Der freie Tausch von Saat- und Pflanzgut zwischen Bauern und Gärtnern könnte strafbar werden. Auch gefährdete Sorten dürften ohne aufwändige amtliche Zulassung dann nicht weitergegeben werden.
Derzeit läuft in Brüssel die Überarbeitung der EU-Richtlinien für die Vermarktung von Saat und Pflanzgut auf Hochtouren. Die neuen Regelungen bedrohen seltene und bäuerliche Sorten. Alte Sorten sind besonders gefährdet, wenn der freie Tausch von Saatgut und Pflanzgut durch die neue Gesetzeslage unter Strafe gestellt wird. Das schadet Kleinbauern und regionalen Erzeugern. Industrielle Sorten können hingegen ihre Dominanz weiter ausbauen.
Während KonsumentInnen, GärtnerInnen und LandwirtInnen von der Vielfalt abgeschnitten werden, kann die Agrarindustrie aufatmen: Ist die Vielfalt erst mal verdrängt, können sie den Menschen die genormte Einfalt auftischen. Die EU-Saatgutverordnung fördert die Konzentration von Saatgut in den Händen weniger Multis. Für viele lokal angepasste, seltene und alte Sorten von Gemüse, Obst und Getreide bedeutet dies das sichere Ende.
Das ist inakzeptabel. Die EU-Saatgutverordnung muss die Vielfalt ermöglichen, statt sie zu vernichten. Nur eine echte Vielfalt an Sorten sorgt sicher dafür, dass unsere Landwirtschaft sich an veränderte Bedingungen – Klimawandel, neue Krankheiten, Schädlinge, Lebensstil – anpassen kann.
Die EU verkauft per Saatgutverordnung und Patent unsere biologische Vielfalt höchstbietend
Die Vielfalt unserer Kulturlandschaft ist in großer Gefahr. Wildblumen und Kräuter verschwinden. Auf Balkonen und in den Gärten gedeihen nur noch CMS-Hybride und andere Mutationen. Die Blätter sind grüner, das Wachstum intensiver und die Blüten noch schöner. Hat hier schon jemand eine Biene entdeckt?! Die lassen sich von dem schönen Schein nicht so leicht täuschen.
Das gleiche Bild im Gemüse- und Getreideanbau: So genannte F1- und CMS-Hybride liefern hohe Ernten bei gleichbleibender Qualität. Wenige Sorten wachsen auf immer größeren Feldern, die nicht nur Nahrung, sondern auch nachwachsende Rohstoffe bieten sollen. In Deutschland und Europa haben Hybridsorten (hybride, von lat. hybrida = Mischling) bei vielen Obst- und Gemüsearten einen Marktanteil von über neunzig Prozent. Zum Beispiel bei Mais, Zuckerrüben, Tomaten, Zwiebeln und verschiedenen Kohlsorten.
CMS-Hybride finden wir sogar in der Bio-Theke, ohne dass sie speziell gekennzeichnet sind. Mehr Informationen finden Sie dazu in unserem Artikel Die EU verkauft unsere biologische Vielfalt
LABOR-SAATGUT STATT NACHBAUFÄHIGE SORTEN?
Der Saatgut- und Pflanzguttausch hat Tradition. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Um weitergeben zu dürfen, müssen alle Pflanzen erst als Sorte zugelassen werden und dafür teure und aufwändige amtliche Tests bestehen. Diese Tests orientieren sich an Industriesorten und sind für weniger hochgezüchtete Sorten nicht zu schaffen. Die Ausnahmeregelungen für alte Sorten im Entwurf der neuen Verordnung bleiben restriktiv und zum Schutz der Sortenvielfalt unzureichend.
Durch die neue Verordnung wären somit die bäuerlichen Abhängigkeiten von der Saatgutindustrie weiter zementiert. Die biologische Vielfalt unserer Natur und der Markt für biologische Lebensmittel wären nachhaltig beschädigt.
Das finden wir inakzeptabel. Sie auch?
Unser Saatgut ist in Gefahr – Freiheit für die Vielfalt
Wir fordern:
Vielfalt landwirtschaftlicher Kulturpflanzen schützen und fördern:
• Keine verpflichtende Sortenzulassung und Zertifizierung für samenfestes Saat- und Pflanzgut, das nicht durch geistiges Eigentumsrecht (IPR) geschützt ist.
Demokratie und bäuerliche Rechte schützen und fördern:
• Der Austausch von Saat- und Pflanzgut zwischen Bauern, sowie zwischen Bauern und anderen Interessierten darf nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.
• Der Anwendungsbereich der Verordnung muss sich auf das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut zum Zweck der kommerziellen Nutzung und oberhalb bestimmter Mengen (Art. 8 (2) EG-VO 1765/92) beschränken.
Wahlmöglichkeit und Transparenz für VerbraucherInnen schützen und fördern:
• Samenfeste Sorten und Sorten, welche für den biologischen Landbau oder spezielle lokale Bedingungen gezüchtet wurden, dürfen nicht durch Pflanzengesundheitsvorschriften sowie die Normen von Zertifizierung oder Zulassung diskriminiert werden. Auch freiwillige Zulassung darf diese Art von Sorten nicht diskriminieren.
• Für kleinste und kleine Unternehmen sollen nur Grundanforderungen betreffend Etikettierung gelten, sofern sie nicht mit gentechnisch veränderten Organismen oder Saat- und Pflanzgut arbeiten, das durch geistige Eigentumsrechte geschützt ist (Sortenschutz oder Patente).
• Bei zugelassenen Sorten muss Transparenz über die verwendeten Züchtungsmethoden und alle erteilten geistigen Eigentumsrechte sichergestellt sein.
Bitte helfen Sie mit Ihrer Unterschrift! Danke.
In Brüssel hat sich Monsanto bereits tief in den EU-Strukturen festgesetzt. Das Unternehmen entsendet gemeinsam mit anderen Industrie-Vertretern hochrangige Mitarbeiter in die EU-Gremien und erstellt die wissenschaftlichen Studien für neue Getreide-Sorten gleich selbst. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass die EU gerne Gesetze wörtlich so beschließt, wie die Lobbyisten sie ihnen vorlegen.
Die großen Player der Agrarindustrie bestimmen den Markt für Saatgut, Pestizide, Düngemittel und Futtermittel. Eine unvorstellbare Machtkonzentration, der das Interesse, Pflanzen durch herkömmliche Züchtung widerstandsfähiger zu machen, völlig fremd ist. Das dauert Zeit und Geld. Nur die Gentechnik und hoher Pestizideinsatz bringen schnell hohe Gewinne.
Erst Mitte Januar entschied das EU-Parlament gegen Verbraucher und Imker, denn es gibt nicht, wie in einer Empfehlung angedacht, eine Kennzeichnungspflicht für Gentechnik-Honig. Ein „Schlag ins Gesicht der europäischen Verbraucher und Imker“ Siehe: EU-Parlament entscheidet gegen Verbraucher und Imker: Keine Kennzeichnungspflicht für Gentechnik-Honig
Am 11. Februar wird im EU Agrar-Ausschuss über die EU-Saatgutverordnung abgestimmt.
Sie können den EU-Abgeordneten auch persönlich eine Mail zukommen lassen: Adressenliste von Eu-Abgeordneten [ PDF ]
Weniger als zehn Konzerne dominieren heute den Weltmarkt für Saatgut und Pestizide.
Eines der größten dieser Art ist Monsanto, denn 90 Prozent der heute derzeit angebauten gentechnisch veränderten Organismen, unter anderem Soja, Raps, Mais und Baumwolle, sind “Monsanto”-Patente.
Auf EU-Ebene wird eine neue Saatgutverordnung verhandelt, von der wieder einmal die Agrarkonzerne profitieren werden. Alte und seltene Sorten sollen dadurch in die Illegalität getrieben werden. Die bunt gesprenkelten Paradeiser, die violetten Erdäpfel, der geschmackige Apfel aus der Kindheit – all das würde aus unseren Gärten und von unseren Tellern verschwinden.
David gegen Goliath – wir nehmen den Kampf auf, denn wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Netzfrau Doro Schreier
Pelzig zum Freihandelsabkommen TTIP – Proteste gegen Investorenschutz im EU-Kanada Handelsabkommen
„Aufgeflogenes“ EU-Politik-Papier zeigt, was die EU-Behörden so treiben – Freihandelsabkommen