Misused as Guinea pigs – 254 Indian women died in a clinical trial that should never have been approved.
Der Tod von 254 indischen Frauen aus einfachen Verhältnissen im Laufe einer 15-jährigen US-finanzierten klinischen Studie hat eine hitzige Diskussion über die Ethik derselbigen ausgelöst. Bei der Studie handelte es sich um eine Methode des Zervixkarzinom-Screenings. Die Frauen, die gestorben waren, waren Teil einer Kontrollgruppe, die ohne Screening blieb, um die Sterberate bei nicht gescreenter Bevölkerung zu ermitteln.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass jede Art von Gebärmutterhals-Screening die Häufigkeit von Krebs verringert. Dennoch wurden fast 140 000 Frauen in der Kontrollgruppe der Studie nicht untersucht. Nachdem beim United States Office for Human Research Protections (OHRP) eine entsprechende Beschwerde eingereicht wurde, stellte dieses fest, dass der Aufklärungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen worden war, sodass die Frauen keine auf Informationen basierende Einwilligung hätten abgeben können.
Diejenigen, die die Studie als unethisch bezeichnen, sagen, dass die internationalen ethischen Richtlinien für medizinische Forschung ignoriert wurden – die Helsinki-Erklärung, die klar besagt, dass Vorteile, Risiken, Belastungen und Effektivität einer neuen Behandlungsmethode im Vergleich zur aktuell am besten getesteten Methode geprüft werden müssen.
Auch die Richtlinien des Indian Council of Medical Research (ICMR) sehen vor, dass ein Placebo nur verwendet werden darf, wenn die Krankheit selbstlimitierend ist oder keine bewährten Präventions-, Diagnose- oder Therapieverfahren existieren.
„Offensichtlich haben diese Studien sowohl internationale als auch nationale Richtlinien verletzt“, sagte Srinivasan Sandhya vom Indian Journal of Medical Ethics (IJME), das in einem Leitartikel zu diesem Thema im April letzten Jahres darauf hingewiesen hatte, dass „diese Studien im Land der finanzierenden Organisationen [US National Cancer Institute und Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF)] nicht genehmigt worden wären.“
Ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der IJME von Dr. Eric Suba, einem in San Francisco ansässigen Pathologen, der im Mai 2011 in den USA eine Klage gegen die Studie eingereicht hatte, fordert eine Entschädigung für die Familien der verstorbenen Frauen sowie ein sofortiges Screening und – falls nötig — sofortige Behandlung der Frauen der ungescreenten Gruppen.
Ziel der dreifach clusterrandomisierten kontrollierten Versuche war es, ein günstiges Gebärmutterhalsscreening zu finden, das in das öffentliche Gesundheitsprogramm aufgenommen werden sollte. Die durchgeführten Screenings waren die visuelle Inspektion mit Essigsäure (VIA), Pap-Abstrich und HPV-Screening – was der Qualität der Vorsorge im Westen entspricht.
Die Versuche wurden an indischen Frauen der untersten sozioökonomischen Schicht durchgeführt, Frauen aus den Slums in Mumbai und aus Dörfern in Osmanabad (Maharashtra) und Dindigul (Tamil Nadu). Diese Studien verglichen die Todesrate durch Gebärmutterhalskrebs bei 224 929 Frauen, die verschiedenen Arten von Screenings unterzogen wurden – darunter 138 624 Frauen, denen überhaupt kein Screening angeboten wurde.
Im Artikel der IJME fragte Dr. Suba, welchen Sinn es haben sollte, 140 000 Frauen ohne Screening zu testen, wenn doch die Effektivität von Gebärmutterhalskrebs-Screening bereits anerkannt ist. „… Menschen sollten nicht dazu benutzt werden, um zu demonstrieren, wie viele Todesfälle sich aus einem Mangel an medizinischer Versorgung ergeben“, erklärte Dr. Suba.
Die an der Forschung beteiligten Wissenschaftler behaupten, dass ungescreente Kontrollgruppen in Indien ethisch zu rechtfertigen seien, weil es quasi „Standardversorgung“ sei, nicht zu screenen. Darum war alles, was die ungescreenten Frauen bekamen, Gesundheitserziehung in Bezug auf Gebärmutterhalskrebs, auf die Bedeutung von Screenings und darüber, wo diese zu bekommen waren.
Da es zum Zeitpunkt der Studie keinerlei Zweifel am Nutzen von Gebärmutterhalskrebs-Screenings gab, brauchte man für die Installation und Aufrechterhaltung von ungescreenten Kontrollgruppen in den US-finanzierten Studien in Indien Einverständniserklärungen, die auf unzureichenden Informationen basierten, bestätigen sowohl Dr. Subas Artikel, als auch die Aussage der OHRP.
Wenn irgendwann im Laufe der letzten 15 Jahre den Frauen in den ungescreenten Kontrollgruppen die simple Wahrheit gesagt worden wäre, nämlich dass Gebärmutterhalskrebs-Screenings ihr Risiko für den Tod durch Krebs senken würde, hätten sie die Kontrollgruppen verlassen und sich selbst um ein Screening gekümmert – wodurch ein wissenschaftlich mangelhaftes experimentelles Design zunichte gemacht worden wäre, argumentierte Dr. Suba. Die OHRP stellte fest, dass man deshalb wohl kaum davon ausgehen könne, dass die BMGF-finanzierten Studien nicht durch die uninformierten Einverständniserklärungen beeinträchtigt seien, schrieb Dr. Suba.
Übersetzt aus dem englischen Original Row over clinical trial as 254 Indian women die
„The death of 254 Indian women from modest backgrounds in the course of a 15-year US-funded clinical trial has triggered a raging debate about its ethicality. The trial was for a cervical cancer screening method and the women who died were part of a control group kept without screening to study death rates in unscreened populations…“ Read more…
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Zusammenfassung
224 929 indische Frauen aus den untersten sozioökonomischen Schichten werden für eine US-Studie missbraucht, bei der die Todesrate bei Gebärmutterhalskrebs bei verschiedenen Screening-Methoden untersucht werden soll. Anstatt wie reglementiert und auch in den USA nicht anders erlaubt, die aktuell bestmöglichen medizinischen Möglichkeiten mit einer oder mehreren neuen Varianten zu vergleichen, wird eine Kontrollgruppe installiert, die GAR NICHT medizinisch versorgt wird.
Indische Frauen als robuste und preisgünstige Versuchskaninchen? Wie sehen Sie das? Ist es ethisch vertretbar, unmenschliche und unerlaubte medizinische Versuche ins Ausland zu verlagern? In ein Land, in dem Frauen keine Stimme haben, in dem es mit großer Wahrscheinlichkeit lange dauert, bis dieser Riesensauerei irgendjemand auf die Schliche kommt? Ist es vertretbar, diese Frauen uninformiert zu lassen, ihnen auf falschen Tatsachen basierende Einwilligungserklärungen abzuschwatzen, anstatt sie auf medizinische Möglichkeiten hinzuweisen, die ihr Leben retten könnten?
Was sagen indische Politiker dazu? Stoppen sie diese Versuchsreihe? Sorgen sie dafür, dass die Familien der verstorbenen Frauen finanziell abgesichert sind? Kümmern sie sich darum, dass die verbleibenden Frauen aus den übrigen nicht versorgten Kontrollgruppen nun adäquate medizinische Versorgung erhalten? Ziehen sie die Verantwortlichen zur Rechenschaft?
Wohl kaum. Für die meisten von ihnen sind die Verstorben „nur“ Frauen aus den „unteren Schichten“. Aber darf man sie deshalb als Versuchsobjekte missbrauchen?
An die Medien – in Deutschland und weltweit: Rückt Indien und den Völkermord an Indiens Frauen und Mädchen endlich in den Fokus der Öffentlichkeit und fordert die Politiker Eurer Länder auf, Stellung zu beziehen und politischen Druck auszuüben.
An alle Menschenrechtsorganisationen: Sind es die Frauen und Mädchen in Indien nicht wert, dass man sich für sie einsetzt?
Die Idee, dass Frauen und Mädchen alleine aus dem Inneren des Landes heraus eine Veränderung bewirken können, ist absurd. Indische Frauen leben in einem (korrupten!) Patriarchat. Am Beispiel Apartheid können wir sehen, wie die Chancen auf Veränderung tatsächlich stehen, wenn die Machtverhältnisse derart verschoben und festgefahren sind.
Auch hier ist internationale Unterstützung gefragt. Informiert Euch und werdet aktiv! Nur so wird sich etwas ändern!
Eine Petition an die Regierung von Indien, das OHCHR, die UNICEF, die UNIFEM, die UNFPA, CEDAW, die EU und die G8-Länder finden Sie auf der Seite der „The 50 Million Missing Campaign„.
Netzfrau Andrea Wlazik
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