Nach Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gilt: „Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Das ist eines der Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens – u. a. auch in unserem Grundgesetz verankert – und geht auf einen französichen Kardinal zurück. Auch steht laut Pressekodex in der Fassung vom 13. März 2013 unter Ziffer 13 – Unschuldsvermutung:
Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.
Für den Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst scheint allerdings dieses Grundprinzip nicht zu gelten; denn er wurde schon – nicht nur von der Presse – vorverurteilt. Die Titulierungen seiner Person reichen vom Protzbischof über Gernegroß bis zum Geld der Armen verprassender lügender Kirchenmann.
Der Architekt des Projektes
Der Architekt Michael Frielinghaus der skandalumwitterten Gebäude ist Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA). Dass seine Projekte jenseits von Prunk und Protz einzuordnen sind, dürfte selbst für Laien nachvollziehbar sein, und wer sich jenseits des Mainstreams darüber informieren möchte, kann einige seiner Projekte auf der Internetseite der Frielinghausarchitekten nachverfolgen.
Was an diesen Diskussionen um das Bauprojekt von Beginn an irritiert, ist, dass die sogenannten Kritiker immer wieder den Schlachtruf „protzige Bischofsresidenz“ wie ein Mantra zelebrierten, so, als handele es sich um ein einziges Gebäude, errichtet von und für einen prunksüchtigen Egomanen.
„Schandfleck der Altstadt“?
Dieser oft zitierte „Schandfleck der Altstadt“ ist als Gebäudeensemble eine Bereicherung für Limburg ein architektonisches Meisterwerk. Es zeichnet sich aus durch seine Einfach- und Geradlinigkeit, seine vorbildliche Implementierungsqualität. Das Spitzdach der Kapelle passt sich maßstäblich in das Ensemble zwischen der alten Vikarie, den denkmalgeschützten Altbauten an der Vorderfront und dem Diözesanmuseum ein. Jenseits von Prunk und Protz ebenso die schmucklosen, runden Säulen und der rechteckige Hof (Peristyl). Darüber wird in den skandalsüchtigen Presseartikeln nicht, oder kaum, berichtet.
Wie kam es zu der Kostenexplosion?
Was die Kostenexplosion betrifft, steht natürlich die Frage offen, wie es dazu kommen konnte. Sicherlich können diese angeblich hohen „Mehrkosten“ nicht nur gerechtfertigt werden mit den extravaganten Sonderwünschen (Badewanne, Gardinen usw.) des Bischofs.
Komplikationen, unvorhergesehene Kosten, wer, der schon selbst gebaut hat, kennt das nicht? Es ist die Rede von einem schwierigen Baugrund, einem felsigen Untergrund, mittelalterlichen Mauerresten und archäologischen Funden, die bis zur Keltenzeit reichen, der Sanierung eines Teils der Stadtmauer und historischer Gebäude, zwei an der Zahl; scheinbar gab es unvorhersehbare Vorgaben des Denkmalschutzes. Vorwürfe tauchen auf von „zu teuren Materialien“ für das Projekt. In der Vergangenheit wurden sakrale Bauten errichtet für die Ewigkeit. Das entspricht nicht der heutigen Billigbauweise unserer Baumarkt-Wegwerfgesellschaft. Bürger, die sich darüber beschweren, pilgern zu Prachtbauten nach Florenz und Rom, um staunend und voller Ehrfurcht die Kathedrale Santa Maria del Fiore zu bewundern mit einer Kuppel, die 1296 die Skepsis der Bürger auf den Plan rief wegen ihrer neuartigen Bautechnik oder dem Petersdom in Rom, der von 1506 bis 1626 gebaut wurde.
Inzwischen ist nachgewiesen, dass die Baumaßnahmen nicht auf Wunsch und Wille des seit 2008 amtierenden Bischofs Tebartz-van Elst zurückgehen, sondern dass schon in der Amtszeit seines Vorgängers, Bischof Kamphaus, im Jahre 2004 geplant worden war, auf dem Domberg ein Haus für die zukünftigen Bischöfe von Limburg zu errichten. Es stimmt also auch hier nicht, dass Tebartz-van Elst aus Unbescheidenheit und Prunksucht nicht im alten Tagungshaus wohnen wollte; denn der Neubau war längst von seinem Vorgänger geplant.
Zahlen, die verschwiegen werden
Laut einem Artikel, nachzulesen in art vom 15. 10. 20131) sind die so oft erwähnten 3 Millionen Euro „als die ursprünglich „geplanten“ Kosten des Gebäudes tatsächlich die Schätzung einer Voruntersuchung aus dem Jahr 2007 – vor dem Antritt des neuen Bischofs – durch den Frankfurter Architekten Christoph Mäckler und beziehen sich nur auf den Neubauteil des Ensembles. Inklusive Altbausanierung, Abbruch, Außenanlagen und anderem kommt auch Mäckler 2007 bereits auf 11 Millionen Euro ohne Planungskosten. Nachfolger Karljosef Schattner hatte zum Amtsantritt von Franz-Peter Tebartz-van Elst einen unverbindlichen Kostenvoranschlag von 17 Millionen Euro geliefert, doch nachdem der Bischof Berater Schattner durch Baumeister Frielinghaus ersetzte, gab es 2010 die erste seriöse Durchplanung der Residenz nach den Vorgaben des Domherren, und da stand auf dem Papier bereits: 25 943 958 Euro und 51 Cent. Dies ist dann die Zahl, von der aus man entscheiden muss, ob eine Ausgabensteigerung von rund 18 Prozent auf 31 Millionen – wie es mit heutigem Stand auf der Quittung steht – eine „Kostenexplosion“ zu nennen ist. Architekt Frielinghaus verwehrt sich dagegen mit einigem Recht. Und auch der Vorwurf an Tebartz-van Elst, stets die realen Kosten verschwiegen zu haben, entbehrt nicht einer gewissen Bigotterie angesichts einer öffentlichen Planungskultur, die ihre repäsentativen Gebäude in der Regel von den Parlamenten genehmigen lässt, indem sie die Endsumme vorher gnadenlos nach unten lügt.“
Premium-Flug nach Indien
Ebenso lächerlich mutet die „versuchte Vertuschung des Premium-Fluges nach Indien“ von Bischof van Elst und Generalvikar Franz Kaspar an. Die Indienreise war in der Business-Class gebucht, aber durch private Bonusmeilen sowie eine weitere private Zuzahlung erfolgte ein Upgrade für beide Reisende. Auch das war der Presse bekannt, wurde aber verschwiegen und ausgeschlachtet bis zum geht nicht mehr.
Inzwischen ist es ruhig geworden um den Bischof. Das war vorauszusehen und nur eine Frage der Zeit; denn jetzt wird längst das nächste Schwein durchs Dorf getrieben.
© 2013 Netzfrau Birgitt Becker
1) Artikel in art-Magazin.de vom 15.10.2013 von Till Briegleb