USA erteilt Einreiseverbot für Ilija Trojanow und sperren den Luftraum für Venezuelas Präsidenten Maduro!
Die Initiatorin des offenen Briefes an Angela Merkel bezgl. der NSA-Affäre teilte mit, dass ihrem Freund und Mitstreiter Ilija Trojanow die Einreise in die USA verweigert wurde. Ohne Begründung. Er sitzt am Flughafen in Brasilien fest, kann an dem Germanistenkongress in den USA, zu dem er eingeladen war, nicht teilnehmen und muss sehen, wie er nach Hause kommt, ohne US-Staatsgebiet zu betreten.
Was war passiert?
Heute meldet Ilija Trojanow sich in der FAZ zu Wort und beschreibt in einem Artikel seine Situation.
Am Montag, dem 30.September 2013 stand er in Salvador da Bahia, Brasilien, um 8.36 Uhr vor dem Schalter von American Airlines, um einzuchecken: Flug AA 238 nach Miami. Dort wollte er umsteigen und mit AA 1391 nach Denver, Colorado, weiterfliegen, um vom 4. bis zum 6. Oktober bei einer Konferenz nordamerikanischer Germanisten aufzutreten und mitzudiskutieren. Kaum hatte die Mitarbeiterin der Fluggesellschaft seinen Namen eingegeben, hielt sie inne, stand auf und verschwand ohne Erklärung hinter einer Tür. Wenig später kehrte sie mit einer offensichtlich höherrangigen Person zurück, die ihm in einem rasanten Portugiesisch und dann in fast ebenso schnellem Englisch mitteilte, wegen „Border Crossing Security“ sei sie verpflichtet, die amerikanischen Behörden sofort nach seiner Ankunft am Flughafen zu verständigen. Sie fragte, ob sie seinen Pass mitnehmen dürfe, im Duktus jener Höflichkeit, die einem nur pro forma die Wahl lässt, und zog sich zurück.
Eine Dreiviertelstunde vor Abflug knisterte das Sprechgerät, das Urteil über seinen Fall wurde verkündet, die Frau teilte ihm knapp und emotionslos mit, die Einreise in die Vereinigten Staaten von Amerika sei mir untersagt. Ohne Angabe von Gründen.
Zuletzt war Ilija Trojanow Mitinitiator des u. g. offenen Briefes an Bundeskanzlerin Angela Merkel, den wir unterstützten.
Erst vor kurzem, am 18. September, wurden die bis dahin schon mehr als 63 000 Unterschriften dieses Briefs, auf den wir übrigens keine Antwort erhielten, von einigen der beteiligten Schriftstellern in Berlin unter beachtlicher Medienresonanz der Bundesregierung überreicht. Mittlerweile haben mehr als 70 000 Menschen unterzeichnet.
Es scheint in den USA an der Tagesordnung, dass Menschen als Staatsfeinde behandelt werden, nicht nur Autoren aus Deutschland, nein auch Staatsoberhäupter aus Lateinamerika.
Erst kürzlich musste das ecuadorianische Außenministerium Druck ausüben, um Visa für die Einreise von fünf ecuadorianischen Geschädigten der Ölförderung im Amazonasgebiet in die USA zu erhalten. Obwohl sie an einer Sondersitzung im Rahmen der UNO-Generalversammlung in New York teilnehmen sollen, hatten die USA ihnen die Visa verweigert.
„Ohne jegliche Antwort der US-Botschaft in Quito haben sie die von der Regierung ausgestellten Pässe für die fünf von der Umweltverschmutzung betroffenen Bürger zurückgeschickt“, hatte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño zuvor beklagt. Die Geschädigten hätten ein Recht, an der Sitzung teilzunehmen, um ihre Anklagen gegenüber Chevron vertreten zu können. Da sie an einem offiziellen Treffen teilnehmen wollen, seien sie von den Regelungen der UNO geschützt, so der Außenminister weiter. Ein politischer Beobachter erklärte gegenüber dem lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur, die USA zeigten damit, dass sie sich auf die Seite der Interessen des transnationalen Unternehmens stellen. Doch „dank des Beharrens des ecuadorianischen Außenministeriums“ hätten die USA die Visa einen Tag vor der Sondersitzung schließlich erteilt. Dies postete Ecuadors Vize-Außenminister Marco Albuja über den Kurznachrichtendienst Twitter.
USA sperren Luftraum für Venezuelas Präsidenten Maduro
Eine weitere Verweigerung der Vergabe von Visa betrifft venezolanische Funktionäre, die an einer Kooperationssitzung des Forums Südamerika-Südafrika bei der UNO teilnehmen wollen. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat angekündigt, seine Regierung werde „drastische diplomatische Maßnahmen gegen die USA ergreifen“, würden die Visa weiterhin nicht erteilt.
Präsident Maduro hatte geplant, an diesem Samstag zu einem Staatsbesuch nach China zu reisen. Nachdem ein generelles Überflugverbot über den nordamerikanischen Luftraum im Atlantik bestehe, werde man andere Optionen prüfen und die Reise werde sich verzögern.
Mit scharfen Worten kritisierte Präsident Maduro die Entscheidung der USA. Falls notwendig, werde seine Regierung „drastische diplomatische Maßnahmen gegen die USA ergreifen“, sagte Maduro im staatlichen Fernsehsender VTV. Die USA hätten nicht nur ihm den Überflug verweigert, sondern darüber hinaus die Visa-Anträge venezolanischer Regierungsmitglieder abgelehnt, die zur UNO-Generalversammlung nach New York reisen wollen, darunter des Präsidialamtsministers Wilmer Barrientos. Er habe daher Außenminister Jaua und den UN-Botschafter Venezuelas, Samuel Moncada, beauftragt, „alle Mechanismen zu aktivieren“, damit die Visa erteilt werden.
Kritik äußerten auch die Regierungen Ecuadors und Boliviens. Als einen weiteren Akt der Menschenrechtsverletzungen bezeichnete Boliviens Präsident Evo Morales das Überflugverbot und die Verweigerung der Visa. Die US-Regierung verstoße erneut gegen internationales Recht wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Konvention über Spezial-Missionen und das Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen. Hier werde nicht nur der venezolanische Präsident angegriffen, sondern alle Völker und Länder Lateinamerikas und der Karibik, sagte Morales. Er kündigte an, eine Dringlichkeitssitzung der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) einzuberufen. Außerdem werde er mit den Präsidenten der ALBA-Mitgliedsländer die Möglichkeit beraten, den Rückzug des Sitzes der Vereinten Nationen aus den USA zu beantragen.
Bei einem Treffen mit dem Generalsekretär der UNO, Ban-Ki-Moon, erklärte Venezuelas Außenminister Elias Jaua, die Praxis der Spionage sei „ein absoluter Verstoß gegen die internationalen Rechte sowie gegen die Souveränität der Völker und verletze die grundlegenden Menschenrechte der Bürger in der ganzen Welt.
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hielt vor ein paar Tagen vor der UN-Vollversammlung eine beeindruckende Rede. Sie beschuldigte die USA, internationales Recht gebrochen zu haben, und verlangte eine Entschuldigung von der US-Regierung. Dabei bezog Dilma Rousseff sich auf die Programme, die kürzlich durch die Enthüllungen Edward Snowdens bekannt worden waren.
Etwa zur gleichen Zeit im EU-Parlament. Zum Auftakt der dritten Anhörung zum NSA-Skandal konnte EU-Kommissarin Cecilia Malmström nur sicher sagen, dass man immer noch zu wenig wisse.
Da lobe ich mir Brasiliens Präsidentin, sie gibt sich nicht mit blablabla zufrieden, nein sie schafft Fakten. Sogar das Treffen mit Obama in Oktober sagt sie ab und notfalls gibt es Strafsanktionen, wenn die USA sich nicht endlich entschuldigen, oder noch besser, solange die USA nicht endlich zu dem Spähvorwürfen stehen, passiert nichts mehr.
Während etwa zur gleichen Zeit im EU-Parlament die EU-Kommissarin Cecilia Malmström nur sicher sagen konnte, dass man immer noch zu wenig wisse, macht es Lateinamerika vor, sie reagieren verärgert über die USA und ihre Machenschaften und wollen den Rückzug des Sitzes der Vereinten Nationen aus den USA beantragen. Dann wären USA nicht nur pleite, sondern auch alleine zu Haus.
Es ist mehr als ironisch, wenn einem Autor, der seine Stimme gegen die Gefahren der Überwachung und des Geheimstaates im Staat seit Jahren erhebt, die Einreise in das „land of the brave and the free“ verweigert wird. Frau Merkel, es wird Zeit, dass Sie sich an Obama wenden und sich nicht mit blabla zufrieden geben. Tun Sie endlich was!
Hier noch einmal der offene Brief und die Petition.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
seit Edward Snowden die Existenz des PRISM-Programms öffentlich gemacht hat, beschäftigen sich die Medien mit dem größten Abhörskandal in der Geschichte der Bundesrepublik. Wir Bürger erfahren aus der Berichterstattung, dass ausländische Nachrichtendienste ohne konkrete Verdachtsmomente unsere Telefonate und elektronische Kommunikation abschöpfen. Über die Speicherung und Auswertung von Meta-Daten werden unsere Kontakte, Freundschaften und Beziehungen erfasst. Unsere politischen Einstellungen, unsere Bewegungsprofile, ja, selbst unsere alltäglichen Stimmungslagen sind für die Sicherheitsbehörden transparent. Damit ist der „gläserne Mensch“ endgültig Wirklichkeit geworden.
Wir können uns nicht wehren. Es gibt keine Klagemöglichkeiten, keine Akteneinsicht. Während unser Privatleben transparent gemacht wird, behaupten die Geheimdienste ein Recht auf maximale Intransparenz ihrer Methoden. Mit anderen Worten: Wir erleben einen historischen Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat, nämlich die Umkehrung des Prinzips der Unschuldsvermutung hin zu einem millionenfachen Generalverdacht.
Frau Bundeskanzlerin, in Ihrer Sommer-Pressekonferenz sagten Sie, Deutschland sei „kein Überwachungsstaat“. Seit den Enthüllungen von Snowden müssen wir sagen: Leider doch. Im gleichen Zusammenhang fassten Sie Ihr Vorgehen bei Aufklärung der PRISM-Affäre in einem treffenden Satz zusammen: „Ich warte da lieber.“
Aber wir wollen nicht warten. Der Eindruck wächst, dass das Vorgehen der amerikanischen und britischen Behörden von der deutschen Regierung billigend in Kauf genommen wird. Deshalb fragen wir Sie: Ist es politisch gewollt, dass die NSA deutsche Bundesbürger in einer Weise überwacht, die den deutschen Behörden durch Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht verboten ist? Profitieren die deutschen Dienste von den Informationen der US-Behörden und liegt darin der Grund für Ihre zögerliche Reaktion? Wie kommt es, dass BND und Verfassungsschutz das NSA-Spähprogramm XKeyScore zur Überwachung von Suchmaschinen einsetzen, wofür es keine gesetzliche Grundlage gibt? Ist die Bundesregierung dabei, den Rechtsstaat zu umgehen, statt ihn zu verteidigen?
Wir fordern Sie auf, den Menschen im Land die volle Wahrheit über die Spähangriffe zu sagen. Wir wollen wissen, was die Bundesregierung dagegen zu unternehmen gedenkt. Das Grundgesetz verpflichtet Sie, Schaden von deutschen Bundesbürgern abzuwenden. Frau Bundeskanzlerin, wie sieht Ihre Strategie aus?
Zur Petition
UnterzeichnerInnen:
Juli Zeh, Ilija Trojanow, Carolin Emcke, Friedrich von Borries, Moritz Rinke, Eva Menasse, Tanja Dückers, Norbert Niemann, Sherko Fatah, Angelina Maccarone, Michael Kumpfmüller, Tilman Spengler, Steffen Kopetzky, Sten Nadolny, Markus Orths, Sasa Stanisic, Micha Brumlik, Josef Haslinger, Simon Urban, Kristof Magnusson, Andres Veiel, Feridun Zaimoglu, Ingo Schulze, Falk Richter, Hilal Sezgin, Georg M. Oswald, Ulrike Draesner, Clemens J. Setz, Ulrich Beck, Katja Lange-Müller, Ulrich Peltzer, Thomas von Steinaecker, Peter Kurzeck, Jo Lendle
Die Schriftstellerin Juli Zeh kommentierte die Datenüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA :“Was mich wirklich fassungslos macht, ist, dass unsere Bundesregierung, die durch Nichtstun glänzt, auch noch durch grandiose Umfragewerte belohnt wird”, kritisiert Zeh.
An die BerufspolitikerInnen in Deutschland und im EU-Parlament: Sehen Sie endlich den Tatsachen ins Auge, tun Sie etwas, aber das Richtige für uns BürgerInnen.
Netzfrau Doro Schreier
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