Töten per Joystick – Der Krieg aus der Distanz
Ein ehemaliger Drohnen-Operator der U. S. Air Force, der nach eigenen Angaben an der Tötung von mehr als 1600 Menschen mitgewirkt hat, erinnert sich heute noch daran, wie eins der ersten Opfer verblutete.
Leider geht uns Alle dieses Thema an, da die Bundesregierung und große Teile unseres Parlamentes auch meinen, die Waffe der Zukunft sei die Kampf-Drohne.
Brandon Bryant im NBC-Interview
Brandon Bryant berichtet, dass er auf einem Stuhl in einem Stützpunkt der Air Force in Nevada saß und die Kamera der Drohne bediente, von der aus sein Team zwei Raketen auf drei Männer abfeuerte, die auf der anderen Seite der Erde – in Afghanistan – eine Straße entlanggingen. Alle drei Zielpersonen wurden von den Raketen getroffen und Bryant konnte die Folgen des Angriffs auf seinem Computermonitor sehen – auch die Wärmebilder von einer wachsenden Lache heißen Blutes.
„Dem Burschen, der vorne rannte, wurde sein rechtes Bein abgerissen,“ erinnert er sich. „Ich sah zu, wie er verblutete, und das Blut war erst noch warm. Als der Mann starb, erkaltete sein Körper und nahm die gleiche Farbe wie der Boden an. Das war durch die Veränderungen auf dem Wärmebild ganz deutlich zu erkennen,“ erzählt Bryant.
„Wenn ich meine Augen schließe, kann ich heute noch jeden einzelnen Bildpunkt sehen,“ fügt Bryant hinzu, bei dem eine posttraumatischen Belastungsstörung / PTSD diagnostiziert wurde.
Der heute 27-jährige Bryant hat von 2006 bis 2011 als Operator von Drohnen-Sensoren auf Basen in Nevada, in New Mexico und im Irak gedient und beim Führen unbemannter Flugkörper über dem Irak und über Afghanistan mitgewirkt. Obwohl er dabei selbst keine Raketen abgefeuert hat, war er an Einsätzen beteiligt, bei denen, wie man ihm gesagt hat, insgesamt 1626 Personen getötet wurden.
In einem Interview mit NBC News (das als Video unter dem eingangs angegebenen Link aufzurufen ist) gewährt er als einer der ersten direkt Beteiligten Einblicke in das Tun derjenigen, die diese umstrittenen Flugkörper bedienen, die mittlerweile bei der Tötung von Terroristen eine zentrale Rolle spielen.
Er berichtet, dass er schon als Operator unter der körperlichen Trennung zwischen seiner Alltagsroutine und der Gewalt litt, die von den weit entfernten Drohnen ausging. „Man spürt nicht die Bewegung des Flugkörpers und man hört auch nicht die Geräusche seines Motors,“ erläuterte er. „Man hört nur das leise Summen der Computer, und das ist etwas ganz anderes.“
Die Bilder, die von den Drohnen zurückkämen, wirkten aber sehr real und sehr plastisch.
„Man hat uns gesagt, Drohnen seien mit Granatwerfern zu vergleichen,“ ergänzt Bryant. „Artillerie-Beschuss hat aber überhaupt nichts damit zu tun. Der Artillerist kann die Folgen seines Tuns nicht sehen. Wir erleben sie live mit, weil wir alles beobachten müssen.“
Bryant beschreibt sich selbst als „naiven Jungen“ aus einem kleinen Ort in Montana. Er habe sich 2005 als 19-Jähriger bei der Air Force beworben. Nachdem er bei Tests gut abgeschnitten habe, hätte ihm ein Rekrutenwerber vorgeschwärmt, dass er als Drohnen-Operator eine Job wie die cleveren Burschen machen könne, die in den James-Bond-Filmen in den Kontrollräumen sitzen und den Agenten mit Informationen füttern, damit er seine Mission erfolgreich durchführen kann.
Vor seiner ersten Beteiligung an einem Drohnen-Einsatz trainierte Bryant 3½ Monate. Von einem Gefechtsstand auf der Nellis Air Force Base in Nevada habe er die Kameras einer Drohne bedient, die gerade nördlich von Bagdad startete.
Bryant und das übrige Team sollten mit ihrer Drohne eine US-Patrouille unterstützen und beschützen. Sie hätten tatenlos zusehen müssen, wie Aufständische auf einer Straße einen Sprengsatz eingruben und wie anschließend ein Humvee mit US-Soldaten (s. http://de.wikipedia.org/wiki/High_Mobility_Multipurpose_Wheeled_Vehicle ) in die Sprengfalle fuhr.
„Wir hatten keine Möglichkeit, die Soldaten zu warnen,“ bedauert er. Später habe er erfahren, dass drei Soldaten starben.
Nach den ersten mit Drohnen vollzogenen Tötungen seien alle Trugbilder aus den James-Bond-Filmen verschwunden „Das ist kein Videospiel,“ sagte er. „Das ist kein Spaß, das ist Krieg, in dem Menschen sterben.“
Bryant betont, während seiner Zeit als Drohnen-Operator hätten der kommandierende Offizier und sein Team immer versucht, möglichst keine Zivilisten zu töten.
Er habe sich aber oft gefragt, ob von den Zielpersonen am Boden wirklich eine Bedrohung ausging. Er ist sich immer noch nicht sicher, ob die drei Männer in Afghanistan wirklich Taliban-Kämpfer oder einfach nur Männer waren, die, wie das in Afghanistan üblich ist, aus Gewohnheit ihre Waffen mit sich führten. Als die erste Rakete sie traf, seien die Männer noch fünf Meilen von einem US-Stützpunkt entfernt gewesen und hätten sich unterhalten.
„Sie schienen es nicht eilig zu haben,“ erinnert er sich. „Vielleicht waren sie völlig harmlos. Möglicherweise waren sie bewaffnet, ich war aber nicht davon überzeugt, dass sie etwas Böses im Schilde führten.“ Als 21-jähriger Soldat habe er aber nicht gewagt, irgendwelche Fragen zu stellen, erklärte Bryant.
Er erinnert sich auch daran, dass er einmal kurz vor dem Einschlag einer Rakete ein Kind auf seinem Bildschirm auftauchen sah; die andern redeten ihm aber ein, dass er nur einen Hund gesehen habe.
Bryant gesteht, nach der Teilnahme an Hunderten von Drohnen-Angriffen im Laufe der Jahre habe er „die Achtung vor dem Leben“ verloren und begonnen, sich wie ein Soziopath (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie ) aufzuführen. 2010 sei er einmal zur Arbeit gekommen, habe die an der Wand aufgehängten Bilder von Zielpersonen angestarrt – Bilder von Anwar al-Awlaki (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Anwar_al-Awlaki ) und anderen Al-Qaida- und Taliban-Führern – und vor sich hin gemurmelt: „Welchen von diesen Fickern werden wir denn heute killen?“
Als Bryants Karriere als Drohnen-Operator 2011 zu Ende ging, habe ihm sein Kommandeur eine Art Berichtsbogen übergeben und darauf hingewiesen, dass bei den Drohnen-Angriffen, an denen er beteiligt war, 1626 Menschen getötet wurden.
„Es ginge mir heute viel besser, wenn ich dieses Stück Papier nie gesehen hätte,“ bedauert er. „Ich habe US-Soldaten, unschuldige Menschen und Aufständische sterben sehen. Und das war nicht schön. Dafür möchte ich auch kein Diplom haben.“
Seit Bryant die Air Force verlassen hat und wieder zu Hause in Montana ist, fragt er sich oft, wie viele Menschen auf diesem Berichtsbogen wohl unschuldige Zivilisten waren. Er gibt zu: „Ich möchte lieber nicht darüber nachdenken, weil es mir fast das Herz zerreißt.“
Die Behörde für Kriegsveteranen hat ihm nach einer Untersuchung bestätigt, das er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung / PTSD leidet, die sich durch Wutanfälle, Schlaflosigkeit und Alkoholexzesse bemerkbar macht.
„Ich kann mit normalen Leuten nicht mehr umgehen,“ meint er „Sie frustrieren mich, weil sie a) nicht begreifen, was in mir vorgeht, und weil ihnen das b) völlig egal ist.“
Er sträubt sich auch dagegen, persönlichen Bekannten zu erzählen, was er in den fünf Jahren (bei der Air Force) getan hat. Als er einer Frau beichtete, dass er Drohnen-Operator gewesen und an der Tötung vieler Menschen beteiligt gewesen sei, habe sie sich sofort von ihm getrennt. „Sie hat mich angesehen, als sei ich ein Monster, und mich nie wieder angefasst.“
(Wolfgang Jung hat den Artikel, der zeigt, dass der US-Drohnen-Krieg auch junge US-Soldaten zu seelischen Krüppeln macht, komplett übersetzt und mit Ergänzungen und Links in Klammern versehen. Anschließend drucken wir den Originaltext ab.)
Vorweg noch eine weitere Information:
Töten per Joystick – Der Krieg aus der Distanz
Die Dokumentation in der ARD geht der Frage nach, was ein Drohnen-Krieg tatsächlich bedeutet. Krieg aus der Distanz geführt und vor Ort mit verheerenden Folgen, denn die meisten der Getöteten sind Zivilisten, was offizielle Zahlen bestätigen.
Die Dokumentation von John Kantara und seinem Team zeigt verschiedene Aspekte auf:
Augenzeugen von Drohnen-Angriffen in Pakistan kommen zu Wort; Ein US- Drohnen-Pilot schildert seine Verzweiflung und psychischen Probleme; Es werden Einblicke in das lukrative Drohnengeschäft geboten;
Die Planspiele der Deutschen Militärs und des Bundesministeriums der Verteidigung werden aufgezeigt und
es wird auch ein Kapitel zur US- Air Base Ramstein / bei Kaiserslautern und den dortigen Drohnen-Aktivitäten geben.
Spätestens seit den unsäglichen und kostspieligen Vorgängen um das Drohnen-Debakel muss den Bundesbürgern klar sein: Auch deutsche Politiker und schon viel länger die deutschen Militärs setzen auf die Möglichkeiten der Drohnen-Technologie. In der aktuellen Diskussion geht es um die Frage, ob bewaffnete Kampf-Drohen für Deutschland in alle Welt fliegen – und schießen sollen. Die Befürworter sagen: „ Effizient preiswert und sicher für den Drohnen-Piloten“. Die Kritiker und Gegner sagen.“ Für Deutschland sind Drohnen 1. militärisch überflüssig und 2. verfassungsrechtlich und ethisch fragwürdig.“
http://youtu.be/4VnGqwxWoW0?t=1s
Die US-Morddrohnen werden bei ihren Einsätzen nicht nur über eine auf der US-Air Base Ramstein eingerichtete Zwischenstation gesteuert, sondern vermutlich auch über Ramstein zu den Flugplätzen transportiert, von denen sie zu ihren Einsätzen starten.
Was hat die US-Air Base Ramstein in der Westpfalz mit dem völkerrechtswidrigen Drohnen-Krieg der USA im Mittleren Osten und in Afrika zu tun?
Die US-Morddrohnen werden zwar von Piloten und Operateuren ferngesteuert, die in Befehlszentralen in den USA sitzen, sie starten aber von Flugplätzen in der Nähe ihrer Einsatzgebiete im Mittleren Osten und in Afrika. Wie kommen sie eigentlich dorthin?
Y – Das Magazin der Bundeswehr berichtet dazu unter der Überschrift „Kampfkraft einer F-16“ u. a. Folgendes:
“ … Keine 60 Kilometer südlich von Captain John Smith* (32) und Staff Sergeant Wilbur Helm* (28) rollen in Las Vegas Würfel über den Filz von Caesars Palace, rasseln die Münzen aus einarmigen Banditen. Smith und Helm steuern eine Drohne – über eine Entfernung von 12 000 Kilometern: Die MQ-9 Reaper (Sensenmann), das neueste unbemannte Kampfflugzeug der US-Luftwaffe, fliegt seit September 2007 Einsätze in Afghanistan, ihr Flugpersonal sitzt jedoch in der Creech Air Force Base in Nevada nördlich der Spielermetropole. Nur fürs Starten und Landen sind Kräfte vor Ort in Afghanistan verantwortlich.
Zum Lufttransport per C-130 Hercules zerlegt das Wartungspersonal die Reaper in ihre sechs Hauptkomponenten. Umgangssprachlich heißt der Transportcontainer solcher Drohnen „Sarg“. Im Einsatzgebiet ist sie dann binnen zwölf Stunden wieder startbereit. Neben dem eigentlichen UCAV gehören zum System eine Bodenstation, Bodenantennen und Wartungsausrüstung. Die Maschine startet von festen Rollfeldern. Zurzeit heben die Reaper vom Flugplatz Bagram in Afghanistan ab. Start und Landung übernehmen Piloten vor Ort per Fernsteuerung. weiterlesen ….. Weiterlesen unter: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP06013_080513.pdf
________________________________________________________________________
Former drone operator says he’s haunted by his part in more than 1,600 deaths
By Richard Engel, Chief Foreign Correspondent, NBC News 6 June 2013
A former Air Force drone operator who says he participated in missions that killed more than 1,600 people remembers watching one of the first victims bleed to death.
Brandon Bryant says he was sitting in a chair at a Nevada Air Force base operating the camera when his team fired two missiles from their drone at three men walking down a road halfway around the world in Afghanistan. The missiles hit all three targets, and Bryant says he could see the aftermath on his computer screen – including thermal images of a growing puddle of hot blood.
“The guy that was running forward, he’s missing his right leg,” he recalled. “And I watch this guy bleed out and, I mean, the blood is hot.” As the man died his body grew cold, said Bryant, and his thermal image changed until he became the same color as the ground.
“I can see every little pixel,” said Bryant, who has been diagnosed with post-traumatic stress disorder, “if I just close my eyes.”
Bryant, now 27, served as a drone sensor operator from 2006 to 2011, at bases in Nevada, New Mexico and in Iraq, guiding unmanned drones over Iraq and Afghanistan. Though he didn’t fire missiles himself he took part in missions that he was told led to the deaths of an estimated 1,626 individuals.
In an interview with NBC News, he provided a rare first-person glimpse into what it’s like to control the controversial machines that have become central to the U.S. effort to kill terrorists.
He says that as an operator he was troubled by the physical disconnect between his daily routine and the violence and power of the faraway drones. “You don’t feel the aircraft turn,” he said. “You don’t feel the hum of the engine. You hear the hum of the computers, but that’s definitely not the same thing.”
At the same time, the images coming back from the drones were very real and very graphic.
“People say that drone strikes are like mortar attacks,” Bryant said. “Well, artillery doesn’t see this. Artillery doesn’t see the results of their actions. It’s really more intimate for us, because we see everything.”
A self-described “naïve” kid from a small Montana town, Bryant joined the Air Force in 2005 at age 19. After he scored well on tests, he said a recruiter told him that as a drone operator he would be like the smart guys in the control room in a James Bond movie, the ones who feed the agent the information he needs to complete his mission.
He trained for three and a half months before participating in his first drone mission. Bryant operated the drone’s cameras from his perch at Nellis Air Force base in Nevada as the drone rose into the air just north of Baghdad.
Bryant and the rest of his team were supposed to use their drone to provide support and protection to patrolling U.S. troops. But he recalls watching helplessly as insurgents buried an IED in a road and a U.S. Humvee drove over it.
“We had no way to warn the troops,” he said. He later learned that three soldiers died.
And once he had taken part in a kill, any remaining illusions about James Bond disappeared. “Like, this isn’t a videogame,” he said. “This isn’t some sort of fantasy. This is war. People die.”
Bryant said that most of the time he was an operator, he and his team and his commanding officers made a concerted effort to avoid civilian casualties.
But he began to wonder who the enemy targets on the ground were, and whether they really posed a threat. He’s still not certain whether the three men in Afghanistan were really Taliban insurgents or just men with guns in a country where many people carry guns. The men were five miles from American forces arguing with each other when the first missile hit them.
“They (didn’t) seem to be in a hurry,” he recalled. “They (were) just doing their thing. … They were probably carrying rifles, but I wasn’t convinced that they were bad guys.“ But as a 21-year-old airman, said Bryant, he didn’t think he had the standing to ask questions.
He also remembers being convinced that he had seen a child scurry onto his screen during one mission just before a missile struck, despite assurances from others that the figure he’d seen was really a dog.
After participating in hundreds of missions over the years, Bryant said he “lost respect for life” and began to feel like a sociopath. He remembers coming into work in 2010, seeing pictures of targeted individuals on the wall – Anwar al-Awlaki and other al Qaeda and Taliban leaders — and musing, “Which one of these f … s is going to die today?”
In 2011, as Bryant’s career as a drone operator neared its end, he said his commander presented him with what amounted to a scorecard. It showed that he had participated in missions that contributed to the deaths of 1,626 people.
“I would’ve been happy if they never even showed me the piece of paper,” he said. “I’ve seen American soldiers die, innocent people die, and insurgents die. And it’s not pretty. It’s not something that I want to have — this diploma.”
Now that he’s out of the Air Force and back home in Montana, Bryant said he doesn’t want to think about how many people on that list might’ve been innocent: “It’s too heartbreaking.”
The Veterans Administration diagnosed him with Post-traumatic Stress Disorder, for which he has undergone counseling. He says his PTSD has manifested itself as anger, sleeplessness and blackout drinking.
“I don’t feel like I can really interact with that average, everyday person,” he said. “I get too frustrated, because A) they don’t realize what’s going on over there. And B) they don’t care.”
He’s also reluctant to tell the people in his personal life what he was doing for five years. When he told a woman he was seeing that he’d been a drone operator, and contributed to the deaths of a large number of people, she cut him off. “She looked at me like I was a monster,” he said. “And she never wanted to touch me again.”
Wir bedanken uns bei Wolfgang Jung für die Übersetzung.
Netzfrau Fee Strieffler
An alle Mächtigen dieser Welt…Weltfriedenstag
Der gigantische “kleine Fußabdruck” des AFRICOM – Die Unterwanderung Afrikas
Das Geschäft mit dem Krieg boomt. Vorbereitung für einen Krieg?
An alle Mächtigen dieser Welt…Weltfriedenstag