Es klingt wie ein großes Versprechen: Gentechnisch veränderte Reissorten sollen die Dritte Welt mit Vitamin A versorgen – aber wie Versprechen es so an sich haben, neigen sie dazu, gebrochen zu werden.
Der mit gentechnischen Methoden entwickelte „Goldene Reis“ soll den Vitamin-A-Mangel in Entwicklungsländern beheben. Der Papst, der die Grüne Gentechnik skeptisch sieht, gab Ingo Potrykus, einem der Entwickler des „Goldenen Reises“, und einigen Reiskörnern am 7. November 2013 seinen Segen – „Now it is blessed!“
Anlass war eine Tagung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied Potrykus ist, zu den Auswirkungen von Mangelernährung auf die Hirnentwicklung von Kindern. Über dieses Treffen informierte Ingo Potrykus während einer Pressekonferenz in der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalts in Berlin.
Im August berichteten wir schon einmal über „Golden Rice“. Mehr als 400 Bauern aus der Provinz Bicol stürmten die derzeitigen Feldversuche von Golden Rice in Pili, Camarines, Philippinen. Revolution gegen die “gelbe Revolution” – philippinische Farmer zerstören Feldversuche von Genreis nannten wir den Beitrag. In diesem Bericht ist ein Video, welches die Bauern zeigt, wie wütend Sie über diese Erfindung wirklich sind. Die Landwirte rissen verärgert die Pflanzen aus, um den geplanten kommerziellen Anbau zu verhindern.
“Die Bauern haben beschlossen, gegen die Feldversuche mit Golden Rice vorzugehen. Diese genveränderte Sorte ist keine Antwort auf die Probleme der Philippinen im Zusammenhang mit Hunger und Fehlernährung“, sagte Bert Autor, ein Landwirt und Sprecher von SIKWAL-GMO. SIKWAL-GMO ist eine Vereinigung von zusammen geschlossenen Bauern, Kirchenleuten, Studenten, Akademikern und Verbrauchern aus Bicol. Sie alle sind gegen GMOs und Internationale Biotech-Konzerne, die die Landwirtschaft kontrollieren.
Auch Kirchenleute gehören zu den Protestierenden und doch hat Papst Franziscus diesem Golden Rice seinen Segen geben und damit dem Schweizer Konzern Syngenta. Denn im Auftrag der Industrie führt das Philippine Rice Research Institute (PhilRice), der lokale Zweig von IRRI, an mehreren Standorten Freilandversuche mit Golden-Rice-Kulturen durch – so in Ilocos Norte, Isabela, Nueva Ecija und Camarines Sur. Patentinhaber auf diese Reissorte ist Syngenta.
Syngenta hat erst kürzlich mit Monsanto den Welternährungspreis 2013 mit Gift und Genen erhalten. Syngenta klagt, wie auch BASF gegen die EU-Pestizid-Einschränkungen – und alle nehmen sogar das Bienensterben weiterhin in Kauf. Monsanto und Syngenta haben sich 2008 gegenseitig Lizenzen eingeräumt. Die drei größten Konzerne kontrollieren 53%des weltweiten Saatgutmarktes – Monsanto, DuPont (Pioneer) und Syngenta ( Sh. Die Macht der Agrarlobby!). Ob dem neuen Papst dieses bekannt war, als er sagte: „Now it is blessed!“…?
Der Wunderreis
Eine Schweizer Gentech-Erfindung soll Millionen von Kindern retten. Bald könnte Ingo Potrykus mit seinem Gentech-Reis am Ziel sein. Noch dieses Jahr soll der Provitamin A Reis in den Philippinen auf den Markt kommen. Doch wollen die Philippinos diesen Reis wirklich? In einem Interview meinte Philip Shull, der Landwirtschaftsbeauftragte der US-Botschaft in Manila, dass die Philippinen ein Riesenmarkt seien, der von Jahr zu Jahr wachse und dass die US-Regierung darüber besorgt sei, dass es hier Bedenken gegen GMO-Saaten gäbe. Der Patentinhaber von Golden Rice ist Syngenta.
Keine Spur von Vitamin-A-Mangel
Ein Reporterteam reiste auf die Philippinen, wo der „Golden Rice“ Wunder bewirken soll. Sie stellten erstaunt fest, das kein einziges Kind ausfindig gemacht werden konnte, das an einem sichtbaren Vitamin-A-Mangel leidet. Nicht einmal in Payatas, einem Armenviertel der Hauptstadt Manila, wo die Menschen vom Abfall der Metropole leben und alles andere als eine ausgewogene Ernährung haben. Auf Nachfrage bestätigt die zuständige lokale Ärztin Elmira Dizon: „Ich bin seit drei Jahren Doktor in Payatas. Ich habe noch keinen Fall von Vitamin-A-Mangel gesehen“.
Die gleiche Antwort gibt auch das Gesundheitsdepartement der Provinz Bohol, einem offiziellen Vitamin-A-Mangel-Gebiet auf den Philippinen. Das ist erstaunlich, denn laut nationaler Statistik sollen 15 Prozent der gesamten philippinischen Bevölkerung mit Vitamin A unterversorgt sein. Die befragten Experten können sich diese Zahl nicht erklären. Sicher ist: Die Regierung gibt flächendeckend Vitamin A an Kleinkinder ab. Damit konnte die Unterversorgung in den letzten 15 Jahren drastisch gesenkt werden. Auch Förderungsprogramme für Bauern, damit sie vitaminreiches Gemüse und Früchte anpflanzen, haben zur Entschärfung des Problems beigetragen. Als das SRF-Team den Erfinder Ingo Potrykus darauf anspricht, meint er: „Das ist für mich nicht überraschend, denn Vitamin-A-Mangel ist nicht einfach zu dokumentieren, obwohl statistisch völlig sicher ist, dass diese Fälle existieren“.
Mit dem goldenen Reis sind viele Grenzverschiebungen verbunden. Diese erklären die Schwierigkeiten und die Verzögerungen bei der Umsetzung des „Golden Rice Projects“. Jetzt scheint der „Goldene Reis“, mit seinen mit Provitamin A angereicherten, bronzefarben Körnern eine wichtige Klippe zu nehmen. Er steht kurz vor einer ersten Zulassung in einem stufenweisen Prozess auf den Philippinen. Während das Provitamin A in der westlichen Welt mehr als Beauty-Vitamin gegen Falten und Hautalterung bekannt ist, sterben laut Studien viele Millionen Menschen an den Mangelsymptomen weltweit. Eine ebenfalls erschütternde große Zahl Kinder erblindet jedes Jahr durch den Vitaminmangel.
Nach neueren Erkenntnissen, und das war auch der Anlass für den Besuch von Potrykus im Vatikan, führt der Mangel an Vitamin A zur Fehlentwicklung und dauerhaften Schädigung des Gehirns. Zwar gibt es andere Nahrungsquellen für Vitamin A. Früchte wie Melonen oder Aprikosen, aber vor allem Fleisch und Wurst versorgen den Körper ausreichend mit dem Vitamin. In einigen der bevölkerungsreichsten Regionen der Welt gelten diese Quellen bei den ärmeren Bevölkerungsschichten allerdings als unerreichbares Luxusgut. Die Möglichkeiten für eine ausreichende und ausgeglichene Ernährung fehlen. Vor allem im Kindesalter kommt es zu Mangelerscheinungen mit den genannten Symptomen. Abhilfe ist dringend geboten. Das Warten auf eine bessere Zukunft mit verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Wohlstand oder durch Versorgung mit Vitaminpräparaten klingt gut, aber wenig überzeugend.
Mit dem goldenen Reis ließe sich der täglich benötigte Vitamin-A-Gehalt in einem Grundnahrungsmittel abdecken. In Studien konnte diese Unbedenklichkeit für Umwelt, Mensch und Tier nachgewiesen werden. Mit der ersten Zulassungsstufe auf den Philippinen sollen diese Studien ausgeweitet werden. Aber nicht nur der unmittelbar für den menschlichen Verzehr bestimmte „Goldene Reis“ (alle bisher zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen gelangen nur indirekt über die Tiermägen zu uns Menschen) ist eine Grenzverschiebung. Vielmehr auch das „Wie“. Wie der „Goldene Reis“ genutzt und vermarktet werden soll. Verdienen bisher vor allem global operierende Unternehmen an der Technologie, wird sich dies mit dem „Goldenen Reis“ erstmals ändern.
Patente für ein humanitäres Projekt
Von den insgesamt 72 Patenten, die bei der Entwicklung des „Goldenen Reises“ genutzt wurden, sind 12 von Relevanz für Länder wie die Philippinen, in denen Vitamin-A-Mangel ein Problem darstellt. Die anderen 60 besitzen keinen Patentschutz in diesen Ländern. Es sind Länder, in denen die Bauern sogenannte Subsistenzfarmer sind. Das heißt, sie ernähren sich und ihre Familien direkt von dem, was sie anbauen. Nur ein Teil der Ernte gelangt in den Verkauf. Dieser ist vor allem lokal organisiert. Zu einer Absurdität in Entwicklungsländern gehört, dass diejenigen, die die Nahrungsmittel produzieren, zu den ärmsten und damit auch unterernährtesten Bevölkerungsschichten gehören.
Armutsbekämpfung beginnt bei den Subsistenzbauern. An dieser Stelle setzt Ingo Potrykus mit seinem „Humanitären Projekt Goldener Reis“ an. Mit den Patenteignern hat er ausgehandelt, dass keine Patentgebühren anfallen. Reisbauern, die weniger als 10 000 US-Dollar aus dem Anbau von „Golden Rice“ erzielen, müssen keine Patentgebühren zahlen. Das heißt aber auch, dass der Reis zu den ortsüblichen Preisen, wie jede andere Sorte beim Saatguthändler erworben werden kann. Portrykus schätzt die durchschnittlichen Einnahmen aus dem Reisanbau auf weniger als 1000 US Dollar für Kleinbauern. Neben der Einkommensgrenze gilt, dass der „Goldene Reis“ ausschließlich lokal gehandelt und verwendet werden darf. Damit bleibt dieser als Nahrungsmittel in den von Mangelernährung betroffenen Regionen und wird nicht etwa exportiert.
Eine weitere Grenzverschiebung stellen die genutzten Sorten dar. Als genetischer Hintergrund wurden ausschließlich lokal angepasste, ertragreiche Sorten verwendet. Die Erträge liegen laut Aussage des Forschers über den Durchschnittserträgen. Was nicht verwundert, da Saatgut nicht regelmäßig nachgekauft, sondern ein Teil der vorhergehenden Ernte im Folgejahr genutzt wird. Damit bleibt der Fortschritt durch die Züchtung neuer Sorten gering. An diesem Prinzip wird auch mit dem „Goldenen Reis“ festgehalten. Das heißt auf die Nutzung von z. B. Hochertrags-Hybridsorten, wie diese in Ländern wie China oder Japan genutzt werden, wird verzichtet. „Damit genügt ein einziges Korn des „Goldenen Reis“, um eine Familie dauerhaft mit Provitamin A zu versorgen“, so Potrykus.
Kein europäisches Phänomen
Auch auf den Philippinen ist das Thema Gentechnik kein widerspruchsfreies. Einer der gravierendsten Rückschläge war die Zerstörung eines Versuchsfeldes in diesem Jahr. Im Gegensatz zu den Zerstörungen hierzulande wurden diese von den lokalen Behörden aber nicht als Akt zivilen Ungehorsams geduldet. Die Behörden haben prompt reagiert und gehen mit gerichtlichen Mitteln gegen die Zerstörer vor. Neben dem politischen Rückhalt besitzt der „Goldene Reis“, so Potrykus, auch den der ländlichen Bevölkerung. Die Aussicht auf ein verbessertes Grundnahrungsmittel, das den „versteckten Hunger“ bekämpft, macht diesen populär. Versteckter Hunger bedeutet, dass die nicht ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen und Vitaminen erst verzögert in ihrer Wirkung sichtbar wird. Wie der richtige Hunger beraubt dieser betroffene Menschen ihrer Zukunft.
Auf die Frage, ob die Farbe für die Bevölkerung, die weißen Reis gewohnt ist, ein Problem ist, verneint Potrykus. „Bisherige Erfahrungen belegen, dass diese sehr aufgeschlossen und lösungsorientiert ist“, so Potrykus. Mit dem „Goldenen Reis“ hoffen die Forscher, einen segensreichen Reis entwickelt zu haben, der mit einem seiner Entwickler nun auch den privaten Segen des Pontifex bekam.
Kommt jetzt die Wende in der Grünen Gentechnik? Der Goldene Reis ist angeblich das Trojanische Pferd einer unmoralischen Gentechnik-Lobby. Allerdings scheint der Vatikan da inzwischen ganz anderer Ansicht.
Ist das die Ruhe vor dem Sturm? In wenigen Wochen könnte, wenn nicht noch eine höchstrichterliche Anordnung dies verhindert, eine neue Ära der Grünen Revolution beginnen. Ende Januar könnte es tatsächlich zur ersten Zulassung für den „Goldenen Reis“ auf den Philippinen kommen. Das goldfarbene Korn, das dank komplexer gentechnischer Veränderungen das Provitamin A – den „Karottenfarbstoff“ Beta-Karotin – enthält, ist seit mehr als zehn Jahren das Feindbild Nummer eins der Gentechnik-Gegner. Jeder weiß: Wenn der Goldene Reis tatsächlich eingeführt, angebaut, verspeist und zum Retter vor dem tödlichen Vitamin-A-Mangel in den ärmsten Regionen der Welt wird, dann haben die radikalen Kritiker der Grünen Gentechnik nicht nur ein moralisches Argumentationsproblem, sie müssten die größte Niederlage in ihrem Kampf gegen die Ausbreitung der Biotechnik in der Welt einstecken.
Und nicht nur Patrick Moore, der Ex-Mitbegründer von Greenpeace, der inzwischen zu einem der größten Fürsprecher des Goldenen Reises mutiert ist, könnte sich die Hände reiben. Wir stehen also mit anderen Worten vor einer Entscheidungsschlacht im Kulturkampf um die Grüne Gentechnik. Doch was liest und hört man? Nichts! Wenig jedenfalls. Als wäre Totschweigen die neue Taktik. Das gilt auch für viele von uns Journalisten.
Am Montag dieser Woche war einer der Schöpfer und Spender (denn die Biopatente für den Goldenen Reis wurden für Kleinbauern und Selbstversorger in der Dritten Welt lizenzfrei gestellt) nach Berlin gekommen, um über die jüngste Entwicklung zu berichten. Vieles von dem, was Ingo Potrykus zu sagen hatte, war neu, manches fast schon sensationell. Der Genforscher, der in Kürze seinen achtzigsten Geburtstag feiert, klang nach langer Zeit wieder zuversichtlich. Aber selbst die Aussicht, dass vielleicht bald eine der spannendsten und hoffnungsvollsten Ernährungsstudien der Geschichte auf den Philippinen und danach in Bangladesch beginnen könnte, dass die medizinische Situation von Menschen in den ärmsten Erdteilen womöglich schlagartig mit ein paar Bechern Reis am Tag verbessert werden könnte, all das war für die populärsten Medien nicht sensationell oder politisch wichtig genug.
Potrykus wurde auch weder vom „Morgenmagazin“ eingeladen noch von einem anderen Fernsehsender in der Hauptstadt. Wenn nicht alles täuscht, dann hat das zum einen damit zu tun, dass Potrykus auf Bitten des gentechnikfreundlichen „Forums grüne Vernunft“ nach Berlin gekommen war, zum anderen aber vielleicht auch damit, dass ja wohl nicht sein kann, was nicht sein darf: Eine Erfolgsgeschichte mit dem unpopulären Thema Genfood? Positives über gentechnisch veränderte Lebensmittel? Wehe uns!
‘Es gibt Zeugen, und es gibt dieses Foto von einem freudestrahlenden Papst, der ein durchsichtiges Säckchen Reis in beide Hände nimmt. „Er sagte, hiermit ist Ihr Reis gesegnet.“ Ingo Potrykus, der Mitschöpfer des gentechnisch erzeugten „Goldenen Reises“ hatte kaum damit rechnen können. Ein päpstlicher Segen, das war mehr als der emeritierte Molekularbiologe bis dahin für möglich gehalten hatte.
Seit Jahren versucht der deutsch-schweizerische Genforscher aus Zürich, der in den neunziger Jahren zusammen mit Peter Beyer aus Freiburg den goldfarbenen Reis entwickelt hatte, den Vatikan für eine klare Haltung zugunsten der Grünen Gentechnik, vor allem aber für sein humanitäres Reisprojekt zu bewegen. Am sechsten November dann packte er bei einer Begegnung im Vatikan die Gelegenheit beim Schopf. Anlass war ein Kongress der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften über die Auswirkungen von Mangelernährung auf die Hirnentwicklung von Kindern.
Dazu sehr interessant:
Also, der Anlass war ein Kongress der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften über die Auswirkungen von Mangelernährung auf die Hirnentwicklung von Kindern. Ein passendes Thema: Der Goldene Reis produziert, anders als normaler Reis, dank eines biotechnisch erzeugten Stoffwechselwegs und durch Einschleusen zweier Fremdgene das gelblich färbende Beta-Karotin – Vorläufer des Vitamins A. Schwerer Vitamin-A-Mangel lässt Millionen Kinder in Asien und Afrika erblinden, ihr Immunsystem wird geschwächt. Geschätzte 6000 Kinder sterben jeden Tag an den Folgen von Vitamin-A-Mangel – mehr als an Aids, Malaria und Tuberkulose zusammen. Für die meisten von ihnen ist Reis, wie für die halbe Menschheit, Grundnahrungsmittel Nummer eins.
Das war der Grund, weshalb Potrykus und Beyer vor einem Vierteljahrhundert ihren Goldenen Reis im Labor zusammen mit dem Reisforschungsinstitut auf den Philippinen kreierten. Seit gut zehn Jahren ist die Nutzpflanze bereit für den Anbau. Doch die Forscher hatten die Rechnung ohne ihre Gegner gemacht. Ein weltweites Netzwerk von Gruppen organisierte sich, die nichts unversucht lassen, den Goldenen Reis als Trojanisches Pferd der Gentechniklobby zu diffamieren und die Wissenschaft zum Feind zu erklären. Zuletzt war Anfang August, nachdem in verschiedenen Landesteilen der Philippinen der entscheidende Erprobungsanbau begonnen hatte, eines der Felder kurz vor der Ernte mutwillig zerstört worden.
Man spürt: Der Kulturkampf spitzt sich zu. Es geht in die entscheidenden Runde. In wenigen Wochen, Ende Januar, erwartet Potrykus die Zulassung durch die philippinischen Behörden. „Die Daten aus den Erprobungsbauten sind komplett, niemand zweifelt an einer Genehmigung, und wir haben die Unterstützung der Regierung“, sagt Potrykus. Die amerikanische „Helen Keller Foundation“ will die Forscher bei der Einführung in zwei Stufen unterstützen. Zuerst soll es eine begrenzte Zulassung für den Verzehr geben. Während der Erprobungsanbauversuche wurde genug Reis geerntet, der an Familien in verschiedenen Regionen der Philippinen verteilt werden soll. In der Zeit will man Daten über die Vitamin-A-Versorgung der Kinder sammeln. Anschließend soll auch der Anbau staatlich genehmigt werden, damit sich die Kinder dauerhaft mit Goldenem Reis ernähren.
Ob es dazu kommt, ist allerdings keineswegs klar. Die Gentechnikgegner haben eine Klage vor dem Obersten Gericht der Philippinen noch vor der Verteilung der ersten Reisrationen angekündigt. Und die Opposition organisiert sich auch in anderen zentralen Reisanbauländern. In Indien etwa und in China. In Vietnam wurden zwar schon eigene lokale Goldene-Reissorten entwickelt, das Land fürchtet aber um den Export seiner überschüssigen Reisernten nach Übersee. Bleiben vor allem Bangladesch und Indonesien, wo man ebenfalls seit Jahren mit Geldern der Gates-Foundation die Sortenentwicklung forciert. Auch die akademische Welt hat nach dem Vandalenakt im August reagiert: In einem Online-Aufruf in „Science“ (Bd.341, S. 1320) haben sich Tausende Wissenschaftler hinter Potrykus gestellt. Und auch das überparteiliche, von Privatleuten um den sachsen-anhaltinischen Ex-Wirtschaftsminister Horst Rehberger gegründete „Forum grüne Vernunft“ sammelt mit seiner Online-Petition „Rettet die Kinder“ derzeit Stimmen und Klicks für den Goldenen Reis.
An wenig aber liegt dem Katholiken Potrykus so viel wie an einer Zustimmung des Heiligen Stuhls. Nach dem privaten Segen durch den sonst eher als Gentechnikskeptiker bekannten Papst setzt er jetzt auf mehr „Aufgeschlossenheit“ im Vatikan. Der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden, sagt Potrykus, „nimmt inzwischen eine viel neutralere Position ein“, und ihr Vorsitzender, Kardinal Peter Turkson, habe in einer offiziellen Rede Sympathien für ein „Palaver“ nach Art afrikanischer Dorfgemeinschaften angedeutet. Doch eine offizielle Parteinahme in Rom ist kaum denkbar. Das widerspricht den Regeln, Papst-Segen hin oder her.’
Der falsche Reis?
Es gibt im Prinzip zwei große „Familien“ von Oryza Sativa (Reis), nämlich „Japonica“ und „Indica“. Die Unterscheidung zwischen den beiden ist recht einfach, Japonica-Sorten kommen bei uns als „Rundkorn“ bzw. „Mittelkorn“ in den Handel. Sie werden mit dem Kochen wesentlich weicher und klebriger. Wem in der Kindheit öfter mal Milchreis aufgetischt wurde, dem ist Oryza Sativa Japonica nicht unbekannt.
Der sog. Langkorn-Reis (mit all seinen Varianten, vom Hom-Mali über Jasminreis bis hin zum Basmati) bildet die Indica-Familie. In den von Vitaminmangel betroffenen Regionen (hauptsächlich Indien, Sri Lanka, Bangladesch und die Philippinen) wird praktisch ausschließlich Langkornreis angebaut. Japonica-Reis wächst dort auf Grund der unpassenden Klimabedingungen nur schlecht und würde auch von der Bevölkerung nicht ohne weiteres angenommen.
Dummerweise erwies es sich aber offensichtlich als sehr schwierig, die für „Goldenen Reis“ gewünschten Gene in Indica-Sorten zu transferieren, weswegen die Forscher ihre Bemühungen kurzerhand auf Japonica-Reis verlegten. Die im Feldversuch erprobten Gen-Reis-Varianten gehören alle zu dieser Familie. Die wenigen durchgeführten Ernährungsstudien haben ebenfalls auf Japonica-Reis zurückgegriffen. Wer es nicht glaubt, braucht nur einen Blick auf die veröffentlichten Marketingbilder zum Goldenen Reis zu werfen. Gerade wenn der Genreis zwecks Farbvergleich neben herkömmlichen Produkten präsentiert wird, ist der Unterschied offensichtlich. Auf allen Bildern ist definitiv nur gelber Rundkornreis zu sehen.
Zwar gibt es mittlerweile Bemühungen, das Vitamin-A-Gen in Indica-Sorten einzukreuzen, diese Sorten existieren aber nur im Labor. Wer erwartet, für die neuen Kreuzungen zumindest schon einmal aussagekräftige Daten zum Gehalt an Beta-Karotin zu finden, wird schnell enttäuscht. Ob es überhaupt je gelingen wird, einen Indica-Reis mit nennenswert erhöhtem Beta-Karotin Anteil im Korn zu kreieren steht offensichtlich noch Jahren der Forschung noch immer völlig in den Sternen.
Haltbarkeit und praktischer Nutzen? Ungeprüft und unbewiesen!
Reis wird als Grundnahrungsmittel verhältnismäßig lange gelagert. In der Regel entweder in Silos, oder in Säcke verpackt in einem Lagerhaus. Auf jeden Fall jedoch so gut wie immer bei normaler Umgebungstemperatur. Wie lange ist das Beta-Karotin unter diesen Bedingungen im Korn haltbar? Vielleicht sollte die Frage allerdings anders lauten: Warum hat bisher niemand die Haltbarkeit überprüft? Was nützt die ganze Entwicklungsarbeit, wenn der Nutzen womöglich schon nach wenigen Wochen Lagerung vollständig verloren geht?
Der für eine Ernährungsstudie an Kindern in China verwendete Reis wurde jedenfalls sofort nach der Ernte bei -70 Grad Celsius eingefroren. Warum dieser Aufwand? Vermutete man etwa im Voraus, dass der Versuch sonst scheitern würde? Ganz nebenbei bemerkt berichten übrigens zahlreiche Quellen, dass alle an der Studie beteiligten chinesischen Wissenschaftler kurze Zeit später entlassen wurden. Angeblich wegen grober Verstöße gegen Dienstvorschriften und Forschungsethik.
Tatsächlich ist völlig unklar, ob die Eltern der beteiligten Kinder wussten, dass es sich bei dem Versuch um die Erprobung eines neuen, gentechnisch veränderten Produktes handelte. Tierfütterungsversuche gab es vor der Erprobung an minderjährigen Chinesinnen und Chinesen offensichtlich auch keine.
Warum überhaupt Genreis?
Gesundheitsgefährdender Vitamin-A-Mangel hat eine einzige, klare Ursache: Armut. Bittere, für Europäerinnen und Europäer praktisch unvorstellbare Not. Armut die so groß ist, dass man sich neben einer Hand voll Reis jeden Tag absolut nichts anderes zu Essen leisten kann. Warum gibt man Millionen dafür aus, ein Lebensmittel zu erfinden mit welchem man diesen unmenschlichen Zustand quasi „ruhigen Gewissens“ aufrechterhalten kann?
Ist die Welt wirklich besser geworden, wenn nach wie vor Millionen Menschen (und vor allem Kinder!) tagtäglich nichts anderes zu essen bekommen als blanken Reis? Macht die Frage, ob dieser Reis nun Gelb oder Weiß ist, wirklich den maßgeblichen Unterschied?
Die WHO scheint das jedenfalls anders zu sehen. Tatsächlich hat die Weltgesundheitsorganisation in den letzten Jahren nämlich schon beträchtliche Erfolge bei der Bekämpfung von Mangelkrankheiten in den betroffenen Ländern erzielt. Nicht mit Frankenreis, sondern mit einer Mischung aus Vitaminpräparaten für die Soforthilfe, Aufklärung und Propagierung nachhaltiger Anbaumethoden für Gemüse, sowie der Förderung von Landreformen. Gentechnik-Apostel mögen es kaum glauben, aber gerade letztere Maßnahme funktioniert ausgezeichnet.
Gibt man armen Familien ein Stück Land und hilft ihnen mit Saatgut und Know-How, einen eigenen Gemüsegarten zu betreiben, dann ernähren sie sich plötzlich nicht mehr nur von Reis. Die meisten traditionellen Gemüsesorten in Indien, Sri Lanka, Bangladesch und auf den Philippinen sind im übrigen von Natur aus extrem reich an Vitaminen.
Sofortlösung gegen Vitamin-A Mangel: Fischöl
Um wie viel besser könnte die Situation bereits sein, wenn man die Millionen, welche für genetische Manipulationen an Reis ausgegeben wurden, stattdessen der WHO für ihre nachweislich erfolgreichen Projekte gegeben hätte? Ein kurzer Blick in die jüngere Geschichte mag ebenfalls dabei helfen, die Perspektive ein wenig geradezurücken: Im Deutschland der Nachkriegszeit wurde das Problem Vitamin-A-Mangel bei Kindern kurzerhand dadurch aus der Welt geschafft, dass in den Schulen regelmäßig Lebertran verabreicht wurde. Vielleicht für manche nicht sehr „gschmackig“, vor allem, wenn das Fisch-Öl schon etwas älter ist, aber kostengünstig und 100% effizient.
Eine Brechstange für die Gentechnik als wahres Motiv?
Der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft ist in praktisch ganz Asien (genau so wie in Europa) ein extrem heikles Thema. Die Menschen sind stolz auf ihre hochentwickelte Esskultur und die traditionellen Produkte ihrer Länder. Agro-Konzerne wie Monsanto haben es auf diesen Märkten daher verhältnismäßig schwer und müssen oft mit heftigem Gegenwind kämpfen.
Zieht man alle oben genannten Argumente in Betracht, dann bleibt für die Frage nach dem „Warum“ eigentlich nur eine Vermutung übrig: Das Projekt „Goldener Reis“ soll dazu dienen, gentechnisch verändertes Saatgut über ein vorgeblich menschenfreundliches Vorhaben in den Markt zu hebeln und salonfähig zu machen. Dass die versprochene Hilfe für die von Vitaminmangel betroffenen Menschen dabei höchstwahrscheinlich von vornherein auf der Strecke bleibt, scheint zweitrangig zu sein.
Alles natürlich ganz unbedenklich
Bestimmte Medienberichte behaupten, dass – einem Artikel in der wissenschaftlichen Zeitschrift GM Crops and Food: Biotechnology in Agriculture and the Food Chain zufolge – ein bisher unbekanntes virales Gen in kommerziellen GV-Pflanzen entdeckt worden sei, das eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnte.
DieEFSAsagt auf ihrer Seite natürlich: Nein, bei den Daten in dem Artikel „Possible Consequences of the overlap between the CaMV 35S promoter regions in the plant transformation vectors used and the viral gene VI in transgenic plants“ (mögliche Folgen der Überlappung zwischen den CaMV 35S-Promotor-Regionen in verwendeten Pflanzen-Transformationsvektoren und dem viralen Gen VI bei transgenen Pflanzen) handelt es sich weder um die Neuentdeckung eines viralen Gens noch weisen sie auf Sicherheitsbedenken hinsichtlich früher bewerteter GVO hin.
Es bleibt jedem überlassen, dies zu glauben. Und auch darauf zu vertrauen, dass alle involvierten Institute, Forscher und Gutachter alle Möglichkeiten in Betracht ziehen und gezogen haben und aufrichtig sind.
Bezüglich des Nährwerts des Goldenen Reises wurden Befürchtungen laut, dass bei überwiegender Ernährung mit dem Produkt eine Provitamin-A-Überversorgung und damit eine Vitamin-A-Vergiftung auftreten könnte. Von Ernährungsexperten wurde darauf hingewiesen, dass unterernährte Menschen nicht nur an einem Mangel an Vitamin A litten, sondern ein Defizit an weiteren Nährstoffen vorhanden und dass die Vitaminaufnahme allgemein herabgesetzt sei.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die durch Marketingaktivitäten beeinflusste Beliebtheit von poliertem Reis, da unpolierter Reis – also Reis, bei dem die Aleuronschicht nicht entfernt worden ist – in dieser Schicht ausreichend Vitamin A besitzt. Greenpeace argumentiert, dass die Mittel, die für die Entwicklung von Goldenem Reis aufgewandt wurden, besser für bereits existierende Methoden ausgegeben wären, den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen. Dies gelte insbesondere für Methoden, die eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion inklusive Nahrungsmittelsicherheit und landwirtschaftliche Vielfalt beförderten. Auch würden von Unicef erfolgreich Vitamin-A-Präparate zur Senkung des Mangels eingesetzt werden. Kritische Fragen sind auch zur Organisation der Einführung des Goldenen Reises gestellt worden.
Auch wenn gemäß einer Vereinbarung mit dem maßgeblich beteiligten Gentechnik-Unternehmen Saatgut an Bauern unter einer bestimmten Einkommensgrenze kostenlos ausgegeben wird, sind mindestens 70 Patente mit dem Projekt verknüpft, und nicht alle Patentinhaber zeigten sich mit der kostenlosen Herausgabe des Saatguts einverstanden (Stand 2007). Ungeklärt ist auch, ob Körner aus der eigenen Ernte als Saatgut weiterverwendet werden dürfen, und welche Kosten für Dünger und Pestizide veranschlagt werden müssen.
Kritik an klinischen Studien
Im Februar 2009 kritisierte eine Gruppe von 20 Wissenschaftlern, dass der Goldene Reis in klinischen Studien bei Erwachsenen und Kindern mit Vitamin-A-Mangel getestet worden sei, ohne einen behördlichen Regulierungsprozess durchlaufen zu haben. Insbesondere beanstandet wurde, dass der Goldene Reis nicht in einer vergleichbaren Tierstudie im Vorfeld erforscht worden sei, obgleich in wissenschaftlicher Literatur mehrfach dargestellt wurde, dass Retinoide (Derivate von β-Carotin) möglicherweise Geburtsdefekte auslösen können. Die Unterzeichner des offenen Briefes sehen in diesen Versuchen eine Verletzung des ethischen Codes von Nürnberg, der am Ende des Zweiten Weltkrieges eingeführt worden war, um missbräuchliche wissenschaftliche Versuche an Erwachsenen und insbesondere Kindern zu unterbinden.
Eine andere Gruppe von Wissenschaftlern bezeichneten in einem nicht veröffentlichten Leserbrief an die Daily Mail die Vorwürfe als ungerechtfertigt. Die Vorwürfe stammten aus dem Camp radikaler Gentechnikgegner, die zum Ziel ihrer Durchsetzung einer gentechnikfreien Landwirtschaft bereit seien, Millionen von Menschen sterben und erblinden zu lassen. Seitdem der Goldene Reis entwickelt wurde, seien mit 15 Millionen mehr Menschen an Vitamin-A-Mangel gestorben als im Holocaust. Die Verzehrsstudien seien nach höchsten ethischen Standards und unter Beachtung des Nürnberger Codes durchgeführt worden. Die Experimente seien nicht risikoreicher, als den Kindern eine kleine Karotte zum Verzehr zu geben, da etwa dieselbe Menge an Betacarotin enthalten sei.
Ein Mitunterzeichner des Offenen Briefs bezeichnete die Reaktion der Golden-Rice-Befürworter als aggressiv und respektlos. Das Golden-Rice-Projekt sei eine Art „trojanisches Pferd“, um den Widerstand ärmerer Länder gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen zu überwinden.
Greenpeace hatte 2012 die Frage aufgeworfen, ob die an der chinesischen Wirkungsstudie beteiligten Kinder und deren Eltern über potentielle Risiken aufgeklärt worden seien, und hatte kritisiert, dass im Vorfeld keine Tierversuche stattgefunden hätten. Der Bioethiker Arthur Caplan (New York University) hält die Kritik nicht für gerechtfertigt. Er verweist darauf, dass laut Veröffentlichung in einem Fachmagazin die Durchführung der Studie durch das Tufts Medical Center sowie ein Ethikkomitee der Zhejiang-Universität genehmigt worden sei. Auch hätten Eltern und Kinder ihre Einwilligung zur Teilnahme gegeben. Mittlerweile wurden drei am Projekt beteiligte chinesische Forscher aus ihren Positionen entlassen. Ihnen wird eine Verletzung von Vorschriften, von ethischen Bestimmungen und der wissenschaftlichen Integrität angelastet.
Das IRRI (International Rice Research Institute) hat natürlich eigene Studien durchgeführt und lobpreist die Segnungen des Golden Rice. Es fordert zur öffentlichen Diskussion auf und bietet jede Menge an Information, die stets auf die Segnungen dieser neuen Reis-Sorte hinweist.
Ein Faktor ist bei diesem Golden Rice Projekt allerdings anders, als wir ihn von anderen Biotech-Firmen kennen: Potrykus, der durchaus selbst Kritik an den großen Saatgut-Konzernen äußert, hat sich von diesen nach zähen Verhandlungen die nötigen Patente übertragen lassen, um seine Entwicklung kostenfrei an die Bauern weitergeben zu können. Den Goldenen Reis sollen sie zum selben Preis erhalten wie den bisher handelsüblichen, und da es sich nicht um Hybrid-Reis handelt (aus dessen Ernte kein neues Saatgut entnommen werden könnte), genügt den Bauern ein einmaliger Kauf, um damit über viele Jahre den Anbau sichern zu können. Erst bei einem Hektarertrag ab 10 000 Dollar pro Jahr würden Lizenzgebühren an den Syngenta-Konzern fällig.
Außerdem sei kein Export in andere Länder, sondern lediglich inländischer Handel zugelassen. Dies habe der Schweizer Saatgutkonzern Syngenta, der die Entwicklung des Goldenen Reises finanziell unterstützte, zur Bedingung gemacht. Potrykus schätzt den derzeitigen Ertrag auf etwa 1000 Dollar pro Hektar.
Vielfache Anfragen nach staatlicher oder überstaatlicher Unterstützung seines Projektes blieben erfolglos – wie er geltend macht, auch beim deutschen Entwicklungshilfeministerium. Die grundsätzliche Skepsis gegenüber der Gentechnik, die – trotz anderer Beteuerungen – auch die großen Parteien ergriffen hat, dürfte dabei eine Rolle spielen. Potrykus musste deshalb nach privaten Sponsoren Ausschau halten und wurde bei Syngenta fündig. Für die groß angelegte Ernährungsstudie konnte er die Unterstützung von Helen Keller International – eine Organisation, die sich der Bekämpfung der Blindheit widmet – sowie der Bill-Gates-Stiftung gewinnen.
Nachdem erst im Sommer dieses Jahres ein Gericht auf den Philippinen den Anbau von GVO-Auberginen untersagt hatte und Bauern Testfelder mit Golden Rice vernichtet hatten, hofft das IRR, dass es 2015 doch zur Genehmigung neuer Testreihen im Freilandversuch von Golden Rice kommen wird.
Und während es der Golden Rice – auch wegen der Segnung durch den Papst – in die Massenmedien geschafft hat, schreibt niemand, dass Frauen in der Dritten Welt als Vitamin-A-Quelle beispielsweise die Blätter der Amaranth-Pflanze essen. Diese Blätter enthalten 14 000-15 000 Mikrogramm Vitamin A pro 100 Gramm. Der „Goldene Reis“ enthält gerade mal 30 Mikrogramm Vitamin A.
Die Amaranth-Pflanze ist zudem resistent gegen Glyphosat!!!
Die Menschen in den Dritte-Welt-Ländern haben Hunger und Hunger ist in der Dritten Welt hauptsächlich in bäuerlichen Gegenden verbreitet, in denen Menschen eigentlich Nahrungsmittel anbauen. Jeder, der ein funktionierendes Hirn hat, sollte sich daher fragen, wie es möglich ist, dass Bauern, die Nahrungsmittel anbauen, an Hunger leiden! Offensichtlich ist der Grund nicht der, dass sie kein Essen haben, sondern vielmehr der Teufelskreis, in den sie geraten und der ihnen keine Möglichkeit lässt, ihre Nahrungsmittel für sich zu behalten, oder die angebauten Nahrungsmittel so vergiftet sind mit bt-Toxinen und Giften, dass diese nur für Tierfutter der genutzt werden dürfen.
Dieser Teufelskreis wird verursacht durch den Einfluss von außen, denn die armen Länder sind der größte Absatzmarkt der Agrarindustrie, für ihr Saatgut und ihre Chemikalien, und als der größte Markt sind sie auch die Opfer der immer größer werdenden Armut. Denn die Billion Dollar, die die Agrarindustrie erhalten hat, sind alles Zahlungen von Bauern und Subventionen von unseren Regierungen.
Wenn jemand den Einwand bringt, dass der Goldene Reis Hunger bekämpft, dann verweise auf die tausend verschiedenen alten klimatisierten Reissorten, die nicht gentechnisch verändert sind, die aber nicht angebaut werden dürfen, weil daran keiner verdient….
Die Amaranth-Pflanze setzt sich gegen Monsantos Glyphosat zur Wehr.
Im Magazin „Science“ aus dem Jahr 1977 steht ein Artikel, der die Amaranth-Pflanze als „Pflanze der Zukunft“ beschreibt. Wie Recht die doch hatten. Die Amaranth-Pflanze ist äußerst widerstandsfähig. Während andere Unkräuter nach dem Besprühen mit Glyphosat eingehen, wächst diese Pflanze inzwischen weiter und verdrängt dabei die Gen-Pflanzen.
Die Samen der Amaranth-Pflanze werden ähnlich wie Getreide verwendet. Amaranth ist glutenfrei.
Auf der hauseigenen Website von Monsanto wird vorgeschlagen, das Amaranth mit der aktuellen Version des Glyphosat und dem alten Glyphosat, (das vom Agent Orange bekannten 2,4-D), zu mischen. Da dies auch nicht funktioniert, bleibt den Farmern nichts anderes übrig, als die Amaranth-Pflanzen per Hand auszureißen.
Amaranth ist der Boomerang der Natur gegen Monsanto. Falls sich der Goldene Reis durchsetzen sollte, werden die Befürworter nach 10 Jahren und nachdem die Großkonzerne Billionen von Dollar eingesackt haben, dies später zugeben müssen.
Wird Golden Rice den Hunger stoppen? Den Vitamin A Mangel beheben?
Nach über zehn Jahren der Produktentwicklung steht der sogenannte „Golden Rice“ vor seiner möglichen Markteinführung. Geht es nach den Vorstellungen seiner Entwickler, soll der Reis ab 2013 kommerziell angebaut werden. Die Befürworter des Anbaus stellen den Einsatz des gentechnisch veränderten Reises zur Bekämpfung der Vitamin-A-Mangelernährung als alternativlos dar und werfen Behörden und Kritikern vor, das Leben von Millionen Kindern zu gefährden. Manche gehen dabei soweit, Behörden und Kritikern vorzuhalten, sich an einem „Holocaust“ (Chassy, 2010) mitschuldig zu machen. Sie fordern eine generelle Absenkung der Standards für die Risikoprüfung gentechnisch veränderter Pflanzen, um die Marktzulassung zu beschleunigen und Kosten zu senken (Potrykus, 2010).
Der vorliegende Bericht zeigt, dass die Betreiber des „Golden-Rice“-Projektes die notwendige wissenschaftliche Sorgfalt vermissen lassen. Mit propagandistischen Mitteln wird das Projekt über die Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels hinaus zum Präzedenzfall gemacht, um den Druck auf die Zulassungsbehörden zu erhöhen und die Einführung der Agrogentechnik zu beschleunigen.
Nach wie vor lässt sich nicht beurteilen, ob der „Golden Rice“ technisch überhaupt zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels geeignet sein könnte: Es fehlen Daten zu Abbauraten der Inhaltsstoffe (insbesondere bei Lagerung der Reiskörner) und zur biologischen Verfügbarkeit. Die Risiken beim Anbau und Verzehr von „Golden Rice“ werden weitgehend verdrängt. Es liegen kaum Daten über neue Inhaltsstoffe und Veränderungen im Stoffwechsel der Pflanzen vor, ebenso wenig wie Daten über die Reaktion der Pflanzen auf wechselnde Umweltbedingungen. Bis heute wurde keine einzige Fütterungsstudie mit dem Reis veröffentlicht. Trotzdem wurden bereits Versuche an chinesischen Schulkindern durchgeführt.
Ein kommerzieller Anbau des „Golden Rice“ wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Eintrag des gentechnisch manipulierten Erbgutes in die Umwelt und in das Erbgut der regionalen Reissorten führen, der nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Die langfristigen ökologischen Folgen sind wissenschaftlich nicht ausreichend abschätzbar.
Betreiber und finanzielle Unterstützer des Projektes werden aufgefordert, für umfassende und unabhängige Studien zur Risikoabschätzung zu sorgen und die immer noch fehlenden technischen Daten zu publizieren. Die Betreiber des Projektes dürfen sich einer offenen Diskussion über die Risiken des „Golden-Rice“- Projektes nicht länger verweigern. Bevor das Projekt weiter vorangetrieben wird, sollten bestehende Alternativen intensiver geprüft werden.
Verschiedene Berichte verweisen auf die erheblichen Fortschritte, die in den letzten zehn Jahren bei der Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels in den Entwicklungsländern erzielt wurden. Es gibt effiziente und kostengünstige Programme, die ein hohes Maß an Akzeptanz und Verlässlichkeit bieten und überdies sehr zielgenau eingesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund ist die geplante Einführung des „Golden Rice“ keineswegs alternativlos.
1. Einführung
Der gentechnisch veränderte Reis, der in seinen Körnern Carotinoide, Vorstufen von Vitamin A, produzieren kann, wurde von seinen Entwicklern auf den Namen „Golden Rice“ getauft, denn die Stoffwechselveränderung verleiht den geschälten Reiskörnern eine gelbliche Farbe. Carotinoide können vom menschlichen Körper als Quelle für die Vitamin-A-Versorgung genutzt werden. Der „Golden Rice“ soll zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels (auf Englisch: Vitamin A Deficiency, VAD) eingesetzt werden, der vor allem in Entwicklungsländern auftritt. 2009 veröffentlichte Foodwatch einen ersten Bericht zum Thema „Golden Rice“ (Then, 2009). In diesem Bericht wurde aufgezeigt, dass zehn Jahre nachdem die erste Generation des gentechnisch veränderten Reises hergestellt worden war, weder dessen technische Eignung zur Bekämpfung der Vitamin-A-Mangelernährung noch dessen Risiken beurteilt werden konnten. Seitdem ist die Entwicklung weitergegangen: Trotz fehlender Sicherheitsdaten haben die Betreiber des „Golden-Rice“-Projektes den gentechnisch veränderten Reis bereits 2009 an Schulkindern in China testen lassen.
Zudem wurden Tests an Freiwilligen in den USA durchgeführt. 2011 wurde auf den Philippinen eine erste Ernte des gentechnisch veränderten Reises aus Freisetzungsversuchen eingefahren. Die Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung sagte dem Internationalen Reisforschungsinstitut IRRI zehn Millionen US-Dollar zu, um die Markteinführung des Saatguts voranzutreiben. Der vorliegende Report fasst den aktuellen Sachstand zusammen. Untersucht werden außerdem die Kommunikationsstrategien, die das Projekt begleiteten.
1.1 Die Vitamin-A-Mangelernährung und ihre Bekämpfung .
Mit dem „Golden-Rice“-Projekt soll der in vielen Entwicklungsländern verbreitete Vitamin-A-Mangel bekämpft werden. Dieser kann unter anderem zu Augen- und Hauterkrankungen, zu Störungen des Immunsystems und der Fortpflanzung sowie Wachstumsstörungen bei Kindern führen.
Auch Todesfälle werden auf Vitamin-A-Mangel zurückgeführt. Global sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO etwa 190 Millionen Kinder von Vitamin-A-Mangel betroffen, wobei das Ausmaß akuter gesundheitlicher Gefährdungen unterschiedlich ist. Die Hauptleidtragenden sind Kinder aus Afrika und Südostasien (WHO, 2009). Es gibt Schätzungen aus dem Jahr 2008 (Black et al., 2008), wonach pro Jahr auf Grund des Vitaminmangels rund 670 000 Kinder sterben und über 250 000 Kinder erblinden.
Einem UN-Report zufolge (UNSCN, 2010) ist man bei der Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels in mehreren Regionen der Welt dem sogenannten Milleniumsziel erheblich näher gekommen, nach dem die Anzahl der Menschen, die von Mangelernährung betroffen sind, bis zum Jahr 2015 halbiert werden soll. Insbesondere in Nordafrika, Süd- und Mittelamerika, in Ostasien und in der Karibik wurden ermutigende Fortschritte erzielt. Dagegen müssen in Süd- und Zentralasien sowie in Zentral- und Südafrika die Anstrengungen noch erheblich verstärkt werden. Um den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen, hält der Report vor allem eine Vitamin-Anreicherung von Lebensmitteln wie Zucker für sinnvoll.
„Golden Lies“: das fragwürdige „Golden-Rice“-Projekt
1. Einführung
Ein gemeinsamer Bericht von UNICEF, Weltbank und weiteren Organisationen (Flour Fortification Initiative, GAIN, Micronutrient Initiative, USAID, The Worldbank, UNICEF, 2009) bestätigt die Fortschritte bei der Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels. Demnach hat sich der Anteil derer, die von Hilfsprogrammen mit Vitamin-Präparaten erreicht wurden, zwischen 1999 und 2007 vervierfacht. In den am schlimmsten betroffenen Regionen entspricht das in etwa 80 Prozent der Zielgruppe. Jetzt gehe es darum, die letzten 20 Prozent mit entsprechenden Produkten zu versorgen.
Dazu stehen nach Ansicht der Verfasser geeignete und preiswerte Methoden zur Verfügung. Bei allen involvierten Experten und Institutionen besteht Einigkeit darüber, dass zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels verschiedene Maßnahmen nötig sind, die an die jeweiligen regionalen Besonderheiten angepasst werden müssen: Dazu gehören die Ernährung mit Muttermilch, der Anbau von regionalem Gemüse, die Verwendung von Palmöl, das Halten von Fischen in den Reisfeldern, die Anreicherung von Lebensmitteln wie Zucker mit Vitamin A und das Verteilen von Vitamin-A-Präparaten.
1 Auch der Einsatz von Pflanzen wie Cassava und Mais, deren Vitamin-A-Gehalt durch traditionelle Züchtung gesteigert werden konnte, ist Erfolg versprechend.
2 Es gibt also bereits vielfältige Ansätze und erfolgreiche Programme zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels, mit denen – trotz finanzieller und politischer Restriktionen – in vielen Regionen der Welt erhebliche Fortschritte erzielt wurden. So schreibt zum Beispiel die WHO:
3 In 1998 WHO and its partners – UNICEF, the Canadian International Development Agency, the United States Agency for International Development and the Micronutrient Initiative – launched the Vitamin A Global Initiative. In addition, over the past few years, WHO, UNICEF and others have provided support to countries in delivering vitamin A supplements. Linked to sick-child visits and national poliomylitis immunization days, these supplements have averted an estimated 1.25 million deaths since 1998 in 40 countries.
1999 wurde das „Golden-Rice“-Projekt erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Doch entgegen den ersten Erwartungen brachte es keine schnellen Lösungen. Seit dem Beginn des Projektes hat sich die Situation bei der Bekämpfung der Vitamin-A-Mangelernährung wesentlich verbessert – es gibt effiziente und auch kostengünstige Programme, die sich in der Praxis bewährt haben (siehe hierzu auch: Greenpeace, 2010).
Dazu kommt, dass die bestehenden Programme im Vergleich zum „Golden Rice“ wesentlich zielgenauer und verlässlicher sind: So besteht beim „Golden Rice“ auf Grund seiner Farbe eine Verwechslungsgefahr mit traditionellen rötlichen Reissorten. Diese könnte in Ländern, in denen bereits rötliche und gelbliche Varianten von Reis angepflanzt werden, oder wo es bei Reisgerichten üblich ist, gelbliche Gewürze wie Curcuma zuzusetzen, auch zu Betrügereien einladen. Denn der „Golden Rice“ ließe sich möglicherweise teurer verkaufen als herkömmlicher Reis. Gegebenenfalls verlassen sich die Käufer dann auf eine Versorgung mit Vitamin A, die faktisch nicht gegeben ist.
Bei der Einkreuzung in regionale Sorten kann es zudem zu erheblichen Schwankungen im Vitamin-A-Gehalt kommen. Das gentechnische Konstrukt wird nicht immer zuverlässig von einer Reispflanze an die nächste Generation vererbt (Chikkappa et al., 2011). Deswegen ist es fraglich, ob die „Golden-Rice“-Ernte auch wirklich dort ankommt, wo der Bedarf am größten ist. Dagegen können zum Beispiel Vitamin-A-Tabletten sehr gezielt vor Ort eingesetzt werden. In Lebensmitteln wie Mehl und Zucker, denen Vitamin A zugesetzt wird, kann die nötige Tagesdosis sehr viel verlässlicher erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist die geplante Einführung des „Golden Rice“ keineswegs alternativlos und wird von Akteuren wie UNICEF oder der WHO auch nicht als das Mittel der Wahl angesehen (Enserink, 2008).
1.2. Chronologie
Das „Golden-Rice“-Projekt wurde bereits in den 1980er-Jahren geplant. Zwei Phasen lassen sich unterscheiden: Die erste Variante des gentechnisch veränderten Reises wurde im Jahr 2000 vorgestellt (Ye et al., 2000). Damals bemängelten verschiedene Beobachter einen zu geringen Gehalt an Carotinoiden, der sich auch in Untersuchungen der Universität Hohenheim widerspiegelte: In dem Reis, der dort an Mäusen getestet werden sollte, fanden sich nur sehr geringe Spuren der Vorstufen des Vitamins A (siehe Then, 2009).
2005 publizierte die Firma Syngenta dann Daten von einem gentechnisch veränderten Reis mit einem wesentlich höheren Carotinoid-Gehalt (Paine et al., 2005). Demnach enthielt der Reis 8,8 bis 36,7 Mikrogramm Carotinoide pro Gramm getrockneten Reises. Insbesondere der Gehalt an wichtigen Beta-Carotinoiden sei sehr hoch. Nach Ansicht der Betreiber des „Golden-Rice“-Projektes könnte bei dieser Konzentration an Carotinoiden schon mit einer Schale Reis pro Tag und Person ein substantieller Beitrag zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels geleistet werden (Paine et al., 2005).
Die Hoffnung, mithilfe gentechnisch veränderter Pflanzen schnelle technologische Lösungen für die Bekämpfung von Armutsproblemen wie der Vitamin-A-Mangelernährung verfügbar machen zu können, hat sich nicht erfüllt.
Der „Golden Rice“ ist nur dann zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels geeignet, wenn man ihn lagern und kochen kann, ohne dass es zu einem drastischen Abbau der Carotinoide kommt. Obwohl der Gehalt an Carotinoiden mit relativ einfachen Mitteln zu messen ist, gibt es zu diesen Fragen bisher nur wenige bzw. keine Daten. Zwar scheinen die Carotinoide den Kochvorgang zu überstehen (Tang et al., 2009). Jedoch wurden systematische Untersuchungen darüber, ob und welche Art der Reiszubereitung (Kochen, Dünsten, Braten) zu Verlusten führen kann, bisher nicht veröffentlicht.
Daten fehlen auch über die Lagerungsfähigkeit des Reises. Welche Temperaturen, Lichtverhältnisse und Luftfeuchtigkeit zu welcher Abbaurate der Carotinoide führen, gehört zu den entscheidenden Fragen für eine Einschätzung des Potenzials von „Golden Rice“. Reis wird nach der Ernte oft über Monate gelagert, bis er verzehrt wird. Es muss bezweifelt werden, dass es dabei nicht zu erheblichen Verlusten am Gehalt von Carotinoiden kommt. Auch die WHO weist darauf hin, dass es u. a. durch Lagerung zum Abbau von Carotinoiden kommen kann (WHO, 2006). Tang et al., (2009), die die ersten Studien an Freiwilligen in den USA durchführten, lagerten ihren Reis vor der Zubereitung bei bei –20° C bzw. sogar bei –80° C. Bei diesen Minus-Temperaturen ist ein Abbau von Carotinoiden unwahrscheinlich. Es fehlen jedoch weiterhin verlässliche Daten über die Lagerungsfähigkeit des Reises unter Praxisbedingungen. Diese sind bis heute nicht verfügbar, obwohl sie mehrfach von den Betreibern des „Golden-Rice“-Projektes angekündigt wurden (siehe dazu Then, 2009).
Der Wunderreis
Kann gentechnisch veränderter Reis Millionen Menschen retten? Eine 3Sat-Doku (Siehe oben) sät erneut Zweifel angesichts fragwürdiger Testverfahren und undurchsichtiger Machtverteilungen. Die Saat geht auf.
Ingo Potrykus hat es sicher nur gut gemeint. Als der Züricher Biologie-Professor und sein Freiburger Kollege Peter Beyer den „Golden Rice“ erfanden – Reis, der auf Grund gentechnischer Veränderungen das Provitamin A enthält –, wollten sie Menschen in den Entwicklungsländern dieser Welt etwas Gutes tun. Wollten mit einfachen Mitteln Hunger stillen und Krankheiten verhindern. Es kam anders.
Die „Golden Rice“-Affäre
Heute, gut 20 Jahre nach den ersten Forschungserfolgen, steht der Goldene Reis angeblich kurz vor seiner Markteinführung auf den Philippinen und in Bangladesh. Ländern, in denen eine Unterversorgung der armen Bevölkerung mit Betacarotin (Provitamin A) nicht unbedingt das Hauptproblem ist – glaubt man der 3Sat-Doku „Der Wunderreis“. Doch nach der Sendung fragt man sich vor allem, wem man in der „Golden Rice“-Affäre überhaupt noch glauben soll.
Zu viele Hände im Brei
Unermüdlich, doch leider nicht erschöpfend versucht das Doku-Team, die vielen verwickelten Interessen im Streit um den Wunderreis zu entwirren. Sie fragen, ermitteln, klopfen an verschlossenen Türen. Welche Rolle spielt etwa Syngenta, jene Firma, an die Potrykus und Beyer das Reis-Patent verkauften? Und wie ist die nicht nur finanzielle Einmischung der Bill Gates-Foundation zu bewerten? Welche Interessen verfolgt das International Rice Research Institute (IRRI), und was beabsichtigt PhilRice, das philippinische Reisinstitut? Allzu viele Köche rühren mit in diesem angeblich so gesunden Reisbrei.
Farbstifte für die Versuchskaninchen
Da ist jene US-Studie, die an chinesischen Grundschülern den goldenen Wunderreis testete – angeblich ohne die Eltern und Schüler ausreichend zu informieren. „Wer aufaß, bekam Farbstifte und Hefte“, erzählt eines der Kinder. Und da war diese andere Studie, die womöglich darauf hindeutet, dass gentechnisch veränderter Reis bei Ratten die Wahrscheinlichkeit von Tumorbildung erhöhte.
Und da ist die philippinische Insel Bohol, die als Krisengebiet in Sachen Vitamin-A-Versorgung gilt – doch die Bewohner haben längst Pflanzen in den Speiseplan eingebaut, mit deren Hilfe sich das Provitamin-Problem ganz ohne Gentechnik lösen lässt. „Probieren Sie diesen schwarzen Reis“, fordert einer der Reisbauern das Filmteam auf: „Der enthält von Natur aus viel Provitamin A!“ Wozu wurde ein Reis im Reagenzglas entwickelt, den die Natur längst schon erfunden hatte?
Zaghafter Fingerzeig
Die Doku spricht es nie wirklich aus, doch zwischen den Zeilen klingt durch: Hier besteht der Verdacht, dass Entwicklungsländer zum ganz großen Testgebiet für gentechnisch veränderte Lebensmittel gemacht werden sollen – um diese schließlich den reichen Industrienationen schmackhaft zu machen. Doch was ist eine Doku wert, die nur zaghaft antippt, wo ein deutlicher Fingerzeig angebracht wäre?
Biologe Potrykus ist zum Schluss als desillusionierter älterer Herr zu sehen, der verzweifelt an seiner Vision vom rettenden Reis festhalten will. „Ich bin 79 Jahre alt“, sagt er und fragt sich, ob er noch lange genug leben wird, um dieses Wunder zu erleben. In seiner Hand zumindest liegt all das nicht mehr.
Streit um Pro und Kontra
In England ist indes ein Streit darüber entbrannt, ob dieser Reis nun Fluch oder Segen sei.
Der Umwelt-Sekretär Owen Paterson beschuldigt GMO-Gegner, dass diese bei weiterer Verzögerung der Reis-Einführung Millionen von Menschen in den Entwicklungsländern zu einem vorzeitigen Tod verurteilen.
Peter Melchett hingegen kontert, dass GMO der Kuckuck im Nest sei. Die Welt bräuchte Landwirtschaft, die den Bauern in der Welt diene, Nahrungsmittel zu erzeugen und nicht Landwirtschaft, die Profite für Bayer, Syngenta und Co. produziere.
“Deine Nahrung sei dein Heilmittel” soll Hippokrates, griechischer Arzt, gesagt gaben, doch da gab es noch nicht Syngenta, Monsanto und co.
Netzfrau Lisa Natterer
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