Momina Bibi, eine 67-jährige Großmutter und Hebamme, starb in Wasiristan und Präsident Obama behauptet immer noch, Drohnen zielten nur auf Terroristen!
Der pakistanische Lehrer Rafiq ur Rehman will vom Kongress und von der Regierung der USA wissen, warum bei einem Drohnen-Angriff seine 67-jährige Mutter getötet und seine drei Kinder verletzt wurden.
Please tell me, Mr President, why a US drone assassinated my mother
Momina Bibi was a 67-year-old grandmother and midwife from Waziristan. Yet President Obama tells us drones target terrorists
Übersetzung Artikel Von Rafiq ur Rehman The Guardian, 25. 10. 13
Lebend sah ich meine Mutter Momina Bibi zum letzten Mal am Abend vor dem Opferfest (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Islamisches_Opferfest ). Sie richtete die Kleidung meiner Kinder und zeigte ihnen, wie man „Sewaiyaan“, eine traditionelle Süßspeise aus Milch (und Reis) macht. Sie pflegte immer zu sagen: „Das Schönste am Opferfest ist die Freude der Kinder.“
Demo vor dem Parlament in Islamabad (Foto: T Mughal / EPA) Im letzten Jahr durfte sie diese Freude nicht mehr erleben. Am 24. Oktober 2012, dem ersten Tag des Opferfestes, wurde sie von einer US-Drohne, die Feuer auf sie herabregnen ließ, bei der Arbeit in ihrem Garten getötet. [s. http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/oct/22/illegal-deaths-drones-obama-administration ]
Niemand konnte mir bisher erklären, warum meine Mutter an diesem Tag von einer Drohne ins Visier genommen wurde. Einige Medien berichteten, der Angriff habe einem Auto gegolten, aber am Haus meiner Mutter führt überhaupt keine Straße vorbei. Andere meldeten, ein Haus sei getroffen worden. Die Rakete schlug aber in einem nahe gelegenen Feld und nicht in ein Haus ein. In allen Berichten war von fünf getöteten Kämpfern die Rede. Es wurde aber nur eine Person getötet – eine 67-jährige Großmutter von neun Enkeln.
Meine drei Kinder – der 13-jährige Zubair, die 9-jährige Nabila und die 5-jährige Asma – spielten in der Nähe, als ihre Großmutter umgebracht wurde. Sie wurden alle drei verletzt und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Waren meine Mutter und meine Kinder die „Kämpfer“, die in den Pressemeldungen erwähnt wurden? Vielleicht waren es auch die Kinder meines Bruders? Die waren nämlich auch dabei. Sie waren damals 3, 7, 12, 14, 15 und 17 Jahre alt. Die vier Ältesten waren gerade aus der Schule gekommen, kurz bevor die Rakete explodierte.
Vielleicht wissen die Regierung und die Bürger der USA ja auch noch nicht, was uns passiert ist. Bisher hat nämlich noch niemand danach gefragt, wer an diesem Tag getötet und verletzt wurde – weder die Regierung der USA noch meine eigene Regierung. Niemand ist gekommen, um Nachforschungen anzustellen, und bisher wurde auch noch niemand (für den Mord) verantwortlich gemacht. Dafür scheint sich überhaupt niemand zu interessieren.
Aber ich will wissen, warum das geschehen ist, und meine Familie und die Menschen in meinem Dorf wollen das auch wissen. Wir wollen verstehen, warum eine 67-jährige Großmutter eine Bedrohung für einen der mächtigsten Staaten der Welt darstellen soll. Wir wollen verstehen, warum neun auf einem Feld spielende Kinder, von denen einige gerade aus der Schule gekommen waren, die Sicherheit von Menschen bedroht haben sollen, die auf einem anderen Kontinent leben, der zudem noch durch einen Ozean von unserem getrennt ist.
Vor allem wollen wir aber verstehen, warum Präsident Obama, wenn er gefragt wird, wen er mit Drohnen umbringen lässt, immer antwortet, nur Terroristen würden getötet. Meine Mutter war keine Terroristin. Meine Kinder sind auch keine Terroristen. In unserer ganzen Familie gibt es keinen einzigen Terroristen.
Meine Mutter war Hebamme, die einzige Hebamme in unserem Dorf. Sie war bei der Geburt hunderter Babys in unserem Dorf dabei. Jetzt haben wir niemanden mehr, der gebärenden Frauen helfen könnte.
Und mein Vater? Er war Schulleiter, ist jetzt aber im Ruhestand. Sein ganzes Leben lang hat er Kinder unterrichtet, denn unsere Gesellschaft braucht Bildung viel dringender als Bomben. Bomben erzeugen nur Hass in den Herzen der Menschen. Und Hass und Wut gebären immer mehr Terrorismus. Bildung und Erziehung hingegen lassen ein Land gedeihen.
Auch ich bin Lehrer. An dem Tag, an dem meine Mutter getötet wurde, unterrichtete ich in der Grundschule unseres Dorfes. Als ich nach Hause kam, konnte ich mich nicht auf das Opferfest freuen, denn meine Kinder waren im Krankenhaus, und in einem Sarg lag, was von meiner Mutter übrig geblieben war.
Seit dem Drohnen-Angriff hat sich unser Familienleben völlig verändert. Unser Haus hat hat sich in eine Hölle verwandelt. Die kleinen Kinder können nachts nicht mehr schlafen und schreien vor Angst, bis der Morgen dämmert.
Einige Kinder mussten schon mehrmals operiert werden. Das kostet viel Geld, das wir nicht mehr haben, weil die Rakete auch unser Vieh getötet hat. Wir mussten uns Geld von Freunden borgen und können es nicht mehr zurückgeben. Mit dem Geld haben wir den Arzt bezahlt, der die Splitter entfernt hat, die seit dem Angriff der US-Drohne in den Körpern der Kinder steckten.
Drohnen-Opfer sind nicht mit den unschuldigen Zivilisten zu vergleichen, die bei Kampfhandlungen zufällig getötet werden. Bei Drohnen-Angriffen werden Menschen gezielt und absichtlich getötet. Die US-Regierung lässt Menschen umbringen, die nur auf einem Video zu sehen sind. Eine angegriffene Person hat nicht die geringste Chance, klarzustellen, dass sie kein Terrorist ist. Warum hat die US-Regierung meine Mutter umbringen lassen?
Mehrere Abgeordnete des US-Kongresses haben mich nach Washington eingeladen, damit ich dem Kongress berichten kann, was ich erlebt habe. Ich hoffe, dass ich mit meiner Geschichte der Regierung und den Bürgern der USA vermitteln kann, wie schädlich des Drohnen-Programm in Wirklichkeit ist, und wie sehr unschuldige Zivilisten darunter leiden.
Ich möchte, dass die US-Bürger erfahren, was mit meiner Mutter geschehen ist. Und ich will eine Antwort auf eine einzige Frage: Warum? Anmerkung des Redakteurs: Momina Bibi war bei ihrem Tod nicht – wie zunächst angegeben – 65, sondern 67 Jahre alt.
(Wir haben die erschütternde Anklage des pakistanischen Lehrers komplett übersetzt und mit einem Link in runden Klammern versehen. Der Link in eckigen Klammern war schon im Originaltext enthalten, den wir anschließend abdrucken.)
Wir bedanken uns bei Wolfgang Jung für die Übersetzung. Wer diese Informationen benutzen möchte, möge sich bitte erst die Genehmigung einholen.
Dazu auch das Video- ARDStory im Ersten: Drohnen-Krieg: Töten per Joystick
http://youtu.be/RnofKEX1dIo?t=1s
Netzfrau Fee Strieffler
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Please tell me, Mr President,why a US drone assassinated my mother
Momina Bibi was a 67-year-old grandmother and midwife from Waziristan.Yet President Obama tells us drones target terrorists
Rafiq ur Rehman The Guardian, 25 October 2013
The last time I saw my mother, Momina Bibi, was the evening before Eid al-Adha. She was preparing my children’s clothing and showing them how to make sewaiyaan, a traditional sweet made of milk. She always used to say: the joy of Eid is the excitement it brings to the children.
Last year, she never had that experience. The next day, 24 October 2012, she was dead, killed by a US drone that rained fire down upon her as she tended her garden.
Nobody has ever told me why my mother was targeted that day. The media reported that the attack was on a car, but there is no road alongside my mother’s house. Several reported the attack was on a house. But the missiles hit a nearby field, not a house. All reported that five militants were killed. Only one person was killed – a 67-year-old grandmother of nine.
My three children – 13-year-old Zubair, nine-year-old Nabila and five-year-old Asma – were playing nearby when their grandmother was killed. All of them were injured and rushed to hospitals. Were these children the „militants“ the news reports spoke of? Or perhaps, it was my brother’s children? They, too, were there. They are aged three, seven, 12, 14, 15 and 17 years old. The eldest four had just returned from a day at school, not long before the missile struck.
But the United States and its citizens probably do not know this. No one ever asked us who was killed or injured that day. Not the United States or my own government. Nobody has come to investigate nor has anyone been held accountable. Quite simply, nobody seems to care.
I care, though. And so does my family and my community. We want to understand why a 67-year-old grandmother posed a threat to one of the most powerful countries in the world. We want to understand how nine children, some playing in the field, some just returned from school, could possibly have threatened the safety of those living a continent and an ocean away.
Most importantly, we want to understand why President Obama, when asked whom drones are killing, says they are killing terrorists. My mother was not a terrorist. My children are not terrorists. Nobody in our family is a terrorist.
My mother was a midwife, the only midwife in our village. She delivered hundreds of babies in our community. Now families have no one to help them.
And my father? He is a retired school principal. He spent his life educating children, something that my community needs far more than bombs. Bombs create only hatred in the hearts of people. And that hatred and anger breeds more terrorism. But education – education can help a country prosper.
I, too, am a teacher. I was teaching in my local primary school on the day my mother was killed. I came home to find not the joys of Eid, but my children in the hospital and a coffin containing only pieces of my mother.
Our family has not been the same since that drone strike. Our home has turned into hell. The small children scream in the night and cannot sleep. They cry until dawn.
Several of the children have had to have multiple surgeries. This has cost money we no longer have, since the missiles also killed our livestock. We have been forced to borrow from friends; money we cannot repay. We then use the money to pay a doctor, a doctor who removes from the children’s bodies the metal gifts the US gave them that day.
Drone strikes are not like other battles where innocent people are accidentally killed. Drone strikes target people before they kill them. The United States decides to kill someone, a person they only know from a video. A person who is not given a chance to say – I am not a terrorist. The US chose to kill my mother.
Several US congressmen invited me to come to Washington, DC to share my story with members of Congress. I hope by telling my story, America may finally begin to understand the true impact of its drone program and who is on the other end of drone strikes.
I want Americans to know about my mother. And I hope, maybe, I might get an answer to just one question: why?
Editor’s note: Momina Bibi’s age when she died was originally given in the body text and standfirst as 65; this was amended to 67 at 1.30pm (ET) on 25 October
Mehr Informationen auch unter: www.luftpost-kl.de