Am 21. d. M. wurde über die umstrittene Diätenerhöhung für Abgeordnete abgestimmt. Wie hätte es anders sein können, wenn Abgeordnete selbst über ihr Gehalt abstimmen? Ja, sie haben sich wieder einmal großzügig bedient.
Übrigens profitieren nun auch die Vorsitzenden der 23 ständigen Ausschüsse im Bundestag zusätzlich von der Diätenerhöhung. Ebenso die der Untersuchungsausschüsse samt der Enquête-Kommissionen.
Durch die Gesetzesänderung bekommen sie zusätzlich 15 % der Abgeordnetendiät – rund 1300 Euro im Monat – als Amtszulage.
Laut einem Bericht des Spiegel halten mehrere Staatsrechtler, unter ihnen der bekannte Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim, die heutige Gesetzesänderung für verfassungswidrig. Bleibt abzuwarten, ob es zu Klagen vor dem Bundesfassungsgericht Karlsruhe gegen das Gesetz kommen wird. Das wäre Aufgabe der Opposition, d. h. jeder Bundesabgeordneter kann klagen. Wer wird sich trauen?
Laut Spiegel zielt von Arnims Vorwurf auf die Rechtsprechung des Bundesverfassunggericht ab: „(…) Denn die ist eindeutig gegen die Zulagen und steht damit in diesem Punkt im Widerspruch zur Gesetzesänderung: Im Juli 2000 erklärten die Karlsruher Richter Amtszulagen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer und eben Ausschussvorsitzende im Thüringer Landtag für verfassungswidrig. Die Begründung: Die Zulagen unterwanderten die im Grundgesetz festgelegte Gleichheit und Freiheit des Mandats, weil sie Unterschiede zwischen den Abgeordneten erzeugten und das Karrieredenken beförderten.“
Nachstehend die Stimmverteilung der Bundestagsabgeordneten:
463 Ja
115 Nein
10 Enthaltungen
42 Nicht abgegeben.
Unter diesem Link können Sie die Abstimmung ihrer Abgeordneten ersehen und überlegen, wem Sie bei den nächsten Wahlen Ihre Stimme geben werden.
Nachstehend noch einmal der gestrige Artikel der Netzfrauen:
WO BLEIBT DER PROTEST – Politikerpensionen – Die Selbstbedienung geht weiter
Wer von den arbeitenden Normalbürgern kann die Höhe seines Gehalts selbst bestimmen? Im Gegensatz zu uns konnten die Abgeordneten in der Vergangenheit selbst über ihre Gehaltserhöhungen entscheiden. Ab Januar 2015 werden die Diäten auf das Gehalt eines obersten Bundesrichters angehoben. Danach sollen sie entsprechend der durchschnittlichen Einkommensentwicklung steigen.
In einer Krisenzeit, in der ganz Europa von der “Sparmusterfrau” ein Sparprogramm vorgeschrieben bekommt, Renten, Löhne und Ausbildungszeiten infolge von Sparmaßnahmen gekürzt werden, Abschläge bei Schwerbehinderten und chronisch Kranken vorgenommen werden und der Schrei nach Altersarmut die Gemüter erhitzt, können unsere vom Volk gewählten Abgeordneten sich zufrieden auf ihren gepolsterten Sesseln zurücklehnen.
Betrugen die Bezüge der Abgeordneten vorher 8252 Euro im Monat, werden sie zum 1. Januar 2015 auf 9082 Euro angehoben. Immerhin um 10 %. Doch damit nicht genug, denn hinzuzurechnen sind noch die steuerfreien Aufwendungspauschalen von monatlich 4204 Euro und die vielen Zuschüsse und Vergünstigungen.
Pensionskürzungen waren versprochen – ein leeres Versprechen?
Es sei dahingestellt, ob die Anpassung an das Gehalt eines Obersten Bundesrichters für die Bezüge der Abgeordneten gerechtfertigt ist oder nicht. Aber dass die Parlamentarier sich auch, wenn es um die eigenen Pensionsansprüche geht, großzügig bedienen, geht entschieden zu weit und grenzt an einen Skandal.
Infolge der zehnprozentigen Gehaltserhöhung steigt folglich auch der Pensionsanspruch entsprechend. Wer zwei Legislaturperioden im Parlament verbracht hat, hat einen monatlichen Anspruch von 1816 Euro (vorher 1650 Euro). Wie lange müssen Normalbürger arbeiten und in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um diesen Rentenanspruch – wenn überhaupt – zu erreichen?
Ja, es gibt sie, die versprochenen Kürzungen. Beispielsweise glauben Abgeordnete, uns wieder einmal mit leeren Worten Sand in die Augen streuen zu können: „Die Pensionsansprüche der Parlamentarier wurden deutlich gesenkt.“
Nach 27 Mandatsjahren soll der Höchstsatz der Pensionsansprüche von 67,5 Prozent auf 65 Prozent sinken und ab kommender Legislaturperiode können Abgeordnete nicht mehr mit 57 Jahren in ihren „wohlverdienten“ Ruhestand gehen, sondern frühestens mit 63 Jahren, ohne Abzug versteht sich. Auch für Normalbürger besteht die Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersrente frühzeitig in Rente zu gehen. Beispielsweise wenn sie ab dem Alter von 63 Jahren in den Ruhestand wollen oder müssen und 35 Jahre Versicherungsbeiträge nachweisen können, werden sie lebenslange Rentenabschläge hinnehmen müssen: Für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme fällt ihre Rente um 0,3 % niedriger aus!
Nicht so die Pensionen von Deutschlands Bundestagsabgeordneten. Sie erhalten ohne Abzüge, auch bei vorzeitigem Ruhestand, ihre volle Pension, ohne dafür jemals Beiträge in die Renten- oder Arbeitslosenversicherung eingezahlt zu haben.
Wie begründen unsere Abgeordneten ihre Selbstbedienung?
Sie behaupten, dass sie gut versorgt sein müssten, da sie – auch ohne eigenes Verschulden – von Heute auf Morgen ihr Mandat verlieren könnten. Wer hat heute den Luxus, einen „sicheren Job“ zu bekommen und da dieser eventuell nicht sicher sein sollte, schon im Voraus Geld zu kassieren für eine eventuelle frühzeitige Entlassung? Die Vergangenheit lehrt uns, dass, wer aus der Politik ausscheiden „muss“, nicht auf dem Arbeitsamt Schlange stehen wird. Die Politiker fallen schlimmstenfalls lediglich eine Treppe höher. Die Industrie reibt sich die Hände und stellt sie lieber heute als morgen ein. Oder haben Sie jemals von einem Einstellungsstopp seitens der Arbeitgeber für ehemalige Abgeordnete gehört? (s. Artikel)
Weniger Korruption bei höherem Gehaltsniveau?
Lächerlich ist auch das Argument, dass ein gut dotiertes Gehalt unsere Parlamentarier weniger den Gefahren der Korruption aussetzen und sie damit unabhängiger machen würde.
Was passiert mit korrupten Beamten, die sich schmieren lassen? (Parlamentarier sind keine Beamten – fordern aber das Gehalt eines verbeamteten Obersten Bundesrichters.) Für Beamte gilt, dass, wenn sie Geld für eine Leistung annehmen, sie sich strafbar machen. Warum gilt das nicht für Abgeordnete und warum weigern sich unsere Politiker seit vielen Jahren, dies auch gesetzlich zu verankern? Ihrer Glaubwürdigkeit hätte eine gesetzliche Regelung in der Vergangenheit bestimmt nicht geschadet.
Inzwischen ist nun die Große Koalition bereit, Abgeordnetenbestechung unter Strafe zu stellen. Jedoch ist laut Abgeordnetenwatch „(…) der vorgelegte Gesetzesentwurf weitgehend untauglich (…), denn er entpuppt sich bei genauem Hinsehen als ziemlich stumpfes Schwert. Und so wirkt das “Anti-Korruptionsgesetz” der Großen Koalition vor allem wie eine Beruhigungspille für das Volk nach dem Motto: Wenn sie sich schon die Diäten erhöhen, dann geht es jetzt wenigstens den Korrupten unter ihnen an den Kragen!“ Der Gesetzesentwurf ist untauglich, da demnach korrupte Abgeordnete nur belangt werden können, wenn nachgewiesen ist, dass sie „im Auftrag oder auf Weisung“ gehandelt haben. Welcher Politiker begeht schon ein Korruptionsdelikt und lässt sich vorher einen Auftrag oder eine Weisung erteilen? Wer noch schnell die Petition unterschreiben möchte, hier der Link: Abgeordnetenbestechung bestrafen
UN-Konvention gegen Korruption
Wie wir wissen, haben 170 Staaten die UN-Konvention gegen Korruption, die u. a. verschärfte Regeln zur Abgeordnetenbestechung enthält, unterzeichnet. Hingegen hält die Mehrheit der deutschen Parlamentarier diese Konvention für unsinnig. Deutschland verweigert weiterhin seine Unterschrift.
© Februar 2014 Netzfrau Birgitt Becker
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