Im November letzten Jahres war ich bei einer großen Energieveranstaltung in Berlin, wo sich jährlich deutschlandweit die Fachleute treffen und über Themen wie „Energiewende“ oder „ Klimawandel“ diskutieren. In verschiedenen Workshops hatten wir die aktuellen Probleme auf Landes-, Bundes- und EU-ebene ausdiskutiert, wobei ich mich über eine Bemerkung sehr amüsiert habe.
Es ging darum, dass das Wort „Energiewende“ ins Englische entlehnt wurde und sich einen Platz neben den Wörtern „Kindergarten“, „Angst“, „Entscheidungsproblem“ und „Bratwurst“ gesichert hat. Mittlerweile schauen die anderen Länder nach Deutschland und fragen sich, was die Deutschen eigentlich vorhaben? Nach dem Motto: „Energiewende“ bewegt sich mit „Angst“ und „Entscheidungsproblem“ immer mehr in Richtung „Kindergarten“!
Ist es nicht wirklich so? Ist es nicht in den letzten Jahren immer mehr in die Mode gekommen, das Wort „Energiewende“ in die Gespräche einzubringen und mindestens drei Mal am Tag „Ökostrom“ und „Klimawandel“ zu sagen?
Sind die Organisationen und Menschen, die unsere Welt retten möchten, so selbstlos und ehrlich?
Na, dann willkommen in der Arena der Energiewende-Heiligen, oder soll ich besser Arena des Energiewende-Kampfes sagen?
„Energiewende“ hat sich inzwischen zur Konfliktursache zwischen allen Beteiligten entwickelt und sorgt für den ständigen Kampf zwischen den Interessensvertretern der Verbraucher, den Ministerien, den Kommunen, den Verbänden, den Kammern und den Bürgern.
Vorhang auf! Wer hält die meisten Reden in Sache „Energiewende“ , wer kann die Probleme des Klimawandels am besten kleinreden, wer kann die Kostenexplosion für die Energiewende am harmlosesten darstellen, wer kann in seinen Reden 1°C weniger bei der Klimaerwärmung rausschlagen, wer kann am meisten auf superwichtige, unnötige Schaureisen gehen und an pseudowichtigen Terminen teilnehmen und mehr Hände schütteln, um sich als Klimaheld feiern zu lassen? Und zum Schluss: Wer kann den größten Fisch aus dem Energie-Chaos-Teich in Deutschland für sich rausangeln?
Die energetische Sanierung der Bestandsgebäude in Deutschland rückt immer mehr ins Zentrum der Energiedebatten, denn die größte Einsparung an Co² stecken hier drin. Das will ich nicht bestreiten, aber ich möchte den Vorhang in diesem Sinne etwas mehr zur Seite schieben, um einige Akteure ins Licht zu rücken, die nicht nur unter dem Thema Energiewende leiden müssen, sondern sich über das Boomen ihres Geschäftes richtig freuen. Nein, ich spreche nicht über die Solarzellen-Hersteller, auch nicht über die Klimaanlagen- und Wärmedämmindustrie.
Zu denen werde ich ein anderes Mal zurückkommen. Ich spreche über die Energieberater, die sich auch Sachverständige für Energieeffizienz, Sachverständige für Energieberater etc. nennen. Die sogenannten Gebäude-Doktors! Dabei liegt das Problem daran, dass die Bezeichnung „Sachverständiger“ in Deutschland nicht geschützt ist. Na, klingelt es jetzt? Wer ist der nette und wer ist der böse Doktor? Alle heißen nur Doktor, nur leider sind wir nicht bei Dr. Who, denn sonst wären wir ja in guten Händen.
Der Dschungel der Sachverständigen und der Energieberatung wird immer dichter und es kommen immer mehr Unkrautsorten, die sogenannten Pseudo-Sachverständigen, dazu. Die Konkurrenz ist groß, egal seitens offizieller Stellen, Verbraucherstellen, Verbänden, Kammern oder auch die freien Energieberater. Es ist soweit gekommen, dass sie zum Teil gegeneinander kämpfen und sich als Rivalen ansehen. Eine gewisse Missgunst hat sich längst zwischen allen beteiligten Stellen entwickelt und es geht längst nicht mehr um die Energiewende oder die Rettung der Erde oder Co2-Einsparung, sondern darum, Aufträge ans Land zu ziehen, die höchste Statistikzahl für sich zu buchen und sich damit zu brüsten, die Ehre des eigenen Jobs zu verteidigen, sich der „Erste“ nennen zu dürfen und dabei die Rivalen auf einer subtilen Art bloßzustellen.
Handwerker beklagen sich über die Architekten und Bauingenieure, sie wiederum über die Expertenliste der den (DeutscheEnergieAgentur) und sie alle zusammen über die Ministerien, die die unangenehmen Aufgaben vor sich herschieben… und die Verbraucher stehen mitten in diesem Kampf drin wie im Walde. Offiziell heißt es natürlich, dass sie alle Hand in Hand arbeiten. Genau das habe ich mir natürlich auch gedacht, meine Herrschaften.
Was ist richtig und was ist falsch?
Wer hat Recht?
Warum arbeiten sie alle nicht zusammen und woher kommt diese Missgunst, die sich verbreitet?
Mittlerweile habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Energiewende nie so nahe dem Kindergarten war wie jetzt. Vorsicht… bloß keine unangenehmen Fragen stellen und keine unangemessenen Bemerkungen über das heilige Wort „Energiewende“ machen, besonders als Frau sowieso nicht!
„Denn wir wissen ja, dass es keine richtigen Fachfrauen gibt, eine Frau spricht nur über die Nachbarn und hat nie mehr auf dem Kasten als ein Fachmann.“ Ja, ja, das kennen wir leider viel zu gut. In solchen Situationen heißt es: “Die Fragen und Bemerkungen sind ziemlich daneben und unangebracht.“
Daneben? Woneben? Gibt es bestimmte Normvorschriften für die richtigen Fragen? Wer stellt es fest, ob eine Frage angebracht ist oder nicht? Haben wir es nicht oft genug erlebt, dass gerade solche Fragen das Potenzial zur Veränderungen in der Gesellschaft haben?
Netzfrau Sharaeh Fekri
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