Gewalt gegen Frauen – auch hier in Europa!

Auch hier in Europa erleben unvorstellbar viele Frauen psychische, physische oder sexuelle Gewalt. Ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit – dass Frauen nirgendwo vor Übergriffen geschützt sind, zeigt eine Studie der Agentur für Grundrechte der Europäischen Union (FRA). Empfehlungen für die Länder der Union sollen die Situation für Frauen in Europa verbessern.

Schon als Kind haben viele Frauen körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt erlebt  Die Grenzen sind oft fließend. Dass in der Kindheit Betroffene häufig als Erwachsene erneut zum Opfer werden, ist allgemein bekannt. Wie weit verbreitet Gewalt gegen Frauen in Europa ist, zeigt der aktuelle Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA). Die Agentur selbst bezeichnet die Studie als „weltweit größte Erhebung über Gewalt gegen Frauen“. Über 42 000 zufällig ausgewählte Frauen zwischen 18 und 74 Jahren wurden befragt, pro Mitgliedsstaat 1500 (Luxemburg 900). Die gestellten Fragen bezogen sich auf Erfahrungen seit dem 15. Lebensjahr und auf Vorfälle in den letzten 12 Monaten vor der Befragung. Sie beinhalteten körperliche, sexuelle und psychische Gewalt inkl. häuslicher Gewalt, Stalking, sexueller Belästigung sowie Belästigung über das Internet und andere moderne Medien. Die Ergebnisse sind schockierend:

  • Etwa 62 Millionen Frauen in Europa (33%) haben seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt.
  • Über 41 Millionen Frauen in Europa (22%) haben in einer Partnerschaft körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt.
  • Über 9 Millionen Frauen in Europa (5%) sind seit ihrem 15. Lebensjahr vergewaltigt worden. An etwa der Hälfte der außerhalb der Partnerschaft erlebten Fälle waren mehrere Täter/Täterinnen beteiligt.
  • Über 80 Millionen Frauen in Europa (43 %) waren oder sind in einer Partnerschaft psychischer Gewalt ausgesetzt, wurden beispielsweise öffentlich bloßgestellt, eingesperrt, mussten gegen ihren Willen pornografische Filme ansehen und/oder wurden mit Gewalt bedroht.
  • Etwa 62 Millionen Frauen in Europa (33 %) haben in ihrer Kindheit körperliche oder sexuelle Gewalt durch Erwachsene erlebt. 22,5 Millionen (12 %)  waren in der Kindheit von sexueller Gewalt betroffen, die Hälfte davon durch fremde Männer. Hier wurden häufig Genitalien gezeigt oder die Mädchen an Genitalien oder Brüsten berührt.
  • Ungefähr 33,8 Millionen Frauen in Europa (18 %) waren ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen, über 9,3 Millionen (5%) innerhalb der letzten 12 Monate vor der Befragung, wobei das Stalking in 21% der Fälle (über 7 Millionen) länger als zwei Jahre anhielt.
  • Über 20 Millionen Frauen in Europa (11 %) wurden bereits über die neuen sozialen Medien, per Mail oder SMS belästigt. Von den Frauen unter 29 Jahren waren es sogar 20%, die online belästigt wurden.
  • Über 100 Millionen Frauen in Europa (55 %) wurden bereits sexuell belästigt. Etwa ein Drittel davon berichtet, dass es sich bei dem/den Tätern/Täterinnen um Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden handelte.
  • 67 % aller betroffenen Frauen in Europa meldeten die schwerwiegendsten Gewaltvorfälle innerhalb einer Partnerschaft weder der Polizei noch einer anderen Organisation.

Anhand der Studienergebnisse erarbeitete die FRA Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten. So sollten vor allem Polizisten, medizinisches Fachpersonal und Mitarbeiter von Opferschutzeinrichtungen geschult und Strukturen geschaffen werden, die ihnen im konkreten Fall rasches Handeln ermöglichen. Ferner rät die FRA, häusliche Gewalt und Gewalt innerhalb der Partnerschaft ernster zu nehmen und mit Nachdruck zu ahnden.

Angesichts der Gewalt an Frauen in Europa und weltweit waren wir sehr erstaunt über die mangelnde Berichterstattung anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 14. 02. 2014. Nicht nur, dass die Medien hier die Gelegenheit versäumten, auf ein nach wie vor allgemein totgeschwiegenes Problem aufmerksam zu machen (nach Dokumentationen zum Thema suchten wir an diesem Tag vergeblich). Sie verpassten auch ein unglaubliches globales Event – nämlich „One Billion Rising“. In vielen Städten der Welt erhoben sich Hunderte, oft Tausende Frauen und Mädchen, um gemeinsam auf den Straßen gegen die Gewalt zu tanzen, die ihnen widerfährt. Hätten diese weltweiten Zeichen der Solidarität und des Protests nicht auch bei uns in Deutschland ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt?

Bei so viel Gleichgültigkeit ist es kein Wunder, dass viele Frauen und Mädchen sich nicht trauen, ihre Peiniger anzuzeigen. Wenn schon die Gesellschaft so abgestumpft ist, woher sollen die Opfer dann das Vertrauen in die rechtlichen Vertreter dieser Gesellschaft, in Polizei, Staatsanwälte oder Richter, haben? Neben Angst und Unsicherheit im Umgang mit den Behörden hindert Opfer oft auch ihre Scham, die Gewalttaten anzuzeigen, die ihnen widerfuhren.

Wir möchten dennoch alle Opfer häuslicher oder sonstiger Gewalt, aber auch alle, die solche Gewalt bemerken, ermutigen, sich an die zuständige Polizeibehörde, an die Familienhilfe ihrer Stadtverwaltung oder eine der vielen anderen Familienhilfe- oder Frauenberatungsstellen (wie z. B. Caritas) zu wenden. Man wird Sie dort beraten, wie weiter vorzugehen ist bzw. wie Maßnahmen zu Ihrem Schutz ergriffen werden können. Dort bekommen Sie ggf. auch die Kontaktdaten eines Frauenhauses.

Diejenigen, die sich schämen müssten, sind die Täter, nicht die Opfer! Es gibt keinen Grund zu schweigen!

Netzfrau Andrea Wlazik

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