In Australien soll es zukünftig verboten werden, Umweltschutzkampagnen gegen Konzerne durchzuführen.
Umwelt- und Verbrauchergruppen in Australien haben diese Handlung von den Senatoren als „Unsinn“ und als Angriff auf die Meinungsfreiheit beschrieben.
Premierminister Abbott ist ein selbsternannter Klimaskeptiker. An eine von Menschen verursachte globale Erwärmung glaubt er ebenso wenig wie an den Umweltschutz. Schon in der ersten Amtswoche nach seinem Wahlsieg schloss Abbott im Umweltministerium die Hauptabteilung Climate Change und ordnete an, sämtliche staatlichen Zahlungen für die Erforschung des Klimawandels einzustellen. Dass solche Informationen vermutlich viele Leser hierzulande überraschen, liegt vor allem daran, dass die deutschen Medien nur wenig über den so weit entfernten Kontinent Australien berichten.
Erst im Februar berichteten wir, die Netzfrauen, darüber, dass der Umweltminister Greg Hunt eine Genehmigung erteilte, dass nämlich demnächst bis zu drei Millionen Kubikmeter Schlamm aus der Ausbaggerung des Hafens Abbot Point ins Great Barrier Reef gekippt werden dürfen. Das sind 150 000 Kipplaster-Ladungen. Das einzigartige Weltnaturerbe Great Barrier Reef in Australien wird eine Müllkippe. [Siehe dazu: Protestmail gegen Todesstoß! Great Barrier Reef – Weltnaturerbe als Müllkippe]
Premierminister Tony Abbott kündigte nach seiner Vereidigung am 18.September 2013 unter anderem an, die größten Treibhausgasproduzenten des Landes so schnell wie möglich von einer CO2-Steuer zu befreien. Ja, in der australischen Umweltpolitik stehen deutliche Veränderungen an, das gab Abbott gleich am Anfang zu verstehen. So wird er Regierungsfonds für die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien ab sofort keine neuen Kredite mehr zur Verfügung stellen.
Und damit nun die Umweltverbände keine Boykotts gegen Konzerne aussprechen können, werden weitere Gesetze ins Leben gerufen. Gegen die Umwelt und für die Konzerne. Ein Lobbyismus-Virus scheint sich um die ganze Welt auszubreiten.
So wurden in Down Under bereits die meisten natürlichen Lebensräume der Koalas unwiederbringlich zerstört, und zwar durch die anhaltende Rodung weiter Gebiete entlang der australischen Ostküste, u. a. zur Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche und für die Minen- und Holzwirtschaft. Und Lebensräume, die nicht gerodet werden, werden durch zahlreiche Buschfeuer zerstört.
Umweltschutz in Down Under
Australien ist Weltmeister im Export von Eisenerz und Kokskohle. Die negativen Folgen sind vielerorts sichtbar. So zerstört die Industrie nicht nur die Landschaft und die Lebensräume vieler Arten, sondern auch knapp werdendes kostbares Ackerland. Außerdem leiden die Australier unter verschmutztem Grundwasser.
Die rund 200 Kilometer westlich von Sydney gelegene traditionsreiche Weinregion Hunter Valley hat sich in den letzten Jahrzehnten in das größte Kohleabbaugebiet Australiens verwandelt. Tagtäglich wird hier die Erde aufgerissen, um den Rohstoffhunger Chinas zu stillen. Anfang 2012 gab es von den Bürgern einen großen Protest. Und auch die Regierung reagierte und verabschiedete Mitte Oktober 2012 nach langem Ringen ein Emissionshandelssystem. [Quelle Zeit.de]
Unter dem neuen Premierminister Tony Abbott schienen diese errungenen Siege jetzt hinfällig zu sein, mehr noch, darf In Zukunft überhaupt noch gegen Umweltsünder protestiert werden?
Denn nach einem Bericht aus dem Guardian, den wir für Sie übersetzt haben, macht Abbot weiter ernst, und zwar gegen den Umweltschutz.
Die Rechte der Verbraucher sollen auch in Australien beschnitten werden! Sogenannte „sekundäre Boykott“-Kampagnen stehen vor dem Aus.
Koalitions-Abgeordnete und Industrie-Gruppen drängen auf Überprüfung des Wettbewerbsrechts, um ein Verbot von Kampagnen gegen Unternehmen durchzusetzen, die mit der Begründung geführt werden, dass sie mit dem Verkauf von Produkten die Umwelt schädigen beispielsweise bei Verwendung von Holz aus alten Waldbeständen, oder wenn es sich um Überfischung bestimmter Arten handelt.
Der parlamentarische Staatssekretär für Landwirtschaft, Richard Colbeck, sagte, der Ausschuss der ländlichen Hinterbänkler und „eine ganze Reihe im Ministerium“, forderten eine Überprüfung, um für Umweltgruppen im Verbraucherschutzrecht eine Ausnahmereglung von dem Verbot des sogenannten „sekundären Boykotts“ zu bewirken.
Die Befreiung gelte auch für mit dem „Verbraucherschutz verbundene Kampagnen“, so Colbeck, er werde sich aber nicht bemühen, diese Bestimmung zu ändern.
Die Regierung kündigte letzte Woche eine „grundlegende Überprüfung“ der Wettbewerbspolitik unter der Leitung des Ökonomen Professor Ian Harper an.
Verschiedene Gruppen einschließlich der australischen Waldproduktvereinigung und Teile der Fischerei-Industrie bereiten ebenfalls Vorlagen zur Überprüfung vor. Zur Debatte stehen die Umweltkampagnen, die bislang unter den sogenannten „sekundären Boykott“ fallen. Unternehmen und Gesellschaften, die Produkte verkaufen, die aus heimischen Bauhölzern oder „nicht nachhaltiger“ Befischung kommen, wollen erreichen, dass diese Kampagnen als ungesetzlich gelten sollen.
Colbeck meint weiter, die Änderungen würden sich auf Informationskampagnen auswirken wie bei der Kampagne „NoHarveyNo“ von GetUp, die gegen den Möbelhändler Harvey Norman gerichtet war. Die Kampagne sollte den Verkauf von Möbeln stoppen, die aus Holz von alten heimischen Wäldern gefertigt wurden.
GetUp (Umweltgruppe) behauptete, dass die Waldindustrie in Tasmanien heimische Wälder zerstöre. Das wäre eine offensichtlich unehrliche Kampagne, verlautbarte Colbeck.
Die Aufklärungs-Kampagne von Markets for Change (Umweltorganisation) gegen Unternehmen beinhalten Erzeugnisse, wie Bodenbeläge hergestellt aus Hölzern ebenfalls aus alten Waldbeständen, was unvereinbar mit dem Nachhaltigkeitsgebot sei. Neben Harvey Norman wurden gezielt Forty Winks, Fantastic Furniture, Freedom und Boral ins Visier genommen.
Tasmanische Aktivisten nahmen während des lang andauernden Rechtsstreits mit dem Bundesamt für Forstwirtschaft erfolgreich Einfluss auf internationale Kunden aus der Holzindustrie, darunter Gesellschaften wie Gunns und Ta Ann.
Die neue liberale Regierung beabsichtigt, den „Friedensvertrag“ für den Wald wieder rückgängig zu machen. Stattdessen soll die Produktion für Schnittholz ausgedehnt werden. Ferner sollen durch eine neue strengere Landesgesetzgebung die Umweltkampagnen gestoppt werden. Parallel dazu wird die Bundesregierung dahingehend beeinflusst, das Wettbewerbsrecht so zu ändern, dass derartige Umweltkampagnen gänzlich verboten werden.
Colbeck will eine weitere Änderung zum Wettbewerbsrecht vorschlagen, die den australischen Wettbewerb und die Wettbewerbsbehörde stärkt. Die Wettbewerbsbehörde soll dann die Aussagen von Umweltgruppen auf ihre Richtigkeit überprüfen.
Er verteidigte seine Position, die der Auffassung der Regierung entgegenstand, mit Redefreiheit.
„Sie können sagen, was sie wollen, können sich einsetzen für was auch immer sie möchten, sie können einen Standpunkt haben – sie sollen aber nicht gezielt geschäfts- oder marktorientierte Kampagnen schädigen und Behauptungen aufstellen können, die nicht der Wahrheit entsprechen.“
„Wenn Geschäfte Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, wird es zur Herausforderung. Wenn jemand erfundene Behauptungen über Produkte macht, müssen die Rechte der Unternehmen dahin gestärkt werden, dass sie ein Regress-Recht geltend machen können.“
Die Grünen-Führerin, Christine Milne, äußerte sich dahingehend, dass es die Australier erschüttern würde, dass die Regierung von Abbott vorhabe, die Gebiete, in den denen die „alten Wälder“ liegen und die als Weltnaturerbe ausgewiesen sind, abzuholzen.
Redefreiheit scheint für Tony Abbott nur selektiv Geltung zu haben. Redefreiheit gilt nicht bei dem Versuch, internationale Märkte über die Beschaffung von Bauholz aufzuklären. Dann will er Menschen, die Aufklärung betreiben, zum Schweigen bringen, um so einen Markt zu schaffen, der sonst nicht vorhanden wäre.
Ein Sprecher der AFPA (Industrieverband) sagte, der Verband würde eine Eingabe zum Wettbewerbsrecht erarbeiten. Grundsätzlich würden sie glauben, das australische Unternehmen das Recht haben, ihr Gewerbe und Geschäft auszuüben, sowohl hier als auch im Ausland.
Gruppen wie GetUp! und Markets for Change sind zurzeit vom Abschnitt 45D des Verbraucher- und Wettbewerbsgesetzes befreit, welches Handlungen verbietet, die eine dritte Person davon abhalten, Waren von einem Anderen zu kaufen.
Abschnitt 45 D a enthält die Befreiung von den sogenannten „sekundären Boykott-Bestimmungen“, wenn die Aktionen im engen Zusammenhang zu Umwelt- oder Verbraucherschutz stehen.
Grahame Turk, Vorsitzender der National Seafood Industry Alliance, sagte, seine Branche werde ebenfalls eine Vorlage zur Wettbewerbspolitik erstellen, welche sowohl marktorientierte Umweltkampagnen berücksichtigen werden wie auch den „sekundären Boykott“. Die Wettbewerbsbehörde ACCC solle die Richtigkeit der Aussagen der Umweltgruppen über bestimmte Branchen überprüfen.
„Wir brauchen Chancengleichheit, deshalb müssen diese Fehlinformationen über die Fischindustrie gestoppt werden. Die australische Fisch-Industrie ist nachhaltig …, sie sind immer noch in der Lage, diesen Ansprüchen gerecht zu werden“, so Turk.
„Ich glaube nicht, dass irgendwelche unhaltbare Fischereipraktiken derzeit durch Bundes-oder Landesrecht in Australien zugelassen sind.“
Bruce Bilson, der Sprecher des Ministeriums für mittelständische Unternehmen, nahm Stellung: „Die Regierung ist sich der Problematik mit Blick auf Tasmanien bewusst, dass die sekundären Boykott-Bestimmungen und einige andere Bestimmungen des Wettbewerbsrechts im Zusammenhang mit falschen und irreführenden Darstellungen durch nicht-staatliche Organisationen harmonisiert werden sollten.
Bilson weiter: „Eine gründliche Prüfung des Wettbewerbs auf Herz und Nieren ist eine Chance, diese Ansichten zu unterbreiten und in objektiver Weise zu berücksichtigen, uns ist bewusst, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen über die Reichweite der derzeitigen Bestimmungen gibt“.
Frei übersetzt nach theguardian, Original: Australian government may ban environmental boycotts
Umwelt- und Verbrauchergruppen in Australien bezeichneten diese Aktion der Senatoren als „Unsinn“ und als Angriff auf die Meinungsfreiheit. So sehen wir es auch.
Rechtsstreite in Australien häufen sich, so klagten 2012 Bürger und Umweltschützer gegen den Schweizer Minenriesen Xstrata, der eine riesige Kohlemine auf Weideland bauen wollte. Ebenfalls vor Gericht stand der australische Energiekonzern AGL, der in touristisch reizvoller Landschaft nach Erdgas bohren wollte und und und. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, der Löwenanteil der Gewinne landet in Taschen von ausländischer Investoren.
Das erinnert an den Investorenschutz, der uns bei dem anstehenden Freihandelsabkommen mit den USA bevorsteht.
Netzfrauen Ingrid Mengeringhaus und Doro Schreier
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http://www.theguardian.com/environment/2014/apr/02/coalition-review-of-consumer-laws-may-ban-environmental-boycotts