Pflege – Wir fordern: Menschenwürdiger Umgang mit ‪Pflegebedürftigen, ‪Kranken und‪ Pflegekräften

Im Grundgesetz steht geschrieben, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

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Trotz erstellter Pflege-Charta ist die Pflege, so wie sie eigentlich sein sollte, nur schwer zu realisieren. Fast überall geht alles nach Zeit. Auf die Minute genau! Dabei sollte sich die Pflege mit Körper UND Geist befassen – mit dem Menschen.

In zehn Jahren wird es 3,4 Millionen Pflegebedürftige bundesweit geben, eine Million mehr als heute. Kritiker sprechen von katastrophalen Zuständen, doch verlässliche Studien gab es bislang kaum.

Abgezockt im Altenheim

Intransparenz, Betrug und Korruption. Laut einer Studie von Transparency International Deutschland zählen für Pflegedienstleister Gewinne mehr als das Wohl ihrer Patienten. Manche Anbieter verkauften ihre Kunden sogar weiter. Derweil erhält das Personal Unterstützung aus Asien.

Immer mehr Deutsche sind auf Pflegekräfte angewiesen. Die Branche boomt.

Es gebe zu wenig Kontrollmöglichkeiten und jede Menge Optionen, die Abhängigkeit von Menschen mit Pflegebedarf wirtschaftlich auszubeuten, hieß es bei der Vorstellung der Studie in Berlin.

Heime werden regelmäßig geprüft – doch die Noten sagen wenig. Das soll sich mit dem neuen Pflege-TÜV ändern. Doch die Kritiker des Pflege-TÜVs haben Recht: Mit Kuschelnoten und weich gespülten Berichten des Medizinischen Dienstes ist Pflegebedürftigen und deren Angehörigen nicht geholfen.

Dass auch künftig vorwiegend die Papiere und nicht die Patienten begutachtet werden, ist ein Skandal.

Ich gewähre Ihnen nun einen Einblick in meinem Berufsalltag als Pflegekraft –

Am Ende des Artikels werde ich Ihnen die Frage stellen, ob Sie so als Pflegebedürftige (r) oder Pflegekraft behandelt werden wollen.

Im Oktober 2010 finf ich in diesem Haus an zu arbeiten. Frisch vom Helferinnen-Kurs beim Maltheser. Ohne groß eingearbeitet zu werden. Dennoch lief bis zum Frühsommer 2011 alles ordnungsgemäß ab, mit kleineren Hindernissen. Das Haus hatte im Februar 2010 erst eröffnet. Es gab genügend Personal, Helfer wie Fachkräfte, auch Küche und Hauswirtschaft waren personell gut bestückt.
Die Aufgaben waren klar verteilt. Zur Not packte schon mal unsere damalige PDL und sogar der damalige Heimleiter mit an.

Durch diverse Ausfälle im Personal (Krankheit und Kündigungen) und auch durch den Wechsel der Heimleitung kam es ab Frühsommer 2011 vermehrt zu gravierenden Engpässen.

Das Personal machte Doppelschichten, teilweise arbeitete PP alleine auf Stationen mit bis zu 34 Bewohnern, eine Fachkraft war für vier Stationen, darunter der beschützte Wohnbereich, zuständig. Allerdings hatten wir damals noch sehr gute Fachkräfte, sodass die Helfer sich nicht um deren Arbeit kümmern mussten. Tabletten teilten wir aber damals schon aus, einfach um die Fachkräfte zu entlassen.

Seitens der Heimleitung gab es Aussagen gegenüber dem PP *a la „da müssen wir jetzt durch“ und „wenn’s Ihnen nicht passt, können Sie ja gehen, wir halten niemanden“ diese Aussagen wurden übrigens auch gegenüber den Angehörigen unserer Bewohner getätigt und werden bis zum heutigen Tag gemacht.

Ebenso sei das Personal unfähig, faul, mache nur Pause, sei motivationslos, weswegen die wöchentliche Dusche, immer saubere Betten etc. nicht gewährleistet seien. Wie gesagt, zu diesem Zeitpunkt war es keine Seltenheit, dass 1 PK für bis zu 34 Bewohner alleine zuständig war……

Zu dieser Zeit kam es auch vermehrt zu Stürzen, besonders im Demenzbereich. Wir hatten einen Dienstplan für das ganze Haus. In der Frühe wurde sämtliches PP in einer Station gezählt und je nachdem auf 4 (!) Stationen verteilt. Ab und zu waren wir nur zu sechst für vier Stationen. Im Spätherbst kam endlich der Aufnahmestopp durch die Heimaufsicht, das Personal atmete auf.

Durch Einsatz von Zeitarbeitskräften und freiberuflichen Fachkräften gelang es dann auch wieder ETWAS Ordnung in das Ganze zu bringen. Nach drei Monaten wurde dieser Aufnahmestopp wieder aufgehoben.

Um wieder Geld in die Kassen zu bekommen, wurde das Haus auch sehr schnell bis auf den letzten Platz belegt, und eigentlich ging es da schon wieder bergab.

Viele fähige und sehr gute MA hatten bereits gekündigt und auch viele Zeitarbeitskräfte mussten wieder gehen.
Mit mehreren freiberuflichen MA hielten wir uns einigermaßen über Wasser.
Befristete Verträge wurde nicht mehr verlängert, auch von sehr gutem Personal, sodass schleichend wieder Personalmangel anstand.
Fachkräfte, die eingestellt wurden, wurden nicht richtig angelernt. Kurz nach Aufhebung des Aufnahmestopps herrschte wieder die Situation, dass die FK über mehrere Stationen laufen mussten.

April/Mai 2012 
Um dem Personalmangel entgegen zu wirken, wurden nun vermehrt PK aus Polen und Litauen geholt.
Teilweise Fachkräfte (stehen auch so auf dem Dienstplan), deren Examen hier nicht anerkannt ist, und Kräfte, die kaum Deutsch sprechen. Deutschkurse werden zwar besucht, aber zeigen bis jetzt wenig Wirkung. Kommunikation mit den Ärzten, Angehörigen und den Bewohnern ist dadurch kaum möglich.
Auch die Arbeit an der Doku ist mit mangelndem Deutsch nicht zu bewältigen, ebenso Medikamente bestellen, oder Medikamente ordnungsgemäß stellen.
Einarbeitung fand auch hier kaum statt. Unsere polnischen MA, auch mit nicht anerkanntem Examen, sollten aber hier sofort und ohne Einarbeitung sämtliche Fachkraftarbeit übernehmen, was, wie oben beschrieben, gar nicht möglich ist.

Mittlerweile läuft es so, dass wir Helfer Tabletten stellen, Arztvisiten machen, Ärzte anrufen, Behandlungspflege machen, in der Pflege mitarbeiten (teilweise 2 oder 1 PK im Frühdienst) Essen austeilen, eben alles, was so anfällt. Die Betreuung der Bewohner und die Kommunikation mit ihnen kommt dabei zu kurz bzw. findet gar nicht mehr statt.

Die Bewohner können rein zeitlich weder geduscht (übrigens Waschlappen haben wir auch nie genug zur Verfügung) noch richtig mobilisiert werden. Teilweise werden die Ärzte nicht angerufen wie im Fall einer Bewohnerin, die blutdrucksenkende Mittel bekam und es sollte zweimal am Tag RR gemessen werden, dieser wurde von unsern polnischen MA auch immer schön eingetragen durchschnittlich einen RR von 90/50 teilweise 90/45 über einen Monat lang, hinzu kam eine Gewichtsabnahme von ca. 6 Kilo in einem Monat. Als ich dieses dann zufällig sah, sprach ich die polnische Fachkraft darauf an, ob die Ärztin informiert sei. Dies war nicht der Fall, sodass ich dies übernahm.

Die Bewohnerin befindet sich mittlerweile im Krankenhaus. Eine andere Bewohnerin hatte Bindehautentzündung, trotz Info an die Fachkraft wurde der Arzt eine Woche später von mir informiert, da es bis dahin niemand getan hatte (ich hatte ein paar Tage frei gehabt).

Wieder ein anderer Bewohner klagte bei mir seit Tagen über Schwindel und fragte, ob die Ärztin bald kommen könnte. Diesem Bewohner wurde weder Blutdruck gemessen (er bekam blutdrucksenkende Mittel) – RR war, als ich maß, 90/50 – noch wurde die Ärztin informiert. Auch dieses Mal musste ich das übernehmen.

Medikamente fehlten, die nicht nachbestellt und dann einfach nicht mehr gegeben wurden. Dies übernahm ich dann auch. Oder es waren Medikamente vorhanden, im speziellen Fall blutdrucksenkende Mittel, die bei Bedarf gegeben werden sollten, was aber nie jemand eingetragen hat, noch wurde bei dieser Bewohnerin ab und an mal RR gemessen. Auch das musste ich erst mal anleiern. Behandlungspflege wie RR Messen oder BZ messen etc. wurde regelmäßig vergessen.

Die Trinkprotokolle, die Freiheitsentziehenden Massnahmen, die Dokus werden nicht mehr geführt (teilweise mit Pausen von fast einem Monat), wenn das deutschsprachige Personal frei hat. Ärzte werden nicht bestellt, kein Krankentransport, alles in allem blieb die Fachkraft und die WBL Arbeit so lange liegen, bis ich oder meine Kollegin (auch Helferin) wieder im Dienst war. Unsere Bewohner bauten extrem ab, wir konnten und können das nicht mehr auffangen. Wir arbeiteten bis zur psychischen und physischen Erschöpfung. Beschwerde bei der PDL: „da müssen wir jetzt durch, und die Fachkräfte sollen wir anlernen“.

Ich informierte dann Mitte Juli die Heimaufsicht über die Zustände. Inzwischen herrscht wieder Aufnahmestopp, das Heim ist aber fast voll. Immer noch laufen die MA teilweise alleine auf der Station, auf einer Station mit mindestens fünf Pflegestufen drei Patienten zu zwei.
Auch in der Demenzabteilung wird wieder mit 1 PK gearbeitet. Seitens der PDL und der Heimleitung wird zwar Hilfe angeboten, aber nicht geleistet. So hat unser PDL noch nie Tabletten gestellt geschweige denn ausgeteilt oder in der Pflege einen Finger gerührt.

Erneuter Anruf bei der Heimaufsicht. Mir wurde gesagt, wir hätten ja jetzt Aufnahmestopp und sie können ja auch kein Personal herzaubern.
In diesem Haus wird massiv gefährliche Pflege betrieben und seitens der Heimleitung auch noch toleriert, bzw. laut Heimleitung trägt das Personal Schuld daran.

In diesem Haus gibt es übrigens nicht einen einzigen Stehlifter zur Entlastung des Personals.

Inzwischen ist eine neue Heimleitung da, seit Januar. An der Personalsituation hat sich allerdings noch immer nichts geändert, das Personal läuft immer noch teilweise alleine auf den Stationen.
Übrigens hat dieses Heim im August 2012 die Benotung 2,3 erhalten. 

Nun frage ich Sie, möchten Sie so behandelt werden?

Warum fordern wir?
Weil wir so nicht behandelt werden möchten, dass das ja wohl das mindeste ist, was ein Mensch/jeder Mensch verdient hat – Menschenwürdiger Umgang.

Rechte und Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen müssen im Mittelpunkt der Pflege stehen.

Trotz erstellter Pflege-Charta ist die Pflege, so wie sie eigentlich sein sollte, nicht zu realisieren. Fast überall geht alles nach Zeit. Auf die Minute genau!
Die Pflege-Charta wurde unter anderem auch von der Bundesregierung initiiert , finanziert und beworben, aber die Gesetze wurden nie dementsprechend angepasst.

Bitte unterzeichnen Sie diese Petition Mehr Respekt, Anerkennung und Würde für Pflegebedürftige und Pflegekräfte

Pflegebedürfigkeit betrifft momentan 2,25 Millionen Menschen der Bevölkerung in Deutschland. Aufgrund des demographischen Wandels ist in den nächsten Jahrzehnten ein enormer Anstieg der Pflegebedürftigen zu erwarten, für 2030 werden bereits 3,3 Millionen pflegebedürftige Menschen prognostiziert. Im Gegenzug nimmt die Zahl der Beitragszahler und potentieller Pflegekräfte weiter ab.

„Der Nächste bitte!“ – Pflegenotstand Krankenhaus

Für weitere gemachte Erfahrungen in dem Bereich Pflege sind wir dankbar, werden diese auch auf Wunsch vertraulich behandeln.

Netzfrau Tania

„Galten nicht früher wir Alten als Weise
und wurden wir nicht für unser Wissen verehrt?
Heut sind wir für euch doch nur noch Greise
um die kein Mensch sich mehr schert

Einst waren wir da, um die Jungen zu lehren
Heut will man uns nicht mal mehr sehn
Kein Mensch scheint sich um mich und mein Wissen zu scheren
Was ist nur mit der Menschheit geschehn?

Ich hätt euch so viel zu erzählen und sagen
doch ihr habt keine Zeit und wollt es nicht hörn
Ach würdet ihr nur mal kurz nach mir fragen
Ich könnt soviel Dummheit zerstörn!“

(c) Netzfrau Petra Bezen

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