfen europäische Politiker die Tonlage gegen US-IT-Konzerne, ok, mag sein, aber was tut sich wirklich, wenn ALLE großen Internetanbieter aus den USA kommen und schon lange Mitglieder in dieser Stiftung integriert sind?
Tag der Informationsfreiheit, Informationen, die wir aus dem Internet und Medien erhalten.
Österreich
Seit fast einem Jahr wird in Österreich bereits über Transparenz diskutiert, unter anderem dank der Initiative transparenzgesetz.at. Doch die Zeit gilt für die Aktivisten als „verlorene Zeit“, denn in dem Jahr kam es zu keinem Gesetz, das Bürgern ein umfassendes Recht auf Information und Einsicht in die Akten der Verwaltung ermöglicht. Es gibt keine Veröffentlichungspflicht für Behörden und es gibt keinen Informationsbeauftragten (Chief Information Officer). Genau dies fordert die Initiative transparenzgesetz.at rund um Josef Barth aber, zuletzt bei einem offiziellen Pressegespräch in Wien.
„In Österreich kann man zwar eine Anfrage stellen, wenn die Antwort unzureichend ausfällt, kann man zwar vor den Verwaltungsgerichtshof gehen, aber das Gericht hat keine Möglichkeit, eine Antwort zu erzwingen“, erklärt Barth am Daten, Netz & Politik-Kongress vergangene Woche.
Amtsverschwiegenheit
So wurde auf fragdenstaat.at beispielsweise eine Anfrage eingebracht zur Studie des Finanzministeriums, die im Juli 2013 die Kosten und Konsequenzen der Abwanderung von Konzernzentralen untersucht hat – und bei der in Folge einige Unternehmen dagegen protestiert hatten, Aussagen getroffen zu haben, mit denen sie laut Finanzministerium in der Öffentlichkeit zitiert worden sind. Doch die Studie bleibt geheim, der Öffentlichkeit vorenthalten. Die Begründung: B-VG A20 §3: Amtsverschwiegenheit. „Aus Rücksicht auf diese Unternehmen, die genannt werden, wird diese Studie nicht veröffentlicht.“ Dies ist aber nur ein Beispiel von vielen. “Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Rechte der Bürger klar in einem Gesetz definiert werden“, so Barth.
Watchdog für Informationsfreiheit
Aus der Initiative transparenzgesetz.at wird nun aus diesem Grund eine NGO. Es ist die erste NGO für Informationsfreiheit in Österreich und sie hört auf den Namen Forum Informationsfreiheit (FOI) – „angelehnt an Freedom of Information“, wie Barth erzählt. Diese NGO will nun nach den Nationalratswahlen die Parteien an ihre Versprechen erinnern, die sie vor der Wahl gegeben haben – nämlich ein entsprechendes Gesetz öffentlich zu diskutieren und umzusetzen. Dazu müsse das Thema aber nach der Wahl Teil der Koalitionsverhandlungen sein. Sonst würde es nach Einschätzung von Experten „wieder Jahre“ dauern, bis das Thema auf der Tagesordnung landen würde. „Wir wollen außerdem die Verfassungsänderung zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorantreiben und das Anfrageportal fragdenstaat.at weiter ausbauen“, erklärt Barth.
Right to Know Day
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) wird am 28. September offiziell gegründet. Das ist nämlich der internationale „Right to Know Day“, der „Tag der Informationsfreiheit“, der dieses Jahr zum ersten Mal auch in Österreich stattfinden wird. Als Sprecherin ist hier unter anderem mit Helen Darbishire von Access Info Europe eine führende europäische Informationsfreiheits-Aktivistin geladen (ab 9 Uhr im Presseclub Concordia, Wien).
„Österreich ist das letzte Land der alten EU-15-Länder, in dem das Amtsgeheimnis noch in der Verfassung steht, das muss sich ändern“, so Barth. Auf der 8. Internationalen Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Berlin sprach etwa Peter Schaar von „Transparenz als Treibstoff für die Demokratie“, der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sprach davon, dass der Staat einen allgemeinen Anspruch auf amtliche Informationen schaffen müsse. „Es war fast beschämend, dass Österreich niemanden nominiert hat, an dieser Konferenz teilzunehmen“, sagt Barth.
Abgeordneten-Befragung
Um österreichischen Bürgern, die sich für Informationsfreiheit einsetzen, auch eine Wahlentscheidung zur Nationalratswahl mit auf dem Weg zu geben, befragte die Initiative transparengesetz.at 242 Abgeordnete und die ersten zehn Bundeslistenplätze bei Neuparteien nach ihrer Meinung zum Transparenzgesetz. Insgesamt kamen 61 Antworten zurück. Diese sind auf wahlhelfer.transparenzgesetz.at abrufbar. Dabei sprach sich niemand der Antwortenden gegen ein einheitliches, umfassendes Transparenzgesetz für Bund, Länder und Gemeinden sowie gegen die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit aus. Für die NGO-Gründer ein klares Zeichen: „Es darf nach der Wahl keine Ausreden geben.“
Beim letzten Teil der futurezone-Serie zur Nationalratswahl 2013 steht übrigens die Informationsfreiheit zur Debatte. Die Antworten der Parteien sind dort lesbar.
Am 28. September, von 9:00 bis 12:00 Uhr, im Presseclub Concordia in der Bankgasse 8, im ersten Bezirk.
Die Initiative meint: „Wir wollen mit euch ein Zeichen gegen die Amtsgeheimniskrämerei und eine Herrschaftswissensverwaltung setzen. Schließlich gehören Informationen den Bürgerinnen und Bürgern, die Verwaltung verwaltet sie nur.
„Werden wir richtig informiert? Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, dass von der Antwort auf diese Frage die Zukunft der menschlichen Gesellschaft abhängt.“ Arnold Joseph Toynbee
Informationsrechte sind Bürgerrechte!
Netzfrau Lisa Natterer
Pressefreiheit – Im Sumpf der Geheimdienst-Affäre – erschüttert demokratische Grundwerte
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