„Deepwater Horizon“-Katastrophe – Wieviel ist die Natur wert, die man zerstört?

deep horizontAm 20. April 2010 kam es durch verschiedene schwere Versäumnisse zu einem Blowout, bei dem die Plattform in Brand geriet und infolgedessen zwei Tage später unterging. Elf Arbeiter kamen ums Leben. Das ausströmende Öl führte zur Ölpest im Golf von Mexiko, der schwersten Umweltkatastrophe dieser Art in der Geschichte.

580 000 Millionen Liter Öl – etwa der Inhalt von 300 olympischen Schwimmbädern – liefen ins Meer. Fast vier Jahre später leidet das Ökosystem immer noch unter den Folgen, die sich in reduzierten Fischfängen, Massensterben, Fehlbildungen, Sterilität oder Immunschäden bei Meerestieren äußern.

68 Prozent der untersuchten Korallen-Kolonien waren geschädigt, so die Forscher in 2012. Bei 64 Prozent sei mindestens die Hälfte der Korallen einer Kolonie betroffen gewesen, bei 23 Prozent sogar mehr als 90 Prozent. Da die Tiefseekorallen sich sehr langsam entwickelten und Hunderte bis Tausende Jahre alt werden können, sei es für eine endgültige Abschätzung der Folgeschäden noch zu früh.

Nach dem Untergang strömte das Öl an mehreren Stellen aus dem abgeknickten Steigrohr. Verschiedene Gegenmaßnahmen (Chemikalieneinsatz, Abbrennen des Öls an der Wasseroberfläche) konnten die Ausbreitung eines Ölteppichs nicht unterbinden, sodass am 29. April 2010 das Öl erstmals auf die US-Küste traf. Dadurch war neben Meeresfauna und -flora im Golf von Mexiko u. a. auch das Flussdelta des Mississippi von einer Ölpest betroffen. Ebenso hatte den am 19. Mai 2010 veröffentlichten Bildern des Envisat-Satelliten nach zu urteilen das Öl möglicherweise den Loop Current (Schleifenstrom) erreicht. In einer Tiefe von 1100 Metern wurde Ende Juni eine 35 km lange Schadstoffwolke monoaromatischer Erdölkohlenwasserstoffe (Querschnitt etwa 400 000 Quadratmeter) festgestellt, die keine Anzeichen bakterieller Zersetzung zeigte.

Wie viel ist die Natur wert, die man zerstört?

DeepZweieinhalb Jahre nach der Katastrophe im Golf von Mexiko hatte sich der britische Ölkonzern BP mit den US-Behörden auf eine Rekordstrafe geeinigt. Die Zahlungen betragen nach Angaben des Unternehmens 4,5 Milliarden Dollar und sind über einen Zeitraum von sechs Jahren zu leisten.

BP Europa –  Im Jahr 2010 verschmolzen die fünf Landesgesellschaften in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Österreich und Polen zur BP Europa SE, die im ersten Jahr nach der Fusion mehr als 54 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete. Der Firmensitz der neuen SE ist Hamburg, die Hauptverwaltung befindet sich in Bochum – BP schätzt die Gesamtkosten des Bohrinsel-Unfalls mittlerweile auf 42,4 Milliarden Dollar inklusive der Kosten für Aufräumarbeiten und Strafzahlungen. Aber mal ehrlich, was sind schon 4,5 Milliarden für einen Konzern wie BP? BP verdient ca. 46 Millionen Dollar pro Tag! Und kein Geld der Welt kann die entstandenen Schäden am Ökosystem beheben.

Daher umso erstaunlicher diese Meldung in nytimes.com vom 14. März 2014 „U.S. Agrees to Allow BP Back Into Gulf Waters to Seek Oil“.

Vier Jahre nach der Deepwater Horizon Explosion ist BP im Golf von Mexiko wieder willkommen und darf dort nach neuen Öl-Feldern suchen.

Eine am Donnerstag mit der Umweltschutzbehörde getroffene Vereinbarung hebt ein im Jahre 2012 eingeführtes Verbot auf, in dem das Amt beschlossen hatte, dass BP seine Probleme nicht vollständig korrigiert hatte, auf die der Bohrloch-Ausbruch im Jahr 2010 zurückzuführen ist. Bei diesem Ausbruch waren 11 Arbeiter getötet worden, 11 Millionen Liter Öl ausgelaufen und hunderte Meilen von Strand verseucht worden.

BP hatte vor Gericht geklagt und verlangt, dass die Aussetzung aufgehoben wird. Diese neue Vereinbarung bedeutet für BP neue Geschäfte in Höhe von mehreren hundert Millionen. Noch wichtiger ist aber wohl, so sagen Öl-Analysten, dass dieser Schritt für das Unternehmen eine Erholung von dem Unfall bedeutet, der neben viel Geld auch den Ruf des Unternehmens gekostet hat…

„Nach einer langen Verhandlung freut sich BP, dieses Ergebnis erzielt zu haben, das, wie wir glauben, fair und vernünftig ist,“ sagte John Minge, Vorsitzender und Präsident von BP Amerika. „Die heutige Vereinbarung erlaubt Amerikas größtem Energie-Anleger, sich wieder an dem Wettbewerb für Bundesverträge und Ölbohrungen zu beteiligen.“

Diese Aussicht löste scharfe Kritik unter den Umweltgruppen aus. „Es ist ein bisschen unverschämt, BP zu erlauben, ihre Bohrungen hier im Golf zu erweitern“, sagte Raleigh Hoke, ein Sprecher für das Golf-Restoration Network in New-Orleans.

Im Rahmen dieser Vereinbarung wird es BP erlaubt sein, bereits am nächsten Mittwoch für neue Bohrungen zu bieten, allerdings nur so lange, wie das Unternehmen sich an die Vorgaben des Amtes in Bezug auf Ethik, die Unternehmensführung und die Sicherheitsverfahren hält. Es wird eine Risikobewertung, einen Verhaltenskodex für Angestellte, eine Beratung für Mitarbeiter und „eine Null-Toleranz-Grenze“ für Vergeltungsmaßnahmen gegen Mitarbeiter oder Auftragnehmer geben, die die Sicherheitsbedenken erhöhen.

Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer der E. P. A. wird eine jährliche Überprüfung durchführen und über die Einhaltung der neuen Standards bei BP berichten. Die Agentur sagte in einer Erklärung, dass dieser auch die Befugnis haben wird, Korrekturmaßnahmen „für den Fall, dass diese Vereinbarung verletzt wird“ einzuführen.

„Das ist eine faire Vereinbarung, die BP benötigt, um ihre Praxis zu verbessern, damit die Bedingungen, die wir zusammen vereinbart haben, auch eingehalten werden können“, sagte Craig E. Haken, der EPA-Assistent Administrator der Verwaltung und Ressourcen.

Fadel Gheit, ein Öl-Analyst der Oppenheimer Company, sagte, es sei „ein moralischer Sieg für BP“. Er fügte hinzu: „Es wird die beste Nachricht für BP sein, die sie seit dem Unfall bekommen hat. BP muss zurück auf das Parkett kommen, um wieder an der Jagd teilnehmen und punkten zu können.“

Kritiker der Vereinbarung stellten fest, dass beinahe vier Jahre nach dem Ölverlust die Aufräumarbeiten noch immer nicht abgeschlossen sind. Öl wird weiter in Orte gespült, vor allem während der Stürme, wie erst im Oktober beim Tropensturm Karen geschehen.

„Wenn es um den Golf geht, haben sie es noch nicht wirklich richtig gemacht“, sagte Raleigh Hoke.

Public Citizen, eine Verbraucher-Aktivistengruppe, drückt ebenfalls ihre Empörung aus und sagte in einer Erklärung, dass mit dieser Abmachung „ein verbrecherisches Unternehmen und ein Wiederholungstäter aus der Verantwortung für seine Verbrechen gegen die Menschen und die Umwelt entlassen worden ist.“

Der Unfall führt das Unternehmen in einen Morast aus Klagen und Gerichtsverhandlungen. BP wickelte die Strafanzeige mit dem Justizministerium vor zwei Jahren ab und zahlte 4,5 Milliarden Dollar an Strafen. Der Ölkonzern sieht aber noch Milliarden von Dollar weiterer Kosten durch den Bundeszivilprozess in New Orleans auf sich zukommen. In diesem wird festgelegt werden, wie hoch das Bußgeld sein wird, das an Clean Water Act gezahlt werden muss.

Das Unternehmen argumentiert, dass ein separates Abkommen, welches mit Unternehmen und Privatpersonen gemacht wurde, die wegen des Unfalls Verluste erlitten, falsch bewertet worden ist. Aber ein Bundesberufungsgericht entschied in diesem Monat, dass BP sich an die Vereinbarung halten muss und auch einige Unternehmen für wirtschaftliche Schäden entschädigen muss, ohne dass diese beweisen müssen, dass die Schäden direkt durch das ausgeflossene Öl verursacht wurden.

BP hatte zunächst geschätzt, dass sich die Kosten des Vergleichs auf 7,8 Milliarden US$ belaufen werden. Jetzt ließ BP verlauten, die Kosten könnten noch deutlich steigen.

BP, mit 2300 Beschäftigten im Golf von Mexiko, schürft dort im Golf von Mexiko nach Öl, wo es schon vor dem Unfall 2010 schürfte. Am Ende des Jahres 2013 hatte das Unternehmen 10 Bohrgeräte in den tiefen Gewässern des Golfs, und von einer bedeutenden neuen Entdeckung 300 Meilen südwestlich von New Orleans wird berichtet. BP sagte letztes Jahr, sie hätten vor, für die nächsten zehn Jahre im Durchschnitt mindestens 4 Milliarden US $ jährlich im Golf zu investieren.

Die Ölproduktion im Golf bleibt unter dem Rekord von 2009 und die Industrie ist weiterhin dabei, sich von einem einjährigen Bohrstopp zu erholen, den die Bundesregierung nach dem Auslaufen des Öls ausgesprochen hatte. Aber mehrere große Ölunternehmen, darunter Chevron und Royal Dutch Shell, werden zurück an den Golf strömen. Drei Monate nach der Katastrophe im Golf waren nur etwa ein Dutzend Anlagen in Betrieb, aber die Zahl erhöhte sich auf mehr als 60 bis zum Ende des letzten Jahres.

Wenn die E.P.A. das ursprüngliche Verbot veröffentlicht, wird dieses BP für seinen „Mangel an Integrität im Geschäftsverkehr“ ausgelegt, auf Grund seiner Rolle bei dem Unfall. Die Aussetzung würde bleiben, bis das Unternehmen ausreichend Beweise dafür aufbringen konnte, dass die Bundes-Geschäfts-Standards eingehalten werden. Das Verbot untersagt BP den Verkauf von Kraftstoff an das Pentagon und verhindert, dass das Unternehmen den Ausbau der Öl-und Gasproduktion durch neue Schürfungen im Golf erweitern kann, einem wichtigen Teil seiner weltweiten Aktivitäten. Ältere Schürfrechte des Unternehmens machten BP zu einem der wichtigsten Öl-und Gasproduzenten in den Vereinigten Staaten.

Die im vergangenen Jahr eingereichte BP-Klage vor einem Bundesgericht in Texas sagte aus, dass das Verbot nicht gerechtfertigt sei und dass das Amt versäumt habe, die eingeführten Sicherheitsverbesserungen des Unternehmens zu berücksichtigen.

David M. Uhlmann, ein Rechtsprofessor der Universität Michigan und ehemaliger Chef des Justice Department’s environmental crimes section, sagte, es sei nicht ungewöhnlich, eine Unternehmensüberwachung zu bestellen, wenn Unternehmen wegen einer Straftat verurteilt wurden, gerade wenn es um Umwelt-Delikte gehe. „Ungewöhnlich ist, dass BP für eine so lange Zeit von Verträgen mit der Regierung suspendiert wurde“, fügte er hinzu.

Senator Mary L. Landrieu, Louisiana Demokratin und in einem harten Rennen zur Wiederwahl, begrüßte das Abkommen, obwohl sie hinzufügt, dass die E.P.A das Verbot gar nicht erst hätte erlassen sollen.

„Die gute Nachricht ist, dass BP nun in der Lage ist, sich in der kommenden Woche am Verkauf der Schürfrechte zu beteiligen, was die dringend benötigten Einnahmen für Louisiana und andere ölproduzierende Staaten entlang der Golfküste bringen wird, genauso wie die Ankurbelung der Geschäfte der kleinen und unabhängigen Service- und Lieferunternehmen“, sagte sie in einer Erklärung.

Hier der Originaltext: U.S. Agrees to Allow BP Back Into Gulf Waters to Seek Oil

Schon Wochen nach dem Unglück auf der Deepwater Horizon klagte der damalige Geschäftsführer von BP, Tony Hayward: „Ich will mein altes Leben zurück.“ Der „leidende“ Manager trat zurück und bekam eine Abfindung von 14 Millionen Dollar. Seit dem 16. Mai 2013 hat er einen Vorstandsposten beim Rohstoffhändler Glencore Xstrata. Die ihrer Existenzgrundlage beraubten Meeresfischer der angrenzenden US-Bundesstaaten wurden nur mit 25 000 Dollar abgespeist, wenn sie sich zum Verzicht auf weitere Forderungen verpflichteten.

Zehntausende Existenzen hat die Ölfirma BP durch die Explosion der von ihr geleasten Erkundungsplattform Deepwater Horizon an der US-Südküste vernichtet, nun könnte sie das gleiche Schicksal ereilen. BP soll im Mai 2013 die Regierung unter Premierminister David Cameron um finanzielle Hilfe gebeten haben. Wenn diese ausbleibt, drohe dem größten britischen Unternehmen die feindliche Übernahme. Bereit 2012 übernahm der russische Staatskonzern Rosneft den britisch-russischen Ölförderer TNK-BP komplett. Russlands Präsident Wladimir Putin sprach da von einem „sehr guten“ Geschäft. Im Juli 2010 hieß es auch, dass der US-Ölkonzern ExxonMobil eine Übernahme des britischen Konkurrenten BP nach der Ölkatastrophe erwäge.

An der US-Ostküste verendeten im August Hunderte Delfine. Nach der Deepwater-Horizon-Katastrophe im Golf von Mexiko waren deutlich mehr tote Meeressäuger an einigen Küstenstrichen angeschwemmt worden als in den Jahren zuvor. Forscher äußerten den Verdacht, dass die Delfine unter den Spätfolgen der Ölkatastrophe litten. Für die Natur ist die Katastrophe noch lange nicht ausgestanden. Bis zu einem Drittel des damals ausgelaufenen Öls befindet sich noch in der Tiefe des Golf von Mexico. Ein giftiger Cocktail aus Öl und Chemie schwimmt seither tief unten am Meeresboden – eine tickende Zeitbombe.

Im Zuge der Explosion der Plattform «Deepwater Horizon» im April 2010 mit elf Toten und der folgenden Ölpest hatten die USA im November 2012 angekündigt, vorläufig keine neuen Verträge mehr mit BP abzuschliessen. Wieviel ist die Natur wert, die man zerstört?

Die Natur wird dem Hunger nach Energie geopfert und der nächste „Störfall“ ist vorprogrammiert.

Netzfrauen Kerstin Hördemann und Doro Schreier

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