Eine junge indische Mutter wurde gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter von ihrem Ehemann und dessen Familie verbrannt, weil sie keine Mitgift mehr zahlen konnte. Die Polizei im ostindischen Staat Jharkhand berichtete, dass die 22-jährige Annu Devi angezündet wurde, während sie ihre Tochter stillte. Es wird vermutet, dass ihr Ehemann, Gunjan Masat, seine Frau und das weibliche Baby mit Benzin übergossen hatte, bevor er sie anzündete. Um den Mord wie einen Unfall aussehen zu lassen, setzte der Beschuldigte die schlimm verbrannten Opfer neben eine Feuerstelle und stellte einen Topf mit Wasser darauf.
Am frühen Morgen des 30. Januar entdeckte ein Einwohner Annu Devi und ihre Tochter im Hof liegend. Sie lebten noch, litten aber unter 90% Verbrennungen. Mutter und Tochter wurden schnellstmöglich in das nächste Krankenhaus gebracht, konnten dort aber nur noch für tot erklärt werden.
Polizeiinspektor Nirmal Kumar Mishra sprach von einem abscheulichen Verbrechen. Er sagte: „Alle Beschuldigten werden inhaftiert und strafrechtlich verfolgt.“ Annu Devis Ehemann wurde bereits festgenommen. Ihr Schwager, der ebenfalls angezeigt wurde, ist noch auf der Flucht.
Laut Devis Vater, Raghuni Rana, war das Ehepaar über ein Jahr glücklich verheiratet. Die Probleme hätten begonnen, nachdem Annu Devi ein Mädchen geboren hatte. Der Polizei erzählt er: „Sie wollten einen Sohn und verstanden nicht, dass es nicht Devis Schuld war, dass sie ein Mädchen geboren hatte. Sie fingen an, sie zu schikanieren und zu quälen bis zu dem Punkt, an dem sie entschieden, ihr Leben zu beenden.“ Und er fügt hinzu: „Sie forderten einen Fernseher und ein Motrorrad. Ich hatte ihnen bereits zwei bighas (1,6 acres*) Land als Mitgift gegeben.“
Mitgift ist einer der Gründe, warum in der indischen Kultur Jungen den Mädchen vorgezogen werden. Tausende von Mädchen werden jedes Jahr nach einem geschlechtsbestimmenden Ultraschall abgetrieben.
Daten des National Crime Records Bureau zufolge wird in Indien jede Stunde eine Frau der Mitgift wegen getötet. „8233 junge Frauen, viele von ihnen frisch verheiratet, wurden in 2012 als sogenannte ‚Mitgifttote‘ verzeichnet,“ stand im letztjährigen Bericht.
Häusliche Gewalt, häufig motiviert durch Mitgiftforderungen, gehören in dieser Gegend zum Alltag, aber der Mord an Annu Devi und ihrem Baby hat die Bevölkerung schockiert.
*ca. 6475 m²
Dieser Artikel wurde frei übersetzt aus http://www.dailymail.co.uk/news/article-2549975/Young-Indian-mother-baby-daughter-burned-death-failing-pay-new-family-dowry.html#ixzz2sWe0uayH
Der Brauch der Mitgift ist nach wie vor ein großes Problem in Indien, obwohl sie schon seit 1961 per Gesetz verboten ist. Dies können Sie auch bei der Kampagne gegen den Völkermord am weiblichen Geschlecht in Indien, der The 50 Million Missing Campaign nachlesen. In einem der Artikel der Kampagne ist die Rede von etwa 106 000 Frauen, die pro Jahr wegen der Mitgift verbrannt werden, und davon, dass es sich selbst bei dieser viel höheren als der in der o. g. Statistik erfassten Zahl nur um eine vorsichtige Schätzung handelt
Stellen Sie sich dieses Bild vor: Eine Frau sitzt im Schneidersitz auf dem Boden. Sie hält ihr Baby im Arm und stillt es. Ein harmonisches Bild, oder? Gibt es irgendein Bild, das mehr Harmonie, mehr Geborgenheit, mehr Sicherheit darstellen kann? Ganz unabhängig davon, wo wir ein solches Bild sehen, in welchem Land sich diese Szene abspielt, selbst auf einer Theaterbühne würde sie uns anrühren. Nächster Akt: Der Vater des Babys, der Ehemann der Frau betritt die Bühne. In der einen Hand hält er einen geöffneten Benzinkanister, in der anderen ein Feuerzeug… Kann es eine abscheulichere Tat geben?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen beim Lesen dieses Artikels ging. Ich war zunächst fassungslos, dann habe ich geweint. Diese arme Frau, dieses arme Baby! Wie müssen sie gelitten haben, wie lange mögen sie dagelegen haben? Wie kann man so etwas tun?!
Geschichten wie die von Annu Devi und ihrer kleinen Tochter sind in Indien keine Seltenheit, sondern eher an der Tagesordnung. Aber sie treffen mich immer wieder bis ins Mark. Es ist die Unfassbarkeit von Lebensumständen, wie man sie seinem ärgsten Feind nicht wünscht. Sich nicht einmal in den eigenen vier Wänden sicher fühlen zu können, nicht einmal in der eigenen Familie, beim Ehemann, beim Vater – bei allem Mitgefühl, das wir haben mögen, wir werden dieses Gefühl nie wirklich nachempfinden können.
Wenn es ums Thema Indien und seine Frauen geht, höre ich ganz oft: „Sowas passiert doch überall auf der Welt, selbst hier in Deutschland“. Wirklich? Ist das so? Wie oft haben Sie hier gelesen von Schwangeren, die täglich misshandelt werden? Wie viele Mütter werden hier mit körperlicher und/oder psychischer Gewalt zur Abtreibung gezwungen? Wie oft ersticken hier Eltern ihr Neugeborenes im Sand? Wie viele kleine Kinder werden ertränkt, wie viele Jugendliche erschlagen, vergewaltigt, verkauft… „Es ist ein Mädchen!“ ist in Indien oft kein Freudenschrei, sondern ein Todesurteil. Wenn Sie sich einmal genauer mit dem Thema auseinandersetzen, werden Sie sehen, dass schon ab kurz nach ihrer Zeugung bis hin zu ihrem natürlichen oder gewaltsamen Tod die Mädchen und Frauen in Indien – unabhängig von ihrem Alter, ihrer finanziellen Situation und ihrer Bildung – einer Vielfalt von Gewalt ausgesetzt sind.
„Da kann man nichts machen, das ist halt deren Kultur/Tradition/Glaube“ ist auch so ein Satz, bei dem mir die Galle hochkommt. Es mag ja bequem sein, Kultur, Tradition oder Glaube vorzuschieben und Toleranz zu heucheln, wenn wir mit Dingen konfrontiert sind, die so unfassbar sind. Aber es ist auch unmenschlich. Und es ist falsch zu tolerieren, wenn ein Mensch einem anderen Gewalt antut. Wie kann ich wegsehen, wenn die Schwächsten einer Gesellschaft solches Leid ertragen müssen?
Neulich las ich einen Artikel (aus einer wenig seriösen Quelle), der behauptete, dass in Deutschland mehr Frauen vergewaltigt würden als in Indien. Nur der aufmerksame Leser mit ein wenig Ahnung von der Thematik erkennt, dass dort nicht nur Äpfel mit Birnen verglichen, sondern auch wichtige Faktoren außer Acht gelassen wurden. In der Presse anlässlich des Gauck-Besuchs in Indien sind ebenfalls vergleichsweise niedrige Vergewaltigungszahlen zu lesen. Aber Achtung: In unserer Statistik z. B. sind Vergewaltigungen in der Ehe mit inbegriffen. Diese zählen in Indien nicht als Straftatbestand. Es wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen weit höher ist als die gemeldeten Fälle.
Die oben genannten niedrigen Zahlen wurden übrigens vor der Presse von der indischen Frauenrechtlerin Ranjana Kumari verbockt. Wieder einmal frage ich mich, wie ein Land die Gewalt gegen seine Frauen in den Griff bekommen will, wenn nicht einmal die Frauen selbst zusammenhalten. Auch hier also Augenwischerei, Äpfel und Birnen und das schale Gefühl, dass nur wenige Informierte das erkennen. Bei allen anderen bleibt wohl nur eins hängen: „Dachte ich mir doch, dass es so schlimm gar nicht sein kann.“ Doch, kann es – und ist es! So und noch viel schlimmer! Und wir schauen alle weg! Oder wir schauen hin, zucken mit den Schultern und gehen weiter.
Tun Sie das nicht! Machen Sie sich die Mühe und informieren Sie sich. Wie jeder von Ihnen den Kampf gegen den Völkermord am weiblichen Geschlecht in Indien unterstützen kann, lesen Sie hier: http://50millionenfehlenunskampagne.wordpress.com/volunteer/
Netzfrau Andrea Wlazik
Wir sind empört! Indien: Gruppenvergewaltigung als Strafe verhängt
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