Jeden Monat ca. zehntausend Familien zwangsgeräumt! Übernachten auf den Straßen Madrids mit 750 € Strafe belegt.

Spanien3In Spanien stehen ca. drei Millionen bezugsfertiger Wohnungen leer. Trotzdem erleben dort  jeden Monat knapp zehntausend Familien das Trauma einer Zwangsräumung, meist weil sie ihre Arbeit verloren haben und bei der Rückzahlung ihrer Wohnungshypothek in Rückstand geraten sind.

Sie verlieren nicht nur ihre Wohnung und landen bei ungenügender familiärer Unterstützung auf der Straße.  Sie bleiben auch auf dem Großteil der Schulden sitzen, obwohl sie die Wohnung an die Hypothekenbank verlieren.

Zusätzlich schulden sie dann der Bank noch Zehntausende Euro Anwaltskosten.  Zum Hohn derer, denen jede Möglichkeit, der Kreditfalle zu entkommen, genommen ist, hat jetzt die Madrider Bürgermeisterin Ana Botella einen Erlass erwirkt, der das Übernachten auf den Straßen Madrids mit 750 € Strafe belegt.

In Andalusien gibt es täglich etwa 45 Zwangsräumungen. Auch María del Carmen Andújar aus Huelva an der Südküste Spaniens, ihr arbeitsloser Ehemann und die zwei jugendlichen Söhne hatten keine Hoffnung mehr. Sie verdient nur 420 € im Monat, die Stütze ihres Mannes, 400 €/Monat, läuft im Dezember aus. So kann die Familie keinesfalls die Hypothek auf die Wohnung abbezahlen. Kürzlich hat die Sparkasse ihren Kreditvertrag  an einen Spekulationsfond weiterverkauft. Und der kennt keine Gnade. Anfang Oktober war die Zwangsräumung anberaumt.

Doch dann die unerwartete Rettung.

Die  Regierung der autonomen Region Andalusien – eine Koalition der Linkspartei Izquerda Unida und der PSOE – wollte schon im April mit einem Dekret den Leerstand von Wohnungen mit 9000 € pro qm und Monat bestrafen. Andererseits sollten auch die Zwangsräumungen gestoppt werden. Dieser Entwurf wurde umgehend von der Zentralregierung kassiert und an den nationalen Gerichtshof verwiesen. Im September verabschiedete die andalusische Regierung aber noch einmal das selbe Gesetz, leicht modifiziert und unangreifbarer.  María del Carmen Andújar aus Huelva wurde durch folgende Bestimmung gerettet: Wenn eine mit Zwangsräumung bedrohte Familie nachweisen kann, dass sie in den letzten drei Jahren durch Verarmung nicht mehr den Schuldendienst leisten kann, wird die Bank als Eigentümerin der Wohnung für drei Jahre enteignet. In dieser Zeit muss die Familie nur 25% ihres Einkommens als Sozialmiete abführen.

 Nach Brüssel zitiert – Bankenrettungsdemokratie

Doch kaum war das neue Gesetz verabschiedet, wurde die andalusische Regierung nach Brüssel zitiert. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für Wirtschaft und Währung Olli Rehn empfing die Präsidentin der andalusischen Autonomieregierung, Susana Díaz Pacheco, und ihre Sozialministerin Micaela Navarro mit dem Vorwurf, das Gesetz gefährde die spanische Bad Bank SARAB und damit die 100 Mrd. € Kredite, die Europa Spanien zur Verfügung gestellt hat. Da die andalusischen Regierungsvertreter sich strikt weigerten, das Gesetz zurückzunehmen, wird jetzt die Troika aus Kommission, Zentralbank und Internationalem Währungsfonds prüfen, inwieweit das Gesetz mit der Bankenrettung unvereinbar ist und die Rücknahme so erzwungen werden kann.

Widerstand ist die einzige Rettung

Derweilen gehen die Zwangsräumungen in anderen Landesteilen Spaniens munter weiter. Das aus der basisdemokratischen 15M-Bewegung hervorgegangene „Komitee der Hypothekenopfer“ (PAH) schafft es zwar immer mehr, zu Zwangsräumungen Öffentlichkeit herzustellen. Und meist kann bei genügender Beteiligung der Nachbarschaft und anderer Aktiver die Räumung verhindert werden. Eine Hilfe ist auch, dass der Europäische Gerichtshof auf Antrag des PAH die spanische Variante der Zwangsräumung, bei der die Schulden erhalten bleiben, für illegal erklärt hat. Ende Oktober verhinderte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof sogar in letzter Minute die Räumung einer von Zwangsgeräumten besetzten Häuserzeile. Aber die meisten Räumungen erfolgen ohne jede Öffentlichkeit. Und wenn es der Bank wichtig ist, brechen Hundertschaften Polizei auch massenhaften Widerstand.

Modell Deutschland

Die 31jährige Amaya konnte als Mitarbeiterin des Call-Centers Konecta in Madrid von ihrem kärglichen Lohn die Miete nicht zahlen. Am 16.Juli wurde die erste Zwangsräumung dank großer Unterstützung verhindert. Am 11.September rückte dann eine ganze Hundertschaft Polizei an. Amaya erlitt einen psychischen Zusammenbruch und wurde vom Arzt krank geschrieben. Postwendend erhielt sie vom Call-Center das Kündigungsschreiben. Das Unternehmen erkennt zwar das ärztliche Attest an, beruft sich aber auf das neue Gesetz der Arbeitsmarktreform, das Entlassungen auch bei Krankschreibung zulässt.

Eigentlich hat Spanien bei den jüngsten Arbeitsmarktreformen nur eins zu eins übernommen, was in Deutschland schon seit Schröder gilt: Wiederholte Befristung, Leiharbeit, Werkverträge… Nur die Möglichkeit der Entlassung im Kranhkeitsfall gibt es in Deutschland noch nicht. Deshalb gilt Spanien jetzt als wettbewerbsfähiger.

Auf der Insel der Glückseligen

Zwangsräumungen, allein ein Problem der südlichen Krisenstaaten? Weit gefehlt! Im von allen beneideten Deutschland funktioniert das nur still und heimlich. In Berlin etwa 22 mal pro Tag! In Hamburg sind es 12 Zwangsräumungen an jedem Tag!

Diese obigen Informationen teilte uns das „Wer rettet wen“ Filmteam mit. Zuletzt führte sie der Film nach Spanien. Hier wird deutlicher als andernorts, dass die Bankenrettung vor allem zum Anlass genommen wird, die Nichtbesitzenden ärmer und vor allem rechtloser zu machen.

Jeden Tag helfen mehr engagierte BürgerInnen mit, dass das Filmprojekt „Wer Rettet Wen?“ Wirklichkeit wird. Die einen spenden Geld. Schon mehr als 112 000 € wurden zusammengetragen. Andere übersetzen Interviews. Manche bieten ihnen auch Wohnung und Informationen vor Ort bei den Dreharbeiten. Im Herbst 2014 wird dann die Premiere sein – wieder in mehr als 150 europäischen Städten gleichzeitig am selben noch zu bestimmenden Abend!

Auch wir Netzfrauen helfen, und zwar mit Informationen.

Helfen Sie mit, dass ein Film entsteht, der zeigt, wie Banken auf unsere Kosten gerettet werden

Seit 2008 wurden zuerst die bedrohte Wirtschaft und dann ganze Länder gerettet. Politiker jonglieren mit immer neuen milliardenschweren Rettungsschirmen, während mitten in Europa Menschen wieder für Hungerlöhne arbeiten. Es wird gerettet, nur: Rettung ist keine in Sicht.

Der Film „Wer Rettet Wen“ zeigt, wer dabei wirklich gerettet wird: Nie ging es um die Rettung der Griechen, nie um die der Spanier oder Portugiesen. Stets geht es nur um das Wohl der Hauptverdiener an diesen Krisen: den dort mit hochriskanten Spekulationen engagierten Banken. Uns Steuerzahlern und sozial Benachteiligten hingegen werden alle milliardenschweren Risiken zugemutet!

Steuerzahler finanzieren private Vermögen

Es heißt, Griechenland habe 240 Mrd. € Hilfen erhalten. Gerettet wurden damit aber nur die privaten Banken, Versicherungen und Investmenthäuser. Ihnen gehörten 2009 fast alle griechischen Staatsanleihen. 2012 – drei Jahre danach – sind diese Schulden fast gänzlich auf uns europäische Steuerzahler übertragen!

Finanzkrise einfach erklärt!

Noch heute frage ich mich, wieso so spät reagiert wurde. Wir Banker hatten doch schon 2007 davon erfahren, dass auch viele Banken sich verspekuliert hatten, und spätestens im ersten Quartal 2008 wurde die Dramatik – auch Bankenkrise genannt – bekannt.

Zur Erinnerung: Die Krise wurde wesentlich durch fallende Immobilienpreise in den USA beeinflusst, die sich nach einer langen Preissteigerungsphase zu einer Immobilienblase entwickelt hatten. Gleichzeitig konnten immer mehr Kreditnehmer ihre Kreditraten nicht mehr bedienen, teils wegen steigender Zinsen, teils wegen fehlender Einkommen. Zunächst waren von diesen Problemen im Immobilienbereich in erster Linie Immobilien-Kredite betroffen, die überwiegend an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben wurden.

Früher sagte mein Vater, wenn du dir ein Haus bauen willst, dann spare, denn du brauchst 25% Eigenkapital und eine Arbeit, mit der du so viel verdienst, dass du dir die Hypotheken leisten kannst.

Soweit so gut..
Doch nicht so in den USA. Dort bekamen “einfache Leute” ein Haus finanziert ohne Eigenkapital, und ohne dass sie die Hypotheken je hätten zurückzahlen können, und einen Autokredit gab es gleich dazu.
Gewiefte Banker kamen dann auch noch auf die Idee, diese Hypotheken zu verkaufen, um damit zu “spekulieren”.

Die Finanzkrise ab 2007 ist eine Banken- und Finanzkrise, die im Frühsommer 2007 mit der US-Immobilienkrise begann. Diese Krise äußerte sich weltweit in Verlusten und Insolvenzen bei Unternehmen der Finanzbranche, aber seit Ende 2008 auch in der Realwirtschaft. Die Krise wurde wesentlich durch fallende Immobilienpreise in den USA beeinflusst, aber auch in anderen Ländern. Wie wir später erfuhren, wurden solche Immobilienkredite vergeben, zum Beispiel in Spanien. Sh. Finanzkrise einfach erklärt!

Das Geld ist ja nicht weg, es ist nur woanders… zum Beispiel bei Goldman Sachs..

Fast zwei Milliarden Dollar im 2. Quartal 2013: Das ist der Gewinn der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs – doppelt so viel wie vor einem Jahr.
Ob Hypotheken-, Banken- oder Euro-Pleite, fast an jeder größeren Krise verdient Goldman Sachs kräftig mit. Dabei schreckt die Bank auch nicht vor Geschäften zurück, die ganze Staaten in den Ruin stürzen. So hat Goldman Sachs beispielsweise zwischen 1998 und 2009 mit Buchungstricks die Hälfte von Griechenlands Staatsdefizit gegen horrende Honorare versteckt. Die Finanzkonstrukte trieben Griechenland schließlich in den Ruin und die EU in eine finanzielle Krise, die noch immer andauert und deren Ende nicht abzusehen ist. Eine Krise mehr, an der Goldman kräftig verdient hat und noch viel mehr verdienen wird: Mindestens 600 Millionen Dollar beträgt der Gewinn schon jetzt und Griechenland schuldet der Bank weiterhin 400 Millionen jährlich – bis 2037. Das sind insgesamt mehr als 10 Milliarden Dollar auf Kosten der europäischen Steuerzahler.

Statt Unternehmen mit Krediten zu versorgen, spekulieren viele Geldinstitute lieber auf eigene Rechnung an den Finanzmärkten. Gehen diese Geschäfte schief, muss allzu oft der Steuerzahler die Rechnung begleichen. S. Zockerparadies Griechenland – und die Zeche bezahlen…

Wetten auf Rettung, ein Spiel, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt, nur sind die Gewinner nicht die Griechen selber, sondern die Banken oder eben diese Hedgefonds. Ich kenne noch Zeiten, da wussten wir nicht mal, wer hinter diesen Fonds steckt, heute sind sie allesamt öffentlich bekannt. Aber trotzdem unternimmt keiner etwas, dabei gibt es bei diesem Spiel genug Opfer. Schauen wir nach Griechenland, bitte lesen Sie dazu unseren Beitrag: Die neue Armut in Griechenland hat ein weibliches Gesicht

Jugendarbeitslosigkeit – besonders schlimm sieht es in südeuropäischen Ländern wie Spanien und Griechenland aus, wo die Quote bei 56 beziehungsweise sogar knapp 63 Prozent liegt.Wenn eine ganze Generation ihren Mut verliert – Europas Jugend braucht eine Perspektive – nicht morgen, sondern heute!

Zwangsräumung für Bankenrettung – Wer Rettet Wen?

Zwangsräumungen, allein ein Problem der südlichen Krisenstaaten? Weit gefehlt! Im von allen beneideten Deutschland funktioniert das nur still und heimlich. In Berlin etwa 22 mal pro Tag! In Hamburg sind es 12 Zwangsräumungen an jedem Tag!

Die letzten Filme von Leslie Franke  und Herdolor Lorenz „Water Makes Money“ und  „Bahn unterm Hammer“ haben gezeigt, wie mächtig ein solcher Film sein kann. Wie Demokratie Kraft bekommt und Betroffene stärker werden. Deshalb rufen wir auf: Helfen Sie mit, dass „Wer Rettet Wen“ zustande kommt. Mehr Infos unter Wer Rettet Wen?

Netzfrau Doro Schreier

Zockerparadies Griechenland – und die Zeche bezahlen…

Aktiennotierte Unternehmen, die Moral und die unendliche Gier

Die neue Armut in Griechenland hat ein weibliches Gesicht

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