Auf der Flucht in Sachwerte kaufen private Investoren den Bauern das Land weg. Dadurch steigen für die Landwirte auch die Pachtpreise. Noch nie war Ackerland so begehrt wie heute.
Der globale Trend, Ackerland als Spekulationsobjekt zu erwerben, hat Deutschland erreicht. Konzerne, Kapitalfonds und Privatinvestoren kaufen Land in der Hoffnung auf satte Gewinne. Auch wachsender Bedarf an Lebensmitteln und Förderung von Biogasanlagen locken Investoren. Besonders in Ostdeutschland kaufen sich branchenfremde Konzerne in die Landwirtschaft ein.
Ackerland / Wald – Aus einer Anlageempfehlung der Berenberg-Bank
„Beide Anlagesegmente haben die mit Abstand längste Historie als substanzerhaltende Sachwertanlage. Dennoch haben sie diesen Status erst in den letzten Jahren wieder erlangt. Wir bieten den Zugang zu den wenigen attraktiven Flächen sowie die diskrete und professionelle Umsetzung von Transaktionen.“
Bereits 2009 glaubte Ex-MLP-Chef Termühlen, dass die Lebensmittelnachfrage deutlich steigen wird – er kaufte deshalb Ackerflächen – und teilte mit, auch Privatanleger können am Megatrend teilhaben.
Anhand von diesen beiden Beispielen können Sie sehen, nein, nicht Landwirte kaufen Flächen, sondern Banken und andere Investoren.
Hier einige Zahlen aus Schleswig-Holstein:
Die von der Finanzkrise ausgelöste Flucht in Sachwerte bekommt eine neue Facette: Als Alternative zu Immobilien investieren Anleger immer öfter in ein Stück Land. Ein nachhaltig gestiegenes Interesse von Nicht-Landwirten an Agrar-Flächen ist eindeutig festzustellen. Waren der im Auftrag des Landes tätigen Einrichtung 2007 erst 18 Fälle vorgelegt worden, in denen ein Nicht-Bauer eine Fläche von mehr als zwei Hektar erwarb, geschah das 2011 bereits 50 Mal. Bereits 2012 war ein Höchststand zu verzeichnen.
Der LGSH-Geschäftsführer schätzt den Anteil der Nichtlandwirte am aktuellen Grundstücksverkehr auf etwa zehn Prozent. Auch in Ostdeutschland kaufen teils große Konzerne das weitmaschiger parzellierte Land als Spekulationsobjekt auf. Die mangelnden Verzinsungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt und die eher maue Situation am Aktienmarkt haben den Trend ausgelöst.
Hektar-Preis stieg in fünf Jahren um 60 Prozent!
Zumal sich der Wert angesichts eines Preis-Booms geradezu explosionsartig gesteigert hat: Der Hektar-Preis für Agrarflächen ist innerhalb der letzen fünf Jahre in Schleswig-Holstein laut Statistikamt Nord um gut 60 Prozent gestiegen – von 11 000 Euro 2006 auf 18 797 Euro 2011. Tendenz steigend.
Die Wut der Bauern über die Agrarmultis wächst. Sie protestieren gegen die neuen Großgrundbesitzer, die über Macht und Geld Einfluss auf die Flächenvergabe nehmen. Und gegen die Subventionspolitik der EU: Denn die großen Unternehmen erhalten aus Brüssel Unterstützung in Millionenhöhe, Geld, das den Ausverkauf Ostdeutschlands an Bodenspekulanten und Konzerne fördert.
Ein weiteres Beispiel, um den Ernst der Lage zu erkennen:
Das Emissionshaus Nature Capital hat sich nach Angaben seines Geschäftsführers Wolfgang Wetzel den Zugang zu mehr als 20 000 Hektar Ackerland in Deutschland, Polen und dem Baltikum für seinen ersten Agrarfonds erschlossen. Die Erlöse stammten aus der Bewirtschaftung und Verpachtung der Ackerflächen und Agrarbetriebe an erfahrene Landwirte oder landwirtschaftliche Großbetriebe.
Land Grabbing – Wettlauf um Ackerland- Der Ausverkauf hat begonnen
Immer mehr Länder, Nahrungsmittelkonzerne, Banken und Investmentfonds pachten langfristig Ackerland, auch in den afrikanischen Entwicklungsländern. Weltweit steigen die Agrarpreise. Vor allem Raps und Weizen stehen hoch im Kurs, aber auch Reis und Mais bringen sichere Rendite. Von diesem Geschäft wollen viele profitieren. Konzerne, Banken, Investmentfonds und sogar Länder wie China und Saudi Arabien sichern sich weltweit gigantische Anbauflächen, um dort Lebensmittel für den Weltmarkt oder im Falle Chinas für den Eigenbedarf anzubauen. Experten schätzen, dass allein in den vergangenen vier Jahren zwischen 22 und 50 Millionen Hektar Land in Afrika, Asien und Lateinamerika an ausländische Investoren veräußert wurde. Das entspricht fast der Hälfte der Anbaufläche von ganz Europa.
Der Ausverkauf hat somit begonnen. In Kenia hat sich der Golfstaat Katar 40 000 Hektar Land gesichert. Im Kongo baut China auf 2,8 Millionen Hektar die weltgrößte Palmöl-Plantage auf.
Allein in den vergangenen Jahren hat sich der Einfluss chinesischer Investoren in den Entwicklungsländern enorm ausgeweitet. Derzeit vergibt China an afrikanische Länder deutlich mehr Kredite als die Weltbank – und für die Länder zu besseren Konditionen. Beobachter warnen vor gefährlichen Abhängigkeiten.
Auch deutsche Anleger spekulieren:
„Wir haben ein Bevölkerungswachstum. Wir haben geänderte Essgewohnheiten in China und Indien, wo immer mehr Menschen Fleisch essen“, erklärt ein Anlagerberater in einem Werbevideo einer großen Bank und folgert: „Das bringt Druck auf das Land. Sie brauchen deutlich mehr Land, um Fleisch zu produzieren, und wir haben das Thema des Biotreibstoffs – auch hier gibt es starke Nachfrage!“ Doch eines verschweigt er. Nicht nur die Weltbevölkerung steigt, auch die Zahl der Hungernden. Fast eine Milliarde Menschen hat täglich nicht genug zu essen.
Eine weitere Bedrohung: Bauern beackern immer weniger Land
Allein in Schleswig-Holstein geht die landwirtschaftliche Nutzfläche um rund 8000 Hektar zurück. Das entspricht der Größe von rund 11 200 Fußballfeldern. Auch deutschlandweit gehen die Flächen, die von Bauern beackert werden, zurück. Wie das statistische Bundesamt 2012 mitteilte, dienten im Oktober 2012 noch 16,7 Millionen Hektar als landwirtschaftliche Nutzfläche. Im Vergleich zum Vorjahr ging sie um 37 000 Hektar zurück. Das entspricht in etwa der Größe von Bremen.
Während viele landwirtschaftliche Flächen der Infrastruktur und Gewerbegebieten zum Opfer fallen, wachsen die Herausforderungen der Welternährung und der Energieversorgung. Bedenklich ist aber m. E., dass gerade die Anbaufläche von Silomais, der als Energiepflanze für Biogasanlagen genutzt wird, stetig steigt: In Deutschland von rund 1,3 Millionen auf knapp 2,1 Millionen Hektar.
Eine weitere Bedrohung : E10
E10 wurde in Deutschland im Jahr 2011 eingeführt, um die bereits bestehende Biokraftstoffquote durch die Mineralölunternehmen leichter erfüllen zu können.
Die Hauptausgangstoffe für die Ethanolherstellung in Deutschland sind Futtergetreide und Zuckerüben. Anders als in den USA spielt der Mais für die Ethanolherstellung in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. So wird Mais für die Ethanolherstellung nur auf rund 15 000 Hektar angebaut, das entspricht etwa sechs Prozent der für die Ethanolherstellung verwendeten Pflanzen bzw. 0,23 Prozent der gesamten Getreideanbaufläche.
Aus welchen Ländern kommen die Rohstoffe für E10?
Der größte Teil des bei uns eingesetzten Bioethanols wird in Deutschland und Europa hergestellt. Bioethanol wird aus zucker- und stärkehaltigen Pflanzen hergestellt. Das in Deutschland verwendete Ethanol (u. a. in E5 und reinem Bioethanol) wird laut Umweltbundesamt aus folgenden Rohstoffen hergestellt:
- zu rund 60 Prozent aus Getreide,
- zu rund 30 Prozent aus Zuckerrüben und
- zu rund 10 Prozent aus Zuckerrohr.
Das Getreide und die Zuckerrüben stammen aus Europa. Das Zuckerrohr zur Herstellung des Bioethanols wird in Brasilien angebaut. Da E 10 nur aus 10 % Zuckerrohr besteht, werden in Zukunft, sofern sich E10 durchsetzten wird, zu den ohnehin schon reichlich vorhandenen Maisfeldern noch Getreide hinzugesellen.
Doch was bleibt letztendlich wirklich für die Ernährung übrig? Die Spekulanten haben es schon längst erkannt; nur wir, die „kleinen Verbraucher“ werden uns in Zukunft fragen dürfen, ob wir die letzte Generation sind, die sich überhaupt noch etwas leisten kann?
Land Grabbing – Grenzenlose Gier nach Land – Der große Ausverkauf hat begonnen
„Der Satte mag nicht wissen, wie dem Hungrigen zumute ist.“ Hoffen wir, dass wir nicht irgendwann hungern müssen.
Netzfrau Doro Schreier
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