Forschung sollte als Bereicherung, nicht als Bedrohung empfunden werden. Wie aber soll man bewerten, wenn Forscher die gefährlichsten Erreger der Welt schaffen und ihre Forschungsergebnisse auch noch detailliert nicht nur der Fachwelt mitteilen wollen?
Da wird immer wieder vor weltweiten Pandemien gewarnt, aber ein niederländischer und ein japanischer Forscher modifizieren das Virus H5N1 dahingehend, dass es jetzt in der Lage ist, von Säugetier zu Säugetier überzuspringen. Natürlich geschahen diese Forschungen in Hochsicherheitslaboren. Was ist aber, wenn es zu Laborunfällen kommt oder diese Viren in falsche Hände geraten? Was ist, wenn die Forschungsergebnisse dazu benutzt werden, diese Viren eigenständig nachzubilden, um sie anschließend als Biowaffen einzusetzen?
Die Forscher Ron Fouchier vom Erasmus Medical Center in Rotterdam und Yoshihiro Kawaoka von der University of Wisconsin, Madison haben durch Schaffung dieser gefährlichen Viren einen Streit ausgelöst bezüglich der Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse.
Ende 2011 führte dieses Experiment zu einer Diskussion über bioterroristische Risiken, wenn die Studien detailliert veröffentlicht würden. Ende Januar 2011 erklärten Mitglieder des US-amerikanischen NSABB, dass auf eine vollständige Publikation der Forschungsergebnisse verzichtet werden solle. Das NSABB war von der US-Regierung beauftragt worden, eine Risikoabschätzung bezüglich Dual Use vorzulegen. Zugleich hatte die Regierung der Niederlande darauf bestanden, dass Ron Fouchier seine geplante Veröffentlichung sich offiziell als „Export“ im Rahmen der EU-Bestimmungen zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen genehmigen lassen müsse.
Ron Fouchier korrigierte die bis dahin diskutierten Ergebnisse seiner später in Science publizierten Studie. „Science“ bestätigte, dass Fouchier sein Papier derweil überarbeitet und kritische Daten herausgenommen habe. Anfang April 2012 wurde dann vom NSABB (US National Science Advisory Board for Biosecurity) die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Forschungsergebnisse gegeben.
Danach gab auch Yoshihiro Kawaoka von der School of Veterinary Medicine der Universi-tät of Wisconsin, Madison und der Tokio-Universität, Yoshihiro Kawaoka Details zu einer ähnlichen Studie bekannt, die zuvor ebenfalls von der US-Behörde für Biosicherheit überprüft worden war; auch diese, im Mai 2012 in Nature veröffentlichte Studie, hatte zum Ergebnis, dass in Frettchen herangezogene H5N1-Viren leichter von Tier zu Tier übertragbar waren.
NSABB
Der NSABB ist ein US-Bundesberatungsausschuss für Biosicherheit. Er wurde gegründet um beratend im Hinblick auf Dual-Use Forschungen dem Gesundheitsministerium in Amerika zur Seite zu stehen.
Der Ausschuss hat die Aufgabe, biologische Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit und/oder die nationale Sicherheit darzustellen. Die NSABB gibt unter anderem Empfehlungen hinsichtlich der Richtlinien, die die Veröffentlichungen und Verbreitungen von Dual-Use-Forschungsmethoden und -ergebnissen betrifft. Die Gründung dieses Ausschusses ist in Anbetracht der Verbreitung von Antrax (Milzbrand-viren) per Post kurz nach dem 9. 11. nur zu verständlich. Um so unverständlicher ist dann aber, dass gerade dieser Beratungsausschuss gleichzeitig Garant dafür ist , das in den USA diese Dual-Use Experimente finanziell großzügig gefördert werden.
Ausbruch der Krankheit
Bei dem Virus H5N1 wurden weltweit 648 Erkrankungen mit 384 Todesfällen bei Menschen bekannt.
Das Virus H7N9 weist derzeit 140 Infizierungen mit 40 Todesfällen auf.
Das Virus H10N8 hat nachweislich im Dezember 2013 einen Menschen infiziert und getötet.
Risiko Hochsicherheitslabor
396 potentielle Freisetzungen aus Hochsicherheitslaboren zwischen 2003 und 2009 lt. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). In Europa werden Zwischenfälle nicht gesondert registriert. Nature berichtete, es habe in China, Taiwan und Singapur im letzten Jahrzehnt mehrfach Laborinfektionen mit dem tödlichen SARS-Erreger gegeben.
Chronologie:
1997: Das Vogelgrippe-Virus taucht zum ersten Mal in Asien auf.
23. 01. 2012: Die beiden Forschergruppen, die das Vogelgrippevirus zu einem neuen „Supererreger“ rekombiniert haben, wollen ihre Experimente für 60 Tage ruhen lassen.
Frühjahr 2012: Für die umstrittene Veröffentlichung der Rotterdamer Virenstudien in „Science“ wird eine Exportgenehmigung verlangt, wie sie für die Ausfuhr von waffentauglichen Exportgütern benötigt wird.
April 2012: Das NSABB erteilt nach Entschärfung die Freigabe zur Publikation der umstrittenen Studien.
02. 05. 2012: Yoshihiro Kawaoka veröffentlicht seine Studie in Nature
Juni 2012: Ron Fouchier veröffentlicht seine überarbeiteten Forschungsergebnisse
24. Januar 2013: Nach dem das mehr oder weniger freiwillige Moratorium der Forscher abgelaufen ist, sollen die Experimente wieder aufgenommen werden.
September 2013: Entscheidung der niederländischen Behörden und eines Regionalgerichts: Die Forscher um Ron Fouchier vom Erasmus Medical Center in Rotterdam könnten keineswegs selbst entscheiden, ob ihre Manipulationsexperimente mit den Vogelgrippeviren H5N1 als Grundlagenforschung angesehen und damit von einer Ausnahmeregelung der Biowaffenrichtlinie EC 428/2009 profitieren könnten.
16. Oktober 2013: Die europäische Virologen-Gesellschaft beklagt sich in einem Brief an den EU-Kommissionspräsidenten Barroso über den restriktiven Umgang mit hochbrisanten Virenforschungen und deren Ergebnissen. „Ein möglicher Missbrauch potentiell nützlicher Forschung komme auch in anderen Gebieten vor, man sei sich mit der NSABB einig „dass das kein Grund sein könne, diese Ergebnisse zu blockieren“.
Mitte Dezember 2013: Unterschriftenaktion von 56 hoch angesehenen Wissenschaftlern, die gegen eine (zum Teil gegen ihre eigene) nicht minder angesehene Fachgesellschaft – die Europäische Gesellschaft für Virologie – und deren positive Haltung zu den umstrittenen Virenexperimenten zu Felde ziehen. Urheber der Unterschriftenliste ist die in Amerika beheimatete Stiftung für Impfstoffforschung, Foundation for Vaccine Research.
Netzfrau Ingrid Mengeringhaus
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