Hier ein bisschen Farbe drüber, neue Dienstkleidung für Mitarbeiter und danach interessiert nur noch das Gier-Gen, denn Gewinn steht vor ordentlicher Leistung. Alles was über Jahrzehnte mit Steuergeldern aufgebaut wurde, wird in ein paar Jahren zerstört, für kurzfristige Gewinne von Privatunternehmen, wieder unterstützt durch den Steuerzahler.
Die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ist auf dem Weg: Das Bundeskabinett beschloss heute das Gesetz Es heißt, dass der Beitragssatz sinkt – doch mittelfristig könnte es wieder teurer werden. Wir erläutern Ihnen warum.
Das Bundeskabinett gab heute grünes Licht und zwar, wer hätte es gedacht, es gibt wieder eine neue Gesundheitsreform, diesmal handelt es sich um die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung. Anfang 2015 soll der Beitragssatz von 15,5 auf 14,6 Prozent sinken. Der bisherige, allein von den Kassenmitgliedern zu zahlende Sonderbeitrag von 0,9 Prozent des Einkommens soll entfallen. Stattdessen sollen die Kassen Zusatzbeiträge nehmen können, die einkommensabhängig sind. Dieser Zusatzbeitragsanteil wird von den Kassen dann eigenständig festgesetzt werden und kann je nach Kassenlage nach oben wie nach unten variieren.
Doch was steckt wirklich dahinter?
Die wie vielte Gesundheitsreform ist das nun? Gefühlte tausendmal hat sich was geändert. und nicht ein Mal zu unseren Gunsten! Denn was heute im Kabinett beschlossen wurde, betrifft den Geldbeutel jedes gesetzlich Versicherten in Deutschland! Wieder einmal! Achja, wer kam auf die „blöde“ Idee, dass sogar RenterInnen Krankenkassenbeiträge zahlen müssen oder sogar Steuern auf ihr ohnehin versteuertes Einkommen? Schauen Sie auf Ihre Gehaltsabrechnung: Sie zahlen Rentenbeiträge und haben es geschafft, endlich in den Genuss dieser Rente zu kommen, dann blicken Sie mit Grauen auf das, was Sie letztendlich wirklich netto erhalten. Sie zahlen noch mal Steuern? Warum?
Das Gesundheitssystem hat 30 Milliarden Euro in Reserve
Wie das Handelsblatt (01.Februar 2013) berichtete, waren die Reserven von Krankenkassen und Gesundheitsfonds 2012 auf 30 Milliarden gestiegen.
Das sind 3 Milliarden Euro mehr, als der Schätzerkreis des Bundesversicherungsamts noch vorausgesagt hatte. Die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen verbessert sich weiter: 2013 erwirtschafteten sie einen deutlichen Überschuss. Unter dem Strich steigen die Reserven der Kassen auf 16,4 Milliarden Euro. Auch der Gesundheitsfonds, der die Beitragsgelder einsammelt und monatlich an die Kassen weiterleitet, sitzt auf einem Berg von Milliarden. Nach früheren Angaben des Gesundheitsministeriums sollten sie mindestens auf dem Vorjahresniveau von mehr als 13 Milliarden Euro liegen. Damit besaß das System Ende Dezember Reserven von 30 Milliarden Euro – bei Ausgaben von gut 190 Milliarden Euro.
Durch das zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz wurden gesetzliche Altersrenten zu mindestens 50 % steuerpflichtig. Für das Jahr 2013 liegt der Besteuerungsanteil schon bei 66%.
Für Rentner gelten die gleichen Sätze wie für Arbeitnehmer. Sie richten sich nach der Höhe des zu versteuernden Einkommens. Je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz (Progression).
Bleibt das zu versteuernde Einkommen im Rahmen des Grundfreibetrags bis zu 8354 Euro (bei Ehegatten bis zu 16 708 Euro), so entsteht keine Einkommenssteuer. Siehe freibetrag-online.de
Pflichtversicherte Rentner zahlen einen Beitrag, der ähnlich wie der Krankenkassenbeitrag für Arbeitnehmer berechnet wird. Es gilt der allgemeine Beitragssatz, der im Jahr 2014 bei 14.6 Prozent liegt. Diesen teilt sich der gesetzlich versicherte Rentner mit dem Rentenversicherungsträger. Bei mehreren gesetzlichen Renten, etwa einer zusätzlichen Versicherten- oder Witwenrente, werden diese Renteneinkünfte für die Beitragsberechnung zusammengezählt. Krankenkassenbeiträge für Rentner werden immer nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze fällig. Wer als Rentner im Jahr 2014 Einkünfte von mehr als 4.050 Euro monatlich hat, muss auf die zusätzlichen Einkünfte keinen Krankenkassenbeitrag bezahlen. Also, wer mehr hat, behält auch mehr. Quelle krankenkassen.de
Für viele Rentner fiel die Rentenzahlung 2013 geringer aus. Ursache war die Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozent. Zum 1. Januar 2013 stiegt der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung von 2,2 auf 2,3 Prozent für kinderlose Rentnerinnen und Rentner. Rentenbezieher, die ein Kind erzogen haben, zahlen anstelle von bisher 1,95 dann 2,05 Prozent. Der Beitrag wurde direkt von der Rente abgezogen und zusammen mit dem Krankenversicherungsbeitrag an den Gesundheitsfonds überwiesen. Quelle: Deutsche Rentenversicherung.
Der Zusatzbeitrag:
Die neue Systematik zur Beitragserhebung aus dem Koalitionsvertrag wird durch ein neues Gesetz umgesetzt und dadurch kann die Bestimmung eines durchschnittlichen Zusatzbeitrags künftig entfallen. Stattdessen würde der Beitragsanteil, der über die paritätisch finanzierten 14,6 Prozent hinausgeht, von den Kassen eigenständig festgesetzt und wäre von den Versicherten allein zu tragen.
Weitere Informationen:
- Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
- Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD
Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2014 [PDF, 39KB]
Und noch ein paar Zahlen
So profitieren Sie vom Wegfall des zusätzlichen Arbeitnehmeranteils:
Bruttogehalt Ersparnis
1000 Euro 9 Euro
2000 Euro 18 Euro
Wenn Ihre Kasse dann einen Zusatzbeitrag von 0,5 Prozentpunkten verlangt:
Bruttogehalt Belastung
1000 Euro 5 Euro
2000 Euro 10 Euro
Wenn Ihre Kasse einen Zusatzbeitrag von 1,5 Prozentpunkten verlangt:
Bruttogehalt Belastung
1000 Euro 15 Euro
2000 Euro 30 Euro
(Angaben pro Monat).
Die Senkung des Beitrags um 0,9 Prozentpunkte reißt ein Loch von insgesamt elf Milliarden Euro in den Haushalt der Krankenkassen. Es gibt Kranke, die sitzen auf einem dicken Polster, viele aber nicht und die müssen ihre Beiträge erhöhen. Genau das ist ihnen künftig wieder erlaubt. Bisher waren auf den hohen zentralen Satz nur Zusatzpauschalen möglich, dieses Instrument entfällt komplett. Künftig hat wieder jede Kasse ihren eigenen prozentualen Satz – der Wettbewerb kehrt zurück. Aber Achtung: Diese neuen Zusatzbeiträge müssen von Ihnen als Arbeitnehmern allein bezahlt werden. Eine gute Erläuterung finden Sie in der abendzeitung-muenchen.de
Wer profitiert? Erstens Geringverdiener – weil sich der komplette Beitrag wieder am Einkommen bemisst und die für alle gleich hohe Pauschale wegfällt. Vor allem aber profitieren alle, die jetzt bei einer Kasse sind, die wirtschaftlich gut da steht. Minister Gröhe hat ausrechnen lassen, dass 20 der 50 Millionen Versicherten (ohne mitversicherte Familienmitglieder) bei Kassen sind, die mit dem neuen, niedrigeren Zentralsatz von 14,6 Prozent auskommen.
Wer zahlt mehr? 30 Millionen sind bei Kassen, denen der neue Satz nicht reicht. Gröhe: „Wie hoch der Zusatzbeitrag ist, hängt davon ab, wie wirtschaftlich die Kasse arbeitet.“ Manche Kassen werden mit einem geringen Extra auskommen, sodass angesichts der sowieso anstehenden Senkung um 0,9 Prozentpunkte immer noch ein Miniplus bleibt. Viele werden wohl einen Zusatzbeitrag von genau jenen 0,9 Prozentpunkten nehmen, dann ändert sich für den Kunden nichts und er wird nicht aufgeschreckt. Einige Kassen werden aber stärker hinlangen müssen. Gesundheitsexperte Jürgen Wasem rechnet mit Aufschlägen von zwei Prozentpunkten – macht bei einem Verdienst von 4000 Euro eine Zusatzbelastung von 80 Euro im Monat. Und: Sobald die Wirtschaft nicht mehr so gut läuft, werden immer mehr Kassen immer höhere Zusatzbeiträge einfordern müssen. Dass der Staat damit rechnet, dass es insgesamt teurer wird, zeigt sich indirekt darin, dass er mehr Geld für die Kassenbeiträge von Arbeitslosen bereits eingeplant hat – für die übernimmt er nämlich die Zusatzbeiträge.“
Gesundheitsreform Deutschland!
Das Gesundheitssystem schwimmt im Geld und der Gesundheitsreform-Irrsinn geht ungebremst weiter. Das Gesundheitssystem wird erbarmungslos privatisiert. Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt. In Deutschland teilen sich wenige große Unternehmen das Geschäft. Die vier größten – Helios, Rhön, Asklepios und Sana – haben drei Viertel des privaten Krankenhausmarkts im Griff. Was bei einer Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers passieren kann, sehen wir an dem folgenden Beispiel:
Das Land Niedersachsen verkaufte im Jahr 2007 insgesamt zehn Krankenhäuser.
Nach Informationen von NDR Info ergab eine neue Prüfung des Landesrechnungshofes im vergangenen Herbst, dass die Krankenhäuser deutlich unter Wert verkauft wurden. Der Schaden für die Steuerzahler: Möglicherweise weit mehr als 200 Millionen Euro. Allein die Kosten für externe Berater wie die Firma PricewaterhouseCoopers beliefen sich auf knapp fünf Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Die Prüffirma Pwc, die viele Aufträge des Landes Niedersachsen abwickelte, beschäftigte u. a. die Ex-Gattin von Christian Wulff und soll unter anderem Gazprom betreuen. Bekannt wurde “PricewaterhouseCoopers” durch den 55 Milliarden Euro schweren Rechenfehler bei der Abwicklungsbank der Hypo Real.
Der Landesrechnungshof geht in seiner Kritik noch weiter: Demnach wurde selbst der Verkaufserlös von 102 Millionen Euro noch einmal geschmälert: Durch Förderkosten, die vorher nicht angefallen waren, oder durch höhere Pflegesätze. All das hätte in den Preis einfließen müssen, heißt es im Landesrechnungshof-Bericht: “Der […] Nettoerlös ist damit um rund 42,15 Millionen Euro reduziert worden.” Der Schaden für uns Steuerzahler ist hoch und weit gravierender als zurzeit ersichtlich.
Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt. Obwohl Personal und Experten Alarm schlagen, werden aber wohl immer mehr Kommunen ihre Krankenhäuser verkaufen.
Die Bestsellerautorin Renate Hartwig vergleicht in ihrem neuen Buch „Geldmaschine Kassenpatient” das Privatkrankenhaus gern mit einer Fabrik: „Ärzte und Pfleger arbeiten im Akkord, die Zahl der Fehler steigt. Es geht nur noch ums Geld. Der Patient wird zur Ware.“ Siehe dazu: Privatisierung – Der große Ausverkauf
Die gute Wirtschaftslage hat den Krankenkassen große Rücklagen eingebracht. Beträge von über 30 Mrd. Euro wurden als Reserve genannt.
Das Gesundheitssystem schwimmt also im Geld und doch kommt man sich als Patient, ist man erst in die Fänge einiger Fachkliniken gelangt, wie ein Kunde vor. Denn ein Verkaufsprospekt zeigt Ihnen, welche Behandlungen Ihnen zwar helfen könnten, die aber eben mit zusätzlichen Kosten verbunden sind und folglich den letzten Cent aus der eigenen Tasche ziehen. Wie heißt es so schön: “Das letzte Hemd hat keine Taschen”. Sind wir erst einmal erkrankt, dann möchten wir möglichst schnell gesund werden, auch wenn es etwas mehr kostet. Ein Geschäft mit der Gesundheit – oder anders formuliert: Sind Sie erst mal krank, dann zahlen Sie auch.
Aber weiter:
Krankenkassen wurden im Herbst 2011 gezwungen, eine “neue” Gesundheitskarte herauszugeben (dies wurde 2012 sukzessive umgesetzt), auf der jetzt doch verschiedene Daten gespeichert werden sollen. Der Patient sollte daran “gewöhnt” werden. Die technische Umstellung kostete allein in Baden-Württemberg knapp 20 Mio Euro. Bezahlen tun das die Krankenkassen mit Ihren Beitragsgeldern, also auch hierfür ist Geld da, doch das ist noch nicht alles.
Gesundheitskarte: An sich gilt ab 2014 nur noch die neue elektronische Gesundheitskarte mit Foto als Versicherungsausweis. Wird in der Arztpraxis noch die bisher gültige Karte vorgelegt, so muss der Patient damit rechnen, dass der Doktor nur „privat“ – mit entsprechender Rechnung – behandelt. Reicht der Patient spätestens nach zehn Tagen die gültige Karte nach, so wird der Arzt keine Privatrechnung ausstellen beziehungsweise eine solche Rechnung stornieren. Ausgenommen von der Regelung ist nur, wer sich nicht fotografieren lassen kann, etwa wegen Bettlägerigkeit … Doch die eingeführte elektronische Gesundheitskarte verstößt laut einem juristischen Gutachten gegen geltendes Recht. Das berichtet das „Hamburger Abendblatt“ unter Berufung auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Laut deren Studie sei die sogenannte eGK nutzlos. Der Grund: Die gesetzlichen Krankenkassen hätten darauf verzichtet, die Fotos der Versicherten zu prüfen.
Wussten Sie, dass jeder Arzt von der Kassenärztlichen Vereinigung im ersten Quartal nur 26 Euro pro Patient bekommt – egal wie oft der zur Behandlung erscheint?
Auch nach eigenen Recherchen bekommt ein Kardiologe pro Patient 10 € .
Nach der Honorarreform 2009 herrscht die nackte Existenzangst in den Praxen.
Der Reform-Irrsinn geht also nun ungebremst weiter. Es geht um knapp 500 Mrd Euro im Jahr. Dieser Kuchen will verteilt werden.
Die niedergelassenen Ärzte hoffen weiter hin vergeblich auf eine berechenbare betriebswirtschaftliche Grundlage ihrer Praxen.
Das sogenannte Regelleistungsvolumen (vereinfacht: Umsatz pro Quartal pro Patient unabhängig von Zeit und Kosten) wurde am 1. 7. 2012 tatsächlich um einige Cent angehoben.
Unterm Strich bleibt der Umsatzverlust. Eine neue Honorarreform steht wieder mal an. Eines ist klar: Die gleiche Geldmenge wird erneut nur umverteilt. Hausärzte und Patienten gehören mit weitem Abstand zu den Schlusslichtern.
Bundeshaushaltsplan 2013 Bundesministerium für Gesundheit –
- Gesetzentwurf des GKV-FWQG (Stand: Kabinettbeschluss 26. März 2014) PDF-Datei (PDF) 220 KB
Die Krankenkassenreform wird nach den Worten von Gesundheitsminister Gröhe zu mehr Wettbewerb führen und somit zu Preissenkungen – seien wir doch mal ehrlich, bleiben wir VerbraucherInnen nicht wie immer auf der Strecke?
Netzfrau Doro Schreier
Gesundheitsreform Deutschland!
„Problemkind Pflege“ Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
Wir fordern: Menschenwürdiger Umgang mit Pflegebedürftigen, Kranken und Pflegekräften