Cradle-to-Cradle – Das Ziel: Wiederverwerten

CradleUnsere Wohlstandsgesellschaft ist eine Wegwerfgesellschaft, zumindest in den industrialisierten Erdteilen, in denen alles im Überfluss vorhanden ist und produziert wird. Zum einen achten die Konzerne darauf, dass Waren und Güter nur kurze Haltbarkeiten haben oder Technologien schnell veralten, damit neue Produkte weiterhin die Profite sichern.

Natürlich ist nichts für die Ewigkeit bestimmt und muss allein schon deshalb irgendwann entsorgt werden. Ein Großteil dieses Abfalls ist Plastik. Plastiktüten, Plastikflaschen, Verpackungen, Elektrogeräte, Spielzeug, Automobilzubehör, Kleidung, Schuhe, Boxen, Behälter u. v. m.  Welche Ironie, sogar Müllbeutel sind aus Plastik.

Der Mensch ist eine Müllmaschine. Tag für Tag entsorgen wir tonnenweise Plastik, Lebensmittelreste oder Papier. Die Industrie produziert Giftmüll, Luftschadstoffe und radioaktive Abfälle – alles Müll, den wir loswerden wollen; doch das Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ funktioniert nicht, denn der Müll begegnet uns an unerwarteten Orten wieder. Wir produzieren ihn täglich, hier einige Zahlen:

Das durchschnittliche Pro-Kopf-Aufkommen an Haushaltsabfällen: 450 Kilogramm. Insgesamt wurden 36,8 Millionen Tonnen Abfälle bei den Haushalten eingesammelt. Die 450 Kilogramm Abfall je Einwohner setzten sich aus rund 197 Kilogramm Haus- und Sperrmüll, 143 Kilogramm Wertstoffen (insbesondere Papier, gemischten Verpackungen und Glas), 107 Kilogramm Bioabfällen sowie 2 Kilogramm sonstigem Abfall zusammen. Quelle: Statistisches Bundesamt Februar 2012

Wir verschmutzen die Erde jeden Tag ein bisschen mehr – und das, obwohl der Mensch das einzige Lebewesen ist, das überhaupt Müll produziert. Wie könnten wir es schaffen, unser Leben beispielsweise so intelligent sauber zu gestalten wie eine Ameise? Denn dann gäbe es gar kein Müllproblem. Fakt ist: Wir schaffen es pro Kopf aktuell auf rund 450 Kilogramm Abfall im Jahr – knapp eine halbe Tonne.

Doch was tun damit? Trennen, verbrennen, recyclen?

Alles Unsinn, wenn es nach Prof. Michael Braungart geht. Braungart ist Chemiker, Verfahrenstechniker und Gründer und Wissenschaftlicher Geschäftsführer der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH in Hamburg. Er plädiert dafür, schon vorher an nachher zu denken: Produkte sollten so hergestellt werden, dass sie Bestandteil biologischer oder technologischer Kreisläufe sind.

Er nennt das das „Cradle-to-Cradle“-Prinzip, was so viel wie ein zyklisches System von der „Von der Wiege zur Wiege“. Um Lösungen für komplexe Umweltprobleme zu entwickeln, wurde EPEA 1987 von Greenpeace gründet. Seitdem ist Braungart mit Forschung und Beratung für öko-effektive Produkte befasst – also Produkte und Produktionsprozesse in einem Kreislauf, die nicht nur nicht schädlich für Mensch und Natur sind, sondern nützlich.

Teppiche, Möbel, Kleidung, Farben, Kühlschränke, Elektro-Geräte und sogar Fenster sind nach den neuen Herstellungsmethoden in den letzten Jahren entstanden. Michael Braungart ist in der Industrie ein gefragter Berater. Gerade weil dort gesehen wird, wie sehr sich die Rohstoffpreise verteuern und wie groß die Abhängigkeit von Staaten wie China und Indien ist. Sie wollen möglichst viele Rohstoffe wie z. B. Kupfer wiederverwerten. Bisher verschwindet davon immer noch ein großer Teil in den Müllverbrennungsanlagen.

Während „Nachhaltigkeit“ vor allem mit Begriffen wie Sparsamkeit, Verzicht, Effizienz und Schadstoffreduzierung gleichgesetzt wird, lautet das Credo von Cradle-to-Cradle: Weniger schlecht ist noch lange nicht gut. Es geht darum, die Qualität in allen Bereichen so zu verbessern, dass Mensch und Natur davon profitieren. Umweltschutz kann nur funktionieren, wenn Produkte und Prozesse vom Anfang her gedacht und im Hinblick auf ihren gesamten Lebenszyklus entwickelt werden.

Vorbild für Cradle-to-Cradle ist die Natur. Alles wird zu Nahrung oder Nährstoffen für etwas anderes, die gesamte Energie kommt von der Sonne und es gibt eine schier unendliche Vielfalt. Wie eine perfekte Kreislaufwirtschaft aussieht, zeigen uns die Ameisen: Ihre Biomasse beträgt etwa das Vierfache der aller Menschen auf der Erde. Dennoch verursachen sie der Natur kein Problem, weil sie einfach alles verwerten.

Cradle-to-Cradle ist kein Umweltschutzkonzept im herkömmlichen Sinne. Es ist vielmehr eine völlig neue Wirtschaftsweise, bei der sämtliche Materialien und Verfahren so optimiert werden, dass sie nicht nur unschädlich, sondern nützlich sind. Viele Produkte wurden bereits nach diesem Prinzip hergestellt:

Da gibt es kompostierbare T-Shirts, Haarspray, das man gefahrlos trinken könnte, Teppichboden, der die Raumluft reinigt, komplett wiederverwertbare Bürostühle und vieles mehr.

Braungarts These besagt, dass die Zeit reif ist für eine zweite industrielle Revolution, die das zyklische Prinzip der Natur verinnerlicht und auf Produkte und Verfahren anwendet. Abfall und Verpackungen ließen dann nicht die Müllberge immer weiter anwachsen, sondern sich letztlich in Nährstoffe verwandeln. Die Stoffe, die nicht verrotten, sollen nicht wie heute oft üblich in Müllverbrennungsanlagen landen und so für immer verloren gehen, sondern wieder zu 100 Prozent zu neuen Produkten werden.

Eine tolle Idee und auch international hat die Idee des Ökopioniers hohe Wellen geschlagen: Nike entwickelt bereits einen Sportschuh, der nach Gebrauch völlig zerlegt und zu neuen Schuhen verarbeitet werden kann, für Trigema entwickelte Braungarts Hamburger Umweltinstitut ein kompostierbares T-Shirt, das gleiche gilt für die Sitzbezüge mancher Airbus-Flieger. Baumgart hält an den Eliteuniversitäten dieser Welt Vorträge, Steven Spielberg dreht einen Dokumentarfilm über den Visionär, die niederländische Regierung will Cradle-to-Cradle-Design einkaufen und Schwarzenegger hätte zu seinen Zeiten als Gouverneur am liebsten Kalifornien zum ersten Cradle-to-Cradle-Staat ausgerufen.

Nur in Deutschland hört man vergleichsweise wenig von dem Mann mit der Idee „vom ewigen Kreislauf“. Wir hoffen, dass sich das bald ändert.

Doch der beste Abfall bleibt der, der gar nicht erst entsteht – denn Abfall vermeiden schont die Umwelt!

Mit ein bisschen gutem Willen sind wir durchaus in der Lage, auf den Gebrauch problematischer Materialien wie PVC, andere Arten von Plastik etc. zu verzichten und sie durch andere wiederverwertbare oder ökologisch abbaubare Stoffe zu ersetzen. Dies soll heißen:

Oberstes Ziel ist es erst einmal, nach Möglichkeit zu verhindern, dass Müll überhaupt entstehen kann. Ist das nicht möglich, sollte man sich bemühen, nur wiederverwertbare Stoffe zu verwenden und diese dann tatsächlich auch wiederzuverwerten (Stichwort: Recycling). Der kleine Rest, der übrig bleibt, muss auf ökologisch schonende Art und Weise entsorgt werden.

  •  Nehmen Sie beim Einkaufen einen Einkaufskorb oder eine Tragetasche mit – verwenden Sie keine Einkaufstüten aus Plastik
  •  Kaufen Sie Getränke nur in Mehrwegflaschen.
  •  Verwenden Sie nur Produkte mit wenig oder ohne Verpackung
  •  Sparen Sie Papier
  •  Vermeiden Sie Einweggeschirr
  •  Kaufen Sie möglichst frisch und saisonal ein
  •  Vermeiden Sie Fertiggerichte

Der beste Abfall bleibt der, der gar nicht erst entsteht – denn Abfall vermeiden schont die Umwelt! Ökologisch. Nachhaltig. Biologisch. Sanft. Cradle-to-Cradle – eine Zukunft, in der wirtschaftliche, technologische und soziale Prozesse keine negativen Auswirkungen für Mensch und Umwelt haben.

© Copyright 2014 Doro Schreier, Netzfrauen

Quelle1 2 

EU-Parlament fordert Aus für Plastiktüten – Plastiktütenverbot in Neu Delhi und anderen Ländern

Plastikteilchen nicht nur in Lebensmitteln gefunden – nein auch in der Luft!

Bei der Verbrennung von Kohle entstehen Unmengen von Kohleasche, doch was geschieht damit?

Protestmail gegen Todesstoß! Great Barrier Reef – Weltnaturerbe als Müllkippe

Schweine für den Müllcontainer- Warum ist das Fleisch so billig und woher kommt es?

   

1 Kommentar » Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.