Vor wenigen Tagen sperrte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan YouTube in der Türkei. Wie reagieren türkische Oppositionelle darauf? Was ist der Grund für ihre seit Monaten anhaltenden Proteste?
Die Twitter-Sperre in der Türkei wurde durch das türkische Verfassungsgericht aufgehoben. Doch wegen ihrer Blockade des Videoportals Youtube gerät die türkische Regierung auch weiterhin unter Druck. Ein Amtsgericht in Ankara urteilte am Freitag, dass auch die Nutzung von Youtube grundsätzlich wieder freigegeben werden muss.
Anne Breer schickte uns ihre 30minütige Dokumentation: My Life under Erdoğan – Video Diary from Istanbul
Sie schreibt uns: Schon Wochen vor der staatlich verordneten Kommunikations-Sperre nahm ECO Media mit Video-Bloggern in der Türkei Kontakt auf. Von Beginn an haben die Blogger die Proteste im Gezi-Park und anderen Orten von Istanbul mit der Kamera beobachtet und ihr Material auf YouTube veröffentlicht – bis zu Erdoğans Sperre.
Doch das YouTube-Verbot konnte das Doku-Projekt nicht mehr verhindern. Die deutsch-türkische Zusammenarbeit war schon zu weit fortgeschritten. Und der Informationsaustausch funktioniert auch heute noch: über Facebook und Skype.
So führte ECO Media in den vergangenen Tagen zahlreiche Interviews mit Video-Bloggern und anderen Augenzeugen. Sie sprechen freizügig über die Korruptionsvorwürfe gegen ihre Regierung, den Verlauf der Ausschreitungen, die Trauer um einen 15jährigen Jungen, die Angst nach den Kommunalwahlen. Aus den Filmen der Video-Blogger und den Skype-Interviews entstand ein sehr aktueller, persönlicher Film – unbeeindruckt von Erdoğans Zensur.
Autorin: Anne Breer, Mitarbeit: Annie Berend, Heike Golla, Marta Werner, Kamera u. a.: Ateş Gokeri, Avni Kantan, Kaiser Nahhas, Fatih Pınar Schnitt: Karen Tonne, Produktionsassistent: Manuel Strobel, Produktionsleitung: Susanne Zimmermann ,Produzent: Stephan Lamby
Der türkische Ministerpräsident Erdogan hatte ja bereits für den Fall seiner Wiederwahl öffentlich mitgeitelt, dass er Youtube und Facebook in der Türkei sperren lassen würde. Ungeachtet dieser Ankündigung und der Korruptionsvorwürfe ist Erdogans Partei auch nach einem heftigen Machtkampf weiter die mit Abstand stärkste politische Kraft in der Türkei.
Aber auch, wenn die Leidenschaft und der Mut der Menschen in der Türkei gegen die Macht der Regierung nicht ankommen sollten, werden sie mit ihrer Kreativität und ihrem Einfallsreichtum sicher weiterhin Möglichkeiten finden, sich zu informieren, trotz der vielen Zensuren im ganzen Land. Millionen Türken umgingen die Sperren mithilfe technischer Mittel wie VPN-Systemen.
Wir bedanken uns bei Anne Beer und Eco Media, dass sie uns einen Einblick aus Istanbul gegeben haben.
Netzfrau Doro Schreier
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