Öl aus dem Amazonas!? China und Ecuador – des einen Freud, des anderen Leid

Chinas Wirtschaft und sein globaler Einfluss wachsen in rasantem Tempo. Das ist nirgends deutlicher zu sehen als in Ecuador, einem Land, dem Peking knapp 9 Milliarden US-Dollar lieh. Eine weitere Finanzspritze in Höhe von 7 Milliarden Dollar wurde bereits zugesagt.

Die Darlehen summieren sich auf fast ein Fünftel von Ecuadors Bruttoinlandsprodukt, sodass China in Ecuador große Öl-, Bergbau- und Wasserkraftprojekte im Amazonasgebiet vorantreiben, ja sogar erzwingen kann.

Eingeschränkt durch Geographie und äußere Zwänge waren die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Asien und Südamerika auf einem historischen Tiefpunkt. Im Laufe der letzten zehn Jahre jedoch, wandelten sich diese Beziehungen und entfalteten sich zu voller Blüte. Seit sechs Jahren ist ein neuer umstrittener Handelspakt mit dem Namen Trans Pacific Partnership (TPP) in Arbeit. Und es stehen dramatische Veränderungen in der Welt der Finanzen, der Rohstoffe und Märkte an – insbesondere zwischen China und Ecuador.

China und Ecuador, die weltweit zweitgrößte und eine der kleinsten Volkswirtschaften, sind eine Vernunftehe eingegangen. Chinas Ölverbrauch hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2010 verdoppelt. Er ist vergleichbar mit dem der USA und wird diesen in den nächsten fünf Jahren überholen. So hat China begonnen, seinen steigenden Energiebedarf außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu stillen und weltweit nach neuen Bezugsquellen für Wirtschaftsgüter und Rohstoffe zu suchen. Mehr als 50% von Chinas Ölbedarf wird importiert. Zugang zu preiswerter Energie ist überlebenswichtig für China, um seine industrielle Expansion und die massive Bevölkerungsmigration vom Land in die städtischen Zentren zu unterstützen und seine Vorherrschaft als größter Hersteller und Verkäufer von Waren für die Weltwirtschaft aufrecht zu erhalten.

OPEC-Mitglied Ecuador mit einer vom Dollar bestimmten Wirtschaft, nach dem Fall der globalen Anleihen im Jahr 2008 ausgeschlossen von den Märkten und verzweifelt beschäftigt damit, die Finanzierung seiner Wirtschaft solvent zu halten, halfen die Kredite aus China dabei, liquide zu bleiben. Bis 2013 stellte China geschätzte 61% der von Ecuador benötigten finanziellen Mittel zur Verfügung und wird im Austausch fast 90% des ecuadorianischen Öls erhalten. Es ist das erste Mal, dass Ecuador Rohöl für einen Kreditgeber bereitstellt.

Was oberflächlich betrachtet wie eine Win-Win-Situation erscheint, könnte möglicherweise ein koloniales Ressourcen-Grab für Ecuador werden und wesentliche Auswirkungen auf die nationale Souveränität des Anden-Staats haben. Die gerade gemachten Schulden lösen einen neuen Öl-Boom im Amazonas aus und eröffnen die Bühne für einen großen Kampf um Rechte und Ressourcen.

Das Rohöl wird aus dem Amazonas Ecuadors kommen  – enorme Flächen unberührten Regenwalds mit unsagbar hohem Wert für die Biodiversität und Heimat von zehn eingeborenen Nationen, die sich vehement gegen die Bohrungen wehren.

Präsident Rafael Correa versprach bei seinem Amtsantritt im Jahr 2007, die ecuadorianische Souveränität zu stärken und die Nation vom US-Imperialismus zu distanzieren. Ecuadors Zahlungsunfähigkeit 2008-2009 half, diese Distanz zu schaffen. Ecuadors Auslandsschulden von rund 7,01 Milliarden US $ entfremdeten den Staat von ausländischen Märkten, sodass es der Nation praktisch unmöglich war, internationale Kredite zu erhalten.

China, dessen staatliche Banken Kredite uneingeschränkt und unabhängig von Konflikten oder Vorverschuldung vergeben, nutzte die Gelegenheit, Ecuador ein Angebot zu unterbreiten. 2009 akzeptierte die Regierung Correa: eine Milliarde US $ zu einem Zinssatz von 7,25%. Bestandteil des Kreditvertrags war die Auflage, dass die staatliche Ölgesellschaft Petroecuador Amazonas-Rohöl an den weltweit zweitgrößten börsennotierten Ölkonzern Petrochina verkauft. Weitere Kredite für Infrastruktur-, Öl-, Bergbau- und Energieprojekte folgten, meist in Höhe von 1-2 Milliarden US$ mit Zinssätzen zwischen 6% und 8%, rückzahlbar in Rohöl.

In dieser Kombination aus Darlehensvertrag und Ölgeschäften gewährte auch die Chinese Development Bank (CDB) Ecuadors Finanzministerium Kredite. Im Gegenzug verpflichtete sich das staatliche Ölunternehmen Petroecuador, China für die Dauer der Darlehenslaufzeit jeden Tag Tausende Barrel Öl zu liefern. Chinesische Ölgesellschaften kaufen das Öl dann zum Marktpreis, hinterlegen das Geld auf dem CDB-Konto von Petroecuador, von wo aus es direkt zur Tilgung der CDB-Kredite genutzt wird. Diese Geschäfte sichern eine dauerhafte Ölversorgungskette, etablieren China selbst als Hauptölhändler, fördern Chinas Industrie und Exporte und verringern die Risiken der erteilten Kredite.

Außerdem versuchte China, seine Kredite abzusichern, indem es auf einen massiven Ausbau von Ecuadors Ölgrenze besonders im Bereich des zentralsüdlichen Amazonas und des Yasuní-Nationalparks drängte, zwei der artenreichsten Gegenden der Erde und Heimat von sieben indigenen Nationen.

2009 nannte Präsident Correa die Forderung der China Exim-Bank, das gesamte Vermögen seiner Zentralbank als Sicherheit zu verwenden, „barbarisch“ und wertete sie als Angriff auf Ecuadors Souveränität. Erst drei Jahre später kam ans Licht, dass zur gleichen Zeit seine Regierung heimlich ein Dokument unterschrieb, nach dem Petrochina das Vermögen von in Ecuador operierenden Ölgesellschaften beschlagnahmen kann, falls die Darlehensbeträge nicht voll zurückgezahlt werden können.

Ein weiteres Abkommen, das im August 2010 geschlossene „Four Party Agreement“, hat, was Analytica Investments einen Souveränitäts- und Immunitätsverzicht nennt. Dieses Instrument ermöglicht es China, Ecuadors Vermögenswerte (mit wenigen Ausnahmen wie z. B. militärische Ausrüstung, Konsulate, noch nicht erschlossene natürliche Ressourcen, Archive und Kulturerbe) zu beschlagnahmen, wenn das Land die Darlehen nicht zurückzahlen kann, und verlangt den bedingungslosen und unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung von Immunität gleich welcher Art oder in welchem Verfahren – sowohl in Bezug auf Ecuador selbst als auch auf sein Vermögen.

Die Vereinbarung bezüglich der Kontoführung, die Petroecuador und die China Development Bank am gleichen Tag unterzeichnet haben, beinhaltet eine identische Klausel. Und obgleich Ecuadors Verfassung eine Vereinbarung hinsichtlich Schiedsverfahren außerhalb Lateinamerikas und dem Wirkungskreis des Schlichtungsnetzwerks der UN-Kommission für Handelsgesetze (UNCITRAL) nicht erlaubt, schreibt der Vertrag als Standort für Schiedsverfahren Peking und London vor.

Im Juli erklärte sich die Industrie- und Handelsbank von China bereit, an der Küste von Ecuador eine 12-Milliarden-US $- Raffinerie mit 7 Milliarden US$ mit zu finanzieren. Andes Petroleum, ein Joint Venture zwischen der chinesischen National Petroleum Company (CNPC) und Sinopec, arbeitet bereits in einem Block in der Provinz Sucumbíos und zwei Blöcken in der Provinz Orellana, teilweise unter dem Namen PetroOriental. Ende November unterbreitete Andes Petroleum Gebote auf zwei Blöcke im ecuadorianischen Amazonas. Bis Mitte 2013 hatte Ecuador 83% seiner Ölexporte an China vergeben, etwa die gleiche Menge, die vor der Regierung Correa an die USA ging.

Am 28. November 2013 erhielt Ecuador Gebote für drei Blöcke seiner umstrittenen „Ronda del Sur“. Diese Auktionsrunde umfasste etwa 2,5 Millionen ha Regenwald in Ecuadors südlichem Amazonas. Versuche, den südlichen Amazonas zu pachten, wurden vereitelt durch einheimischen und nationalen Widerstand, ein weitgehend abgeurteiltes Konsultationsverfahren, Fristverlängerungen, argwöhnische Investoren, eine grenzüberschreitende Ölkatastrophe und einen globalen Aufschrei.

Im Juli 2013 veröffentlichte die Organisation Fundación Pachamama eine Studie, der zufolge nur 7% der betroffenen Bevölkerung und 39% der entsprechenden Gemeinden überhaupt befragt, geschweige denn um ihre Zustimmung gebeten wurden. Als Konsequenz für ihren Widerstand gegen die Ölrunde ließ die Regierung die Fundación Pachamama schließen. Außerdem wurden gegen zehn der bekanntesten indigenen Stammesführer des Landes Ermittlungsverfahren wegen des Widerstands gegen die Auktion eröffnet.

Während das Fehlen von Geboten (noch) eine Gnadenfrist für Millionen von Hektar Primärregenwald darstellt, sind die für fast 250 000 ha bereits abgegebenen Gebote eine ernsthafte  Bedrohung für die indigenen Gruppen, die diese Wälder ihre Heimat nennen. Beide Blöcke, auf die Andes Petroleum Gebote abgegeben hat, sind 100% indigenes Gebiet und beherbergen Völker der Kichwa, der Sapara und der Shiwiar.

Yasuni-Nationalpark

Im Jahr 2009 sicherte das ecuadorianische Ministerium für Wirtschaftspolitik Petrochina und Andes Petroleum die größtmögliche Unterstützung bei der Erforschung der [im Yasuni-Nationalpark gelegenen Ölquellen Ishpingo, Tambococha und Tiputini] ITT zu. Wenig überraschend, dass zehn Tage nach Ecuadors Entscheidung, die Yasuní-ITT-Initiative zu verlassen, die Regierung berichtete, dass sie 1,2 Milliarden US $ Kredit von China erhalten hatte.

China hilft Ecuador, eine 10 Milliarden-Raffinerie an der Küste zu finanzieren. Roque Sevilla, Ex-Präsident der Verhandlungskommission für die Initiative, vermutet, dass die Regierung schon lange plant, die Raffinerie mit Öl aus dem Yasuní-Gebiet zu beliefern. Wie er berichtet, belegen Dokumente aus 2008 und 2009, dass die Raffinerie 100 000 Barrel Öl von den ITT-Felder verarbeiten wird, die Menge, die die Regierung als notwendig erachtet, um die wirtschaftliche Rentabilität einer so großen Raffinerie zu erhalten.

Letzten Monat signalisierte CNPC (China National Petroleum Corporation) Interesse an zwei Ölblocks, von denen einer – ebenso wie auch der benachbarte ITT-Block – Heimat des indigenen Volks der Waorani ist, die dort in freiwilliger Abgeschiedenheit leben. Gemäß Artikel 57 des ecuadorianischen Grundgesetzes muss jeglicher Eingriff in dieses Gebiet als Ethnozid eingestuft werden. Der Nationalrat konnte diese Bestimmung umgehen, indem die Bohrungen in beiden Blöcken als nationales Interesse deklariert wurden.

Allerdings hatte Petroamazonas schon lange vor Correas Ankündigung, die ITT-Blöcke zu erkunden, mit dem Bau einer mächtigen Zugangsstraße durch diese begonnen. Bereits im März 2013 – Monate vor Präsident Correas Ankündigung und der Abstimmung des Nationalrats – gab es Ölplattformen in besagtem Block. Eines der Leitbilder bei der Veröffentlichung war ein Foto, auf dem ein Jaguar zwischen sich im Bau befindlichen Ölpipelines spaziert. Der andere Block, Block 20, ist derzeit u. a. an Petroecuador verpachtet, aber der massive lokale Widerstand behinderte bislang die Produktion. 2010 kamen mehr als 1000 Kichwa aus dem betroffenen Gebiet zusammen, um sich gegen das Projekt zur Wehr zu setzen. Zudem ist das Öl in Block 20 so schwer, dass viele Gesellschaften die Förderung als Bergbauprojekt einstufen, ähnlich dem Teersand in Alberta.

In 2011 änderte PetroOriental, ein Joint Venture zwischen der CNPC und Sinopec, den Umriss eines anderen Blocks, sodass dieser nun die Grenzen zum Yasuni überschreitet, ein Schritt, der es einfacher machen sollte, die Reserven des ITT-Gebiets zu erschließen. Dieser Schachzug erschütterte die Glaubwürdigkeit der Yasuni-ITT-Initiative und viele fragten sich, wie weit Ecuador noch gehen will, um seinen Gläubiger China zu befriedigen.

Mittelsmänner?

Trotz des chinesischen Beinahe-Monopols auf ecuadorianisches Öl, kommen nur 2% davon jemals in China an. Chinas staatliche Ölgesellschaften schließen sich mit privaten Handelsgesellschaften zusammen, die das Öl in der ganzen Welt verkaufen. 70% gehen direkt in die USA oder an PanPac, ein Gebiet an Panamas Küste, wo häufig Öllieferungen auf US-Schiffe verladen werden. In den ersten drei Quartalen von 2013 war die aktivste Gesellschaft Taurus Petroleum, ein Unternehmen, das bekannt ist für seine Beteiligung am „Oil-for-food“ (Öl für Lebensmittel)-Skandal. Versanddaten zufolge machten ecuadorianische Lieferungen über Taurus alleine schon 10% des Öls aus, das nach Kalifornien ging. Diese Lieferungen mit einem Wert von gut 6 Millionen US $ pro Tag gingen an Kunden wie Chevron, wegen jahrzehntelanger Verunreinigung des ecuadorianischen Amazonas Ecuadors Staatsfeind Nummer eins. Im letzten Quartal von 2013 stoppte Taurus die Lieferungen von ecuadorianischem Öl an Kalifornien und Core Petroleum, deren Finanzchef außerdem Finanzdirektor von Taurus ist.

Mehr als nur Öl

Das Mirador Mining Project

2010 bezahlten Chinas staatliche Tongling Non-ferrous Metals Group und China Railway Construction Corp. 679 Millionen US $ für die Übernahme der kanadischen Bergbaugesellschaft Corriente, Betreiber der Corriente Kupfer-Lagerstätten in Ecuador. Wird die 2,4 Milliarden US $ – Mirador-Tagebaumine in Betrieb genommen, hat das Auswirkungen auf fast 20 000 ha Primärwald in der Cordillera del Condor, eine Region mit großer Artenvielfalt im südlichen ecuadorianischen Amazonas, entlang der Grenze zu Peru, das vielen indigenen Shuar als Land der Ahnen heilig ist. Es wird behauptet, dass die Mine 2,35 Millionen Tonnen Kupfer und 5,4 Milliarden US$ für Ecuador produzieren wird.

Der Protest aus der Shuar-Bevölkerung der Umgebung manifestierte sich in einem massiven Marsch vom Amazonas nach Quito, an dem sich viele indigene Nationalitäten und nicht-indigene Verbündete beteiligten. Gegenwärtig läuft gegen das Minenprojekt ein Gerichtsverfahren, in dem es um die Rechte der Natur geht, die durch Ecuadors Verfassung hochgehalten werden. Das Projekt soll so als verfassungswidrig erklärt werden. Kläger in diesem Verfahren sind indigene Organisationen, Bewohner der betroffenen Gebiete und zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Fundación Pachamama und Acción Ecológica. Frühere Versuche, in dieser Region zu schürfen, scheiterten bereits am lokalen Widerstand.

Trotzdem unterzeichneten am 10. April 2013 die ecuadorianische Regierung und Ecuacorriente einen Deal über 2,4 Milliarden US $ und kündigten an, das Projekt gegen alle unabänderlichen sozialen, umweltpolitischen und klimatischen Einflüsse voranzutreiben.

Wasserkraftwerk Coca-Codo Sinclair

Dass der Bau von Wasserkraftwerken in Lateinamerika boomt, ist zu einem großen Teil chinesischen Finanzierungen zu verdanken. Aktuell liegen in den Andenländern 151 Anträge für Dammkonstruktionen vor, eine Steigerung von 300% gegenüber existierenden Dämmen.

In Ecuador entstand die Idee für das hydroelektrische Projekt Coca-Codo Sinclair in den 70ern, noch vor Rafael Correas Amtsantritt. Der Damm, der als das größte Investitionsprojekt in Ecuador gilt, wird den Coca-Fluss in der Provinz Napo umlenken, um angeblich 75% der ecuadorianischen Energie zu liefern. Im Oktober 2009 wurde ein 2 Milliarden US$ Deal zwischen der ecuadorianischen staatlichen Wasserkraftwerksgesellschaft Coca Sinclair und Chinas Sinohydro unterzeichnet. Sinohydro wird für die Konstruktion des Projekts zuständig sein, dessen Fertigstellung für 2015 geplant ist. 15% des Projekts werden von Ecuador finanziert, die restlichen 85% über einen Kredit der China Exim Bank.

Das Projekt wird angeblich 1500 Megawatt Energie aus 222 Kubikmetern Wasser pro Sekunde generieren. Umweltorganisationen sind besorgt über die Auswirkungen des Damms auf die Region. Sie behaupten, dass der Fluss nur 80-100 Kubikmeter Wasser pro Sekunde führt. Das Projekt sei demnach nicht tragbar. Es werde zu Langzeitschulden gegenüber China führen und nicht einmal genug Energie erzeugen können, um die 6,9% Darlehenszinsen zu zahlen.

Der Bau des Damms wurde von Kontroversen überschattet. Ecuadorianische Arbeiter, die bei Sinohydro unter Vertrag standen, streikten wiederholt wegen Misshandlungen, schlechten Arbeitsbedingen, Fehlen von Gesundheitsvorsorge, Nahrung und unfairen Löhnen. Je weiter der Dammbau voranschreitet, desto weniger lässt sich die Vertreibung der ansässigen Gemeinschaften vermeiden. Mit Fertigstellung des Damms wird der Wasserfall San Rafael, Kulturgut und größter Wasserfall Ecuadors aller Voraussicht nach genauso verschwinden wie große Primärwaldflächen.

Der Manta-Manaus-Corridor

Der Manta-Manaus-Corridor ist ein multimodales Megaprojekt, das die brasilianischen Hafenstädte Manaus und Belém mit dem ecuadorianischen Küstenhafen Manta verbinden soll, ein langjähriger Traum beider Länder. Manta ist der am nächsten zu China gelegene Hafen Südamerikas. Die ecuadorianische Regierung würde Manta gerne zur wichtigsten Hafenstadt im Süd-Pazifik machen, zum Ein- und Ausgang des asiatischen Beckens.

Das Projekt wäre für die südamerikanischen Länder eine Alternative zum US-kontrollierten Panama Kanal, mit einer errechneten Transportzeitersparnis von 50%. Zu den Projektinitiatoren gehören große Geldinstitute wie die Inter-American Development Bank (IDB) und die Brazil Development Bank (BNDES), außerdem private Gesellschaften aus der Region und aus China. Brasilien, verantwortlich für die meisten der lateinamerikanischen Exporte nach China, ist überzeugter Förderer des Projekts. Der Korridor ist ein multimodaler Mix aus 120 Teilprojekten, die Wasserwege, neue und ausgebaute Landwege, Häfen und Flughäfen verbinden sollen. Die Kosten des Projekts werden auf 800 Millionen US $ bis 2 Milliarden US $ geschätzt. China als Hauptziel für Exporte und als Importquelle trägt in großem Stil zur Finanzierung vieler Teilprojekte bei.

Der Korridor erntete Kritik für seine ökologischen und sozialen Auswirkungen, sowohl die direkten als auch die Langzeitauswirkungen u. a. durch erhöhte Nachfrage nach natürlichen Ressourcen aus bislang unzugänglichen Gebieten. Die unzähligen Teilprojekte würden Auswirkungen auf viele Naturschutzgebiete in Ecuador haben, inklusive Limoncocha Biological Reservat, Llanganates Nationalpark, Yasuní-Nationalpark, Cuyabeno Reservat, Sumaco Nationalpark und des Napo Galeras Reservats. Die Infrastruktur wird sich zunehmend auf die lokalen indigenen Territorien und die ländliche Bevölkerung auswirken.

Außerdem könnte das Projekt fatale Folgen für den Napo River haben, einen von Ecuadors größten Zuflüssen des Amazonas mit stark variierenden Wasserständen und einer enormen Menge Feststoffe. Um ihn das ganze Jahr über auch für größere Schiffe und Lastkähne als Hauptexportweg nutzen zu können, würde man ihn regelmäßig ausbaggern müssen. Eine in 2010 von Ecuador und Peru durchgeführte Studie bezeichnete diese Form des Ausbaggerns als „technisch, wirtschaftlich und ökologisch unbrauchbar“. Die entlang der Flussufer ansässigen indigenen Gemeinschaften der Kichwa protestieren gegen das Projekt. Sie befürchten weitere Risiken, von der Luftverschmutzung durch die Zunahme des Schiffsverkehrs bis hin zu illegaler Abholzung und Drogenschmuggel.

Die Realisierung der Hauptkomponenten des Projekts wurde bislang durch Finanzierungsprobleme und Fragen der Machbarkeit aufgehalten. Andere Komponenten wie der Ausbau des Hafens in Manta, die Erweiterung der Trans-Anden-Autobahn und der Dammbau sind bereits abgeschlossen oder in vollem Gange.

Fazit

Es ist von zunehmender Wichtigkeit, Chinas Verhältnis zu Ecuador und Lateinamerika zu verstehen. Chinas Macht wächst und die Nation begibt sich in abgelegenste Teile der Welt, auf der Suche nach Energiequellen und Rohstoffen wie z. B. am Amazonas. Was China zu Lasten von Ecuador erreicht hat, ist erschreckend: die nahezu vollständige Kontrolle über Finanzen, Arbeit, Bau, Rohstoffzugang und -förderung, was im Gegenzug lediglich garantiert, dass China seine Darlehen zurückgezahlt bekommt.

Angesichts dieser Realität liegt es in der Verantwortung der internationalen und lokalen Gemeinschaften, beide Parteien dazu anzuhalten, die höchstmöglichen Umwelt- und Menschenrechtsstandards zu befolgen.

Übersetzung und Zusammenfassung des Originaldokuments: http://amazonwatch.org/assets/files/2014-beijing-banks-and-barrels.pdf

Netzfrau Andrea Wlazik
Netzfrau Kerstin Hördemann

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