Die Hanfpflanze – der Tausendsassa

HanfpflanzeUnd wieder einmal wird ein Schwein durchs Dorf getrieben. Diesmal überschlägt sich die Presse mit neuen Schlagzeilen: „Wissenschaftler beweisen, dass Cannabis töten kann!“ So so, endlich sind alle Zweifel behoben: CANNABIS WIRKT TÖDLICH; denn die Uniklinik Düsseldorf stellte bei einem Mann sowie bei einem weiteren 23-Jährigen  Herzversagen nach Cannabiskonsum als verantwortliche Todesursache fest.  Herzversagen als Folge von Cannabiskonsum. So in Presseberichten nachzulesen.

Was halten Sie von folgenden Schlagzeilen:

ALKOHOLVERBOT:

Nachdem jährlich in Deutschland 74 000 Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums sterben – das entspricht ca. neun Prozent aller Todesfälle (Quelle BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) – muss Alkohol ab sofort verboten werden.

AUTOFAHRVERBOT:

Laut Statistik-Portal wurden in Deutschland (November 2012 bis November 2013) 3557 Menschen infolge von Straßenverkehrsunfällen getötet. Besonders hoch war die Zahl der Verkehrstoten in den Monaten Juli 2013 mit 377 Toten und September 2013 mit 339 Toten. Aus diesem Grund ist für 2014 vorgesehen, ein Autofahrverbot für Juli und September auszusprechen.

Sicherlich fallen den LeserInnen noch weitere Beispiele ein.

Cannabis-Legalisierung schreitet in den USA fort

Nachdem in den USA die Legalisierung von Cannabis fortschreitet, kommt diese Nachricht „von zwei nachgewiesenen Todesfällen“ gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Fast 2000 Jahre wurde Hanf als Papierrohstoff verwendet. Bereits 2000 v. Chr. wurden in China zur Papierherstellung Hanffasern verarbeitet und auch der Gutenbergbibel liegt Hanf als natürlicher Rohstoff zugrunde. Bis 1883 wurden zwischen 75 – 90 % des weltweit produzierten Papiers für Bücher, Zeitungen und Landkarten mit Hanffasern hergestellt.[1]

Gemälde wurden zumeist auf Hanfwand gemalt und jahrtausendelang wurde Hanföl für Farben und Lacke eingesetzt. Beispielsweise wurden 1935 in den USA 58 000 Tonnen Hanfsamen nur für Farben und Lacke verbraucht. Hanf diente als Rohstoff für Seile, Segel, Kleidung, Textilien aller Art, war ein Grundnahrungsmittel und versorgte Lampen mit Brennstoff.

Für Heilkräuter und medizinische Zwecke dienten Hanfblätter und Hanfblüten. Alle Textilien und Stoffe für Kleidung, Zelte, Linnen, Teppiche, Gardinen, Windeln u. a. wurden bis in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts in den USA überwiegend aus Hanffasern hergestellt. Die Reißfestigkeit von Textilien aus dem natürlichen Rohstoff Hanf ist dreimal höher ist als die von Baumwolle. Hinzu kommt, dass beim Anbau von Baumwolle heute schätzungsweise 50 Prozent des Chemikalienverbrauchs in den USA zum Einsatz kommen. Für den Hanfanbau werden keine Chemikalien benötigt, da er kaum von Insekten und anderen Schädlingen bedroht ist.

«Die Flutkatastrophen und Sandstürme der jüngsten Zeit sollten uns eine Warnung sein, unsere Waldbestände nicht weiter zu vernichten. Der Bedarf an Bauholz kann möglicherweise durch die bislang ungenutzt gebliebenen Pflanzenteile von Hanf und Flachs gedeckt werden.»  Diese Erkenntnis, publiziert vor nahezu 80 Jahren in einem Artikel des Mechanical Engineering, ist inzwischen wieder hochaktuell.[2].

Rückgang des Hanfanbaus

Wie kommt es also, dass die älteste und vielfältigste aller Kulturpflanzen vom Markt verschwinden konnte und europaweit nur noch als Droge bekannt ist?

Der Hanfanbau war bereits im 18./19. Jahrhundert rückgängig, nachdem die Baumwollmaschine (Cotton Gin) erfunden wurde, die eine mühelose Verarbeitung der Baumwolle gewährleistete und Hanf und Flachs vom Textilmarkt verdrängte. Nachdem im 19. Jahrhundert die Papiermaschine und das chemische Aufschlussverfahren für Holz zur Papierherstellung entwickelt wurde, wurde Hanf immer weniger angebaut.

Nach dem Aufkommen der Kunstfasergewebe stagnierte der Hanfanbau, bis er schließlich wirtschaftlich immer bedeutungsloser wurde. Außerdem trugen irrationale Hanf-Anbauverbote in der Vergangenheit dazu bei, diese Nutzpflanze zu stigmatisieren.

Durch das Betäubungsmittelgesetz war der Anbau von Nutzhanfsorten mit niedrigem THC-Gehalt in Deutschland von 1982 bis 1995 verboten. Inzwischen ist die Sortenwahl von Hanf in der EU beschränkt für den Anbau zugelassen, d. h. die Sortenzulassung ist auf einen THC-Gehalt von weniger als 0,2 % THC beschränkt. Außerdem muss der Hanfanbau mit zertifiziertem Saatgut in Deutschland der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernähung angezeigt werden und wird Landwirten nur mit strengen Auflagen genehmigt.

Lange Transportwege für den Rohstoff Hanf

Weltweit werden ca. 115 000 Hektar Nutzhanf angebaut. Davon in Asien ca. 80 000 ha. Auf die EU-Länder fallen lediglich 14 000 ha, davon auf Deutschland  ca. 1000 Hektar. Da der Rohstoff Hanf von weit her importiert werden muss, sind Produkte aus Hanf immer noch recht teuer. Prognosen zufolge wird sich der Hanfanbau in den nächsten Jahren europaweit erhöhen. Lösemittelfreie Farben auf Hanföl-Basis, Waschmittel aus Hanf-Tensiden, Hanffasern für Dämm- und Isolierstoffe des Baubereichs und für Auto-Innenverkleidungen gehören längst zum Einsatzbereich des Rohstoffes Hanf ebenso wie zur Produktion von Laptopgehäusen und Koffern. Auch in der Medizin bestätigen inzwischen viele Wissenschaftler und Ärzte die außerordentlichen Eigenschaften von Cannabis.

Millionen von Hektar ungenutzter landwirtschaftlicher Flächen könnten mit Hanf angepflanzt werden und weltweit wird auf die Entkriminalisierung von THC-freiem Hanf gewartet; denn beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen wie Raps, Öllein, Flachs, Schilfgras etc. sollte Hanf als Universalpflanze nicht ausgeschlossen sein.

© 2013 Netzfrau Birgitt Becker, aktualisiert am 26. 2. 2014

Enthält Text- u. Bildauszüge aus dem Buch Bauen-Wohnen-Leben, Birgitt Becker

[1] Herer, J.: Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Zweitausendeins Verlag, Frankfurt, 23. Auflage 1994.

[2] American Society of Mechanical Engineers, in Referat zur Tagung über die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in New Brunswick, Februar 1938, siehe Herer, J.: Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Zweitausendeins Verlag, Frankfurt, 23. Auflage 1994.

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