Wandlungen von Straßensalz zu Speisesalz, von Pferdefleisch zu Rindfleisch, von Ethanol zu Schnaps und von Käfig-Eiern zu Bio-Eiern häufen sich in Europa. Der Betrug mit Lebensmitteln in der EU floriert.
Olivenöl, Fisch, Bioprodukte, Getreide, Honig, Kaffee, Tee, Gewürze, Wein und Milch. Diese Lebensmittel gehören zu den am meisten gefälschten und gepanschten in der EU. Und die Zahl der Betrügereien steigt. Das geht aus dem Berichtsentwurf des Ausschusses für Lebensmittelsicherheit des Europaparlaments hervor.Laut diesem gibt es im Lebensmittelbetrug eine besonders große Bandbreite. Wichtige Inhaltsstoffe würden durch billigere ersetzt, Tierarten in Produkten falsch gekennzeichnet, das Gewicht falsch angegeben, gewöhnliche Lebensmittel als Biolebensmittel verkauft oder Zuchtfisch als Fisch aus Wildfängen ausgegeben.
Offenbar muss man schon froh sein, wenn als Meeresfrüchte ausgewiesene Produkte überhaupt aus dem Meer kommen: In einem Interview mit dem „Spiegel“ erwähnte die niederländische Europaabgeordnete Esther de Lange, die den Bericht hat erstellen lassen, Gerüchte, wonach manche Tintenfischringe nicht aus Tintenfisch, sondern aus Schweinedärmen gemacht sein sollen. Auch europäische Supermärkte führen interne Listen mit besonders betrugsgefährdeten Lebensmitteln. Auf diesen stehen Calamari angeblich auf Platz eins.
Als Gründe für das florierende Betrugswesen nannte de Lange den hohen Gewinn bei geringem Risiko, entdeckt zu werden. Es gebe geringe Sanktionen und große Unterschiede zwischen den EU-Ländern. Hinzu kämen Sparmaßnahmen bei den Kontrolleuren und der Druck, den die Händler auf Lieferanten ausüben, Lebensmittel immer billiger herzustellen.
Obwohl die EU insbesondere nach dem Pferdefleischskandal verschärfte Kontrollmaßnahmen eingeleitet hat, fordert die Abgeordnete in ihrem Bericht, die Kontrollen zu erweitern. Der Fokus liege noch zu sehr nur auf Gesundheit und Sicherheit und zu wenig auf Lebensmittelbetrug. Es brauche erst einmal eine EU-weite Definition, was Lebensmittelbetrug überhaupt sei. Die Gesetzgebung sei in Europa „zerstückelt“, Betrug viel zu einfach, sagte de Lange.
Meldung bei Betrugsverdacht
Eine Pflicht für Unternehmer, Betrugsverdachtsfälle zu melden, könnte mehr Fälle im Frühstadium aufdecken, heißt es im Bericht. Außerdem sollten die Strafen auf mindestens den doppelten Betrag des mit dem Betrug geplanten Gewinnes erhöht werden.
Als weitere Sanktion soll Unternehmen im Wiederholungsfall die Registrierung entzogen werden können. Ebenfalls empfohlen wird, das Lebensmittel- und Veterinäramt der EU zu stärken.
Wirklich gefährlich ist Lebensmittelbetrug eher selten, eklig dagegen häufig. Zu den für Betrug anfälligsten Waren gehörten Olivenöl, Fisch und Bio-Lebensmittel. Das Vertrauen der Bürger hat unter anderem durch Pferde- und Gammelfleischskandale gelitten. EU-Abgeordnete wollen Lebensmittelbetrüger jetzt besser bekämpfen.
Der Betrug mit Lebensmitteln nimmt in der EU zu. Wundersame Wandlungen von Straßensalz zu Speisesalz, von Pferdefleisch zu Rindfleisch, von Ethanol zu Schnaps und von Käfig-Eiern zu Bio-Eiern häufen sich in Europa. In einem Bericht für den Ausschuss für Lebensmittelsicherheit des Europaparlaments fordert die konservative niederländische Abgeordnete Esther de Lange schärfere Kontrollen und höhere Strafen bei Lebensmittelbetrug.
Man sei „besorgt über Signale, dass die Zahl der Betrugsfälle steigt“, heißt es in dem Papier, das Ende November im Ausschuss und danach auch im Plenum zur Abstimmung steht. Zwar sei es 260 Mal wahrscheinlicher, dass ein EU-Bürger an Grippe sterbe als an unsicheren Lebensmitteln, doch habe das Vertrauen der Bürger unter anderem durch Pferde- und Gammelfleischskandale gelitten. Das sei ein ernstes Problem für die Erzeuger.
Bio-Lebensmittel, Fisch und Olivenöl besonders anfällig
Zu den für Betrug anfälligsten Waren gehörten Olivenöl, Fisch und Bio-Lebensmittel. Aber auch Milch, Getreide, Honig und Ahornsirup, Kaffee und Tee, Gewürze wie Safran und Chilipulver, Wein und bestimmte Obstsäfte werden in dem Bericht unter Berufung auf Informationen von Einzelhandels- und Branchenverbänden als besonders betrugsanfällig aufgelistet.
Dabei gehe es vor allem um den Austausch wichtiger Inhaltsstoffe durch billigeren Ersatz, die falsche Kennzeichnung einer Fleischart, falsche Gewichtsangaben, die fälschliche Auszeichnung als Bio-Lebensmittel, unerlaubte Herkunfts- oder Tierschutz-Logos oder auch darum, einen Zuchtfisch als edlen Wildfisch zu bezeichnen. Lebensmittelbetrug sei sehr lukrativ, die Gefahr, erwischt zu werden, hingegen gering.
In dem Papier wird bedauert, dass es bisher noch keine zuverlässigen Statistiken über den Lebensmittelbetrug gebe. Die EU-Polizeiorganisation Europol habe aber eine Zunahme der Betrugsfälle beobachtet. Zudem seien zunehmend kriminelle Organisationen am Lebensmittelbetrug beteiligt. Die EU-Kommission wurde aufgefordert, Daten über Lebensmittelbetrug systematisch zu erfassen. Die Strafe müsse auf mindestens das Doppelte des erzielten Profits erhöht werden.
Die „Lebensmittelkette“ – also der Weg vom Hersteller über den Verarbeiter und Händler bis hin zum Verbraucher – sei sehr komplex. Die Praxis der Mitgliedsstaaten bei der Bekämpfung sei sehr unterschiedlich. Häufig täten sich nationale Behörden schwer, „betrügerische grenzüberschreitend tätige Lebensmittelunternehmer erfolgreich strafrechtlich zu verfolgen“.
In dem Bericht wird auch gefordert, Lebensmittelbetrug nicht mehr wie bisher als einen Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften zu sehen, sondern als ein Problem für die Polizei.
Wie die Lebensmittel-Industrie uns austrickst
Wandlungen von Straßensalz zu Speisesalz, von Pferdefleisch zu Rindfleisch, von Ethanol zu Schnaps und von Käfig-Eiern zu Bio-Eiern häufen sich in Europa. EU-Abgeordnete fordern nun schärfere Kontrollen und höhere Strafen. Wie manche Hersteller ihre Kunden narren – und wie man die Tricks erkennt.
Billige Ersatzstoffe, falsches Gewicht, unerlaubter Logo-Einsatz
Dabei gehe es vor allem um den Austausch wichtiger Inhaltsstoffe durch billigeren Ersatz, die falsche Kennzeichnung einer Fleischart, falsche Gewichtsangaben, die fälschliche Auszeichnung als Bio-Lebensmittel, unerlaubte Herkunfts- oder Tierschutz-Logos oder auch darum, einen Zuchtfisch als edlen Wildfisch zu bezeichnen. Lebensmittelbetrug sei sehr lukrativ, die Gefahr, erwischt zu werden, hingegen gering.
Um den Betrügern unter den Lebensmittelherstellern das Handwerk zu legen, fordern Verbraucherschützer seit langem mehr Kontrollen, ein strengeres Regelwerk und empfindliche Strafen.
Neben dem betrügerischen Handeln einiger schwarzer Schafe gibt es noch eine Menge ganz legaler Tricks der Lebensmittelindustrie – die dem Konsumenten aber dennoch etwas vorgaukeln. Die gängigsten ganz legalen Tricks im Überblick – und wie man sie erkennt.
„Ohne künstliche Aromastoffe“ – wer diesen Hinweis auf der Packung liest, könnte auf die Idee kommen, ein ganz natürliches Produkt zu kaufen. Bei einem Eis am Stil beispielsweise gefrorenen Fruchtsaft nur mit Zucker. Doch weit gefehlt. Die Angabe „ohne künstliche Aromastoffe“, wie sie viele Produzenten – auch Speiseeishersteller gerne nutzen – gibt nur an, dass keine künstlichen Stoffe verwandt wurden. Natürliche Zusatzstoffe können aber durchaus enthalten sein.
Wie natürlich er solche Aromastoffe einschätzt, muss jeder Verbraucher selbst wissen. So ist es beispielsweise gängige Praxis, Erdbeeraroma für Joghurts aus Sägespänen zu erzeugen. Das ist angesichts der hohen Flüchtigkeit echten Erdbeeraromas deutlich billiger als mehr der teuren Früchte beizufügen.
Welche Art von Aromen sie verwenden, müssen Hersteller nach der aktuellen Gesetzeslage nicht mehr angeben.
Angesichts reich gefüllter Kühlregale ist am Kühlregal oft wenig Zeit, genauer hinzusehen, was viele Hersteller gerne auszunutzen. Was – rein rechtlich – in den einzelnen Produkten wirklich enthalten sein darf, wissen allerdings auch nur die wenigsten. Hier ein kleiner Überblick:
Joghurt, – von fettarmem bis Sahnejoghurt – darf nach der Fermentation nicht wärmebehandelt sein. Ansonsten darf er nur unter der Bezeichnung Joghurterzeugnis firmieren.
Auch bei Fruchtjoghurt gibt es Finessen, derer sich die meisten Kunden wohl nicht bewusst sind. „Fruchtjoghurt“ oder „Joghurt mit Früchten“ dürfen sich nur Milcherzeugnisse nennen, die mindestens 6 Prozent (bei besonders geschmacksintensiven Früchten mindestens 2 Prozent) Frucht enthalten. Sind es noch mindestens 3,5 Prozent (beziehungsweise 1,5 Prozent), ist noch die Bezeichnung „Joghurt mit Fruchtzubereitung“ drin. Sind es weniger als 3,5 Prozent, darf das Produkt nur noch „Joghurt mit Fruchtgeschmack“ heißen.
Knusprige Frühstücksflocken oder heißer Kakao – nicht nur Kinder haben es gerne süß. Zuckerreduzierte Produkte scheinen hier eine gute Lösung – schließlich suggerieren sie, weniger dick zu machen.
Doch das ist häufig ein Trugschluss, wie die Verbraucherschützer warnen. Bei vielen Produkten wie Cerealien oder Kakaopulver ist der Kaloriengehalt nur minimal geringer – schließlich wird Zucker ja durch andere kalorienhaltige Stoffe ersetzt. Wer wirklich Kalorien sparen will, sollte also genau auf die Nährwerttabelle schauen – oder gleich zu gesünderen und kalorienärmeren Alternativen greifen.
Bei drei Mal „Natur“, einmal „Bio“ und einer Ziege auf dem Deckel drängt sich nicht gerade die Erwartung auf, statt echtem Käse eine hoch verarbeitete Schmelzkäsezubereitung im Becher zu haben. Und auch Käse, der zwar von außen wie vom Laib geschnittener Käse aussieht, muss in deutschen Kühlregalen kein echter Käse sein, sondern kann auch formgepresste Schmelzkäsezubereitung sein.
Entscheidend ist, was draufsteht, manchmal auch nur auf der Rückseite. Bezeichnungen wie Käsecreme sollten Menschen, die es gerne natürlich haben, jedoch aufhorchen lassen.
„Ohne Farbstoffe“, „ohne Konservierungsstoffe“ oder „ohne Zusatzstoff Geschmacksverstärker“ – solche Botschaften ziehen bei Verbrauchern. Schließlich wecken sie den Eindruck ein möglichst natürliches Produkt in den Händen zu halten.
Doch nicht selten erzielen die Hersteller die gewünschte Wirkung mit einem anderen Zusatzstoff, der lediglich rechtlich unter eine andere Kategorie fällt. So wird laut Verbraucherschützern statt offiziell so titulierten Geschmacksverstärkern oft Hefeextrakt verwendet. Und auch beim Kirschjoghurt „ohne Farbstoffe“ stammt die Farbe nicht notwendigerweise nur von den Früchten. Hier hilft oft Rote-Bete-Saft.
Die „Ohne“-Kennzeichnungen werden manchmal aber sogar verwendet, wenn entsprechende Nähr- oder Zusatzstoffe eigentlich gar nicht im entsprechenden Produkt vorkommen. Fettfreie Gummibärchen beispielsweise haben nicht wirklich Neuigkeitswert.
Doppelter Boden: Einige Verpackungen versprechen mehr als sie halten. So stehen beispielsweise Goldhasen der Firma Lindt zum Teil auf einem Podest, das sie größer wirken lässt, als sie tatsächlich sind. Rechtlich ist das ok – bis zu 30 Prozent Differenz sind zulässig, bei Luxusartikeln wie Pralinen darf die Luftnummer zum Ärger der Verbraucherschützer sogar noch größer ausfallen.
Mehr Schein als Sein: Reichlich Speck auf dem Teller, eine Kanne sahniger Sauce und im Hintergrund sogar noch ein dickes Stück durchwachsener Speck – dass in dem Fertiggericht tatsächlich verhältnismäßig wenig Fleisch enthalten ist, drängt sich bei dieser Verpackung nicht wirklich auf.
Ein Trick, der weit verbreitet ist. Dass in den Nusspralinen nur Aroma ist und der Asia-Enten-Nudelsnack nie in Berührung mit einem echten Federvieh gekommen ist, lässt sich am besten durch einen Blick auf die Zutatenliste klären. Fehlt hier eine Mengenangabe, ist das Produkt in der Regel zu weniger als 2 Prozent enthalten.
Vermeintliche Nähe: Regionalität zieht bei den Verbrauchern – das haben auch Handel und Lebensmittelkonzerne längst gelernt. Bei Orangensaft aus dem Norden wird man dann aber doch stutzig. Auch die „Alpenmilch“ kann schon mal aus Schleswig Holstein kommen. Dabei sollten Produkte aus der Region ein Gütezeichen sein: „Es ist eben nicht egal, ob Erdbeermark aus China oder anderswo herkommt“, sagt Verbraucherschützer Gerd Billen.
Ungeklärte Herkunft: Wer Schwarzwälder Schinken kauft, kann Fleisch von dänischen oder niederländischen Schweinen im Einkaufskorb haben. Schwarzwälder Schinken als geschützte geographische Angabe bedeutet lediglich, dass mindestens eine der Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – im genannten geografischen Gebiet stattfinden muss.
Buntes Potpourri: Auch bei Honig, der scheinbar direkt vom Imker stammt, ist die Herkunft nicht unbedingt klar. Manchmal wird Honig aus verschiedenen Ländern verschnitten – wer es genau wissen will, sollte aufs Kleingedruckte schauen.
Auch bei Eiern lohnt sich der genaue Blick auf den Stempelabdruck auf dem Ei – dass ausländische Eier unter dem Namen deutscher Höfe verkauft werden, ist nichts Ungewöhnliches.
Kalbswurst mit Ringelschwanz: Kalbswiener, die hauptsächlich aus Schweinefleisch bestehen, Gänseleberpaté mit vier Mal soviel Schwein wie Gans und Rehpastete mit mehr Schwein als Reh – alles zulässig. Wer wissen will, welches Tier er isst, sollte einen Blick aufs Kleingedruckte werfen, rät der Bund der Verbraucherschützer.
Leere Versprechungen: Wer Vollmilchschokolade kauft, kann nicht davon ausgehen, dass dafür echte Vollmich verwendet wurde. Laut Kakaoverordnung darf Vollmilch-Schokolade statt Vollmilch auch Magermilchpulver als Zutat enthalten. Am Ende muss nur der Milchfettanteil stimmen.
Natürlich künstlich: Wer schwarze Oliven fertig verpackt kauft, kann nicht davon ausgehen, dass er natürlich gereifte Früchte bekommt. Häufig sind es noch nicht ausgereifte grüne Oliven, die mit Zusatzstoffen wie Eisen-II-Gluconat (E579) oder Eisen-II-Lactat (E585) gefärbt sind. Wer wissen will, was er isst, muss nach diesen Zusatzstoffen schauen, die lebensmittelrechtlich nicht als Farbstoff, sondern als Stabilisator gelten.
So wie der Lebensmitteleinzelhandel eine Liste von Produkten führt, die besonders häufig überprüft werden, führt auch der Ausschussbericht die Top Ten jener Lebensmittel auf, die „am meisten der Gefahr des Lebensmittelbetrugs ausgesetzt sind“. Das seien: Olivenöl, Fisch, Bio-Lebensmittel, Milch, Getreide, Honig und Ahornsirup, Kaffee und Tee, Gewürze, Wein sowie bestimmte Obstsäfte.
Ein Grund für die Zunahme der Betrugsfälle ist dem Bericht zufolge die aktuelle Wirtschaftskrise: Die Kontrollstellen litten unter Sparmaßnahmen, und „der Druck seitens des Einzelhandels und anderer Parteien, Lebensmittel noch billiger herzustellen“, wachse. Die Supermarktlobby bestätigt die kritischen Thesen des Berichts zumindest teilweise. In Deutschland sei der Preisdruck nicht so hoch, teilte der deutsche Handelsverband auf Anfrage mit, allerdings könne es durchaus sein, „dass es in Europa Länder gibt, in denen die Kaufkraft durch die Krise enorm gesunken ist, was nicht nur den Handel vor Probleme stellt“. Von gefälschten Calamari habe zwar weder der deutsche noch der europäische Handelsverband gehört, gefälschte Produkte seien aber ein zunehmendes Problem, heißt es beim Handelsverband.
In dem Papier führt der Umweltausschuss die jüngsten Betrugsfälle auf: Gewöhnliches Mehl wurde als Bio-Mehl verkauft, Eier aus Käfighaltung als Bio-Eier, Straßenstreusalz als Speisesalz; die Behörden fanden Methanol in Schnaps und Pferdefleisch in Rindfleischprodukten.
Es gibt demnach eindeutig wiederkehrende Muster:
- Wichtige Inhaltsstoffe werden durch billigere Alternativen ausgetauscht.
- Die Tierarten auf Fleischprodukten werden fehlerhaft gekennzeichnet.
- Das Gewicht wird falsch angegeben.
- Konventionelle Lebensmittel werden als „Bio“ verkauft.
- Zuchtfisch wird als Wildfang gekennzeichnet.
- Lebensmittel werden wieder in den Verkehr gebracht, nachdem deren Haltbarkeitsdatum überschritten wurde.
Beim Lesen des Berichts wird klar, wie erschreckend groß die Lücken in der EU-Lebensmittelüberwachung sind: Weil sich Händler und Zwischenhändler in der Lebensmittelkette nicht registrieren müssen, kennt niemand die genaue Zahl der Unternehmen, die in der Lebensmittelbranche agieren. Weil die Regeln zwar in Brüssel gemacht, aber in den Mitgliedstaaten kontrolliert werden, ist laut Bericht ein „EU-weiter, grenzüberschreitender Überblick“ nicht vorhanden.
Die grenzüberschreitende Polizeibehörde Europol registriert einen steten Anstieg in der Zahl der Betrugsfälle mit Lebensmitteln und eine zunehmende Beteiligung von kriminellen Organisationen. Allerdings gebe es bei den Mitgliedstaaten offenbar große Vorbehalte, mit Europol zusammenzuarbeiten, im Pferdefleischskandal zum Beispiel habe die Kooperation eher schlecht funktioniert, sagt de Lange. „Die irischen Behörden sind den Spuren in ihrem Land nachgegangen – aber hinter der Grenze sind sie blind oder auch einfach nur hilflos.“
In der Lebensmittelkette gibt es strukturelle Schwächen, während gleichzeitig hohe Gewinne locken und die Chancen, erwischt zu werden, verschwindend gering sind. Der Ausschuss fordert deshalb, alle Akteure, also auch beispielsweise Eigentümer von Kühl- oder Lagerhäusern, als Lebensmittelunternehmer zu registrieren und zu kontrollieren. Für die gesamte Kette sollen elektronische Zertifizierungssysteme eingeführt werden. Besonders wichtig aber seien schärfere Strafen – mindestens doppelt so hoch, wie der Gewinn durch den Betrug war oder gewesen wäre. Im Wiederholungsfall soll dem Lebensmittelunternehmen die Registrierung entzogen werden
„Die Betrugsfälle“, schließt der Bericht, hätten bereits negative Auswirkungen: „Ein Drittel der Verbraucher vertraut den Angaben auf Lebensmitteletiketten nicht mehr.“ Mit Blick auf die Frage, woraus vermeintliche Calamari möglicherweise wirklich bestehen könnten, ist das vielleicht auch angebracht.
Aber auch geschönte Werbung wird öfters zu Recht angeprangert – Werbung für „Monsterbacke“Ehrmann droht Fruchtquark-Schlappe vor Gericht
Der Allgäuer Joghurthersteller Ehrmann könnte eine juristische Niederlage erleiden: Für seinen Fruchtquark „Monsterbacke“ warb das Unternehmen mit dem Spruch „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ auf der Packung – doch das ist so nicht rechtens.
Im Streit um die Werbung für den Fruchtquark „Monsterbacke“ droht der Firma Ehrmann eine juristische Schlappe. Der Spruch auf der Packung „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ müsste ergänzt werden durch weitere Hinweise zum behaupteten Vorteil – schließlich gälte Milch als gesund. Das schreibt ein Gutachter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme (Rechtssache C-609/12). Die Richter halten sich in den meisten Fällen an die Empfehlung ihres Gutachters. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.
Der Fall liegt eigentlich beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Die deutsche Wettbewerbszentrale hatte den Allgäuer Joghurthersteller verklagt, weil sie den Spruch für irreführend hält. Der Slogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ verspreche einen Vorteil für die Gesundheit des Kunden.
Mehr gesundheitliche Vorteile auf Packung
Beim BGH ruht das Verfahren aber derzeit, weil die deutschen Richter ihre Kollegen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten hatten. Wenn Firmen ihre Produkte mit Angaben zur gesundheitlichen Wirkung bewerben, müssen sie laut EU-Recht noch mehr Hinweise zum vermeintlichen gesundheitlichen Vorteil auf die Packung drucken.
Hersteller Ehrmann argumentiert indes, der umstrittene Spruch verspreche gar keine gesundheitliche Wirkung. Das sieht der BGH anders und nun auch der EuGH-Gutachter.
Der EU-Experte ließ aber offen, was genau die Firma auf die „Monsterbacke“-Packung schreiben müsse. Dies hängt davon ab, welche Regelungen des relevanten EU-Gesetzes genau Anwendung finden. Dies müsse der BGH klären. Es kann zum Beispiel um einen „Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise“ gehen.
Wir fordern:
Verbesserte Rechtsvorschriften zum Schutz vor Täuschung und Irreführung der Verbraucher (z. B. gesundheitsbezogene Werbung, Functional Food, Ersatzstoffe, Vortäuschen handwerklicher oder vorindustrieller Produktionsweisen bei industriell erzeugten Lebensmitteln)
Eine Verbesserung der Lebensmittelüberwachung, um die dauerhafte Versorgung mit sicheren Lebensmitteln zu garantieren.
Einen erweiterten Rechtsanspruch auf Verbraucherinformation, der das Informationsinteresse der Öffentlichkeit höher bewertet als den Schutz von wirtschaftlichen Interessen.
Mehr Transparenz, d. h. gesicherte und nachvollziehbare Angaben zur Lebensmittelproduktion, ist die Voraussetzung für uns als Verbraucherinnen und Verbraucher, um Kaufentscheidungen treffen zu können, die ihrer Wertorientierung und ihren individuellen Präferenzen entsprechen.
Netzfrau Lisa Natterer
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