Hambacher Forst: Die Waldbesetzer laden ein – ein Update

BeisammenseinDer Hambacher Forst ist einer der letzten großen Naturwälder in Deutschland. Von den ursprünglich 5500 ha Wald, sind heute nur noch knapp 1500 ha übrig. 4000 ha fielen dem Braunkohletagebau des RWE bereits zum Opfer.

Seit Jahren kämpfen Aktivisten für die Erhaltung des Restwaldes, der neben seltenen Baum- und Pflanzenarten auch vom Aussterben bedrohte und geschützte Tierarten beherbergt.

Es ist wichtig, dass sich die Menschen ein eigenes Bild von den Waldbesetzungen machen, anstatt gedankenlos jenes als wahr anzunehmen, das von der Presse in den letzten Wochen vermittelt wurde.

Heute laden die Aktivisten zu einem netten Zusammentreffen ein…

Wie wir bereits in unserem Beitrag „Hambacher Forst: Nach der Räumung ist vor der Besetzung“ berichteten, besetzten am 26. 04. 2014, knapp vier Wochen nach der letzten Räumung, Aktivisten aus aller Welt den Hambacher Forst erneut. Dieser soll Überlieferungen nach etwa 12 000 Jahre alt sein und Hainbuchen, Stieleichen und die seltene Winterlinde beheimaten. Zudem beherbergt der Wald seltene und geschützte Tierarten wie Springfrosch, Haselmaus und Mittelspecht. Auch eine Ko­lo­nie der vom Aus­ster­ben be­droh­ten Bech­stein­fle­der­maus ist hier zu Hause ebenso wie weitere Fledermausarten. (Quelle: BUND)

In den letzten Wochen wurden immer wieder Pressestimmen laut, die die Waldbesetzer im Rundumschlag kriminalisierten. Angeblich seien Scheiben eines Polizeiautos eingeworfen und ein Sicherheitsbediensteter des RWE angegriffen worden. Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete außerdem, die im Wald aufgestellten Barrikaden hätten einem ansässigen Maiverein das Abholen ihres Maibaums erschwert. Dabei hatten die Mitglieder des Maivereins und die Aktivisten ganz einvernehmlich und in Teamarbeit eine Barrikade aus dem Weg geräumt, damit der Baum abtransportiert werden konnte. Gemeinsam wurde dann die Barrikade wieder aufgebaut. Im Übrigen haben die „Barrikaden“ eher symbolischen Charakter, ein paar Äste und Wurzeln, die in der Mitte des Weges aufgestapelt wurden, um die Durchfahrt für Dienstfahrzeuge zu erschweren.

Mal ganz ehrlich: Die Waldbesetzer stehen natürlich unter ganz besonderer Beobachtung des RWE, der Presse und der Polizei. Konsequent verfolgen sie seit Jahren ihre Linie der gewaltlosen Besetzung. Unermüdlich bauen sie nach jeder Räumung ihre Baumhäuser erneut. Umweltschützer aus der ganzen Welt kommen zusammen, um hier ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Die Abholzung des verbleibenden Teils des Hambacher Forstes zu verhindern. Wären diese Menschen tatsächlich so dumm, ihr Ziel in Gefahr zu bringen, indem sie der Polizei einen Anlass zum Eingreifen liefern oder der Presse einen Grund, ihren Ruf zu zerstören? Sicher nicht!

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass vereinzelte Personen aus Zorn auch zu Straftaten fähig wären. Genauso wenig kann man aber ausschließen, dass Braunkohle-Befürworter, RWE-Mitarbeiter oder genervte Anwohner die Übergriffe begangen haben, um den Waldbesetzern Steine in den Weg zu legen. Immerhin waren die Täter nach Angaben der Presse vermummt.

Andersherum sind die Aktivisten und ihre Befürworter ständigen Schikanen ausgesetzt. Einige Beispiele für Gewalt bei den Polizeieinsätzen finden Sie in Wort und (bewegtem) Bild auf dem Blog der Waldbesetzer und auch in unserem Beitrag „Hambacher Forst: Nach der Räumung ist vor der Besetzung“.

Auch der bereits erwähnte Befürworter, der seine Wiese zur Verfügung stellt, hat zu leiden. So lassen ihn einige Mitbürger ihren Unmut nur allzu deutlich spüren: Ihm wurde sein Auto, das er als Infomobil gegen den Braunkohletagebau genutzt hatte, mit Lack besprüht.

Für sachdienliche Hinweise wäre der gute Mann sehr dankbar (gerne an die Redaktion).

Die Waldbesetzer kämpfen im Übrigen nicht nur für sich. Sie kämpfen für uns alle, auch wenn das Vielen noch nicht bewusst zu sein scheint. Der Hambacher Forst soll uns, unseren Kindern und Enkelkindern und den darin lebenden Tieren und Pflanzen noch lange zur Verfügung stehen. Abgesehen davon haben Tagebau und Kohlekraft enorme Auswirkungen auf unser aller Umwelt und Gesundheit.

Braunkohle ist ineffektiv
Kohlekraftwerke haben einen sehr geringen Wirkungsgrad (30 bis 46 Prozent).

Braunkohle ist klimaschädlich
Bei der Verbrennung von Kohle wird der enthaltene Kohlenstoff als CO2 freigesetzt und beschleunigt den Klimawandel.

Braunkohle ist umwelt- und gesundheitsschädlich
Durch die Abluft von Kohlekraftwerken entsteht ein hoher Feinstaubeintrag in die nähere Umgebung mit spürbaren Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen. Stickoxide sind z. B. ein Reizgas, das sich gesundheitsschädlich auf die Atemwege auswirkt. Zudem werden hochgiftige Stoffe (Quecksilber, Blei, Cadmium, Arsen etc.) ausgestoßen, die landwirtschaftlich genutzte Böden schädigen und langfristig Eingang in die Nahrungskette und den menschlichen Organismus finden. [Siehe auch unser Artikel Bei der Verbrennung von Kohle entstehen Unmengen von Kohleasche, doch was geschieht damit?]

Wussten Sie eigentlich, dass schon beim Abbau von Braunkohle radioaktive und gesundheitsschädliche Stoffe freigegeben werden? Wen das Thema im Detail interessiert, der findet weiterführende Informationen beim BUND.

Gerade erst erreichten uns Informationen, dass gerade Nordrhein-Westfalen durch den Braunkohletagebau weit über die Norm mit krebserregendem Quecksilber belastet ist.

Heute haben alle Interessierten die Möglichkeit, sich von den Waldbesetzern ein eigenes Bild zu machen – ganz unabhängig von der vielleicht nicht ganz so uneigennützig berichtenden Presse. Die Aktivisten laden auf ihren Blog ein:

„Am Sonn­tag, dem 4. 5. 2014, laden wir alle Men­schen, die für den Er­halt des Ham­ba­cher Fors­tes sind, zum ge­mein­sa­men Essen, Mu­si­zie­ren und Plau­dern ein. Wir star­ten um 12 Uhr am Treff­punkt Wie­sen­be­set­zung und gehen mehr­mals am Nach­mit­tag ge­mein­sam in den Wald.

Wir wol­len dabei einen Spa­zier­gang zu den neuen Wald­be­set­zun­gen ma­chen und dort je­weils eine Rast ein­le­gen, um mit den Men­schen in den Bäu­men ge­mein­sam zu spei­sen, akus­ti­scher Musik zu lau­schen und mit­ein­an­der in Kon­takt zu kom­men. Wir wer­den fri­sches Brot ba­cken und etwas War­mes zu Essen an­bie­ten. Es wäre wun­der­bar, wenn ihr Musi­k­in­stru­men­te und/oder Le­cke­rei­en (Ku­chen, Sa­la­te, Snacks,…) mit­bringt. Am liebs­ten vegan, also ohne Ei-, Ho­nig- oder Milch­pro­druk­te, denn dann kön­nen sie von allen ge­ges­sen wer­den.“

Ein Besuch lohnt sich. Es erwarten Sie sehr nette und soziale Menschen, ein wunderschöner Wald mit jeder Menge Platz für Kinder zum Toben und Erkunden. Außerdem ist es wirklich spannend mit anzusehen, wie selbstverständlich da in über 20 Metern Höhe geklettert wird. Von „hängen“, wie es der Kölner StadtAnzeiger ausdrückt, kann da wirklich keine Rede sein.

Achja, und wenn Sie schon einmal zum Camp fahren, schauen Sie doch mal nach, ob Sie etwas entbehren können, das die Waldbesetzer brauchen könnten wie z. B. Lebensmittel (möglichst vegan), Kabel, Seile, Bauholz, (Regen-)Kleidung, alte Handys oder Laptops, Solarpaneele, Werkzeug o. ä.

Auf dem Blog finden Sie eine Liste, was genau gebraucht wird und weitere Möglichkeiten, die Aktivisten zu unterstützen.

Sie haben heute noch nichts vor? Na, dann auf zum Hambacher Forst! Das Wetter ist schön, die Sonne ruft – trauen Sie sich, es beißt Sie niemand!

Auch dies wird sicher nicht mein letzter Artikel zum Thema sein, unter anderem deshalb, weil ich direkt „am Loch“ wohne und auf die ganzen netten Nebenwirkungen des Braunkohleabbaus wie z. B. das erhöhte Lungenkrebsrisiko für mich und meine Familie verzichten kann. Und auch das Gemüse aus meinem Garten würde ich gerne noch mit gutem Gewissen essen können.

Netzfrau Andrea Wlazik

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