Nichts davon trifft wohl zu – jedenfalls nicht direkt oder sofort. Nur weil ich mich für eine vegane Lebensweise und Ernährung entschlossen habe, rette ich nicht die Welt. Die Tiere, dich ich nicht esse, landen in einem anderen Topf, ihr Fell trägt eine andere Frau, ihr Leder hat jemand anderes an seinen Füßen und alles, was sich nur irgendwie von ihnen verwerten lässt, landet – mehr oder weniger ersichtlich – auf die eine oder andere Weise – in den unterschiedlichsten Produkten. Sie stehen trotzdem in Massentieranstalten, häufig ohne eine Möglichkeit, sich zu bewegen, und sie leiden bis zu ihrem Tod unsagbare Qualen. Weiterhin werden Regenwälder in einem Tempo abgeholzt, dass einem Hören und Sehen vergeht.
Trotzdem, mein Entschluss trägt ein kleines bisschen zu einer besseren Welt bei. Ein Tropfen auf den heißen Stein, ich weiß. Aber: mehrere Tropfen ergeben ein Rinnsal, kommen noch weitere dazu, wird daraus ein Bach; erhöht sich die Anzahl stetig, ein Fluss und dann – wenn sich immer mehr anschließen, kann daraus ein Strom entstehen!
Logisch, was dies bedeutet, oder? Weil weniger Tiere gegessen würden, müssten weniger Nutztiere gezüchtet werden. Getreide, das jetzt als Tierfutter verarbeitet wird, stünde der Weltbevölkerung direkt zur Ernährung zur Verfügung. Eine Menge Wasser würde gespart. Für die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch werden 15 000 Liter Wasser benötigt. Dieselbe Menge Kartoffeln benötigt lediglich 900 Liter und Getreide 1300 Liter, bis sie auf unserem Teller landen. Wir würden also verantwortungsvoller mit unseren Ressourcen umgehen und es gäbe weniger Leid auf unserer wunderbaren Erde.
Ich lebe mit einem ruhigeren Gewissen und – auch wenn ich es vorher für unmöglich gehalten habe – ich bin zufriedener und vor allen Dingen gesünder! Womit wir dann bei den Mangelerscheinungen angelangt sind. Ich finde es ja schon etwas eigenartig, dass sich seit meiner Ernährungsumstellung plötzlich so viele Menschen für meine Blutwerte interessieren. Kollegen oder flüchtige Bekannte stellen mit Bestürzung fest, dass ich jetzt kein Vitamin B 12 mehr bekomme und fragen mich doch tatsächlich „Oh mein Gott, und was machen jetzt deine Eisenwerte?“, oder „hast du schon mal dein Calcium überprüft?“. Nein, hab ich nicht, wie denn auch? Aber kontrollieren lassen, mit einer Blutuntersuchung in einem Labor. Und nicht nur diese beiden Werte, sondern viele andere auch. Schließlich geht es um meine Gesundheit, und die ist mir nun mal wichtig! Es ist vielleicht eine Überraschung, aber Gemüse und gutes Getreide enthalten auch Eisen, Calcium UND sogar Vitamine.
Aber jetzt mal ernsthaft. Als Veganer kann man sich durchaus so ungesund ernähren, dass Mangelerscheinungen auftreten. Aber das kann jeder Mischköstler auch. Und gerade was das Vitamin B 12 angeht, kenne ich einige Mischköstler aus meiner Familie und meinem Freundeskreis, die einen zum Teil erheblichen Mangel aufweisen bzw. aufgewiesen haben. Aber ich kenne keinen Veganer, der davon betroffen ist. Warum? Ganz einfach. Als verantwortungsbewusster Veganer ist man sich der Gefahr bewusst, lässt den Wert regelmäßig kontrollieren und sorgt mit Supplementierung vor.
Et voilá, es kommt gar nicht erst zu einem Mangel. So ist es mit vielen anderen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auch. Viele Veganer achten sehr darauf, was sie essen und leben alleine schon deshalb sehr gesund. Mal eben beim goldenen „M“ anhalten und sich den Bauch vollstopfen, an der Tanke noch schnell einen Schokoriegel mitgenommen, sowas ist dann nämlich nicht drin. Alleine das ist schon ein Umstand, für den unser Körper sich bedankt. Meine Blutergebnisse waren nach einem halben Jahr veganer und gesunder Ernährung so gut wie vorher beinahe 20 Jahre nicht. Meine Dosierung meiner Blutdrucktabletten konnte auf ein Minimum gesenkt werden, meine Leber hat sich erholt (nein, ich habe vorher auch nicht getrunken), die Gefahr eines Diabetes ist laut Diabetologe und Nephrologe praktisch nicht mehr vorhanden, mein damaliger Hausarzt musste zähneknirschend zugeben, dass mein Cholesterinwert endlich im Normbereich liegt und ebenfalls auf wundersame Weise hatte ich das erste Mal seit mehr als 20 Jahren keine erhöhten Entzündungswerte in meinem Blut. Verdammt! Und nun? Sollte ich mir doch nicht zu viel von der Ernährungsumstellung versprechen.
Allein mit einer Ernährungsumstellung könne ich meine schlechten Blutwerte nicht so verbessern, dass ich auf die Medikamente, die ich bisher verweigert hätte, jetzt auch tatsächlich verzichten könnte. Das wurde mir gesagt. Doch, nun konnte ich! Und weg war das schnell verdiente Geld für den Arzt. Es spräche zwar nichts mehr gegen diese Ernährung, meinte er, aber eine abschließende „Aufklärung“ darüber, wie gefährlich eine vegane Ernährungsweise ist, musste ich mir trotzdem noch anhören. Und damit war dann auch ich weg – zu einem neuen Hausarzt. Praxiswechsel nach über 20 Jahren. Ich lasse mein Blut nun einmal jährlich kontrollieren und bin damit auf der sicheren Seite.
Und warum muss ich nicht verhungern? Weil ich je nach Jahreszeit in der Familie und bei Freunden nach den Grünabfällen ihrer Gemüseausbeute frage. Glaubt ihr nicht? Stimmt aber! Ok, ich ernähre mich nicht nur von Grünabfällen, aber einmal am Tag ein Smoothie schmeckt mir schon gut. Neulich auf dem Markt bei meinem Biodealer hatte ich ein tolles Erlebnis. Vor mir wurde eine Dame bedient, die hatte sich eine Sellerieknolle ausgesucht und gab sie zum Wiegen ab. Nach dem Wiegen sagte sie der Verkäuferin: „Das Grünzeug können Sie abmachen, das will ich nicht!“ Ich fragte sofort, ob das jetzt in den Müll käme und ob ich das dann nicht bekommen könnte. Klar, kein Thema, ab in meinen Korb. Die Dame neben mir wollte dann von mir wissen, ob das für meine Kaninchen sei. „Nö, das kommt in die frische Suppe“, antwortete ich ihr. Ich erntete einen etwas mitleidigen Blick und sie kaufte weiter ein. Als sie dann auch noch das Grün von den Möhren nicht mitnehmen mochte, wurde ich wieder flott. „Das kommt auch in Ihre Suppe?“, fragte sie mich etwas angewidert. „Nein, das schmeiße ich mit anderen Sachen in den Mixer und dann trinke ich es.“ Das Gesicht hättet ihr sehen sollten, herrlich.
Wirklich hungern muss ich aber auch deshalb nicht, weil es mittlerweile in den unterschiedlichsten Geschäften vegane Lebensmittel zu kaufen gibt. In beinahe allen Reformhäusern ist veganer Käse, veganer Aufschnitt, vegane Bockwurst, veganes Grillfleisch, Soja-Joghurt und noch vieles mehr zu bekommen. Einzelhändler, Ketten und Discounter sind mit einer mehr oder weniger abwechslungsreichen Auswahl auf den kommerziellen Zug aufgesprungen. Vegan liegt nun mal im Trend – und mit einem Trend lässt sich „ne Mark machen“.
Am Anfang halfen mir die ganzen Ersatzprodukte sehr, auch wenn ich sie mir damals noch im Internet bestellen musste. Einen genießbaren Käse gab es damals noch nicht zu kaufen. Hach, was geht es uns doch heute gut! Eis, „Käse“, „Wurst“, „Grillfleisch“… alles zu bekommen.
Eine Ernährungsumstellung ist ein schleichender Prozess. Darüber sollte man sich klar sein. Den wenigsten gelingt der Sprung direkt auf völlig vegan. Und selbst dann geht die Entwicklung noch weiter. Denn lediglich vegan heißt ja nicht zwangsläufig gesund. Hartweizennudeln mit Tomatensoße sind auch vegan, auf Dauer aber einseitig und damit keine ausgewogene und gesunde Ernährung.
Wie ernähre ich mich denn nun vegan und gesund?
Wichtig ist es, sich so abwechslungsreich wie möglich zu ernähren. Ich koche heute mit Getreidesorten, die ich vorher weder kannte, noch wusste, wie sie aussehen oder wie man sie schreibt. Oder kennen Sie Quinoa oder Amaranth? Beide gehören zur Familie der Fuchsschwanzgewächse, sind getreideähnlich und gelten als glutenfreie Pseudogetreide. Mit ihnen lassen sich wunderbare Gerichte zaubern, genauso wie mit Hirse, Bulgur oder Couscous. Früher wählte ich zwischen Nudeln, Reis und Kartoffeln. Eindeutig eine Bereicherung.
Frisches Obst und Gemüse bevorzugen. Sind keine regionalen Produkte zu bekommen, kann sich auch mal ein Blick in die Tiefkühlabteilung lohnen. TK-Ware hat häufig mehr Vitamine als lange gelagertes Gemüse. Obst und Gemüse sind wichtige Vitamin- und Mineralstofflieferanten.
Milch enthält sehr viel Kalzium, das ist richtig. Wichtig ist aber zu wissen, dass das Kalzium der Milch an das Kasein (Eiweiß) in der Milch gebunden ist und damit zu groß ist, um die Blutgefäße zu verlassen. Eine Übersäuerung ist die Folge. Um diese Übersäuerung zu neutralisieren, benötigt der Körper mehr Kalzium als ihm durch die Verdauung der Milch zur Verfügung steht. Er nutzt also körpereigenes Kalzium und entzieht dieses unseren Knochen. Dadurch steigt die Osteoporose-Anfälligkeit. Mandeln und andere Nüsse, Samen und alle dunkelgrünen Gemüsesorten haben einen hohen Kalziumgehalt. Auch viele Mineralwässer sind reich an Kalzium. Den täglichen Bedarf zu decken, ist keine Herausforderung.
Eine ausreichende Eisenzufuhr ist durch den Verzehr von Vollkornprodukten, Samen und Kernen, Nüssen, Hülsenfrüchten, grünes Blattgemüse oder Soja-Fleischersatzprodukte gewährleistet. Die Aufnahme von pflanzlichem Eisen fällt etwas geringer aus, deshalb ist es empfehlenswert, eisenhaltige Lebensmittel mit der Aufnahme von Vitamin C zu kombinieren, z. B. Paprika, Petersilie, Erdbeeren oder einem Vitamin-C-haltigem Saft.
Gleichzeitig sind Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkornprodukte neben Obst und Gemüse ebenfalls wichtige Vitamin- und Mineralstofflieferanten.
Ernährt man sich als Veganer vernünftig und abwechslungsreich, braucht man sich um seine Eiweißversorgung keine Gedanken zu machen. Mit einer abwechslungsreichen und vernünftigen Ernährung, die den täglichen Kalorienbedarf deckt, erhalten sie automatisch ausreichend Protein. Besonders gut als Eiweißlieferanten eignen sich Hülsenfrüchte wie Bohnen, Erbsen und Linsen, Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh und Soja-Drinks.
Mein Fazit – Vegan ist:
• eine Bereicherung für den Speiseplan,
• ohne Tierleid,
• gut für die Gesundheit – wenn man sich abwechslungsreich ernährt und so oft wie möglich zu (regionalen) Bio-Produkten greift
• gut für unsere Umwelt und deshalb auch gut für meine Kinder!
Vegan: Eine der besten Entscheidungen in meinem Leben!
Netzfrau Kerstin Hördemann
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