Der Traum vom sauberen Wasser – Das Recht auf Wasser ist ein Menschenrecht! Wasser ist zu einem ‚Big Business‘ verkommen und daher eine Menschenrechtsverletzung.
Profitgier: Nestlé erfindet wieder mal das Wasser neu, diesmal für reiche Frauen.
Einfach aufdrehen und schon sprudelt es frisch aus dem Wasserhahn. Für uns selbstverständlich, für 1,1 Milliarden Menschen auf der Welt ein Wunschtraum. Jährlich sterben 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Durchfall, weil sie verschmutztes Wasser getrunken haben oder weil Sanitäranlagen fehlen. So sind laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) beispielsweise die Bewohner der Slums von Jakarta, Manila oder Nairobi nicht ans öffentliche Wassernetz angeschlossen und somit abhängig von Wasserhändlern. Dabei müssen sie fünf bis zehn Mal so viel für ihr Trinkwasser ausgeben wie die wohlhabenden Bürger der Stadt.
Wasser wird zu einem globalen Markt – Spekulationsobjekt
Sie entsalzen Wasser, stellen Pumpen her, legen Wasserleitungen: Energieversorger und Unternehmen der Wasser- und Abwasseraufbereitung tummeln sich seit einigen Jahren verstärkt auf dem Wassermarkt. Hoch gehandelt wurden im Jahr 2007 die Aktien der Konzerne Veolia und Bio-Treat. „Gute Geschäfte mit blauem Gold“, titelte im Oktober 2007 „Focus-Money“ in seiner Online-Ausgabe. Das Finanzmagazin riet, verstärkt in die „nasse“ Börsenspekulation einzusteigen:
„Anleger, die in den vergangenen drei Jahren in Wasseraktienfonds investierten, mehrten ihr Investment um bis zu 75 Prozent.“ Ermutigt vom Trend zur Wasseraktie, brachte der Energiegigant RWE seine Tochter American Water im April 2008 an die Börse.
Ja, Sie lesen richtig: Die Anlagethemen bei Wasser sind folglich vielfältig; auch branchenübergreifende Nachhaltigkeitsfonds investieren. Auch im deutschsprachigen Raum wird mit Wasser spekuliert, zwölf reine Wasserfonds existieren, meist älter als fünf Jahre mit oft breiten Portfolios von Firmenbeteiligung. Ihre Wertentwicklungen über fünf Jahre reichen von plus 57 bis 119 Prozent.
Menschen und Unternehmen leiden unter „Wasserstress“
Die Konzerne bereiten sich vor – Wasserknappheit! Der „Krieg“ um Wasser hat längst begonnen und da zählen Menschen nur noch aus Profitgier!
Die Nichtregierungsorganisation Oxfam prangert diese Verantwortungslosigkeit mit dem Wasser an. Sie führt in der Studie „Behind the Brands“ vom Februar aus, in Pakistan stehe Nestlé als Verursacher für sinkende Grundwasserspiegel und steigende Wasserkosten in der Kritik. Das Unternehmen fülle dort Trinkwasser in Flaschen ab und habe einen Marktanteil von 50 Prozent. (Siehe auch unser Beitrag: Profitgier! Nestlé hat Wassernutzungsrechte erworben und lässt Fabriken bewachen und einzäunen!)
Das Recht auf Wasser ist ein Menschenrecht! Doch Nestlé erfindet das Wasser immer wieder neu, diesmal für reiche Frauen.
Trinkwasser läuft nicht nur aus Wasserleitungen. Es lässt sich abgefüllt auch teuer verkaufen. Genau das macht der Lebensmittelriese Nestlé. Mit weitreichenden Folgen für Mensch und Natur. Im US-Bundesstaat Colorado, im Chaffee County, besitzt Nestlé Waters die Rechte an einer der besten Trinkwasserquellen der Gegend.
Die Abpumpstation des Lebensmittelkonzerns liegt etwas außerhalb des Städtchens Salida. Dort wird das Wasser für die Marke „Arrowhead“ gefördert, 675 000 Liter sind es pro Tag. Das Wasser der Quelle ist ganz normales Trinkwasser.
Zusätzlich wird in der Nähe von Denver auch Wasser für „Pure Life“ abgefüllt, der Kassenschlager-Marke des Konzerns. Dabei handelt es sich um ganz normales Leitungswasser. Nestlé zahlt etwa zwei Cent für vier Liter und verkauft das dann für zehn Dollar.
Nun erfand Nestle´ was neues – ein Edelwässerchen
Darauf habe die Welt gewartet, macht sich die «Huffington Post» lustig: «High-End-Wasser für Frauen.» Zum Glück komme nun Nestlé und fülle die offensichtliche Lücke im Markt für Premiumwasser, so die Onlinezeitung. Tatsächlich lanciert der Schweizer Konzern dieser Tage in den USA Resource – ein Quellwasser, das dank «natürlich vorkommenden Elektrolyten» die Erleuchtung bringen soll, wie die Werbung.
Elektrolyte gibt’s weitgehend gratis, im Trinkwasser ab Wasserhahn. Elektrolyte sind nichts anderes als Mineralstoffe, die in jedem natürlichen Wasser vorkommen; das elektrolytarme Regenwasser reichert sich während der Bodenpassage kontinuierlich mit Mineralien an. Aber gutes Marketing ist alles, die Positionierung als Lifestylegetränk ermöglicht vieles. Hauptsache, der Konsument glaubt’s.
Sogar die «New York Times» staunt, wie robust sich der US-Markt für abgefülltes Wasser zeigt: «Leitungswasser kostet nichts, aber selbst in Krisenzeiten kaufen die Konsumenten Flaschenwasser wie wild. In den USA stiegen die Verkäufe 2012 um 6,7 Prozent auf 11,8 Milliarden Dollar.
Und so einfach geht das:
Nestlés Wassersparte ist die Nummer eins in den USA und deckt rund ein Drittel des Marktes ab. Mit lokal abgefüllten Marken wie Pure Life, Poland Spring oder Deer Park beliefert der Konzern den Massenmarkt, die exklusivere Kundschaft wird mit den Konzernmarken San Pellegrino aus Italien und Perrier aus Frankreich bedient. Spezialausgaben wie die Bulgari Limited Edition mit Goldetikette machen aus gewöhnlichem italienischem Mineralwasser ein Objekt angesagten Lifestyles.
Ob Nestlés Rechnung aufgeht? Es ist davon auszugehen, denn vor der landesweiten Lancierung in den USA wurde das Elektrolytwasser in mehreren Bundesstaaten verkauft. Erfolgreich.
Arbeit bei Nestlé, aber nicht ausreichend Wasser
Doch wie schaut es aus, dort wo sich die gewinnträchtigen Wasserquellen von Nesté befinden?
In Südafrika zum Beispiel ist ein Slum neben einer Wasserfabrik. Dort gibt es kein Wasser.
Seit 2011 wird sie wirtschaftlich von Nestlé genutzt. 282 000 Liter Trinkwasser werden täglich in Flaschen abgefüllt und abtransportiert. Der unterirdische Schatz heißt abgepackt nun „Pure Life“. Nicht weit entfernt von der Fabrik gibt es eine Siedlung – eher einen Slum. Die Menschen dort leben inmitten von Müll, Ratten, Toiletten ohne Wasseranschluss und ohne fließendes Trinkwasser.
Nestlé, das Wasser abgräbt – Kinderarbeit, u. v. m., erhielt erst 2011 die Wasserlizenz für Doornkloof, eine der besten Trinkwasserquellen Südafrikas, zur Abfüllung ihrer Marke „Pure Life“. Sie läuft zwanzig Jahre. Mindestens so lange darf Nestlé dort exklusiv das Wasservorkommen ausbeuten: 103 Millionen Liter im Jahr.
Wie kann es sein, dass Menschen nur 400 Meter entfernt von einer Quelle leben und selbst von Wasser abgeschnitten sind?
Die südafrikanische Regierung wird von der „Water Resources Group“, einer Lobbygruppe der weltweit größten Getränkehersteller beraten, deren Vorstandsvorsitzender der Verwaltungsratschef von Nestlé ist.
«2030 Water Resources Group». In ihr haben sich 2008 die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation, das Beratungsunternehmen McKinsey, die Konzerne Nestlé, Syngenta, Barilla, Coca-Cola, der Bierbrauer SABMiller, die Standard Chartered Bank und New Holland Agriculture organisiert, um gemeinsam nach Lösungen für die Entschärfung der Zeitbombe Wassermangel zu suchen.
Die Weltbank hat dann Ende Oktober 2011 das Unternehmen „2030 Water Resources Group Phase 2 Entity“ in Kooperation mit den Konzernen Nestlé, Coca Cola, Veolia und anderen gegründet. Zum Leiter der Gruppe wurde Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe ernannt. Globalisierungskritiker befürchten zurecht, es handele sich hierbei um eine „Kampagne der privaten Wasserindustrie, sich mithilfe der Weltbank Finanzmittel und Glaubwürdigkeit zu verschaffen.
Bis heute hat WRG 2030 mit folgenden Regierungen gearbeitet oder arbeitet derzeit mit ihnen:
- Südafrika, Department of Water Affairs (DWA)
- Indien, National Planning Commission
- Indien, Landesregierung von Karnataka
- Mexiko, Comisión Nacional del Agua (CONAGUA)
- Peru, Autoridad Nacional del Agua (ANA)
- Mongolei, Wasserbehörde
- Jordan, Ministerium für Wasser und Bewässerung und das Ministerium für Planung und internationale Zusammenarbeit
Bilaterale Geber und multilaterale Entwicklungsbanken (MDB):
WRG 2030 ergänzt die Arbeit der Wassersektor Entwicklungsagenturen und anderen Institutionen.
- Inter-American Development Bank (IADB)
- International Finance Corporation (IFC)
- Swiss Agency for Development and Cooperation (SDC)
- Swedish International Development Cooperation Agency (SIDA)
- United States Agency for International Development (USAID)
- The World Bank
Private sector:These partners are:
- Nestle
- PepsiCo Inc
- SABMiller plc
- The Coca-Cola Company
CSOs that partner with 2030 WRG are:
- World Wildlife Fund (WWF) !!
Weltbank, Nestlé und Coca-Cola: gemeinsam gegen die Wasserkrise
«2030 Water Resources Group» Die Zahl 2030 steht dabei für den zeitlichen Horizont ihrer ersten, der 2009 Washington veröffentlichten Studie. Demnach steigt der weltweite Wasserverbrauch von heute 4500 Milliarden Kubikmetern bis zum Jahr 2030 auf 6900 Milliarden Kubikmeter. Dieser Wert liegt 40 Prozent über dem heute zuverlässig verfügbaren und auch aus ökologischer Sicht nachhaltig nutzbaren Wasserangebot.
Anders gesagt: Das Wasserproblem ist eng verbunden mit dem Anbau und der Produktion von Nahrungsmitteln. Deshalb engagieren sich Konzerne wie Nestlé oder Syngenta in der Sache. Sie sind sich darin einig, dass die Welt der Verknappung der Ressource Wasser in Zukunft anders begegnen muss – oder wie Nestlé, der Konzern erfindet das Wasser immer wieder neu, diesmal für reiche Frauen.
Mehrere Weltkonzerne liefern sich ein Wettrennen um die besten Trinkwasserquellen der Welt – allen voran Coca Cola, Pepsi und Nestlé, der größte Lebensmittelhersteller der Erde. Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht, erklären die Vereinten Nationen. Die Getränkehersteller halten es dagegen für „blaues Gold“, ein Produkt, das seinen Preis haben müsse, das haben auch schon diverse Investoren erkannt, die mit unserem kostbaren Wasser spekulieren.
Individualbeschwerden – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
Verwunderlich ist es, dass kaum jemand offen für ein Menschenrecht auf Wasser streitet.
1998 eröffnete das 11. Zusatzprotokoll jeder Person der Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, im Falle der Verletzung eigener Menschenrechte, Klage vor dem EGMR zu erheben.
Das Recht auf Wasser ist ein Menschenrecht!
Wasser ist eines der kostbarsten Güter der Welt und mit einem Sonderstatus versehen: Die Vereinten Nationen haben Wasser zum Menschenrecht erklärt. Das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser ist am 28. Juli 2010 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt worden. Bolivien und 33 andere Staaten haben die Resolution 64/292 in die Vollversammlung eingebracht.
Einklagbar ist es jedoch nicht und solange die Konzerne wie Nestlé das „Sagen“ haben, wird es auch nicht einklagbar- das muss sich ändern!
Eine unzureichende Trinkwasser-, Abwasser- und Basissanitärversorgung zieht Krankheit, Armut, Umweltzerstörung und wirtschaftliche Stagnation nach sich. Verändert sich der Umgang mit Wasser nicht grundlegend, wird im Jahr 2015 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung unter Wasserarmut leiden.
Wasser ist zu einem ‚Big Business‘ verkommen und daher eine Menschenrechtsverletzung.
Netzfrauen Doro Schreier
Das könnte Sie auch interessieren:
“Nestlégate” Kritik unerwünscht! Wegen Flyern gegen Nestlé – Polizeieinsatz an der Uni