Energie aus dem Wald – Die Grenzen der Nachhaltigkeit.- Fukushima und die Folgen: Seitdem als Reaktion auf die japanische Nuklear-Katastrophe in Deutschland die Energiewende ausgerufen wurde und immer mehr „Nachwachsende Rohstoffe“ zum Einsatz kommen, gerät auch – und vor allem in Bayern – der älteste Energielieferant der Menschheit immer mehr unter Druck: Der Wald.
Je höher die Ölpreise stiegen, desto beliebter wurde das Heizen mit Holz. Mittlerweile landet bereits mehr als die Hälfte des Holzes, das bei uns eingeschlagen wird, in privaten Heizungen oder in Holzkraftwerken, Tendenz: steigend.
Der zentrale Begriff, um den sich in diesem Zusammenhang alles dreht, ist „Nachhaltigkeit“ – zum ersten Mal verwendet vor genau 300 Jahren von Hans Carl von Carlowitz in seinem berühmten Buch: „Anweisung zur Wilden Baumzucht“ – bis heute ein Standardwerk der modernen Forstwirtschaft. „Nachhaltigkeit“ bedeutet zunächst, dass dem Wald jährlich nicht mehr Holz entnommen werden sollte, wie jedes Jahr nachwachsen kann.
Lorenz Knauer hat sich auf eine spannende Reise kreuz und quer durch Bayern gemacht um heraus zu finden, ob es angesichts des stetig wachsenden Bedarfs an Energie-Holz heutzutage überhaupt noch möglich ist, „nach-haltig“ mit unserem Wald umzugehen.
Und er ist zu erschreckenden Ergebnissen gelangt: Allen Beteuerungen zum Trotz, dass in unseren Wäldern doch alles zum Besten stehe, musste er feststellen, dass die Bayerischen Staatsforsten Teile von uralten Buchenwäldern im Spessart klammheimlich gefällt haben und das Holz Containerweise nach China exportieren, obwohl diese Wälder geschützte Natura-2000-Gebiete sind;
Lorenz Knauer hat Menschen besucht, die diese Entwicklung nicht tatenlos hinnehmen wollen, die alles dafür tun, um die Öffentlichkeit auf diese Fehlentwicklung aufmerksam zu machen. Einer von ihnen ist Georg Sperber, der Wegbereiter des naturnahen Waldbaus in Bayern – er weiß, wovon er spricht, wenn er sagt:
„Ursprünglich sahen die Wälder in unseren Breiten einmal so aus wie hier in diesem Naturwald-Reservat, es waren ungemein Biomasse-reiche Buchen – Eichen – Urwälder … und was ist daraus geworden?
Die Buche, das eigentlich wertvollste Naturerbe in unseren Breiten haben wir auf Restflächen zurück gedrängt. Keine tropische Regenwaldgesellschaft ist in ihrer Existenz so bedroht, wie es unsere Buchenwälder sind“
Neuer Film von Regisseur und JGI-Präsident Lorenz Knauer – http://www.br.de
Wir bedanken uns bei Lorenz und seiner Frau Monica, dass sie uns sowohl den Text als auch die Fotos zur Verfügung gestellt haben.
Das, was Lorenz Knauer in seinem Beitrag zeigt, ist das, was ich erst kürzlich selber erleben musste. Der Inbegriff und beispielgebend für „Nachhaltigkeit“ waren lange Zeit der Wald und die Waldwirtschaft.
Hinter unserem Grundstück sind landwirtschaftliche Flächen, umgeben von Knicks oder auch Wallhecken genannt. Dazu gibt es sogenannte Knickschutzverordnungen oder auch Wallheckenschutzverordnungen. Informationen unter http://www.wallhecke.de/Pflege/pflege.html
Kahlschlag „Ein Handbreit über dem Boden“, „Auf den Stubben setzen” und “Knicken”
Als Kahlschlag wird bezeichnet, wenn auf einer bestimmten oder über der ganzen Länge und Breite einer Wallhecke sämtliche Gehölze zurückgeschnitten werden.
Dabei ist es von untergeordnetem Interesse, ob die Gehölze eine Handbreit über dem Boden („auf den Stubben gesetzt“) oder 60 – 90 cm über dem Boden (“auf den Stock gesetzt“) abgeschnitten werden. Diese Art von radikaler „Kahlschlagpflege“ wurde schon im 18. Jahrhundert als falsch und für die „Tier- und Pflanzenwelt“ als fatal gebrandmarkt.
Jedoch wird dieser Kahlschlag immer noch vorgenommen, wie ich selbst erst kürzlich miterleben musste. Was ich retten konnte, waren meine Eichen, die seit vielen Jahren auf dem Knick wachsen. Hätte ich nicht sofortige Maßnahmen zum Erhalt dieser Bäume vorgenommen, dann wären sie nicht mehr da.
Laut der heutigen Knickschutzverordnung dürfen Landwirte alle zehn Jahre einen Kahlschlag vornehmen, wie mir das Umweltministerium Schleswig-Holstein mitteilte. Es sind zwar Richtlinien einzuhalten, aber wer prüft diese?
Es bedeutet nichts anderes als „mache alles platt, häcksle das Holz und dann ab in die Biogasanlage“. Klingt brutal, entspricht aber der Wahrheit. Denn auf Nachfrage, was mit dem Holz passiert, bestätigte mir der Landwirt eben diese Verfahrensweise. Es gibt hier auch keinerlei Schutz für Eichen, was ich schon bedenklich fand. Der Landwirt war der Meinung, ich solle die Eichen fällen und als Brennholz verwenden. Und was ist mit den Vögeln, die dort beheimatet sind? Wo finden die einheimischen Tiere noch Schutz, wenn alles dem Boden gleich gemacht wird? Wo bleibt dabei die „Nachhaltigkeit?
Man gibt in Schleswig-Holstein, dass “radikale Kappen” (Kahlschlag, Schlagwirtschaft) und „auf dem Stubben setzen” der Gehölze als das „Knicken“ aus. Entsprechend werden dadurch die Gehölze sowie Fauna und Flora schwer geschädigt! Nachdem Schleswig-Holstein ja schon mit der Monokultur Mais glänzt – kommen nun die kahlen Knicks dazu. Was bedeutet uns „Natur“ gegen den „Profit der Biogasanlage“ ? Nichts!
Alte Buchen nach China – Ausverkauf des deutschen Waldes
Erst kürzlich mussten wir durch den Beitrag in Plusminus „Alte Buchen nach China – Ausverkauf des deutschen Waldes“ erfahren, dass die alten Buchen u. a. für China gefällt werden.
In dem Beitrag wird eine Zahl genannt, die die Alarmglocken läuten lassen sollte: Es sind rund 14 000 Container im Jahr. Sogar das statistische Bundesamt erfasst nun die Ausfuhren von Buchenrohholz nach China und meldete gut 330 000 Tonnen für das Jahr 2012. Für diese Menge muss etwa ein Areal von 2400 Fußballfeldern Buchenwald kahl geschlagen werden.
Warum das alles? China hat seine eigenen Wälder stark gerodet, bekam die ökologischen Folgen zu spüren und stoppte das Abholzen. Importiert werden nun gigantische Mengen von Bäumen aus aller Welt, um den Holzhunger – vor allem für die Bauindustrie – zu stillen. Extra deshalb wurden auch die Importbestimmungen gelockert.
Dazu auch: Privatisierungswelle Europas – Wälder, Denkmäler, Berge und Inseln
Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit?
Der Begriff Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Egal worum es geht, welcher Politiker spricht, welche Werbung man sieht oder hört, um den Begriff Nachhaltigkeit kommt niemand herum. Fast scheint es, als wäre Nachhaltigkeit ein Mäntelchen in Universalgröße, das im Zweifel zu jedem Thema passt. Häufig hören wir „Nachhaltigkeit“, wenn es um die Zukunft geht oder um Umweltpolitik. Und neuerdings hört man den Begriff auch dort, wo er einfach nicht hinzupassen mag.
„Vieles ist töricht an eurer Zivilisation. Wie Verrückte lauft ihr weißen Menschen dem Geld nach, bis ihr so viel habt, dass ihr gar nicht lang genug leben könnt, um es auszugeben. Ihr plündert die Wälder, den Boden, ihr verschwendet die natürlichen Brennstoffe, als käme nach euch keine Generation mehr, die all dies ebenfalls braucht. Die ganze Zeit redet ihr von einer besseren Welt, während ihr immer größere Bomben baut, um jene Welt, die ihr jetzt habt, zu zerstören.“
Tatanga Mani (Weisheit der Indianer-Vom Leben im Einklang mit der Natur, K. Recheis et al, Orbis, 1995)
Der damalige Landesforstmeister, Georg Ludwig Hartig, ergänzt in einer späteren Ausgabe, es lasse sich „keine dauerhafte Forstwirtschaft denken und erwarten, wenn die Holzabgabe aus den Wäldern nicht auf Nachhaltigkeit berechnet ist“ und plädiert dafür, die Waldungen so zu nutzen, „dass die Nachkommenschaft wenigstens ebensoviel Vorteil daraus ziehen kann, als sich die jetzt lebende Generation zueignet.“
Hartigs folgendem Satz kann das allgemeine Sinnbild der Nachhaltigkeit schon fast entnommen werden: „Unter allen Bemühungen des Forstwirts ist wohl keine wichtiger und verdienstlicher als die Nachzucht des Holzes oder die Erziehung junger Wälder, weil dadurch die jährliche Holzabgabe wieder ersetzt, und dem Wald eine ewige Dauer verschafft werden muss.“ Siehe: Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit?
Patient Wald
Täglich werden ca. 550 000 000 m2 (550 Millionen Quadratmeter) Regenwald abgeholzt oder einfach abgebrannt. Das sind pro Jahr ungefähr 200 000 km2. Pro Minute macht das 35 große Fußballfelder! Der Regenwald schrumpft hauptsächlich deshalb, weil die Menschen mit wertvollen Hölzern Geld verdienen wollen. Nicht die Menschen, die im und vom Regenwald leben, sondern große staatliche und private Firmen.
Australien: Etwa tausend Bäume fallen pro Tag. Innerhalb weniger Sekunden werden die Bäume abgesägt, entastet und die Stämme aufgestapelt. Immer wieder werden auch Koalas Opfer der Maschinen. Da ihre Lebensräume, die australischen Urwälder, rasant schwinden, leben viele Koalas notgedrungen in den Eukalyptusplantagen. Die langsamen Tiere können nicht fliehen und halten sich bis zum Schluss an den Bäumen fest.
Asien: Nirgendwo auf der Welt schreitet die Waldzerstörung so rasant voran wie in Asien. Allein in Indonesien fielen zwischen 1990 und 2005 insgesamt 28 Millionen Hektar Wald Flammen und Kettensägen zum Opfer.Jedes Jahr werden weitere 330 000 Hektar Regenwald für die Umwandlung in neue Plantagen ausgewiesen und 650 Investoren – 75 Prozent davon sind ausländische Unternehmen – konkurrieren darum, die Wälder in Ölpalm-Plantagen zu verwandeln.
Das sind nur einige Beispiele davon, wie wir Menschen den Patienten Wald behandeln. Wie uns Lorenz Knauer in seinem Beitrag „Unter unserem Himmel – Energie aus dem Wald – Die Grenzen der Nachhaltigkeit “ deutlich macht, besteht Sorge also nicht nur um die tropischen Regenwälder, sondern auch um die heimischen Wälder, insbesondere die Restbestände alter Buchen- und Eichenwälder (wie etwa im Spessart).
Es ist erschreckended, dass z. B. Stämme aus uralten Buchenwäldern containerweise nach China exportiert werden, obwohl diese Wälder geschützte Natura-2000-Gebiete sind; Lorenz Knauer ist aber auch Menschen begegnet, die diese Entwicklung nicht tatenlos hinnehmen wollen, die alles dafür tun, um die Öffentlichkeit rechtzeitig aufmerksam zu machen, was da – fast unbemerkt – unwiederbringlich verloren geht.
Weisheit der Indianer- Vom Leben im Einklang mit der Natur, K. Recheis et al, Orbis 1995) aus:
„Wenn wir der Erde etwas wegnehmen, müssen wir ihr auch etwas zurückgeben. Wir und die Erde sollten gleichberechtigte Partner sein. Was wir der Erde zurückgeben, kann etwas so Einfaches – und zugleich so Schwieriges – wie Respekt sein. Die Suche nach Öl, Kohle und Uran hat der Erde bereits großen Schaden zugefügt, aber noch kann dieser Schaden wiedergutgemacht werden – wenn wir es wollen. Beim Abbau von Bodenschätzen werden Pflanzen vernichtet. Es wäre recht und billig, der Erde Samen und Schößlinge anzubieten und dadurch wieder zu ersetzen, was wir zerstört haben. Eines müssen wir lernen: Wir können nicht immer nur nehmen, ohne selber etwas zu geben. Und wir müssen unserer Mutter, der Erde, immer so viel geben, wie wir ihr weggenommen haben.“
Netzfrau Doro Schreier
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