Gesetzesänderung auf die Schnelle – Kein Zugang mehr möglich zu internen Bundesrechnungshof-Unterlagen?

gesetzesänderung-BRHDass ab Januar 2015 die Diäten auf das Gehalt eines obersten Bundesrichters angehoben werden, wissen wir. Ebenso, dass die Gehälter danach entsprechend der durchschnittlichen Einkommensentwicklung steigen werden. Der Protest war groß, vor dem Fernseher sitzende BürgerInnen wetterten.

Spätestens einige Wochen später redet niemand mehr davon. Die PolitikerInnen haben, was sie wollten, und bis zu den nächsten Wahlen ist vergessen, wer von den Volksvertretern großzügig über sein eigenes Gehalt abgestimmt hat. Wir werden Sie daran erinnern. (s. Artikel: Wo bleibt der Protest – Politikerpensionen – Die Selbstbedienung geht weiter)

Pensionskürzungen waren versprochen – ein leeres Versprechen?

Es sei dahingestellt, ob die Anpassung an das Gehalt eines Obersten Bundesrichters für die Bezüge der Abgeordneten gerechtfertigt ist oder nicht. Aber dass die Parlamentarier sich auch, wenn es um die eigenen Pensionsansprüche geht, großzügig bedienen, geht entschieden zu weit und grenzt an einen Skandal. Auch zu diesem Punkt herrscht inzwischen Schweigen, obwohl infolge der zehnprozentigen Gehaltserhöhung folglich auch der Pensionsanspruch entsprechend steigt.

Neue Gesetze, alt bekannte Volksverdummung

Heute möchten wir auf einen Artikel des Stern („Klammheimlich das Gesetz verändert“ vom 07. 03. 2014) aufmerksam machen. Hierbei geht es um eine Recherche, die laut seinem Autor Hans-Martin Tillack „erfolglos“ verlief. Es geht dabei um mehr als 80 Millionen Euro, die die Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien jährlich an Zuschüssen kassieren. Aus dem Staatshaushalt werden damit die Reisen der Abgeordneten, Werbekampagnen, auch wissenschaftliche Mitarbeiter und last but not least Sonderzahlungen der 100 Abgeordneten, die „höhere Fraktionsämter“ bekleiden, finanziert. Das bedeutet auch, dass in erster Linie die Großparteien von diesen Sonderzahlungen profitieren.

Alle Mittel aus dem Bundeshaushalt werden vom Bundesrechnungshof (BRH) überprüft. Obwohl bereits 1989 der BRH vom Bundesverfassungsgericht aufgefordert wurde, die Haushaltsführung der Fraktionen zu veröffentlichen, ist dies nicht geschehen. Der Rechnungshof bestätigte allerdings der Sternredaktion, „(…) dass es wiederholt „Beanstandungen“ der Fraktionsfinanzen gegeben habe, die man aber nicht publik gemacht habe. Das liege im eigenen „Ermessen“, argumentierte die Prüfbehörde.“

Bereits im März 2013 hatte der Stern-Redakteur Tillack (s. Artikel) beim Rechnungshof „auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Einsicht in Prüfunterlagen und Untersuchungsberichte zu den Fraktionen beantragt“; denn das IFG gilt auch für den Rechnungshof.

Am 18. April 2013 beantwortete der Rechnungshof die Anfrage, indem mitgeteilt wurde, „dass man die Fraktionen – damals noch CDU/CSU, FDP, Grüne, Linke und SPD – um ihre Stellungnahme zu dem Antrag bitten werde (…)“. Seit spätestens Ende April 2013 waren die Fraktionen also informiert und damit „vorgewarnt“. Tillack wartete elf Monate auf eine Antwort, bis ihm schließlich am 07. Februar 2014 die Ablehnung seiner Anfrage mitgeteilt wurde. Denn: Der Bundestag hat in der Zwischenzeit das Gesetz so geändert, dass ein Zugang zu internen Bundesrechnungshof-Unterlagen nicht mehr möglich ist.

Übrigens: Anfang Mai 2013 wurde dem Bundestag vom Bundesrat ein Entwurf zugeleitet, in dem es um Zuschüsse für Hartz-IV-Empfänger in ostdeutschen Bundesländern ging (s. hier). Dann wurde mit einem Änderungsantrag vom 12. 06. 2013 von CDU/CSU, SPD, FDP und der Grünen vom Haushaltsausschuss in diesen Gesetzentwurf die Änderung der Bundeshaushaltsordnung zugefügt, sozusagen auf die Schnelle „angehängt“. Hier können Sie sich informieren, wie diese Gesetzesänderung ad hoc „angehangen“ wurde.

Aus dem Auszug der Beschlussempfehlung Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13931 ist nachzulesen:

Artikel 2 – Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Die Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 96 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Der Bundesrechnungshof kann Dritten durch Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt wurde. Gleiches gilt für Berichte, wenn diese abschließend vom Parlament beraten wurden. Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt. Satz 3 gilt auch für die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen.“

2. Dem § 97 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Der Bundesrechnungshof veröffentlicht seine Bemerkungen außer in den Fällen des Absatzes 4 unverzüglich nach Zuleitung im Internet.“

3. Dem § 99 wird folgender Satz angefügt:

„Der Bundesrechnungshof veröffentlicht seine Berichte zu Angelegenheiten von besonderer Bedeutung unverzüglich nach Zuleitung im Internet.“

3. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 3.

Hier der ganze Auszug der Beschlussempfehlung:

Ein Schelm, der dabei denkt, dass diese Gesetzesänderung eine Antwort auf die Stern-Anfrage war?

Laut Stern (s. Artikel) sagt der Rechtsanwalt und IFG-Experte Christoph Parsch: „Klammheimlich die Schotten dicht zu machen – das funktioniert dann, wenn sich im Bundestag alle einig sind, weil alle davon profitieren. Die Verlierer sind die Bürger.“

Bis zu den nächsten Wahlen ist alles vergessen. Wir werden Sie wieder daran erinnern!

© 10.03.2014 Netzfrau Birgitt Becker

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