Es sind diese Geschichten, die berühren. Es sind diese Geschichten, die uns schaudern lassen, zur selben Zeit jedoch auch Hoffung geben. Hoffnung, dass irgendwann Verständnis für die Natur, die Umwelt und den Part, den wir Menschen hier spielen, aufgebracht wird.
Es gibt so viel Gräuel auf dieser Welt, deshalb möchte ich hier einmal seine Geschichte erzählen: Mamat, ein cirka sieben Jahre alter Orang Utan, der mit seiner Willenskraft und seinem Wesen erneut gezeigt hat: dass es sich lohnt, sich zu engagieren.
Aber nun zur eigentlichen Geschichte:
In Indonesien werden immer wieder illegal als Haustier gehaltene Orang Utans beschlagnahmt, und dank Dr. Willie Smits, dem Gründer von Masarang Foundation International, Forstwissenschafter, Mikrobiologe und Naturschützer, in die Auffangstation nach Sintang gebracht.
Eines Tages war es für Mamat so weit. Dieser Orang Utan wurde Zeit seines siebenjährigen Lebens in einem Hühnerstall gehalten, in einem Käfig, der gerade groß genug war, liegend darin Platz zu finden. Er wurde mit Hühnerfutter ernährt und sah jahrelang kein Tageslicht.
Mamat war unfähig, seine Hände zu benutzen, er konnte weder stehen noch gehen. Auf Grund der Unbeweglichkeit wog diese arme Kreatur nur soviel wie gerade mal ein Dreijähriger seiner Gattung.
Keine Gefühlsregungen, kein Licht in seinen Augen, so als hätte er sich bereits komplett aufgegeben. Die Mitarbeiter der Auffangstation waren sich nicht sicher, ob er diese erste Nacht überleben würde.
Doch Mamat lehrte die Menschen dort, was Lebenswille ist. Er begann, sich herum zu rollen, seine Augen begannen wieder ein bisschen lebendiger zu werden, bei dem Anblick von grünen Blättern und einigen Ästen, die in seinem Käfig lagen.
(Mamat, als er im Sintang Center ankam. ® Foto von Willie Smits, Masarang NL)
Dr. Willie Smits verfolgte diese Entwicklung fast jeden Tag, war täglich bei ihm im Käfig, Mamat fasste völliges Vertrauen in ihn. Das ging so weit, dass Willie sich nicht mit den Kollegen unterhalten durfte, sondern von Mamat aufgefordert wurde, sich doch wieder mit ihm zu beschäftigen. Mamat stützte sich dabei auf seine beiden Arme so gut es ging, und hob den Oberkörper in Willies Richtung, um ihm zu zeigen: „hier bin ich – sprich mit mir!“
Wenn Willie dem nachgab, dann war Mamat sichtlich beruhigt und zufrieden.
Er schaute Willie so tief in die Augen, dass sämtliche Nebengeräusche, die Menschen nebenan, oder die Orang Utans, die im Käfig daneben herumtobten, nicht mehr wahrgenommen wurden.
Tägliche Massagen halfen dabei, Mamat wieder beizubringen und dabei zu unterstützen, seine Körperfunktionen einzusetzen, und schließlich schaffte er es, mit seiner Hinterhand, die noch am beweglichsten war, eine Banane zu fassen, die von der Decke hing, um ihn zu animieren, sich zu bewegen.
Mamat´s starkes Untergewicht wurde mit spezieller Vitamin-Ernährung bekämpft, und Mamats Augen schienen im Gegensatz zu seinem Körper zu leuchten. Er hatte Lebenswillen gefasst und er wirkte so, als könnte ihn nun nichts mehr aufhalten.
Er genoss es, wenn Willie mit ihm spielte. Wie ein kleines Kind führte Mamat ihn zu den Stellen, an den er ihn kitzeln sollte – und Mamat lachte!
(Foto ® Willie Smits – Mamat genießt die „Kitzel-Einheiten“)
Mamats Schritte zurück ins „normale“ Leben dauerten Monate, Monate voller Schmerzen, kräftezehrenden Übungen, schmerzvollen Therapien, bei denen die Finger wieder halbwegs beweglich gemacht werden mussten.
Und Mamat kämpfte. Dieser Kerl berührte die Herzen der Helfer und die Hoffnung, die in seinen Augen zu lesen war, zeigte auch den Menschen um ihn herum, dass es sich lohnt, sich für diese wundervollen Geschöpfe einzusetzen. Mamat zeigte mit seinem Willen auch Willie Smits erneut, dass es einen Sinn hat, sich für eine nachhaltige Lösung der Umweltprobleme in Indonesien einzusetzen und dafür zu kämpfen, dass der Lebensraum der Orang Utans nicht zerstört wird.
Eines Tages war es dann soweit: Mamat hatte schon so viele Fortschritte gemacht, dass er nun fast wie ein „normaler“ Orang Utan herumtoben konnte: https://player.vimeo.com/video/83583797
https://www.youtube.com/watch?v=tQoBLCurSoU?rel=0″ width=“560″ height=“315″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“>
Englischer Originaltext: Nieuw in Sintang: Mamat
Natürlich gibt es Menschen, die behaupten, es sei übertrieben, sich für Tiere derartig einzusetzen. Weil es doch auch so viele Menschen gibt, denen geholfen werden muss.
Doch die Arbeit von Masarang sieht beides vor: die Menschen haben Arbeit, sie können ihre eigene Landwirtschaft betreiben, sie haben wieder Wasser auf ihren Feldern, und nebenbei werden die „Waldmenschen“, auch Orang Utans genannt, geschützt. Denn wir verdanken letztendlich den Orang Utans, dass es den Regenwald in Indonesien gibt. Sie sind es, die die Samen verbreiten, die Vegetation „bewirtschaften“.
Das Auswilderungsprojekt ist weiter gegangen, und Mamat konnte schließlich mit einigen anderen Artgenossen wieder in die (fast) freie Wildbahn entlassen werden.
Nun liegt es an uns, ja, auch an uns, hier in Europa, wie sich der Fortbestand der Orang Utans in Indonesien entwickelt. Es liegt an uns, auf Produkte zu verzichten, die Palmöl enthalten. Palmöl ist einer der Hauptgründe, warum der Orang Utan auf der Liste der am stärksten gefährdeten Tierarten steht. Palmöl ist in sehr vielen Lebensmitteln, Kosmetika, Reinigungsmitteln etc. enthalten. Wir sehen es nicht, wir wissen es nicht. Weil auf fast allen Produkten nur „pflanzliche Fette“ angeführt ist. Aber wir sind mitverantwortlich für das Abholzen des Regenwaldes in Borneo, Indonesien und Malaysia, wenn wir nicht anfangen, umzudenken.
Ist ein Geschöpf wie Mamat nicht Symbol genug?
Für mich sind es diese Geschichten, die mich berühren, die mich dazu animieren, nicht aufzugeben, um diese Tiere, um die Natur zu kämpfen. Und es sind Menschen wie Dr. Willie Smits, die mir zeigen, dass Aufgeben keine Option ist. Egal, auf welchem Kontinent wir leben.
Netzfrau Karin Hackl
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