„Zucker ist süß für die, die ihn essen, süßer für die, die von ihm Gewinne einstreichen und bitter für jene, die ihn produzieren müssen.“
Wenn die Tatsache erwähnt wird, dass die Deutsche Bank einer der größten, vielleicht sogar der größte Zuckerhändler dieser Welt ist, staunen die Leute nicht schlecht. Warum, fragen sie, engagiert sich eine große Bank als Zuckerhändler?
Zucker zählt zu den wichtigsten Welthandelsprodukten und unterliegt einer ausgeprägten Rohstoffspekulation, da er lange lagerfähig ist und die Vorratsmengen von Jahr zu Jahr schwanken. Investmentbanker, Hedgefonds und andere Spekulanten tun nichts anderes, als die Preise irgend eines Gutes, oder den Preis eines Abkömmlings dieses Gutes, also eines Derivates, so schnell nach oben zu treiben, dass alle Dummköpfe dieser Welt sehr bald überzeugt sind, dass man mit solchen Papieren Geld verdienen kann. Wenn dann die Dummköpfe in die Märkte einsteigen, steigen die smarten Investmentbanker und Hedgefondsmanager aus.
Das Dumme ist aber, dass die Spekulationen mit Derivaten auf Zucker ganz eindeutig sehr großen Einfluss auf den Preis für Zucker haben.
Landwirtschaft/Zucker: Auftrag für Zuckerwerk an indischen Investor vergeben
Aktuelles Beispiel von Ende November 2013: Der Auftrag für den Bau einer Zuckerfabrik mit einem Investitionsvolumen von € 25,48 Mio. wurde an die indischen Investoren der Firma Rajarambapu Group of Companies vergeben. Der Komplex soll in Lorigorian/Transmara errichtet werden. Ein entsprechendes Memorandum of Understanding wurde zwischen dem Investor und der lokalen Provinzregierung bereits unterzeichnet.
Für das Vorhaben steht in der genannten Region eine landwirtschaftliche Fläche in einer Größe von 20 000 ha zur Verfügung, die für die Aufzucht von Zuckerrohr genutzt werden kann. Darüber hinaus plant die Provinzregierung eine zweite Zuckerfabrik, die in Emurua Dikkir stationiert sein soll. Für diesen Zweck werden zurzeit noch Investoren gesucht.
Quelle: afrikaverein.de
Entwicklung der Welterzeugung von Rohr- und Rübenzucker
Die weltweite Erzeugung von Zucker stieg von einem Niveau von etwa 75 Mio. t zu Beginn der 1970er Jahre auf einen vorläufigen Höchststand im Wirtschaftsjahr 2011/12 von 175 Mio. t.
Die internationale Zuckerorganisation ISO hat nicht nur ihre Prognose für die laufende Saison 2013/14 um 5 Prozent auf 4,7 Millionen Tonnen angehoben, sie erwartet auch den vierten Überschuss in Folge. Hohe Produktionszuwächse sind wohl vor allem in Indien, Thailand und Brasilien zu erwarten.
Ein Überschuss mit gravierenden Folgen für unsere Umwelt durch den massiv steigenden Anbau von Zuckerrohr
Zuckerrohr aus Brasilien
BASF gab 2009 die Kooperation mit der Centro de Tecnologia Canavieira (CTC) im Bereich der Pflanzenbiotechnologie bekannt. Beide Unternehmen wollen ihre jeweiligen Kompetenzen in der Züchtung von Zuckerrohr und der Biotechnologie bündeln. Die Kooperation soll bei der „Produktivität und Qualität von Zuckerrohr einen großen Schritt nach vorn“ ermöglichen und „dazu beitragen, die Position Brasiliens als Weltmarktführer für Zucker, Ethanol und Energie auszubauen“, sagte damals der CTC-Vorsitzende Nilson Zaramella Boeta.
Brasilien erntet jährlich knapp 500 Millionen Tonnen Zuckerrohr und ist damit der weltweit größte Erzeuger. Neben Zucker wird daraus vor allem Bioethanol (!!) hergestellt. Mit der Vereinbarung weitet BASF ihre Biotechnologie-Aktivitäten auf die Zuckerrohrindustrie aus.
Die brasilianische Regierung will mit umfangreichen Finanzierungsmaßnahmen die Ethanolproduktion aus Zuckerrohr weiter stärken. Laut einem strategischen Plan für die Jahre 2012 bis 2015 soll künftig Ethanol der wichtigste Kraftstoff für Autos und leichte Nutzfahrzeuge werden, wie Agra Europe schreibt. Um das Ziel zu erreichen, sollen in den nächsten drei Jahren Finanzierungsmassnahmen durchgeführt werden. Für den Bau neuer Verarbeitungsbetriebe sollen umgerechnet vier Milliarden Euro, für die Erweiterung der Zuckerrohranbauflächen zehn Milliarden Euro und für die Sanierung schon genutzter Flächen 13 Milliarden Euro eingesetzt werden. Die Finanzierung übernimmt die brasilianische Entwicklungsbank. Der brasilianische Ethanolboom ist ungebrochen. http://www.zds-bonn.de/brasilien_zuckerrohranbauflaechen.html
Die Folgen sind verheerend – für Mensch und Umwelt.
In Folge des weltweiten Booms der Agrotreibstoffe sind die brasilianischen Anbauflächen von Zuckerrohr in den letzten Jahren rasant gewachsen. Belief sich die Anbaufläche 2007 noch auf 7 Millionen Hektar so wird nach Schätzungen des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2015 die Zuckerrohr-Anbaufläche 13 Millionen Hektar erreichen.
Diese Entwicklung hat weitreichende ökologische und soziale Folgen. Wenigstens 27% der Ausdehnung fand auf Flächen statt, die zuvor dem Anbau von Lebensmitteln dienten. Die Folge sind Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln, z. B. Bohnen und Reis. Zudem bedroht die Expansion der Zuckerrohrplantagen Waldökosysteme von weltweiter Bedeutung. Im mittleren Westen Brasiliens führt der Zuckerrohr-Boom zu einer ungezügelten Abholzung des Cerrado-Waldes, eines der artenreichsten Waldtypen der Welt. Allein der Bundesstaat Bahia verlor in den letzten Jahren ca. 10 % seiner Cerrado-Vegetation.
Durch eine Ausdehnung des Anbaus von Zuckerrohr (Ethanol) werden einer Studie zufolge Rinderzüchter vor allem im Südosten Brasiliens verdrängt. Sie würden dann in die Nähe des Amazonas-Regenwaldes ausweichen und dort bewaldete Flächen für die Viehhaltung abholzen.
Der Effekt: Die Biotreibstoffe tragen so indirekt zur Regenwaldabholzung bei. Zuckerrohr wäre dabei für 41% der „indirekten Entwaldung“ verantwortlich. Die anderen 59% sind dem Anbau von Soja (Biodiesel) zuzuschreiben.
Zuckerrohr aus Australien
Australien gilt als der weltweit drittgrößte Zuckerexporteur der Welt. Das US-Agrarministerium USDA erwartet, dass Australien im laufenden Vermarktungsjahr (Juli bis Juni) mehr Zuckerrohr als im Vorjahr produzieren wird. Das Land werde voraussichtlich nun 31,5 Millionen Tonnen Zuckerrohr ernten und damit 12,5% mehr als 2011/12, teilte die Regierungsbehörde mit.
Australiens Zuckerindustrie ist zwar nicht in Händen der Großindustrie, aber über 6000 Familien bauen Zuckerrohr hauptsächlich im Osten Queenlands an, mit Farmgrößen zwischen 20 und 250 ha.
In den letzten Jahren ist der schädliche Einfluss der Landwirtschaft, besonders des Zuckerrohranbaus, auf die außerordentlich bedeutsame Korallenwelt des Great Barrier Reefs erkannt worden. Große Mengen Dünger, Sedimente und Insektizide werden besonders in der Regenzeit von den Zuckerrohranbauflächen über Bäche und Flüsse ins Meer gewaschen.
So töten Pestizide alle empfindlichen Lebewesen im fragilen Ökosystem des Riffs – also auch die Korallen. Und da Düngemittel große Mengen an Stickstoff enthalten und Phosphorverbindugen für ein enormes Algenwachstum – die sogenannte Algenblüte – sorgen, wird den Korallen das Licht genommen. Gerade in den Flussmündungen lässt sich der schädigende Einfluss der Landwirtschaft auf das Korallenriff nachweisen.
Zuckerrohr aus Nicaragua
Auch vor Nicaragua macht der Energiehunger nicht halt. So soll laut meinen Recherchen die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG), eine Tochter der KfW-Bankengruppe, 2006 einen Kredit von 10 Mio. US $ an die Nicaragua Sugar S.A vergeben haben. Die Investition soll die Steigerung der Hektarerträge und erneuerbare Energiegewinnung um 25 bis 30% erhöhen.
Im Nordwesten Nicaraguas wird heute immer mehr Zuckerrohr angebaut – nicht nur um daraus Zucker zu gewinnen und den beliebten Rum zu destillieren. Das große Geschäft versprechen sich hier die zwei großen Zuckerunternehmen von Ethanol, das in Europa und in den USA für die Beimischung zu Kraftstoffen immer stärker nachgefragt wird. Ein wesentlicher Teil dieses Ethanols aus Nicaragua geht nach Europa.
Zuckerrohr, das Gold der Zukunft?
Zuckerrohranbau wird heute hauptsächlich in Australien, Brasilien, China, Hawai, Indien, Indonesien, Japan, Java, Kuba, Mauritius, Puerto Rico und Südafrika betrieben.
Brasilien ist einer der größten Hersteller von Bioethanol und kann den eigenen Bedarf bequem decken. Gut 27 Milliarden Liter werden jährlich in den Zuckerrohr-Usinas produziert, den Verarbeitungsbetrieben, die sowohl reinen Zucker als auch Ethanol aus der Pflanze gewinnen. Mittlerweile verfügen gut 85 Prozent aller neu zugelassenen PKW in Brasilien über diese Technologie, egal ob es sich dabei um Fahrzeuge von Volkswagen oder der französischen, italienischen, japanischen oder chinesischen Konkurrenz handelt.
Der Energiehunger wird nicht gestillt werden. Das wissen auch die Spekulanten und somit bleibt Zuckerrohr neben Soja, Mais, und Getreide das Gold der Zukunft.
Aktuell in Äthiopien
Um die Landwirtschaft zu modernisieren, wollte man Landflächen an reiche Investoren verpachten und sie eigene Betriebe errichten lassen. Denn obwohl etwa 85% der 90 Millionen Einwohner im Agrarsektor arbeiten, reicht die Ernte nicht aus – vor allem weil die Technik veraltet ist. Damit sind jedes Jahr Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfen aus dem Ausland angewiesen. Äthiopien zählt schon heute zu den ärmsten Ländern der Welt.
Also stellte die Regierung mehr als drei Millionen Hektar Land für Pächter zur Verfügung. Die Investoren ließen sich auch nicht lange bitten. Mit ihrer Ernte allerdings haben sie scheinbar besseres vor, als damit die Menschen vor Ort zu versorgen. Man will die Nahrungsmittel lieber exportieren, je nachdem, wie die Preise für Weizen und Co. auf dem Weltmarkt gerade stehen. Davon versprechen sich die Unternehmen weitaus höhere Gewinne.
Ein zweites Problem der Landgeschäfte: Nach Informationen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mussten beispielsweise im Südwesten Äthiopiens alle 60 000 Ureinwohner zwangsweise umgesiedelt werden, um für die neuen Investoren Platz zu machen. Die Gesellschaft protestierte gegen diese Menschenrechtsverletzung im vergangenen Jahr auch öffentlich.
Zahlen zu Landtransaktionen liefert etwa die Plattform Land-Matrix, eine globale und unabhängige Initiative. Partner sind unter anderem die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (giz), das German Institute of Global and Area Studies (GIGA) und die International Land Coalition. Demnach wurde bis heute bereits eine Gesamtfläche von rund 32,8 Millionen Hektar Land erfolgreich verpachtet – was umgerechnet etwa 45 Millionen Fußballfeldern entspricht.
Eine drastischere Zahl führt die Welthungerhilfe an: Schon heute seien weltweit ganze 200 Millionen Hektar Fläche verkauft oder verpachtet worden. Vor allem seit 2009 haben sich Investoren immer mehr Land gesichert – ausgelöst durch die Nahrungsmittelkrise 2007 und 2008, als die Preise etwa für Mais, Weizen und Reis auf das Doppelte anstiegen, sagen Experten.
Oft bleiben Geldgeber unbekannt
Die Pächter sind in der Regel große Beteiligungsgesellschaften, Pensionsfonds und staatliche Unternehmen. Ihr Ziel: meist Entwicklungsländer in Afrika und Südamerika, aber laut einer aktuellen Studie (hier als PDF) auch Staaten in Osteuropa, hier beispielsweise die Ukraine, Ungarn und Rumänien.
Während die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, erst ab einer Fläche von 1000 Hektar über Landraub spricht, berücksichtigte die Non-Profit-Organisation GRAIN in ihrer Studie „Land grabbing and the global food crisis“ nur Geschäfte über mehr als 10 000 Hektar. Die Land-Matrix arbeitet mit Daten ab 200 Hektar, die unabhängige Entwicklungsorganisation Oxfam dagegen hält jegliche Größenordnung für falsch.
Erst im März diesen Jahres kamen durch Informationen der Umweltorganisation Global Witness Beteiligungen der Deutschen Bank ans Licht. Die Tochtergesellschaft DWS Investment GmbH soll sich an zwei vietnamesischen Kautschukfirmen beteiligt haben, die für Landraub in Kambodscha verantwortlich sind. Erst vor drei Jahren war die Deutsche Bank wegen ähnlicher Geschäft in die Kritik geraten, damals ging es um eine Beteiligung an dem thailändischen Zuckerproduzenten KSL.
Nicht nur die Nachfrage nach Nahrungsmitteln steigt, sondern auch der Bedarf an Futtermitteln für Nutztiere. Auf der anderen Seite motiviert die Investoren das Geschäft mit Biosprit.
Denn für dessen Herstellung eignen sich vor allem Soja, Zuckerrohr und Palmöl. Rohstoffe also, die sich grundsätzlich auch für Lebensmittel und Tierfutter nutzen lassen. Deshalb nennt man sie auch „flex-crops“. Das heißt, je nach Marktnachfrage ist ein Investor also in der Lage, flexibel auszuwählen, wofür er seine Ernte einsetzt. Am Ende kann er immer sicher sein, ein lohnendes Geschäft gemacht zu haben.
Zuckerrohr, das Gold der Zukunft?
„Zucker ist süß für die, die ihn essen,
süßer für die, die von ihm Gewinne einstreichen
und bitter für jene, die ihn produzieren müssen.“
© Copyright 2013 Netzfrau Doro Schreier
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