Energiehunger in der Ukraine-Krise: TTIP schneller als erwartet? Fracking, Teersand, Iran und Türkei

StromDie aktuellen Entwicklungen in der Ukraine sorgen bei den Gesprächen um die geplante transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (kurz TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership) für zusätzliche Dynamik.

Dies gaben DIHK-Präsident Eric Schweitzer und BDI-Chef Ulrich Grillo Anfang April in Washington zu erkennen, als sie auf einer gemeinsamen Reise für den angestrebten TTIP-Vertrag warben.

Die Gespräche um das Freihandelsabkommen gehen weiter. In diesem Beitrag geht es um die Erdgaslieferung aus den USA.

Während wir um die Ukraine und die dortigen Zustände bangen – denn seien wir doch ehrlich – ist dort schon längst ein Bürgerkrieg entbrannt.

Unsere Regierung macht sich zusammen mit anderen Ländern schon auf die Suche nach neuen Energiequellen, um nicht weiterhin nur abhängig von Russland zu sein.

Das ergab eine Information unter der Überschrift: „Ukraine-Krise bringt neuen Schwung in transatlantische Wirtschaftspartnerschaft“. US-Energielieferungen könnten durch Handelsabkommen erleichtert werden / Präsidenten von BDI und DIHK werben in den USA für TTIP-Abkommen

Einen Auszug aus der Information:

„Eine Freihandelsvereinbarung zwischen den USA und der EU würde US-amerikanische Lieferungen von verflüssigtem Erdgas (LNG – Liquefied Natural Gas) erleichtern und die Importabhängigkeit der EU-Staaten von Russland und anderen kritischen Bezugsstaaten vermindern. Auf der anderen Seite ergäben sich dadurch für die US-Öl- und Gaswirtschaft interessante neue Absatzperspektiven. Nach US-Recht bedarf es bei LNG-Exporten in Länder, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen (FHA) abgeschlossen haben, nur einer vereinfachten Genehmigungsprozedur. Bei Geschäften mit anderen Staaten muss dagegen aufwendig geprüft werden, ob die Ausfuhr auch im nationalen Interesse liegt.

Der deutschen Wirtschaft kämen Vereinfachungen beim Energiehandel mit Nordamerika entgegen. Entsprechende Lieferoptionen könnten die Versorgungssicherheit in Deutschland verbessern und zudem auch eine kostengünstigere Energieversorgung möglich machen. „Wir würden ein Signal des US-Präsidenten begrüßen, dass der Export von Öl und Gas sinnvoll ist“, erklärte deshalb BDI-Präsident Grillo in Washington.“ PDF gtai.de

„Die europäische Energiewirtschaft steht derzeit vor der größten Herausforderung seit dem Abbau der Versorgungsknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg”, sagte Dr. Werner Hoffmann, Vorstandsmitglied des Instituts für Strategisches Management an der Wirtschaftsuniversität Wien, gegenüber dem Tagungsveranstalter Euroforum in der Vorbereitung zu der alljährlichen Handelsblatt-Jahrestagung » Energiewirtschaft und Erneuerbare Energien Österreich 2013., die vom 11. und 12. November 2013 in Wien stattfand.

Die USA sind auf dem Weg, der größte Ölproduzent auf dem Globus zu werden – und setzen damit nicht nur die klassischen Fördernationen im Nahen Osten unter Druck, sondern auch die europäischen Energiekonzerne. „Importeure werden zu Exporteuren“, sagte Fatih Birol, Chefökonom der Internationale Energieagentur (IEA) mit Sitz in Wien.

„Wir brauchen in Europa die Option des Fracking, zumindest als Drohung gegen Putin“, sagte Oettinger auf der Handelsblatt-Tagung Energiewirtschaft Mitte November 2013 in Wien. Russland ist bislang wichtigster Gaslieferant in der Europäischen Union. Noch liefert das von Wladimir Putin regierte Land 80% des Gases. „Uns geht es noch gut. Doch ein Weckruf muss jetzt her“, appellierte Oettinger, der als Gastredner vor Ort war.(Oettinger schönt Subventionsbericht – eine chronologische Auflistung seiner “Lobbyarbeit”)

Es ist wie ein Schaulaufen, um Fracking oder auch Schiefergas gesellschaftsfähig zu machen. Wir möchten hier darauf hinweisen: was dort im November 2013 in Österreich besprochen wurde, gilt für ganz Europa! Auch die nächste Aussage zeigt, was die europäische Energiewirtschaft wirklich von der Umstellung auf „erneuerbaren Energien“ hält.

Wie Oettingers Mitarbeiter, Generaldirektor Fabrizio Barbaso, auf dem Treffen in November 2013 in Wien ankündigte, soll die Harmonisierung der Energiepolitik beschleunigt werden. „Wir müssen die europäischen Energiemärkte besser integrieren, um niedrigere Preise zu erzielen“, sagte Barbaso. Die deutsche Bundesregierung mit ihrer großzügigen Hilfe für erneuerbare Energien gilt in Brüsseler Kreisen als Negativbeispiel. Daher lässt sich wahrscheinlich auch das Handeln von Wirtschaftsminister Gabriel ableiten. Um angeblich die Energiewende bezahlbar zu machen, will Gabriel die Ökostromförderung deutlich kürzen. Siehe Wie kann man nur …?!

Ölmultis dieser Welt

Wer sind die Ölmultis dieser Welt, die nicht von erneuerbaren Energien profitieren? Denn trotz der weltweiten Wirtschaftsflaute fuhren die größten Ölkonzerne der Welt satte Gewinne ein. Allen voran Saudi Aramco

„Präsident und Vorstandschef Khalid Al-Falih steuert den weltgrößten Ölkonzern Saudi Aramco (Saudi Arabian Oil Company). Das staatliche Unternehmen gilt als wertvollster, nicht an einer Börse notierter Konzern. Der Wert des 1933 gegründeten Unternehmens wird auf mehr als zehn Billionen Dollar geschätzt. Der Umsatz beziffert sich auf eine Milliarde Dollar – am Tag. Saudi Aramco hat als einziges Unternehmen die Erlaubnis der US-Luftfahrtbehörde FAA, eigene Flugplätze zu besitzen und zu betreiben.“

Auf Platz 2 folgt bereits Gazprom

„Der russische Gas-Riese firmiert zwar als Privatunternehmen, größter Eigner ist aber der russische Staat. Der Konzern ging aus der staatlichen Gasbehörde hervor, die 1993 privatisiert wurde. 

Etwas überrascht waren wir über Platz 3 National Iranian Oil

„Noch vor den US-Konzernen liegt die Ölgesellschaft des Iran, die National Iranian Oil Company. Trotz der Embargos wegen des iranischen Atomprogramms ist der Konzern nach wie vor ein wichtiger Produzent. Der Verdacht kursiert, dass einige Abnehmer die Sanktionen umgehen und iranisches Öl mit Gold bezahlen. Das Unternehmen fördert 6,4 Millionen Fass am Tag.“

Und dann folgt auf Platz 4   Exxon-Mobil.

„Der US-Konzern ist der größte private Öl- und Gaskonzern. Die Texaner liefern sich außerdem mit Apple ein langes Ringen um den Titel des wertvollsten Unternehmens der Welt. Der Konzern ging aus Standard Oil hervor. Wie BP und andere Multis trägt auch Exxon die Verantwortung für eine Umweltkatastrophe: 1989 lief der Öltanker Exxon Valdez vor Alaska auf Grund und löste in der sensiblen Region eine Ölpest aus. Exxon-Mobil produziert 5,3 Millionen Fass Öl am Tag .“

Erst auf Platz 5 ist Chinas Petrochina, danach BP und Shell. Auf Platz 8 ist Mexiko Pemex, gefolgt von Chevron aus den USA. Erst auf Platz 10 landeten Kuwait Petroleum Corporation (KPC). Quelle und nachzulesen beim Handelsblatt vom 30.05.2013.

Schaut man sich die Liste der Multis an, die den Ölmarkt dominieren, dürfte so mancher Leser überrascht sein. Dass Iran gleich nach Gazprom auf Platz 3 in der Liste erscheint, macht nun deutlich, warum im Februar 2014 mehr als 100 Manager der größten französischen Firmen für mehrere Tage in den Iran flogen. Unter ihnen Vertreter von Airbus, des Autobauers Renault, des Energieversorgers GDF Suez, des Siemens-Konkurrenten Alstom sowie des Rüstungskonzerns Safran. In Deutschlands Wirtschaft, die traditionell immer wieder gute Beziehungen zum Iran unterhält, macht man sich ebenfalls Hoffnung breit. „Iranische Kunden kommen wieder auf ihre ehemaligen Lieferanten zu“, sagte Friedrich Wagner, Außenhandelsexperte des Verbands des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), der Nachrichtenagentur Reuters.

Die US-Regierung ist nicht begeistert und warnte europäische Firmen davor, zu schnell wieder ins Iran-Geschäft einzusteigen. Falls Unternehmen zu früh wieder Geschäfte mit dem Iran machten, könnten die Gespräche über das Atomprogramm scheitern. Quelle: euractiv.de

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte – so die alte Weisheit – und genau so ist die Krise um die Ukraine einzuordnen. Der Iran besitzt nicht nur ausreichend Öl, sondern verfügt auch über große Gasvorkommen. So nutzt die iranische Führung den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland und bietet sich als möglicher verlässlicher Gaslieferant für Europa an. „Der Iran kann ein zuverlässiger, sicherer und dauerhafter Partner Europas werden“, sagte Industrieminister Mohammad Reza Nemazadeh in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ am Montag. Sein Land habe inzwischen die größten Erdgasreserven der Welt und verfolge derzeit ein großes Pipeline-Projekt, um Erdgas aus dem Süden des Iran in den Nordwesten an die türkische Grenze zu pumpen. Von dort könne Gas in den Westen exportiert werden. Siehe dazu Rüstungsgüter gegen Rohstoffe- besichert durch Steuergelder
Hierzu die Informationen vom Februar 2014, aus denen hervorgeht, dass die Türkei zur Energiedrehscheibe zwischen Europa und dem Osten wird.

Großprojekt TANAP wird 2014 gestartet

Die Türkei gewinnt im Hinblick auf die europäische Energieversorgung zunehmend an Bedeutung, schreibt die Germany Trade & Invest. Sie ist die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing.

Zwar hat das Land keine nennenswerten eigenen Kohlenwasserstoffreserven. Doch liegt es in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nahen Osten und zu den Staaten am Kaspischen Meer – beides Regionen mit reichen Öl- und Gasvorkommen. Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, sollen zwei neue Gaspipelines alternative Zufuhrwege schaffen: die Trans Anatolian Natural Gas Pipeline (TANAP) und die Iran-Turkey-Europe Natural Gas Pipeline (ITE).

Im Mittelpunkt der aktuellen Investitionsaktivitäten steht die Gaspipeline TANAP. Die Leitung soll ab 2018 Erdgas aus dem aserbaidschanischen Gasfeld Shah-Deniz-2 über die Türkei nach Europa transportieren.

ITE-Gasleitung Iran-Türkei-Europa wird vorbereitet

Das Iran-Turkey-Europe Natural Gas Pipeline Project (ITE) ist ein weiteres Großprojekt im Erdgas-Transport. Über diese Leitung sollen aus dem Iran über die Türkei jährlich 35 Mrd. Kubikmeter iranisches und turkmenisches Erdgas nach Europa geleitet werden. Die insgesamt 5000 km lange Pipeline – 1750 km werden durch die Türkei verlaufen – soll nach offiziellen Plänen bis 2016 fertiggestellt werden.

ÖlWir erläuterten in dem Beitrag: Kaspisches Meer – der letzte Ölgigant! Rohstoffe, wen interessiert da noch das ÖKO-System und die Menschenrechte?, wie schwer Energiekonzerne es bereits haben, seit alle leicht zugänglichen Ölreserven der Erde ausgeschöpft sind. Unangetastete große Ölfelder sind heute entweder schwer zu erreichen, nur mit aufwendiger Technik anzuzapfen oder sind politisch umstritten. Angela Merkel und Kasachstans Präsident Nasarbajew einigten sich in Februar 2012 auf ein Rohstoffabkommen. Dieses sichert der deutschen Wirtschaft den Zugriff auf sogenannte „Seltene Erden“. Kritiker und auch wir prangerten einen Ausverkauf der Menschenrechte an….. Doch was interessieren in der heutigen Zeit schon Menschenrechte?

Wie wir nun in den gesammelten Informationen lesen konnten, verbündet sich Europa nicht nur im Rahmen des Energiehungers mit der Türkei und dem Iran. Nein – auch ein Inkrafttreten des Freihandelsabkommens mit den USA soll beschleunigt werden.

Und wie die Ukraine in das Spiel passt, schrieben wir ausführlich in dem Beitrag: Ukraine: UNTERSTÜTZUNGSPAKET von der EU – Wirtschaftliche Interessen als Weltpolitik.

Fracking: Erlösung aus der Abhängigkeit von Russland?

Die USA steigen in die erste Liga der Öl-Exporteure auf. Die USA werden danach ihre Produktion von Öl und Gas in den kommenden Jahren forcieren und massiver in den Export von Flüssiggas (LNG) einsteigen.

Am 27. 03. 2014 forderte Merkel eine neue Energiepolitik wegen der Krim-Krise. Europa müsse unabhängiger von russischem Öl und Gas werden. Auf Unterstützung hofft sie aus den Reihen der G7-Mitglieder. Zwei davon haben sich bereits angeboten. Zum einen traf sich Frau Merkel Ende März mit dem kanadischen Premierminister Stephen Harper. Mit Kanada wird ein Freihandelsabkommen zum 01. 01. 2015 angestrebt. Kanada besitzt Teersand oder Ölsand – dazu unsere Beiträge: DAS SPIEL MIT DEM ÖL und  Pipeline durchs Paradies, dort wo Wale singen.

Und zum anderen hatte sich bereits US-Präsident Barack Obama bereit erklärt, dass die USA beginnen könnten, Europa mit Flüssiggas (LNG) zu versorgen, um die Energieabhängigkeit vieler EU-Staaten von Russland zu verringern – sobald es ein Freihandelsabkommen zwischen den beiden Partnern gebe.

Und wie wir schon zu Beginn dieses Beitrages erwähnten, bringt die Ukraine-Krise neuen Schwung in die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft. Ist also alles schon in trockenen Tüchern?

Und sollte das Fracking-Wunder in der USA ausbleiben, hat Europa mit Iran und Türkei neue Alternativen gefunden. Menschenrechte werden hier nicht berücksichtigt.

Fracking.Außerdem fordern die Unionspolitiker und der BDI, endlich die Förderung von Schiefergas anzugehen. Da wird sich Exxon freuen, wie Sie unserem Beitrag:  Betreibt ExxonMobil im Jahr 2030 ca. 1.000 Erdöl- und Erdgasbohrungen in Deutschland? … und hat bis dahin für die durchgeführten Fracks etwa 150 verschiedene Chemikalien eingesetzt entnehmen können.

Selbst der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses und frühere Umweltminister Norbert Röttgen sagte bereits, er sehe neben der deutschen Energiewende auch die Zusammenarbeit mit den USA als Chance, die Abhängigkeit von Russland zu verringern.

Es sei bemerkt, dass die Profite in die Töpfe der Firmen fließen sollen, während die Risiken beim Bürger hängen bleiben, der möglicherweise eine verwüstete Umwelt hinterlassen bekommt. Willkommen im Zeitalter des Frackings.

„Erdöl und Erdgas haben für die Gesellschaft ähnliche Eigenschaften wie Suchtgift für Individuen: Ihr Konsum ist kurzfristig angenehm, aber sie haben schädliche Folgewirkungen: Klimawandel, Finanzierung von nicht-demokratischen Diktaturen in Förderländern, Sucht (nicht mehr Aufhören können; ständige Erhöhung der Dosis), Abhängigkeit von Lieferanten.“
Dr. Reinhard Schanda zur Konferenz der Energiewirtschaft (EPCON 2011)

Ergänzend verweisen wir auf die Folgen, die wir durch das bevorstehende Freihandelsabkommen mit den USA erleiden werden.

Sind wir nicht alle Opfer der Ukraine-Krise?

Netzfrau Doro Schreier

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