Atomkraft – des Merkels Liebling…

EnergieEs muss immer erst etwas Furchtbares passieren, damit die Verantwortlichen tätig werden. Was wir Bürger oft im Kleinen erleben, trifft scheinbar auch auf die Politik zu. Allerdings braucht es wohl bei dem einen oder anderen Politiker ein paar Anläufe mehr auf dem Weg zur Erkenntnis. Und womöglich auch noch den ein oder anderen Fehlstart auf der Straße zur Veränderung.

Als im März 2011 die Erde bebte und sich in Fukushima die größte Atomkatastrophe seit Tschernobyl ereignete, schien ein Ruck durch die deutsche Politik zu gehen. Selbst Bundeskanzlerin Merkel war aufgegangen, dass eben auch unsere vermeintlich „sichersten Atomkraftwerke der Welt“ nicht wirklich sicher sind. Und dass der Atomausstieg wohl eher eine Notwendigkeit als eine Ideologie ist.

Viele konnten Frau Merkels pathetische Reden nach Fukushima nicht wirklich ernst nehmen. Und so mancher vermutete hinter ihrer plötzlichen Kehrtwende und dem spontanen Aktionismus pure Berechnung – eine Taktik zur Beruhigung der Atomgegner. Man überlege nur mal, was hätte passieren können, wenn Frau Merkel am Tag nach Fukushima zur bisherigen Einstellung der Partner bezüglich Atomenergie gestanden hätte. Wären die Deutschen dann auf die Straße gegangen gegen Atomkraft, gegen die schwarz-gelbe Regierung, gegen die bisherige Kontra-Umwelt- und Für-den-dicken-Geldbeutel-Energie-Politik? Alle warteten gespannt, was denn auf die großen Reden folgen würde.

Bereits wenige Tage später, am 14. 03. 2011, wurde die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke vorübergehend ausgesetzt. Mehrere Kraftwerke wurden zunächst vorübergehend, dann im Sommer 2011 endgültig stillgelegt. Dass es sich bei diesen Kraftwerken um besonders scharf in der Kritik stehende Kraftwerke handelte, war ein kluger Schachzug. Denn somit konnten diese maroden und besonders störanfälligen Meiler nicht mehr als Argumente von den Atomgegnern hergenommen werden. Allerdings ist es leider nicht so, wie von der Öffentlichkeit häufig angenommen, dass stillgelegte Kraftwerke automatisch ungefährlich werden.

Als hätte man es geahnt, wurde anschließend, nachdem die erste Aufregung über die Reaktorkatastrophe in Fukushima verflogen war, für die Energiewende herzlich wenig getan. Ein paar publizistische Schachzüge hier, ein paar Blendsteinchen dort. Sowieso wurden marode Kraftwerke stillgelegt – und somit auch „spezialisierte“ Kritiker besänftigt. Beschlüsse wurden verfasst und durch andere ad absurdum geführt. Den regenerativen Energien wurde durch erschwerte Auflagen und der Entziehung von vorher zu reichlich gestreuten Subventionen weiterhin das Leben schwer gemacht.

Was wurde von Seiten der schwarz-gelben Regierung nicht alles getan, um dem „Kleinen Mann“ vorzugaukeln, dass eine rasche Energiewende nicht machbar, nicht bezahlbar und unverantwortlich sei. Da wurden sich nicht nur innerhalb der Parteien die Köpfe heißgeredet, auch der Bürger diskutierte In Foren u. a. mit Argumenten wie „Fernsehgucken wollen sie alle, aber irgendwoher muss der Strom ja kommen.“

Dabei gab es die ganze Zeit Alternativen und zwar durchaus wirtschaftliche. Laut welt.de fielen die Preise im Einkauf an der Strombörse durch den steigenden Anteil von Solar- und Windstrom stark. Nur war dies für den Verbraucher nicht spürbar, denn die Regierung hatte parallel Umlagen, Steuern und Abgaben erhöht, wodurch der Endkunde immer mehr für den Strom zahlte. Auch diverse Förderungen für regenerative Energien, die es vorher für Privatleute gab, wurden ersatzlos gestrichen. Im Gegenzug wurde industriellen Großverbrauchern die EEG-Umlage erlassen. Waren 2013 noch 1720 Unternehmen befreit, sind es in 2014 fast 2100 Firmen, teilte das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle mit. 5,1 Milliarden Euro Ersparnis für die Begünstigten, 5,1 Milliarden Euro umzulegender Verlust für jene, die nicht profitieren – allen voran „Der kleine Mann“.

Und anstatt verstärkt in Richtung Wind- und Solartechnik, in Netzausbau und Erforschung von Speichermöglichkeiten zu investieren, fließen weiter jede Menge Fördergelder in Atomkraft-Forschungsprojekte. Weitere finanzielle Belastungen kommen auf uns zu, denn die deutsche Politik und das deutsche Rechtssystem scheinen unfähig, die Betreiber von Kernkraftwerken ausreichend zur Verantwortung zu ziehen. Im Gegenteil ziehen diese jetzt Vater Staat zur finanziellen Verantwortung für die Abschaltung sowieso schon maroder Kernkraftwerke.

Laut FAZ kündigte eine Sprecherin des RWE an, für die 2011 nach Fukushima verfügte dreimonatige Stilllegung seines Atomkraftwerks Biblis Schadenersatz zu verlangen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Januar ein Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel bestätigt, „nach dem die im März 2011 vom Hessischen Umweltministerium für drei Monate angeordnete Stilllegung der Blöcke A und B der Anlage für rechtswidrig erklärt“ wurde, weil „RWE nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden“ sei.

Die Schadenersatzforderung seitens RWE werden mit knapp 190 Millionen Euro beziffert. Für dieses Desaster und die Steuergelder, die dies kosten wird, ist augenscheinlich das Umweltministerium Hessen (damals unter Umweltministerin Puttrich) verantwortlich. Laut tagesspiegel.de hatte Hessen formal auf eine Anhörung des Kraftwerksbetreibers RWE verzichtet, obwohl das hessische Justizministerium vor der Verfügung vor diesem Anhörungsverzicht gewarnt hatte.

Die noch verbliebenen neun deutschen AKW müssen bis 2022 vom Netz. Laut Welt.de  klagen RWE, E.ON und Vattenfall auch gegen diese Entscheidung. Allein E.ON wolle vom Steuerzahler 8 Milliarden Euro Schadenersatz kassieren.

Ich halte dieses Urteil für einen Skandal. Nicht nur, dass deutsche Politiker die Interessen der Bevölkerung gefährden, indem sie einer einfachen Formalität nicht ausreichend Bedeutung beimessen, sie sind scheinbar auch nicht in der Lage, die Gesetzgebung in unserem Interesse zu regulieren.

Über Jahrzehnte profitierten die Betreiber der Kernkraftwerke von staatlichen Geldern. Hier seien Finanzhilfen genannt, Kosten für die sogenannten Zwischenlager, Zuschüsse für Forschung und Entwicklung und Steuerbegünstigungen. Und käme es zum Gau, müsste der Staat – und somit der Steuerzahler – einspringen, weil keine Versicherung die tatsächliche (und nicht wirklich berechenbare) Schadenshöhe abzudecken bereit ist. Täglich ziehen die Betreiber im Schnitt etwa 1 Million € Gewinn aus jedem ihrer Atomkraftwerke und profitieren von Steuerbefreiungen für ihre Rücklagen. Wenn einmal die Gewinne sinken, wie zuletzt bei RWE, wird sofort auf hohem Niveau gejammert und der Staat zur Unterstützung aufgefordert.

Und wenn dann tatsächlich der Fall der Fälle eintritt, und Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen, dann müssen die Betreiber gar nicht erst lange nach einem Klagegrund suchen – den liefert unsere Regierung frei Haus!? Na herzlichen Dank auch!

Es hätte den Betreibern der Kernkraftwerke doch von Anfang an klar sein müssen, dass die von ihnen genutzte Form der Energieproduktion so hochgefährlich ist, dass sie jederzeit vollständig in Frage gestellt und abgeschafft werden könnte. Dass spätestens dann Entsorgungsprobleme auftauchen, auch das hätten die Betreiber einkalkulieren müssen. Selbst Kleinunternehmen müssen für ihren Sondermüll finanziell haften und die Lasten einer Auflösung ihrer Unternehmen selbst tragen. Warum also nicht die Betreiber von Kernkraftwerken?

Deutschland hätte mit einer konsequenten Energiewende Vorreiter in Europa und weltweit sein können, Vorbild für eine moderne, umweltverträgliche und zukunftsorientierte Energiepolitik. Statt dessen bleiben unsere Damen und Herren Politiker starr, scheinen auszubremsen und wälzen Probleme, anstatt sie zu lösen.

Das amerikanische Unternehmen Apple z. B. hat unsere Regierungsschnecke jetzt bereits überholt, was das angeblich ungelöste Problem der Speicherung von Energie aus Windkraft für die Nutzung in windstillen Zeiten anbelangt. Schon Mitte 2011 reichte das Unternehmen einen Patentantrag ein, mit dem Apple das Problem des Stromspeicherns lösen will, nämlich indem die Rotationsenergie der Windmühle nicht direkt in Strom umgewandelt wird, sondern vorerst in Wärme. Die kann einfach gespeichert und erst bei Bedarf in Elektrizität konvertiert werden. Der Wind bewegt an das Windrad mechanisch gekoppelte Paddel, Impeller oder ähnliches in einer Flüssigkeit mit geringer Wärmekapazität. Die dabei entstehende Reibungswärme wird von der Flüssigkeit selbst aufgenommen und über einen Wärmetauscher an eine zweite Komponente abgegeben, die einen Generator betreiben kann. Da die Wärme in der ersten Komponente gespeichert werden kann, wird eine Stromproduktion relativ unabhängig von gerade herrschenden Windverhältnissen möglich.

In der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestags steht als Zusatzpunkt auf der Tagesordnung: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Thema „Haltung der Bundesregierung zur Verlängerung von Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland“. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Mich beruhigt es irgendwie, dass Bündnis 90/Die Grünen sich wieder auf ihre Themen besinnen. Denn wie sagte Jürgen Trittin so schön: „Schwarz-Gelb kann und will die Energiewende nicht.“ Ich befürchte fast, da ist es auch mit einem Farbenwechsel nicht getan…

Netzfrau Andrea Wlazik

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