Politisch rechts, politisch links – Was ist das?
Extreme, Faschismus – Kurz-Infos
Um die demnächst vorzustellenden Parteien innerhalb unserer Informationsreihe verstehen zu können, wollen wir Netzfrauen uns zuerst um die Antworten zu den Fragen kümmern: Was ist überhaupt rechts oder links im politischen Sinne? Wo kommen diese Einordnungen her? Warum gibt es Extreme und wann könnte eine bestimmte politische Strömung gefährlich für unsere Demokratie werden?
Rechts und Links – Geschichte und Heute
Die Bezeichnung politisch rechts bzw. links lässt sich auf die Parlamentsanordnung im 19. Jahrhundert zurückführen und wird in einigen Ländern auch heute noch so gehandhabt. Abgeordnete von konservativen Parteien saßen rechts vom Parlamentspräsidium und die der sozialistischen Parteien nahmen links von diesem Platz. Die Politiker mit rechter und daher auch konservativer Meinung stehen dafür, dass die Freiheiten des Einzelnen höher zu bewerten sind als das Streben nach Gleichheit aller Menschen. Demnach vertreten linke und somit auch sozialer ausgerichtete Politiker die Meinung, dass eine Gleichbehandlung aller den Bestrebungen nach individueller Freiheit voranstehen sollte. Die Abgeordneten der sogenannten Mitte sind meist mit dem augenblicklichen Stand zufrieden, d. h. sie meinen, dass folgende Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UNO, 1948) im Alltag ausgewogen Berücksichtigung finden:
Artikel I besagt dort: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ und würde Gleichbehandlung bedeuten.
„Jeder Mensch hat das Recht, frei zu leben“ betont die Freiheit wie auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, freie Berufswahl und vieles andere. Angemerkt sei hierzu, dass ohne ausreichende Berücksichtigung des Artikels I der Zweitgenannte gar nicht wirken könnte.
„Frei zu leben“ bedeutet aber auch, dass die Freiheit der anderen niemals durch die Ausübung der eigenen Freiheitsrechte eingeschränkt werden darf.
Wir möchten nicht vergessen zu erwähnen, dass alle Länder dieser Erde sowohl in der Vergangenheit als auch in Teilen heute noch diese Grundsätze nicht eingehalten bzw. diese auf die eine oder andere Weise unterminiert haben. Als Beispiele gelten die Versklavung zur Zeit des alten Roms, aber auch die Sklaverei in den USA im 19. Jahrhundert sowie die Verfolgung von Minderheiten in der Zeit des Nationalsozialismus – und es gibt noch viele weitere… Übertragen auf heutige Zeit wären dies beispielsweise Kinderarbeit, Kindersoldaten, sexueller Missbrauch, alle anderen Arten moderner Sklaverei, aber auch die Ausgrenzung und/oder Verfolgung von Minderheiten wie Sinti und Roma und viele weitere.
Zusammenfassung: Es gibt also die Mitte, rechts und links. Die Mitte sollte den momentanen Zustand der gelebten Demokratie aufzeigen. Rechts bewegen sich diejenigen, die etwas weniger Demokratie, aber mehr individuelle Freiheit möchten. Links stehen solche, die mehr Gleichheit und damit Chancengleichheit innerhalb einer Demokratie wollen.
Sie als Leserin und Leser bemerken wohl nun auch das Dilemma, das allein dadurch entstehen kann, wenn beide oben genannten Artikel „zur täglichen Anwendung“ kommen. Jeder von Ihnen entscheidet selbst (ob bewusst oder unbewusst), welches Grundrecht höher wiegen könnte, sollte oder dürfte. Bin ich nun eher konservativ und auf meine persönliche Freiheit bedacht oder orientiere ich mich eher sozial und möchte, dass alle Menschen gleich und würdevoll behandelt werden sollten? Und das alles unter Einhaltung und Zustimmung von demokratischen Grundsätzen…
Was sind nun rechtsextreme und linksextreme Positionen?
Unter Rechtsextremismus versteht man die politische Einstellung, dass Menschen grundsätzlich nicht gleichwertig sind und auch Gewalt ein zulässiges Mittel zur Lösung aller Konflikte ist. Zudem wird die Demokratie abgelehnt. Beispiele hierfür sind Ausländerfeindlichkeit, Ausgrenzung von bestimmten Religionen und/oder die Herabwürdigung bestimmter sozialer Gruppen/Minderheiten. Wie selbstverständlich fallen einem hier die Stichworte Nationalsozialismus und Neonazismus ein. Wer also rechtsextrem eingeordnet wird, tendiert meist zur Abschaffung der Demokratie, hat aber dennoch einer Hierarchie zu folgen (Führer und Gefolge).
Linksextreme sind der Meinung, dass nur eine völlige Abschaffung von Hierarchien zu einer existierenden Demokratie führen kann. Auch in dieser Form ist die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung dieser Position angezeigt. Geschichtlich wird hierzu die Rote Armee Fraktion (RAF) genannt. Bitte verwechseln Sie Linksextremismus nicht mit Anarchie, in der zwar auch ein Zustand der Herrschaftslosigkeit angestrebt wird (ursprünglich „Mangel eines Herrn“ oder „zügellos“), aber auch die Gesetzlosigkeit eine große Bedeutung hat. In der heutigen Zeit wird der Begriff AnarchistIn bereits genannt, wenn man mit dem herrschenden politischen System nicht einverstanden ist, notwendige und allgemeingültige Gesetze jedoch anerkennt.
Und was ist nun Faschismus und Antifaschismus?
Gerade in letzter Zeit wird mit Worten nur so um sich geworfen und die gegenseitigen Beschuldigungen, der eine sei so und der andere so, nehmen kein Ende. Daher nehmen wir uns nun hier die Zeit, um Begrifflichkeiten zu klären.
Als Faschismus wird die Herrschaftsform der überwiegend zwischen 1900 – 1950 verbreiteten Diktaturen bezeichnet, die in vielen europäischen Ländern existierten. Beispiele waren Italien (Mussolini), Spanien (Franco), Portugal (Salazar) und Österreich (Dollfuß/Schuschnigg), aber auch in Teilen von Ungarn oder Kroatien gab es solche Bewegungen – natürlich nicht zu vergessen der Nationalsozialismus. Es gab nur eine politische Partei und die Demokratie wurde abgelehnt. Mittels Terror, Gewalt, Folter, Verhaftungen und Mord wurden Andersdenkende ausgeschaltet. Diese Strömungen können aus dem rechten politischen Sektor entstehen.
Als Antifaschismus bezeichnet man die Gegnerschaft von Faschismus und Nationalsozialismus, offiziell ab 1922 erstmalig in Italien entstanden. Nach Kriegsende (1944/45) entstanden die ersten Antifa-Bewegungen (auch antifaschistische Blöcke), die es sich zur Aufgabe machten, Anhänger des Faschismus zu bekämpfen und ein Wiederaufkeimen dieser Strömungen zu unterbinden. Allerdings gibt es auch hier geschichtliche Ereignisse, nach denen der Antifaschismus nachweislich zu Missbrauch führte. Beispielsweise wird dieser als Staatsdoktrin der ehemaligen DDR zugeordnet und wurde in Zeiten des Kalten Krieges als taktisches Werkzeug des Kommunismus verwendet, um Mittel-, Ost- und Südosteuropa unter Kontrolle bringen zu können. Bis in die heutige Zeit zählen Autonome und auch die Hausbesetzer-Szene zu den Antifa-Gruppen.
Da die Gefahren stets gegenwärtig sind, kommt dem Verfassungsschutz in allen extremen Bereichen eine besondere Aufgabe zu. Denn dass eine erneute Bewegung leicht entstehen kann, macht der Film „Die Welle“ (The Wave, 2008) sehr deutlich. Auch wenn es in diesem Film um ein Ausufern nach rechts geht, so versteht es sich von selbst, dass dies für beide Seiten gilt, da nachweislich wohl eine „richtige“ charismatische Person genügen kann.
Unter welchen Voraussetzungen entstehen solche Extreme?
Über die Entstehung von rechts- und linksextremen Bewegungen wurde viel geforscht, untersucht und getestet. Grundsätzlich sind sich alle darüber einig, dass eine ökonomische Verelendung der Bürger diesen Entwicklungen Vorschub leistet.
Für unsere Bundesregierung wurde erst im Jahr 2013 eine Studie erstellt, welche die Bildung und den Aufstieg von rechts- und nationalpopulistischen Vereinigungen untersucht und Lösungsmöglichkeiten angeboten hat.
Darin heißt es u. a., dass sowohl die objektive als auch die subjektive Auflösung von traditionellen Wertesystemen den Zulauf in extreme Gruppen fördert. Wenn zudem bei der Bevölkerung eine sogenannte kritische Masse an ungebundenen und enttäuschten Wählern entsteht, die allgemein wichtigen Medien nicht, nur zugespitzt oder einseitig Darstellungen zum Tagesgeschehen bringen und es ein Wahlsystem gibt, welches neuen Parteien einen schnellen Aufstieg sichert, dann ist es möglicherweise nur noch eine Frage der Zeit, bis die Stimmung innerhalb eines Landes kippen kann.
Wir Netzfrauen sind der Meinung, dass die festgestellten Bedingungen für beide extreme Richtungen gelten. Die explizit genannten Lösungsmöglichkeiten für diese Problematik hat entweder keiner der Regierenden gelesen oder sie wurden nicht verstanden…
Einige Auszüge möchten wir aufgreifen, übersetzen diese ins „Normale“ und stellen Ihnen als Wählerin und Wähler im Abschluss eine Frage:
Extreme Gruppen erhalten Zulauf, wenn in einem Staat …
- trotz wirtschaftlichen Fortschritts auf Grund von Rationalisierung und Abwanderung von Unternehmen immer mehr Menschen ihre Arbeit verlieren und diese dadurch keine soziale Teilhabe mehr haben können,
- Bildung als ursprünglicher Garant für eine mittel- oder langfristige persönliche Lebensplanung entfällt, weil zu wenig oder unzureichend bezahlte Ausbildungs- und Arbeitsplätze vorhanden sind,
- Krankheiten nach „natürlich oder stressbedingt“ und Kinder nach Nutzen und Effizienz beurteilt werden,
- dem Grundsatz „die Betroffenen wollen auch die Beteiligten sein“ selten bis gar nicht mehr gefolgt wird
- die gewichtigen Medien einseitig, hysterisch oder gar nicht berichten und somit ihrer neutralen, politisch unabhängigen Informationspflicht nicht mehr nachkommen,
- politische Versprechen zur „Null-Nummer“ verfallen und Intransparenz und Lobbyismus bei politischen Entscheidungen vorherrscht.
Nun unsere Frage – und beantworten Sie diese einfach mal ehrlich:
Was fühlen Sie, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt? Genau jetzt? Wie würden Sie sich entscheiden, wenn Sie genau jetzt wählen gehen sollten? Links oder rechts oder doch die Mitte? Liberal, national oder gar nicht?
Um Missverständnissen vorzubeugen, wollen wir hier unter Berufung auf die der Bundesregierung vorliegenden Studie anmerken, dass die „Erfolgsaussichten“ extremer Gruppen oder Parteien in Deutschland für nicht gegeben gehalten werden. Untersucht wurden insgesamt 14 Mitgliedsländer, von denen einzig und allein die Bundesrepublik, übersetzt und vereinfacht, mit „gefahrenfrei“ abgeschlossen hat. – Grenzt dies nun an Inkompetenz unserer Regierung oder ist das schlichtweg Ignoranz?
Doch bevor Sie sich nun als Wählerin und Wähler aufmachen und „extrem“ wählen wollen oder nach der „Vogel-Strauß-Methode“ komplett mit dem Thema Wahlen abschließen, haben wir noch etwas:
Eigene Erfahrungen und das Lernen aus geschichtlichen Ereignissen sind gut – ein verantwortungsbewusstes und zukunftszugewandtes Verhalten ist besser. Daher kann auf Denken und menschlichen Weitblick im Sinne einer besseren Zukunft nur ein Handeln folgen. Ohne Aktion keine Veränderung – ohne Bewegung keine Weiterentwicklung zum Besseren. Und ohne Mut und Glauben an eine positive und konstruktive Verbesserung kein Durchhalten.
Es gibt viel zu tun – und es wird genauso lange dauern, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, wie es gedauert hat, ihn dort hinein zu manövrieren.
Wir schaffen das – gemeinsam!
Netzfrau Andrea Carls
Unsere bisher veröffentlichten Artikel zur Informationsreihe:
Allgemeines (Parteien und Bezüge) ; Allgemeines („Meine Stimme“) ;
Programme CDU und SPD; Programme Grüne und Linke ;
Programme FDP, CSU und Bayernpartei ; Programme Piraten und ÖDP;
Programme Freie Wähler und AfD ; Programme Familien-Partei und Tierschutzpartei ;
Programme Volksabstimmung, BüSo, PBC, AUF und CM
Kandidaten Europawahl (Eine Meinung unserer Netzfrau Patricia Heyl)
Quellen/Links und Weiterführendes:
Brockhaus, Leipzig, 2005/2006/2008
Verfassungsschutzberichte: http://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte
Politiklexikon für jungen Leute: http://www.politik-lexikon.at/
Europa – nein danke? Aufstieg rechts- und nationalpopulistischer Parteien: http://www.kas.de/wf/doc/kas_36200-544-1-30.pdf