Journalisten müssen jetzt „aufgeben oder kämpfen“

© 2013 Massimo Lanciani

© 2013 Massimo Lanciani

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Was ist wirklich in Obamas Amtszeit geschehen? Was ist übrig geblieben von dem einst als Hoffnungsträger für Frieden und Freiheit gefeierten Mann?

Aus seiner Rede als Nobelpreisträger 2010: „Es sei die Aufgabe aller freien Menschen, den Unfreien und Bedrückten zu versichern: “Hope and history are on your side”, Hoffnung und Geschichte sind auf eurer Seite“, sagte er. Auch wenn die Menschheit mit sich selbst oft im Streit liege, es gebe da “the law of love”, das Gesetz der Liebe.

Doch der Nobelpreis war bisher kein Preis fürs Redenhalten, auch keine Auszeichnung für Ankündigungen. Nicht das Wort, auch nicht das geistreiche, das geschliffene Wort, sondern die Taten wurden bisher geehrt.

Er sprach von den Bürgerrechten, ohne die ein Frieden kein richtiger Friede sei. “Just peace” sei nicht genug.

Wenn der Friedensnobelpreis für außergewöhnliche Reden verliehen würde, Barack Obama hätte ein Dutzend davon verdient.

Ein US-Präsident muss bereit sein, seine Ziele mit allen nur erdenklichen Mitteln zu erreichen, das erreicht er aber nicht mit außergewöhnlichen Reden.

In seiner Amtszeit entstand die Occupy-Bewegung – die Demonstrationen in vielen Städten der USA, in denen die Menschen ihre Kritik an den Banken ausdrückten.

Occupy-Wall-Street, ob Oakland oder New York – die Polizei verschärfte ihr Vorgehen gegen die Demonstranten. 2011 war erstmalig das Jahr des Pfeffersprays, obwohl Obama noch 2010 in seiner Nobelpreisrede sagte: „Bürgerrechte, ohne die ein Frieden kein richtiger Friede sei“. Die Realität sieht anders aus – wenn man gegen Demonstranten vorgeht, greift man zu Reizgas, das harmlos aussieht, aber töten kann.

Wie sagte ein von der Front heimgekehrter amerikanischer Soldat, der nur durch Zufall gerade am dem Ort war, als die amerikanische Polizei sich mit Wasserwerfern und Pfefferspray auf die meist jungen Demonstranten stürzte: Er hätte für sein Vaterland in Irak gekämpft, nun kommt er nach Hause und wird von seinen eigenen Brüder angegriffen, schämt euch.

Ja, viele Bilder der Proteste und die zunehmende Gewaltbereitschaft der Polizei zeigen, dass Kritik an der Regierung nicht erwünscht ist. Und im Juni, kurz bevor Obama Deutschland einen Besuch abstatten wollte, trat ein 29-jähriger Edward Snowden aus dem Schatten, und mit ihm die massive Daten-Sammlung des US-Geheimdienstes NSA.

„Herr – Snowden – ist – kein – Whistleblower.“ Vielmehr werfe man ihm vor, Geheimmaterial veröffentlicht zu haben, weshalb er dreier Straftaten beschuldigt sei. „Er sollte so schnell wie möglich an die USA übergeben werden, wo er nach Recht und Gesetz behandelt werde“, so die USA. Über den Verlauf haben wir informiert.

Früher sagte man ›my home is my castle‹ – das ist heute nicht mehr wahr. Heute können wir nicht mehr davon ausgehen, dass wir zu Hause vor Überwachung sicher sind. Wir sind so stolz auf unsere modernen Kommunikationsmöglichkeiten, aber damit gehen auch ungeheuerliche Ausspähungen einher wie die durch die NSA. Es geht längst nicht mehr nur um Kommunikation; denn ausspioniert wird offenbar viel mehr, wie beispielsweise unsere täglichen Aufenthaltsorte. Es betrifft inzwischen immer größere Bereiche unseres privaten Lebens. (S. Snowden-Leak: Handygate weltweit – und andere Enthüllungen und Die spinnen die USA – Ist denn nun jeder Terrorist?)

Wolfgang Jung  hat den folgenden Artikel komplett übersetzt und mit Ergänzungen und Links  mit Klammern und Hervorhebungen versehen. Er schreibt: „Zum Glück gibt es noch Journalisten, die ihren Job ernst nehmen und sich weder von der Schere im Kopf noch durch Druck von außen daran hindern lassen, auf Missstände und drohende Gefahren aufmerksam zu machen.“ Danke, Wolfgang, so ist es.

Anschließend drucken wir den Originaltext ab.

Journalisten müssen jetzt „aufgeben oder kämpfen“
James Risen (s. http://en.wikipedia.org/wiki/James_Risen ), ein Reporter der New York Times, dem eine Gefängnisstrafe droht, weil er sich geweigert hat, seine Quellen preiszugeben, warf der US-Regierung am Donnerstag in einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte vor, die Pressefreiheit einzuschränken, und forderte seine Journalisten-Kollegen auf „zu kapitulieren oder zu kämpfen“.

Risen sprach im November im Berdahl Auditorium der Stanley Hall vor etwa 300 Rechtsanwälten, Journalisten und anderen Zuhörern in einer Veranstaltung zu dem Thema „Strafverfahren gegen die Presse“, zu der die UC Berkeley Graduate School of Journalism eingeladen hatte (weitere Infos zu dieser berühmten Journalistenschule unter http://en.wikipedia.org/wiki/University_of_California,_Berkeley_Graduate_School_of_Journalism). Außer ihm redete auch noch Lowell Bergman, der Direktor des Fachbereichs „Investigativer Journalismus“ dieser Schule.

Risen sagte, wegen des mangelhaften Schutzes für Journalisten, die sich wie er mit Fragen der nationalen Sicherheit beschäftigen, habe ihn die US-Regierung auffordern können, seine Quellen zu offenbaren; diese Forderung bedrohe aber die Pressefreiheit.

„Das wirft die grundsätzliche Frage auf: Können wir Journalisten einem Informanten, der Regierungsinterna weitergeben, aber anonym bleiben möchte, überhaupt noch Vertraulichkeit zusichern?“ fragte er ins Publikum, in dem auch prominente Gäste wie Daniel Ellsberg saßen; der bekannte Whistleblower hatte 1971 der New York Times die „Pentagon-Papiere“ zugespielt (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Ellsberg ).

Risen droht eine Haftstrafe, weil er 2008 nicht bereit war, vor der Jury eines Bundesgerichts gegen den ehemaligen CIA-Offizier Jeffrey Sterling auszusagen. Sterling war beschuldigt worden, geheime Informationen weitergegeben zu haben, die Risen in einem Kapitel seines 2006 erschienenen Buches „State of War: The Secret History of the CIA and the Bush Administration“ (Kriegszustand: Die geheime Geschichte der CIA und der Regierung Bush) verarbeitet haben soll.

Risens Rechtsanwälte wollen vor dem U.S. Supreme Court (Infos dazu s. http://de.wikipedia.org/wiki/Oberster_Gerichtshof_der_Vereinigten_Staaten) Berufung gegen die drohende Haftstrafe einlegen.

Risen erklärte, seine anfängliche Verwunderung über die Vorladung (mit der er zu einer Aussage gegen seinen vermuteten Informanten gezwungen werden sollte) sei geschwunden, als Präsident Barack Obama immer mehr Sicherheitsgesetze der Bush-Administration übernommen habe, mit denen nach den Ereignissen am 11. 09. (2001) die Pressefreiheit eingeschränkt worden sei.

„Als ich in den 1990erJahren anfing, mich mit der CIA zu beschäftigen, waren die Spielregeln noch klar“, führte er aus: „Wenn man eine Story schrieb, über die sich die Regierung ärgerte, suchte sie zwar nach dem Leck, ließ den Schreiber aber in Ruhe. Er hatte nichts zu befürchten.“

Durch die zunehmende Strafverfolgung von Journalisten werde der Reporter immer mehr zum Guerilla-Kämpfer, beklagte Bergman. Ohne ein neues Medienschutzrecht werde man ganz neue Wege gehen müssen, um Informanten Vertraulichkeit garantieren zu können.

Als er gefragt wurde, ob er um sein Wohlergehen besorgt war, als sein Buch erschienen sei, antwortete Risen, er habe lange überlegt, ob er das Buch überhaupt veröffentlichen solle.

Er sei aber zu dem Ergebnis gekommen: „Wenn ich diese Story nicht rausbringe, kann ich nicht mehr als Journalist arbeiten. Ein Reporter muss veröffentlichen, was er herausgefunden hat.“

Die Veranstaltung war die erste in einer Reihe, die von der Graduate School of Journalism zum bevorstehenden 50. Jahrestag der Gründung der Bewegung zum Schutz der Redefreiheit durchgeführt wird. 

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It Is Time For Journalists To “Surrender Or Fight.”

Von Savannah Luschei – Information Clearing House, 18.11.13

Prosecuted New York Times Reporter Speaks at Journalism School Event

By Savannah Luschei

November 18, 2013 „Information Clearing House – James Risen, the New York Times reporter facing imprisonment for refusing to disclose his sources, denounced the federal government’s infringement on the press in a rare public appearance Thursday, saying it is time for journalists to “surrender or fight.”

Risen spoke to a crowd of about 300 lawyers, journalists and others at Berdahl Auditorium in Stanley Hall on Thursday evening in a talk hosted by the UC Berkeley Graduate School of Journalism titled “Prosecuting the Press.” He spoke alongside Lowell Bergman, director of the graduate school’s Investigative Reporting Program.

The lack of protection for national security reporters, he said, has allowed the federal government to demand that journalists like him reveal their sources, which threatens the integrity of the press.

“The basic issue is, can we continue as journalists to protect and offer the confidentiality to someone who knows something going on in the government but doesn’t want to go public?” he asked the audience, which included high-profile guests such as Daniel Ellsberg, the whistle-blower responsible for leaking the Pentagon Papers to the New York Times in 1971.

Risen faces incarceration after refusing to comply with a 2008 subpoena issued by a federal grand jury demanding that he testify in the case of former CIA officer Jeffrey Sterling. Sterling is charged with allegedly leaking information included in a chapter of Risen’s 2006 book, “State of War: The Secret History of the CIA and the Bush Administration.”

Risen’s lawyers are preparing an appeal for the U.S. Supreme Court.

Risen said his initial surprise at the subpoena subsided as President Barack Obama adopted more and more national security laws established by the Bush administration, using the events of 9/11 to increase federal scrutiny of journalists.

“When I first started covering the CIA in the ’90s, everyone knew what the game was,” he said. “You would write a story, the government would be upset, they would do a leak investigation and you never heard about it. Nobody wanted to go to war.”

The increased prosecution of journalists, Bergman said, will turn reporting into “more of a guerilla war.” Without a media shield law, “we are going to have learn new ways to truthfully ensure confidentiality,” he said.

When asked about whether he was concerned about his own well-being, Risen said he thought about it for a long time before he decided to publish his book.

“I thought, I either publish these stories or I’m getting out of journalism,” he said. “The default position for a reporter should be to publish.”

The talk is a first in a series of events hosted by the Graduate School of Journalism to celebrate the upcoming 50th anniversary of the Free Speech Movement.

Demokratie = Pressefreiheit

Wo nicht unabhängig berichtet werden darf und wo Menschen ihre Meinung nicht frei äußern können, werden auch andere Menschenrechte verletzt. Daher ist die Freiheit zu informieren und informiert zu werden stets auch ein zuverlässiger Gradmesser für die Achtung der universell gültigen Menschenrechte in einem Land.

Netzfrau Doro Schreier

 Pressefreiheit in Gefahr!

deutsche Flagge

Pressefreiheit – Im Sumpf der Geheimdienst-Affäre – erschüttert demokratische Grundwerte
Wer macht die “öffentliche Meinung”? Ein paar wenige Medienkonzerne …

Die spinnen die USA – Ist denn nun jeder Terrorist?

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