Wir beziehen uns auf: In der Stellungnahme von Transparancy heißt es: „Sie (Frau Müller) erneuerte die Forderung an die BRD, dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Asyl zu gewähren. Gleichzeitig lobte Sie den »hohen Schutz der Bürgerrechte« in den Vereinigten Staaten. Der werde nur durch Gesetze wie den Patriot Act konterkariert.
Mit der exzessiven Bespitzelung von Bürgern und Politikern auch in der BRD seien die US-Dienste »über das Ziel hinausgeschossen«, bedauerte Müller. Gleichwohl bleibe die »deutsch-amerikanischen Wertegemeinschaft« von zentraler Bedeutung.“
Laut Transparancy International ist Deutschland in der EU auf Platz 12 !
Angela Merkel verhindert gemeinsam mit David Cameron das Inkrafttreten des erweiterten und modernisierten EU-Datenschutzgesetzes
Vor wenigen Tagen stellte Transperancy International einen Bericht vor, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für Whistleblower in Europa beurteilt. Der Gutachter hat sich mit den Verhältnissen in den 27 EU-Staaten beschäftigt und erstaunliche Ergebnisse zutage gefördert. (Kroatien war zur Zeit der Datenerhebung noch nicht Mitglied der EU, wurde deshalb also nicht berücksichtigt.)
Transparency unterteilt die bewerteten Staaten in drei Gruppen und bescheinigt in der ersten Gruppe nur vier Staaten, Whistleblowern einen „rechtlichen Rahmen“ zu gewähren, der einigen Schutz bietet, nämlich Großbritannien, Luxemburg, Rumänien und Slowenien. In der zweiten Gruppe mit mittlerem bis wenig geregeltem rechtlichen Rahmen befinden sich in dieser Reihenfolge: Österreich, Belgien, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Italien, Lettland, Malta, Niederlande, Polen und Schweden. In der dritten Gruppe mit dem schlechtesten Bedingungen befinden sich Bulgarien, Finnland, Griechenland, Litauen, Portugal, Slowakei, Spanien. ( TI-Bericht Englisch: http://www.transparency.de/fileadmin/ pdfs/Themen/Hinweisgebersysteme/EU_Whistleblower_Report_final_web.pdf )
Deutschland bietet kaum Schutz- Platz 12 von 27!
Deutschland, wo sich gerade mehrere Politiker darum bemühen, DEN Whistleblower des Jahres aus Russland wegzulocken, steht auf Platz 12 von 27! Auch wenn Edward Snowden den Whislerblower-Preis von Transparancy International, IALAN und der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler bekommen hat, wäre er in Deutschland also allein schon wegen der wenig rosigen und unklaren „rechtlichen Rahmenbedingungen“ nicht vor Strafverfolgung und Auslieferung geschützt.
Edda Müller, die Vorsitzende von Transparancy Deutschland, betont bei der Vorstellung des Berichtes: „Arbeitnehmer, die in Deutschland auf Missstände hinweisen, begeben sich auf Glatteis. Es gibt keine klaren rechtlichen Regelungen, sodass sie die Konsequenzen ihres Tuns nicht abschätzen können. Wir fragen die künftige Kanzlerin Angela Merkel: Wollen wir so mit Menschen umgehen, die auf Missstände hinweisen? Wir erwarten gleichzeitig von der SPD, dass sie sich in den Koalitionsverhandlungen für einen verbesserten Whistleblowerschutz einsetzt, so wie sie es in ihrem Wahlprogramm angekündigt hat.“
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europarat fordern Deutschland seit langem auf, den Schutz für Whistleblower in der Privatwirtschaft zu verbessern. Der letzte Versuch einer gesetzlichen Regelung wurde 2008 in der großen Koalition von Union und SPD unternommen. Aus den Erfahrungen im Zuge des Gammelfleischskandals sollte Beschäftigten das Recht zugestanden werden, sich bei unhaltbaren Missständen auch an Stellen außerhalb des Betriebes oder anderer Arbeitsstätten zu wenden, wenn die verantwortlichen Chefs dem Verlangen nach Abhilfe nicht nachkommen. Damals gab es einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag von Justiz- und Arbeitsministerium (beide SPD-geführt) sowie vom Verbraucherressort (CSU), der aber vom Kabinett nicht verabschiedet wurde. Die Linkspartei ergriff 2011 noch einmal eine Initiative und reichte eine Gesetzesvorlage zum Schutz von Whistleblowern ein. SPD und Grüne formulierten Anfang 2012 bzw. Mitte 2012 ähnliche Anträge.
Die Regierung Merkel (CDU/CSU, FDP) lehnte alle Anträge ab, man sehe keinen Handlungsbedarf. Die Gesetzesinitiativen in den Drucksachen (Drs.17/8567, Drs. 17/9782, Drs. 17/6492) wurden gegen Ende der jetzigen Legislatur im Juni 2013 vom Tisch gewischt.
Die Kieler Landeszeitung schrieb damals dazu: „Experten fordern seit Jahren einen Kulturwandel im Umgang mit Zivilcourage. Ein SPD-Antrag im Bundestag, der eine gesellschaftliche Anerkennung von Whistleblowern und deren Schutz vorsah, ist in der Versenkung verschwunden: Im Juni dieses Jahres lehnt der Bundestag kurz vor Ende der Legislaturperiode mit den Stimmen der Regierungskoalition alle Anträge und Gesetzesvorschläge der Oppositionsfraktionen zum gesetzlichen Whistleblowerschutz ohne Aussprache ab.“
Lesen Sie dazu unbedingt den nachfolgenden Link zu einer Expertentagung im Deutschen Bundestag am 5. März 2012 http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/37624772_kw09_pa_arbeit_soziales/
Dass „Hinweisgeber“, die unhaltbare Zustände publik machen, mit erheblichen Repressalien zu rechnen haben bis hin zur Vernichtung der beruflichen Existenz, zeigt u. a. der Fall der Altenpflegerin Brigitte Heinisch.
Einige LeserInnen erinnern sich vielleicht noch an den spektakulären Fall, in dem Frau Heinisch unhaltbare Missstände beim landeseigenen Berliner Krankenhauskonzern Vivantes publik gemacht hatte. Aus Sorge um Patienten und Mitarbeiter hat sie „geredet“ – und wurde hart dafür bestraft. Sie verlor 2005 ihren Job! Die Frau musste sich durch sämtliche deutschen Gerichts-Instanzen klagen, die dem Verursacher der Missstände, Vivantes, regelmäßig recht gaben. Alle deutschen Gerichte befanden die Kündigung für rechtens. Erst im Jahre 2011 bekam Frau Heinisch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein für sie positives Urteil. (zum Fall Heinisch: http://www.whistleblower-net.de/blog/2011/07/21/urteil-des-egmr-whistleblowing-von-meinungsfreiheit-geschuetzt/ )
In dem Urteil wurde befunden, dass Deutschland mit den Urteilen gegen Frau Heinisch gegen Artikel 10 der EMRK verstoßen habe.
Die EMRK-Europäische Menschenrechtskonvention sagt:
„Artikel 10 – Freiheit der Meinungsäußerung
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden. Sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.“
Frau Merkel verhindert Abstimmung über das EU- Datenschutzgesetz- Gemeinsam mit Premier Cameron!
OECD, G20 und Europarat fordern Deutschland seit langem auf, den Schutz für Whistleblower in der Privatwirtschaft zu verbessern. Die OECD hatte Deutschland daher bereits Anfang 2011 eine Zweijahresfrist eingeräumt, ihre Empfehlungen umzusetzen – leider ohne Erfolg. Deutschland ist jetzt erneut aufgefordert, bis März 2014 über Fortschritte zu berichten – sagt Transparancy. Natürlich kann und wird sich Deutschlands Regierung auf Absatz 2 des Artikel 10 EMRK berufen und darauf verweisen, dass es gar nicht so einfach ist, gerade mal so – die Diskussion läuft seit 2008 – ein bürgerfreundliches Datenschutzgesetz für die EU inklusive des Schutzes von Whistleblowern zu verabschieden. Schließlich kann man in schwierigen Zeiten wegen der Aufrechterhaltung der „nationalen Sicherheit“, zum Schutz der „Rechte anderer“ , „zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen“ und wegen der allgegenwärtigen „terroristischen Bedrohung“, mal ein bisschen Geduld von den EU-Abgeordneten erwarten.
Obwohl sich die Mitglieder des zuständigen EU-Ausschusses mit überwältigender Mehrheit nach langwieriger Arbeit auf die Gesetzesvorlage geeinigt haben und den Mitgliedern der EU-Kommission den Gesetzentwurf zur Abstimmung vorgelegt haben, sabotieren Merkel und Cameron die Abstimmung!
(Bericht des offiziellen Berichterstatters Jan P. Albrecht (Grüne) http://www.janalbrecht.eu/themen/ datenschutz-und-netzpolitik/lobbyismus-zur-eu-datenschutzreform.html )
Am Montag Abend (11. 11. 13) führte der EU-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP) bei 2+Leif/SWR mit wenigen Sätzen aber eindrucksvoll aus, was Frau Merkel unter „Wir bauen die Daten-Schutzrechte für die Bürger aus“ versteht. (Link zur Mediathek, http://www.ardmediathek.de/swr-fernsehen/2-leif/verraeter-oder-vorbild-der-streit-um-edward-snowden?documentId=18070372 )
Auch wenn der Graf ein Asyl für Snowden ablehnt, weil er u. a. befürchtet, dass durch weitere Enthüllungen „unsere Frauen und Männer in Bundeswehr-Uniform“ in Gefahr gebracht würden, so regt er sich doch sehr heftig über die bigotte Vorgehensweise der Kanzlerin auf. Frau Merkel erzähle ihren Bürgern, dass „Abhören unter Freunden gar nicht gehe“, und dass dringend der Datenschutz auf europäischer Ebene ausgebaut und reformiert gehöre und dass man selbstverständlich mit allen Mitteln versuche, dieses Vorhaben voranzubringen und die EU-Kommission ihre volle Unterstützung dabei habe.
Graf Lambsdorff beschreibt ab Minute 19:10 mit klaren Worten, was für ein mieses Spiel in Brüssel tatsächlich gespielt wird, und hält seine Verärgerung nicht zurück.
Das reformierte und modernisierte Datenschutzgesetz wurde vor wenigen Tagen der Kommission zur Abstimmung vorgelegt, der britische Premier David Cameron lehnte das Abkommen ab und Merkel sprang ihm bei. Beide verhinderten so eine Verabschiedung des Gesetzes! Cameron und Merkel hätten quasi damit gesagt: „Das schieben wir jetzt mal auf die lange Bank!“
Das Verhalten von Frau Merkel ist auch bei viel gutem Willen nur noch als dreist zu bezeichnen.
Deutsche Bürger und Firmen + Kanzlerin, EU-Bürger und Firmen, EU- Ausschüsse zu Wirtschaft, Währung, Bankenrettung und Verteidigung werden von NSA, CHGQ und anderen Diensten ausgehorcht – und Herr Cameron und Frau Merkel schieben die Verabschiedung eines modernen Datenschutzgesetzes, auf das sich bis auf vier Stimmen alle zuständigen EU-Parlamentarier in langen, zähen Verhandlungen geeinigt hatten, auf die lange Bank!
Besonders pikant ist dabei, dass NSA und CHGQ auch noch technische und logistische Schützenhilfe bei ihrer völlig überzogenen Rundum-Überwachung von BND und Verfassungsschutz erhalten haben, und deutsche Programmierer tätige Mithilfe leisteten. (siehe FAKT vom 12. 11. 13, http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/310854_fakt/18084134_bnd-will-bei-spionage-mitmischen)
Dass Tranparancy International Großbritannien wegen des PIDA- Gesetzes (Public Interest Disclosure Act) aus rein formalistischen Gründen wegen des existierenden Rechtsrahmens einen „guten Schutz“für Whistleblower bestätigt und das Land auf Platz 1 setzt, ist anhand des Vorgehens gegen Whistleblower in der Realität schwer nachzuvollziehen.
Herr Cameron, der die Verabschiedung des Gesetzes in der EU-Kommision offen sabotiert hat, und sich wohl damit brüstet, mit dem in GB seit 1998 geltenden Public Interest Disclosure Act, kurz PIDA, der den Schutz von Hinweisgebern am Arbeitsplatz nach britischem Recht regelt, sei in seinem Land genug getan, führt das EU-Parlament vor!
Angesichts der Tatsache, dass sich z. B. die Wistleblowerin Sarah Harrison nicht in ihre Heimat traut und in Berlin Zuflucht sucht, David Miranda, der Freund des US-Journalisten Glenn Greenwald stundenlang auf dem Flughafen London-Heathrow festgehalten wurde, „The Guardian“ auf Druck von Geheimdienstlern Festplatten zerstören musste, und Julien Assange noch immer in der Botschaft Ecuadors in London festsitzt, scheint das PIDA- Gesetz wohl auch sehr auslegungsfähig zu sein – und eben keinen wirklichen Schutz zu bieten!
(zu Sarah Harrison: http://ard-hauptstadtstudio.de/inland/harrison-deutschland100.html; zu Glenn Greenwald: http://www.welt.de/politik/ausland/article120938159/Snowden-Vertrauter-Greenwald-verlaesst-Guardian.html, zu David Miranda: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/greenwald-miranda-heathrow; zu Julien Assange: http://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange
Natürlich werden jetzt viele aufschreien: „Julien Assange ist eines Vergehens nach Strafrecht angeklagt!“ Das stimmt – vordergründig. Aber jeder auf der Welt weiß, dass man unliebsamen Menschen, zumal wenn sie „schillernde Charaktere“ sind, ganz schnell und ganz einfach eine Falle stellen kann – „irgendwas“ mit Sex funktioniert fast immer! Jeder weiß, dass Assange, der australischer Staatsbürger ist, mithilfe dieser Inszenierung über Schweden nach USA ausgeliefert werden soll.
Und wenn man jetzt noch weiß, dass USA, GB, CDN, AUS und NZ die „Big Five“ sind, dann kann man sich an den sprichwörtlichen Fünf Fingern abzählen, was da gespielt wird.
Deutsche Unternehmen denken laut Transparancy Deutschland weiter, wenn auch zögerlich
Entgegen Frau Merkel und dem deutschen Gesetzgeber haben schon einige Wirtschaftsunternehmen erkannt, dass die „Hinweisgeber“ sehr wohl positiv wirken können.
Mitarbeiter, die statt wegzuschauen Missstände erkennen, sie aufdecken und für Abhilfe sorgen wollen, können auch ein Gewinn für Firmen sein.
Rainer Frank, Leiter der Arbeitsgruppe Hinweisgeber sagt: „In Unternehmen besteht eine immer stärkere Bereitschaft, interne Whistleblowersysteme einzurichten. Den Mitarbeitenden wird somit signalisiert, dass die Leitung auf ihre Hinweise angewiesen ist. Leider ist die Wirtschaft sehr zögerlich, wenn es darum geht, den gesetzlichen Whistleblowerschutz einzufordern. Eine gesetzliche Regelung würde eine Kultur der Offenheit fördern.“
Prinzipien für einen guten gesetzlichen Whistleblowerschutz
Transparency macht auch zwei Vorschläge, was unabdingbar für einen Gesetzlichen Whistleblowerschutz ist:
„Ein guter Whistleblowerschutz muss in jedem Fall zwei Prinzipien erfüllen:
• Wenn der Mitarbeitende eines Unternehmens oder einer Behörde Dinge wahrnimmt, von denen er oder sie ernsthaft und in gutem Glauben befürchtet, dass sie zu Schäden für Personen, Umwelt oder Vermögen führen können, muss das Recht bestehen, gegenüber dem Arbeitgeber oder dessen Beauftragten darauf hinzuweisen, ohne vor arbeitsrechtlichen oder anderen Konsequenzen Angst haben zu müssen.
• Wenn in diesem Fall offensichtlich ist, dass dem Hinweis nicht nachgegangen wird, muss ein Whistleblower auch die zuständigen Stellen außerhalb des Unternehmens ansprechen können.“
Kaum bekannt: In Deutschland genießen lediglich Beamte einen relativ guten Schutz
Transparency sagt: „In Deutschland genießen lediglich Beamte einen guten Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Anders als Tarifbeschäftigte in der öffentlichen Verwaltung und Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft dürfen sie sich z. B. bei Korruptionsverdacht an die Staatsanwaltschaft wenden.“
Leider wissen das viele Beamte selbst nicht, dass sie laut Dienstrecht eigentlich dazu verpflichtet sind, ihrem Vorgesetzten mitzuteilen , wenn Dinge nicht nach Recht und Gesetz laufen, jemand bevorteilt oder benachteiligt werden soll, Geldverschwendung droht, usw. Wenn der direkte Vorgesetzte nicht einschreitet, dann ist der Beamte eigentlich dazu verpflichtet, über den Dienstweg dafür zu sorgen, dass von der nächsthöheren Instanz eingeschritten wird.
Würden mehr Beamte über ihre Rechte und Möglichkeiten Bescheid wissen und sie wahrnehmen, sähe dieses Land in vielen Bereichen sicher etwas anders aus!
Sehr wahrscheinlich bleibt dies aber ein frommer Wunsch, denn der Mensch bleibt gerne in seinen alten Ansichten und Verhaltensweisen verhaftet.
So muss man auch in Zukunft auf die besonders Couragierten und Standhaften hoffen, die dem Druck gewachsen sind, der auf Whistleblower immer noch ausgeübt wird. (Für Interessierte z. B. Bundesrecht für Beamte, Seite 26 § 63 Verantwortung für die Rechtmäßigkeit; http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bbg_2009/gesamt.pdf )
Mit dem Überdenken von „Ansichten“ hat auch Frau Müller von Transparency Deutschland ein Problem.
Das „Pippi–Langstrumpf–Prinzip“
In keiner Weise sollen hier die Verdienste von Frau Müller und das Bohren ganz dicker Bretter in Abrede gestellt werden. Frau Müller und alle, die sich in Transparency Deutschland bzw. International engagieren, leisten ganz wichtige Arbeit, die noch viel mehr Unterstützung bräuchte.
Aber wie Frau Müller auf nachstehende Einschätzung kommt, die die gegenwärtig herrschenden Verhältnisse in den USA in Bezug auf die Geltung der Bürgerlichen Rechte völlig an der Realität vorbei bewerten, ist mir schleierhaft.
In der Stellungnahme von Transparency heißt es: „ Sie (Frau Müller) erneuerte die Forderung an die BRD, dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Asyl zu gewähren. Gleichzeitig lobte Sie den »hohen Schutz der Bürgerrechte« in den Vereinigten Staaten. Der werde nur durch Gesetze wie den Patriot Act konterkariert. Mit der exzessiven Bespitzelung von Bürgern und Politikern auch in der BRD seien die US-Dienste »über das Ziel hinausgeschossen«, bedauerte Müller. Gleichwohl bleibe die »deutsch-amerikanischen Wertegemeinschaft« von zentraler Bedeutung.“
Unsere LeserInnen wissen, dass wir die Bemühungen, Edward Snowden in die Bundesrepublik zu locken, kritisch sehen. Wir wundern uns deshalb auch darüber, dass Frau Müller als Fachfrau der Bundesrepublik gerade bescheinigt, dass Whistleblower in unserem Land auf einen unklaren Rechtsrahmen treffen, der ihnen wenig Sicherheit und Schutz bietet. Trotzdem will Frau Müller, dass Snowden ins Land geholt wird. (http://netzfrauen.org/2013/11/09/welches-spiel-wird-mit-snowden-getrieben-warum-keine-regierung-deutschlands-snowdens-wuensche-erfuellen-wird-und-schnell-wieder-ruhe-im-land-herrschen-soll/)
Frau Müller wird oben weiter zitiert: „Gleichzeitig lobte Sie den »hohen Schutz der Bürgerrechte« in den Vereinigten Staaten. Der werde nur durch Gesetze wie den Patriot Act konterkariert.“
Mir fällt dazu nur ein: Pippi Langstrumpf ist inzwischen überall. „….Ich mach mir die Welt, wi di wi di wie sie mir gefällt“.
Auch wenn man berücksichtigt, dass es vielen Menschen schwer fällt, ihr tradiertes „Amerika-Bild“ den Realitäten anzupassen und den tiefgreifenden Wandel in den USA überhaupt wahrzunehmen, kann ich die Aussage von Frau Müller nicht verstehen. Ich verstehe auch nicht, wie sie dazu kommt, bei der existierenden und offensichtlichen Schutzlosigkeit von Whistleblowern bei der Verfolgung durch US-Behörden, die Bedeutung der »deutsch-amerikanischen Wertegemeinschaft« hervorzuheben.
Whistleblower gelten in den USA, über die seit 2001 der Ausnahmezustand verhängt ist, als Kriminelle, Spione und Geheimnisverräter, die härteste Strafen zu erwarten haben.
Die Geheimdienste der USA, die auch in Deutschland aktiv sind, haben auch nicht »über das Ziel hinausgeschossen«. Ihre Praktiken der Totalüberwachung in den USA und global hat System und gehört zur Doktrin „America first“ – auch wenn dafür die Bürgerrechte geopfert werden müssen.
Frau Müller hat doch Informationsquellen und sie beschäftigt sich gewissermaßen professionell in dieser großen Organisation mit den Zuständen von Gesellschaften, auch denen in den USA. Weder die massiven Beschränkungen, gegen die sich viele Bürgerrechtsvereinigungen wie ACLU und andere zu wehren versuchen, noch die spektakulären Verfahren gegen Whistleblower in den USA können unbemerkt und spurlos an Transparency International bzw. Transparency Deutschland vorübergegangen sein.
Dass es „Lieschen Müller“ schwerer hat, über die massiven Eingriffe in die Bürgerrechte der US-Amerikaner anhand der spärlichen und meist beschönigenden Informationen in den deutschen Medien etwas über das „Neue Amerika“ zu erfahren, ist Fakt. „Lieschen Müller“ muss da schon Aufwand betreiben und sich vor allen Dingen direkt in US-Medien oder Alternativ-Medien in Deutschland und Europa kundig machen.
Egal welcher Sender, welches Printmedium, alle verweigern sich fast komplett, über den gravierenden Abbau demokratischer Freiheitsrechte in den USA zu berichten. Hin und wieder erfährt man in „aspekte“, „weltspiegel“ oder „auslandsjournal“ mal ein Häppchen, aber alles bleibt an der Oberfläche und das Bisschen wird auch noch am Ende des Berichtes meistens relativiert.
Nur der wackere Dieter Moor von „ttt“ wagt auch mal ein offenes kritisches Wort. Dabei geht es doch um die Menschen in dem Land, mit dem man angeblich so eng befreundet ist und die man so schätzt. Wenn jemand den Schleier lüftet und über die teils dramatischen Veränderungen in den USA berichtet, dann kommt sofort der Vorwurf, es handele sich um „Anti-Amerikanismus“. Dabei ist nicht das Aufdecken des Demokratie-Abbaus in den USA der Skandal, sondern das permanente und wohl gewünschte Wegschauen.
Diese fast kollektive Ignoranz gegenüber der fortschreitenden Militarisierung des öffentlichen Lebens, der fast Komplett-Überwachung der Lebensabläufe in Schulen, Universitäten, Verwaltungen, Banken, Transportsystemen, Einkaufszentren, in Restaurants, in Kliniken und Arztpraxen bis ins Privatleben hinein, zeigt mir, dass es mit der Freundschaft zu den US-Bürgern nicht allzu weit her sein kann.
Seit in den USA nach den bis heute nicht vollständig geklärten Anschlägen vom 11. 9. 2001 mit dem PATRIOT ACT, der schon am 25. 10. 2001 (!) in Kraft trat, der bis heute andauernde Ausnahmezustand verkündet wurde, ist dort nichts mehr so, wie wir Deutschen uns das scheinbar für das „Land of the Free“ immer noch vorstellen. (http://de.wikipedia.org/wiki/USA_PATRIOT_Act)
Viele Autoren, Juristen und Menschenrechtler stimmen in der Bewertung darin überein, dass neben vielen ergangenen Beschlüssen und neuen verschärften Gesetzen, den sogenannten „Acts“ besonders der am 1. 1. 2012 von Obama unterzeichnete NDAA (H.R. 1540) gravierende und nachhaltige Beschneidungen der „wichtigsten Traditionen und Werte“, die bisher von der Bill of Rights und der US-Verfassung garantiert wurden, gebracht hat. (siehe dazu: http://de.wiki-pedia.org/wiki/Bill_of_Rights_%28Vereinigte_Staaten%29) Neben vielen anderen schreibt der Kanadische Professor Michel Chossudovsky dazu: „Die Bill of Rights und die US-Verfassung wurden mit dem Neujahrstag 2012 praktisch aufgehoben!“
Präsident Obama hat an diesem Tag den National Defense Authorization Act / NDAA (den US-Verteidigungshaushalt 2012), der unter H. R. 1540 registriert (und unter http://www.gpo.gov/fd-sys/pkg/BILLS-112hr1540enr/pdf/BILLS-112hr1540enr.pdf aufzurufen) ist, in Kraft gesetzt.
Professor Michel Chossudovsky sagt weiter: „Er, Obama, rechtfertigt die Unterzeichnung des NDAA damit, dass er die Bekämpfung des Terrorismus ermögliche und Teil seiner „Anti-Terror-Strategie“ sei. Nach den („gewissen“) Bestimmungen des NDAA kann jetzt aber jeder US-Amerikaner, der mit der Politik der US-Regierung nicht einverstanden ist, als „Terrorverdächtiger“ etikettiert und vom US-Militär inhaftiert werden.“ (http://www.globalresearch.ca/the-inauguration-of-police-state-usa-2012-obama-signs-the-national-defense-authorization-act/28441)
Dieses Gesetz bewirkt, dass in den USA jeder, auch ohne konkrete Verdachtsmomente auch vom Militär ohne Angabe von Gründen, ohne Anklage, auf unbestimmte Zeit, ohne Zugang zu einem Anwalt inhaftiert werden kann. (Nachzulesen in der NDAA, siehe oben)
Professor Chossudovsky zitiert auch die Anmerkung Obamas, die dieser in einer extra Erklärung zum Gesetz geäußert hat: „Außerdem möchte ich betonen, dass meine Regierung die Inhaftierung von US-Bürgern durch das Militär auf unbestimmte Zeit und ohne Gerichtsverhandlung nicht autorisieren wird. Ich bin der Meinung, dass damit gegen unsere wichtigsten staatlichen Traditionen und Werte verstoßen würde. Meine Regierung wird die Section 1021 (s.http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/BILLS-112hr1540enr/pdf/BILLS-112hr1540enr.pdf, S. 265 ) auf eine Art interpretieren, die sicherstellt, dass jede von ihr genehmigte Inhaftierung mit der Verfassung, dem Kriegsrecht und allen anderen anwendbaren Gesetzen vereinbar ist.“ (Zitat aus der Obama-Erklärung)
Wer sich für die Übersetzung des Chossudovsky-Artikels interessiert, kann sie aufrufen unter: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_12/LP00312_030112.pdf
Für die Mehrheit der Deutschen, die bisher den USA eher wohlgesonnen waren und auf die „Wertegemeinschaft“ vertraut haben, ist das starker Tobak – aber nicht wegzudiskutieren!
Glaubt in Deutschland irgendjemand ernsthaft, dass es sich ein Präsident der USA leisten kann und leisten wird, ein verabschiedetes und von ihm unterzeichnetes Gesetz zugunsten von Verhafteten zu „interpretieren“ ? Die USA sind immer noch unter gesetzlichem Ausnahmezustand, stereotype Begründung: Terroristische Bedrohung durch Al-Qaida.
Die Wistleblower und US-Bürger Edward Snowden, Glenn Greenwald und Jacob Appelbaum sind auf der Flucht und werden bedroht. (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Appelbaum)
Die Verurteilung von Breadly-Chelsea Manning zu 35 Jahren schwerer Haft zeigt, was mit einem Whistleblower in den USA passiert, wenn er Unrecht, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, den Bruch des Völkerrechts und der Genfer Konvention publik macht. (siehe SPIEGEL, 21. 8. 13; http://www.spiegel.de/politik/ausland/urteil-im-fall-bradley-manning-35-jahre-haft-fuer-wikileaks-enthueller-a-917863.html )
Mein „Werte-Kanon“ und Verständnis von Demokratie, Freiheit und Bürgerrechten sehen anders aus, als das, was auch Frau Müller als »deutsch-amerikanischen Wertegemeinschaft« beschwört.
Übrigens: Über 60 Jahre hinweg haben mir neben einer Erziehung zum Hinschauen und Hinterfragen auch die Einflüsse der US-Bürgerrechtsbewegung beigebracht, Unrecht von Recht unterscheiden zu können und Zivilcourage zu zeigen.
Ihre Netzfrau © Fee Strieffler
Edward Snowden soll sich nur nicht locken lassen.