Womit soll ich anfangen? Schlagzeile über Schlagzeile, Fotos, die Chaos zeigen und jede Menge Kommentare …
In den letzten Wochen überschlagen sich die Nachrichten über Venezuela und, ehrlich gesagt, ist es sehr schwierig, da noch durchzublicken. Besonders, wenn man weiß, dass die Presse beeinflusst wird.
Trotzdem, oder gerade deshalb, ist es so wichtig, so viel wie möglich zu berichten, damit jeder sich ein eigenes Bild machen kann. Ich werde versuchen, hier nur Fakten aufzulisten, die alle mit sicheren Quellenangaben angegeben sind. Ich hoffe, dass dieser Bericht (zusammen mit dem ersten Warum befindet sich ein Land wie Venezuela heute in einer solch komplizierten wirtschaftlichen und sozialen Lage?) dazu beiträgt, die Menschen in Deutschland wenigstens etwas aufzurütteln, damit sie die Nachrichten der Massenmedien etwas kritischer ansehen.
Vielleicht die wichtigste Information gleich am Anfang:
Am 18. Februar gab die englische Zeitung „The Guardian“ einen Bericht von Mark Weisbrot heraus, der sich mit der Finanzierung der USA für unterstützende Aktivitäten der Opposition Maduros auseinandersetzt, die Jahr für Jahr mehrere Millionen Dollar beträgt.
Für das laufende Jahr beträgt das Budget des nordamerikanischen Haushalts fünf Millionen Dollar. „Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, wenn wir die Hunderte von Millionen Dollar dazuzählen, die in den letzten 15 Jahren beigesteuert wurden.“
Präsident Maduro prangert, genauso wie es schon sein Vorgänger Chavez getan hat, die Finanzierung von faschistischen Gruppen an, die ausgebildet werden, um in seinem Land Unruhen und Gewalt auszulösen.
Fast niemand glaubte ihnen, sie wurden sogar ausgelacht! Dass beide Präsidenten nicht unrecht hatten, beweisen nun auch Enthüllungen von Wikileaks.
Auf der folgenden Seite von Wikileaks finden wir folgende Informationen, die für die Jahre 2004-2006 gelten und die hier resümiert übersetzt werden:
Unterstützungssprogramm für Landesteam, 5-Punkte-Strategie (SUBJECT: USAID/OTI PROGRAMMATIC SUPPORT FOR COUNTRY TEAM 5 POINT STRATEGY) – USAID/OTI ist ein von den USA angetriebenes Unterstützungsprogramm in Lateinamerika, welches 300 zivile Organisationen mit Fortbildung, technischer Assistenz und 15 Millionen Dollar in Venezuela unterstützt hat, wobei sie diese mit anderen internationalen Bewegungen in Verbindung gesetzt hat. Die fünf strategischen Punkte sind:
- Stärkung der demokratischen Institutionen,
- Eindringen in die politische Base Chaves,
- Spalten des “Chavismus”,
- Schutz von wichtigen Geschäften der USA,
- Chavez auf internationaler Ebene isolieren.
Mit diesen wichtigen Hintergrundinformationen fällt es uns leichter, einige drastische Entscheidungen des Präsidenten Maduros während der letzten Wochen zu verstehen.
Da sind zum einen die Vorwürfe der Zensur, als bekannt wurde, dass verschiedene Fernsehkanäle nicht mehr funktionieren und dass sogar mehreren ausländischen Reportern ihre Arbeit untersagt wurde.
Dazu muss man wissen, dass die Mehrzahl der Radio- und Fernsehsender in privaten (rechtsgerichteten) Händen sind und/oder auch unter (finanziellem) ausländischem Einfluss stehen. Sie zeigten in den letzten Wochen immer und immer wieder ein Bild von Venezuela, das nach Maduro so nicht stimmt: „Hört mit der Kriegspropaganda auf. Wenn CNN sich nicht berichtigt, dann raus aus Venezuela. Versucht nicht, mit eurer Information einen gewalttätigen Konflikt auszulösen!“
CNN habe ein 24-stündiges „Kriegsprogramm“ und wolle der Welt zeigen, dass in Venezuela Bürgerkrieg herrsche. Ziel sei es, einen Eingriff der „Gringo-Armee“ der USA in Venezuela zu provozieren, sagte Maduro.
Zensur?
Bleibt zu ergänzen, dass venezolanische Fernsehkanäle wie TeleSur in den USA nicht ausgetragen werden dürfen. Falschmeldungen und besonders Fotos, die sich bei genauerem Hinsehen verraten, gibt’s jede Menge.
So tauchen im Internet z. B. immer wieder Fotos auf, die von Gewalt und Armut überzeugen wollen: Eine Meldung finden wir auf verschiedenen Seiten des lateinamerikanischen Internets, deren Wahrhaftigkeit ich aber nicht finden konnte und die ein Interview von NBC sein soll:
Es handelt sich um ein „Geständnis“ des US-Senators John McCain, in dem er den Versuch eines Putsches wegen des Durstes nach Erdöl bekennt und empfiehlt, dass sein Land sich auf ein Eingreifen in Venezuela vorbereiten muss, um den Erdölfluss zu garantieren.
„Wir (die USA) sollten die Unterstützung von mit uns verbündeten Ländern in der Region suchen, damit die Militärkräfte Nicolás Maduro daran hindern, die Interessen der USA zu zerstören.” Damit meinte er Länder wie Kolumbien, Chile und Perú. Quelle: .elciudadano.cl
Was wir Außenstehenden, aber auch die in Venezuela lebenden Menschen, durch die Presse erfahren, ist sehr konfus. Da wundert es mich nicht, dass Maduro hart durchgreift und Kanäle, einzelne Reporter oder auch Diplomaten auffordert, das Land zu verlassen, die unter dem Verdacht stehen, Studentenvertreter angeworben zu haben, um Protestaktionen gegen die Regierung zu organisieren oder einfach überhaupt irgendeiner Verschwörung angehören.
Wir erfahren insgesamt, dass die Demonstrationen in Venezuela von Studenten angeführt werden und sind dann schnell in Versuchung, mit diesen zu sympathisieren. Wir sollten uns aber die Frage stellen: Wer sind eigentlich diese Studenten?
Studentenorganisationen können jedmögliche Interessen vertreten, können sogar gegen jegliche soziale, kulturelle oder religiöse Werte innerhalb und ausserhalb ihres Landes protestieren.
Die generelle Verherrlichung von Studentenbewegungen gibt diesen Gruppen einen Freischein und nicht etwa, wie es sein sollte, Unterstützung, die auf Basis von Kenntnissen und Argumenten aufgebaut ist.
Es ist wichtig, den Grund der Teilnahme der Studenten bei den Protesten gegen die Regierung zu identifizieren und zu erkennen, dass diese wirklich in Gruppen aufgeteilt sind: für und gegen die Regierung Maduros. Die Oppositionsgegner verstecken sich gerne hinter diesen Studentenanführern, die ihnen so einen größeren Zuspruch aus dem Volk (und aus dem Ausland) zukommen lassen. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass genau diese Studentenanführer meist aus privilegierten Familien stammen, die sich erlauben können, ihre Kinder auf private Universitäten zu schicken.
Am 15. Januar gab es eine Presseerklärung von John Kerry Recent Violence in Venezuela Press Statement – John Kerry -Secretary of State – Washington, D.C. – February 15, 2014 – Hier die Übersetzung:
Die Vereinigten Staaten sind sehr besorgt über die steigenden Spannungen und die gewalttätigen Proteste dieser Woche in Venezuela. Unsere Anteilnahme gehört den Familien derer, die infolge der tragischen Gewalt getötet wurden.
Wir sind besonders über die Berichte alarmiert, dass die venezolanische Regierung Dutzende von Anti-Regierungs-Demonstranten hat festnehmen und inhaftieren lassen, sowie über den Haftbefehl gegen Oppositionsführer Leopoldo Lopez. Diese Maßnahmen haben eine abschreckende Wirkung auf die Rechte der Bürger, ihre Beschwerden friedlich auszudrücken.
Wir schließen uns der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, der Europäischen Kommission und der hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union an und verurteilen diese sinnlose Gewalt. Wir appellieren an die venezolanische Regierung, den politischen Raum zu geben für einen sinnvollen Dialog mit dem venezolanischen Volk und festgenommene Demonstranten freizugeben. Wir fordern alle Parteien auf, daran zu arbeiten, die Ruhe wiederherzustellen und die Gewalt zu unterlassen.
Freiheiten der Meinungsäußerung und friedliche Versammlung sind universelle Menschenrechte. Sie sind wesentlich für eine funktionierende Demokratie, und die venezolanische Regierung hat die Pflicht, diese Grundfreiheiten und die Sicherheit ihrer Bürger zu schützen.
Maduros Reaktion: „Präsident Obama, am 17. April 2009, war ich dabei, als sie zum Comandanten Chavez sagten: ‚Präsident Chavez, ich weiß, was in der Ära Bush passiert ist. Seien Sie sicher, dass solange ich Präsident der USA bin, ich mich nicht in die Innenangelegenheiten von Venezuela einmischen werde.‘. Das, was Sie da gesagt haben, haben Sie nicht eingehalten.”
Und er fügt hinzu: „John Kerry bedroht Venezuela mit mehr Gewalt. Mit seinen Äußerungen gibt er den gewalttätigen Gruppen grünes Licht, um unser Volk zu attackieren.“
Und wer steckt nun hinter diesen “gewalttätigen” Gruppen?
Ein Name taucht immer auf: Leopoldo López Mendoza. Er ist der Anführer der Antiregierungsproteste, früherer Angestellter bei Petróleos de Venezuela S.A. und früherer Bürgermeister von Chacao. Stammt aus einer der reichsten Familien Venezuelas, die der antichavistischen Oligarchie angehört.
Er studierte im Kenyon College/USA Wirtschaft und absolvierte einen Master für öffentliche Politik in Harvard. Danach kehrte er nach Venezuela zurück und gründete die Primero Justicia-Partei. Er nahm aktiv teil an den Bewegungen der Opposition, die zum Putschversuch 2002 führten. Chavez erklärte ihn 1998 für unfähig, eine öffentliche Stellung einzunehmen, nachdem er als Geschäftsführer bei Petróleos de Venezuela seiner Mutter Geldmittel hatte zukommen lassen, um seine Partei davon gründen zu können. Ihm wird nachgesagt, gute Beziehungen zum CIA zu unterhalten.
Dieselben Oppositionsführer und deren ausländische Sponsoren nutzen meiner Meinung nach die unbestreitbare wachsende Unzufriedenheit aus, die von ihnen selbst gelenkt und erwünscht ist.
Die sozialen und wirtschaftlichen Sorgen eines Teils der Bevölkerung werden als Vorwand ausgenutzt, um die jetzige Regierung zu stürzen.
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