Spionage forever

Tutti spiano TuttiWährend das älteste Gewerbe, die Prostitution, sexuelle Handlungen gegen Entgelt anbietet, wird die Spionage als das zweitälteste Gewerbe der Welt bezeichnet. Von beiden Gewerben ist bereits in Bibelgeschichten des alten und neuen Testaments die Rede. Im Altertum war die Tempelprostitution bekannt und die Griechen hatten die Wahl zwischen „Hure“ und „Gesellin“ – je nach Lust und Geldbeutel.

Das gefährliche Leben der Spione

Im Oktober 1917 wurde Margareta Geertruida Zelle, mit Künstlernamen Mata Hari, nach ihrer Verurteilung durch die französische Regierung in den Befestigungsanlagen von Schloss Vincennes in der Nähe von Paris hingerichtet. Ihr Beruf: Künstlerin, Nackttänzerin und Spionin. Neben ihrem Geburts- und Künstlernamen hatte sie für den deutschen Geheimdienst den Decknamen H 21. Ein Jahr vor ihrer Hinrichtung wurde sie als Doppelagentin auch vom französischen Geheimdienst angeworben.

Die Tätigkeit der Spione war, wie die Geschichte zeigt, nicht ungefährlich; denn wenn die Spionage misslang, kam es nicht selten zur Hinrichtung des Spions und bis zur weltweiten Heroisierung dieser Berufssparte in unserer globalisierten Welt, in der Abhörhysterien inzwischen pathologische Züge angenommen haben, sollte es noch lange dauern.

Einst zeichneten sich Spione in erster Linie durch Furchtlosigkeit und schauspielerische Qualitäten aus. Sie mussten in feindliche Gebiete eindringen, dabei immer wieder in neue Rollen schlüpfen, um politische, militärische oder wirtschaftliche Geheimnisse aufzuspüren, die sie dann ihren Auftraggebern nicht selten auf abenteuerliche Art und Weise zuspielen konnten.

Wie wäre die Geschichte verlaufen ohne Geheimdienste?

Die Kryptologie ist kein „Neuland“. Schon von den Spartanern ist eine Methode der Übertragung von geheimen Nachrichten bekannt, die Skytale (griech. Stock, Stab), mit der geheime Botschaften übermittelt wurden. Um einen Holzstab eines bestimmten Durchmessers wurde ein Leder- oder Pergamentband gewickelt und beschriftet. Ohne den richtigen Durchmesser des Stabes zu kennen, war der Text unlesbar. Der Überbringer bekam lediglich den Leder- oder Pergamentstreifen und nur der Empfänger, der den Stab hatte, konnte den Text entziffern.

Was wäre die Französische Revolution und die Herrschaft von Napoleon I ohne den Geheimdienst der Sûreté oder Bismarck ohne seinen Feldpolizeidirektor Wilhelm Stieber, der das geplante Attentat des polnischen Revolutionärs Anton Bereszewski aufspürte und später die Sozialdemokraten ausspionierte?

Uns allen bekannt ist die Existenz der sogenannten „Nachrichtendienste“ angefangen vom Secret Intelligence Service (SIS) in Großbritanien über die Direction Generale de la Securite Exterieure (DGSE) oder der CIA (Central Intelligence Agency) bis zum „National Security Council“ (NSC) in den Vereinigten Staaten – um nur einige zu nennen – ebenso wie die Tatsache, dass es sich hierbei um keine harmlosen gemeinnützigen Männervereine handelt, sondern um weltweite Auslandsgeheimdienste, die tagtäglich gesetzeswidrige Handlungen begehen und das nicht nur zum Wohle der „Staatssicherheit“.

Spione und ihr Gewissen

Der „Atomspion“ Karl Fuchs informierte die Sowjetunion über die Atompläne der Engländer und Amerikaner mit der Begründung „er habe es für gefährlich gehalten, wenn lediglich eine Seite im Kalten Krieg über Atomwaffen verfüge; für ihn sei es eine Frage des Gewissens gewesen …“. Er wurde in England 1950 zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Wegen der Spionagetätigkeit seines engsten Mitarbeiters Günter Guillaumes trat 1974 Willy Brandt von seinem Kanzleramt zurück. Doch würden heute alle Politiker, die in den letzten Jahren ausspioniert wurden, seinem Beispiel folgen und zurücktreten, hätten wir in unseren Überwachungsstaaten weltweit keine Regierungsmitglieder mehr.

Merkel und ihr Handy

Ob und seit wann Merkels Handy ausspioniert wurde und von wem, interessiert uns momentan wenig. Warum? Weil wir längst wissen, dass die Geheimdienste jeden ausspionieren können.

Und während die BürgerInnen wieder einmal Sand in die Augen gestreut bekommen mit Non-Stop-Schlagzeilen zu nicht enden wollenden Abhörskandalen, kommuniziert der NSA-Jäger Glen Greenwald fast täglich mit Snowden.2) Seinen Job bei der britischen Tageszeitung The Guardian hat er bereits aufgegeben. Bleibt abzuwarten, wann seine Agentur die Snowden-Geschichten veröffentlichen wird. Dann werden nicht nur Dollars in der Kasse klingeln.

Wenn Angela Merkel tatsächlich bis gestern glaubte, dass, wenn sie mit Obama telefoniert, nicht abgehört wird, dann dürfen wir getrost davon ausgehen, dass sie es mit dem Begriff „Neuland“ ernst meinte. Wenn dem so ist, sitzt sie auf einem Posten, mit dem sie längst überfordert ist.

„Wenn man ein Gerücht recht in Umlauf bringen will, so braucht man nur es einigen als Geheimnis und unter dem Siegel der Verschwiegenheit anzuvertrauen.“1)

© 2. November 2013 – Netzfrau Birgitt Becker

1)  Wilhelm Weitling: Das Evangelium des armen Sünders, Reclam, 1967.

2) Artikel in Zeit.de vom 30. 10. 2013: „Der Überwachungsstaat ergreift nun die Macht im Netz“ Interview von Florian Klenk mit Glenn Greenwald.

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